BGH Beschluss v. - IV ZA 9/07

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 78 Abs. 1; ZPO § 114; ZPO § 78; ZPO § 233; ZPO § 85 Abs. 2

Instanzenzug: LG Bochum 4 O 1/04 vom OLG Hamm 20 U 239/04 vom

Gründe

I. Der Kläger begehrt aus einer bei der Beklagten genommenen Geschäftsversicherung Versicherungsleistungen mit der Behauptung, Unbekannte seien in seine Wohn- und Büroräume eingebrochen und hätten dabei einen Tresor mit Schmuck und Bargeld entwendet. Das seine Berufung zurückweisende Urteil des Oberlandesgerichts ist ihm zu Händen seines Prozessbevollmächtigten am zugestellt worden. Mit am eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger, vertreten durch seinen zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten, Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und gleichzeitig einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung gestellt, er sei nicht in der Lage, die Kosten des Rechtsstreits auch nur zum Teil zu tragen. Dies ergebe sich zum einen daraus, dass die Vorinstanzen Prozesskostenhilfe bewilligt hätten und zum anderen aus der aktuellen wirtschaftlichen Situation, die sich "aus der beigefügten/nachzureichenden Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ergibt". Erklärungen und Unterlagen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers waren diesem Schriftsatz jedoch nicht beigefügt. Der für die Datenerfassung bei Neueingängen zuständige Rechtspfleger des Bundesgerichtshofs, der nach einem vergeblichen telefonischen Versuch noch am Tag des Einganges den Prozessbevollmächtigten des Klägers schließlich am erreichte, teilte diesem mit, zur Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde bedürfe es gemäß § 78 Abs. 1 ZPO eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts. Daraufhin erklärte der Bevollmächtigte des Klägers mit einem noch am selben Tag um 20.41 Uhr beim Bundesgerichtshof eingegangenen Schriftsatz, es werde lediglich ein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt. Die im Beschwerdeschriftsatz angekündigten Unterlagen waren wiederum nicht beigefügt.

II. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 Satz 1 ZPO).

1. Wenn die rechtzeitige Vornahme einer fristwahrenden Handlung, wie bei der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde, unterbleibt, ist die Frist nur dann unverschuldet versäumt und der Partei wird auf ihren Antrag oder von Amts wegen Wiedereinsetzung in die versäumte Frist gewährt (§§ 223 ff. ZPO), wenn sie bis zu deren Ablauf einen den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingereicht und alles in ihren Kräften stehende getan hat, damit über den Antrag ohne Verzögerung sachlich entschieden werden kann ( - FamRZ 2006, 1522 unter II 1 Tz. 3 m.w.N.). Das setzt voraus, dass die Partei innerhalb der Rechtsmittelfrist nicht nur den Antrag stellt, sondern auch alle für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erforderlichen Unterlagen beibringt. Da die Bewilligung der Prozesskostenhilfe für jeden Rechtszug gesondert erfolgt (§ 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO), sind die Erklärungen auch im höheren Rechtszug regelmäßig erneut beizufügen (BGHZ 148, 66, 69). Das ist im vorliegenden Fall nicht geschehen.

2. Die in erster bzw. in zweiter Instanz vorgelegten Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse konnten im vorliegenden Fall auch nicht ausnahmsweise Berücksichtigung finden. Ob diese Unterlagen gegenwärtig die Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechtfertigen könnten und ob in der Zwischenzeit in den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers erhebliche Änderungen eingetreten sind, kann dabei offen bleiben. Zur Darlegung der Voraussetzungen des § 114 ZPO kann es zwar ausreichend sein, auf bereits zu den Akten gereichte Vordrucke Bezug zu nehmen, wenn Veränderungen seit dem nicht eingetreten sind und wenn hierauf unmissverständlich hingewiesen wird ( - FamRZ 2004, 1961 unter II Tz. 2). Einen solchen unmissverständlichen Hinweis enthalten die innerhalb der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingegangenen Schriftsätze jedoch nicht.

III. 1. Ein Hinweis auf die Unvollständigkeit des Prozesskostenhilfegesuchs konnte nicht mehr rechtzeitig erfolgen. Die erste Kontaktaufnahme mit dem Prozessbevollmächtigten des Klägers gelang dem für die Eintragung von Neueingängen zuständigen Rechtspfleger, der für die Prüfung des Prozesskostenhilfegesuchs nicht zuständig war, erst am Tage des Fristablaufs am ; dabei erfolgte ein Hinweis auf § 78 ZPO. Schon aus diesem Ablauf ergibt sich, dass eine Prüfung des Prozesskostenhilfeantrags durch den dafür zuständigen (anderen) Rechtspfleger des Senats nach dem gewöhnlichen Geschäftsablauf nicht mehr erfolgen konnte (vgl. aaO Tz. 5).

Abgesehen davon blieben dem Prozessbevollmächtigten des Klägers nach dem Hinweis auf § 78 ZPO zwei Möglichkeiten: Er konnte die Einlegung des Rechtsmittels noch an diesem Tage durch einen postulationsfähigen Rechtsanwalt veranlassen oder allein den Prozesskostenhilfeantrag weiter verfolgen, der noch vor Fristablauf eingegangen war. Wollte er letzteres tun, musste es auch aus seiner Sicht zweifelsfrei und allein darauf ankommen, dass jedenfalls die für den Prozesskostenhilfeantrag notwendigen Unterlagen und/oder Erklärungen noch fristgerecht zu den Akten gereicht wurden. Das ist nicht geschehen.

Dass nach der Klarstellung mit am um 20.41 Uhr eingegangenem Fax, es solle nur der Prozesskostenhilfeantrag verfolgt werden, erst recht kein Hinweis auf die Unvollständigkeit der Unterlagen mehr erteilt werden konnte, liegt auf der Hand.

2. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 233 ZPO) kommt nicht in Betracht. Liegt das vollständige Gesuch um Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Rechtsmittelverfahren unter Verwendung der vorgeschriebenen Vordrucke und Beifügung aller erforderlichen Unterlagen innerhalb der Rechtsmittelfrist nicht vor und fehlt auch eine ausdrückliche Bezugnahme auf die Unterlagen aus den Vorinstanzen, war die Partei nicht ohne ihr Verschulden verhindert, die Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde einzuhalten. Ein etwaiges Verschulden seines Prozessbevollmächtigten wäre dem Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen (BGH aaO unter III Tz. 6; vgl. auch Zöller/Greger, ZPO 26. Aufl. § 233 Rdn. 23, Stichwort: Prozesskostenhilfe).

Fundstelle(n):
VAAAC-69354

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein