Verfahrensmangel wegen nicht vorschriftswidriger Besetzung
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, FGO § 119 Nr. 6, FGO § 105
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachten Verfahrensverstöße sind entweder nicht in der nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforderlichen Weise schlüssig bezeichnet oder ein geltend gemachter Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO liegt nicht vor. Ein Verfahrensmangel ist gegeben, wenn sich aus der schlüssigen Rüge des Beschwerdeführers ergibt, dass das Finanzgericht (FG) gegen eine oder mehrere genau bezeichnete Vorschriften des Gerichtsverfahrens verstoßen hat.
1. Der vom Kläger behauptete absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des erkennenden Gerichts (§ 119 Nr. 1 FGO) liegt nicht vor. Das Gericht war vorschriftsmäßig besetzt.
a) Ein Besetzungsmangel i.S. des § 119 Nr. 1 FGO liegt bei einem Spruchkörper u.a. vor, wenn gegen die Vorschriften des § 4 FGO i.V.m. §§ 21e bis g des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) verstoßen wurde (, BFH/NV 1991, 546; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 119 FGO Rz 57 ff.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 119 Rz 4 f.). Nach § 21e Abs. 1 Satz 1 GVG bestimmt das Präsidium des Gerichts die Besetzung der Spruchkörper und verteilt die Geschäfte. Innerhalb des mit mehreren Richtern besetzten Spruchkörpers werden die Geschäfte durch Beschluss aller dem Spruchkörper angehörenden Berufsrichter auf die Mitglieder verteilt (§ 21g Abs. 1 Satz 1 GVG). Maßgebend für die Ordnungsmäßigkeit der Besetzung des Spruchkörpers ist der für den Zeitpunkt der abschließenden Entscheidung geltende Geschäftsverteilungsplan des Gerichts und des Spruchkörpers (, VIII R 1/94, BFH/NV 1996, 416).
Nach diesen Grundsätzen ergibt sich im Streitfall, dass die Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am FG X und der Richter am FG Y und Z an der angefochtenen Entscheidung dem nach § 21g GVG aufgestellten Mitwirkungsplan des 5. Senats des für 2007 entsprach. Denn danach haben, wie geschehen, an den Entscheidungen des Senats in Sachen der Vorsitzenden Richterin, die für Streitigkeiten der Kläger mit den Anfangsbuchstaben . bis . zuständig ist, neben dieser die Richter am FG Y und Z mitzuwirken (Beschluss über die Geschäftsverteilung des 5. Senats des FG Köln für das Geschäftsjahr 2007 vom i.V.m. dem Beschluss über die Geschäftsverteilung für das Geschäftsjahr 2006 vom und dem Beschluss für das Geschäftsjahr 2004 vom ). Da die zur Mitwirkung Verpflichteten offensichtlich nicht verhindert waren, musste von der im Mitwirkungsplan des Senats geregelten Vertretungsregelung kein Gebrauch gemacht werden. Ob die Teilnahme des Richters am FG Z vor der mündlichen Verhandlung in Frage stand, wie der Kläger mutmaßt, kann dahinstehen. Im Übrigen ist der Vorsitzende eines Spruchkörpers entgegen der Auffassung des Klägers nicht berechtigt, eine „Umbesetzung der Richterbank” anzuordnen oder zu verfügen. Maßgebend ist ausschließlich der senatsinterne Mitwirkungsplan.
b) Soweit der Kläger, was insbesondere die Ausführungen in seinem Schriftsatz vom nahelegen, auch rügen will, das FG sei deshalb nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil die von ihm abgelehnte Vorsitzende Richterin am FG X an der angefochtenen Entscheidung beteiligt war, kann er damit keinen Erfolg haben. Zwar kann eine Besetzungsrüge begründet sein, wenn der Beschluss über die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs willkürlich ist (, BFH/NV 2006, 103, m.w.N.). Ein solches Vorbringen lässt sich jedoch der Beschwerde nicht entnehmen.
2. Soweit der Kläger vorträgt, das FG habe sich mit seinem Vorbringen im angefochtenen Urteil nicht oder nicht genügend auseinandergesetzt, ist ein Verfahrensmangel nicht ersichtlich.
In Betracht kommt zwar insoweit ein Verfahrensmangel i.S. von § 119 Nr. 6 FGO, d.h. ein Verstoß gegen § 105 Abs. 2 und 3 FGO. Ein solcher liegt jedoch nur dann vor, wenn die Urteilsgründe ganz oder zum Teil fehlen und sie den Prozessbeteiligten keine Kenntnis darüber vermitteln, auf welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Überlegungen das Urteil beruht. Dies erfordert nicht, dass jedes Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen erörtert werden müsste. Ein Verfahrensmangel i.S. von § 119 Nr. 6 FGO liegt erst dann vor, wenn den Beteiligten die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen; so etwa, wenn die Begründung des Urteilsausspruchs überhaupt oder in Hinsicht auf einen selbständigen prozessualen Anspruch oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel fehlt. Dagegen ist der Verfahrensmangel i.S. des § 119 Nr. 6 FGO nicht gegeben, wenn die Vorentscheidung zwar lückenhaft und widersprüchlich ist, gleichwohl aber noch zu erkennen ist, welche Überlegungen für das Gericht maßgeblich waren (, BFH/NV 2004, 1665, m.w.N.; Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz 23 ff.). Davon ist hier auszugehen. Soweit der Kläger geltend macht, das FG habe die Nichtzulassung der Revision nicht ausreichend begründet, kann dem nicht gefolgt werden. Die entsprechende Begründung („Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben”) macht in ausreichender Weise deutlich, dass nach Auffassung des FG die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorlagen. Im Übrigen kam, wie dargestellt, die Zulassung der Revision zur Überprüfung des Beschlusses über die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs nicht in Betracht.
3. Die weiteren Verfahrensmängel, Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) und Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO), hat der Kläger nicht schlüssig gerügt.
Die vorgetragenen Rügen zählen zu den verzichtbaren Verfahrensrügen. Soweit auf die Beachtung verfahrensrechtlicher Vorschriften wirksam verzichtet werden kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), gehört nach ständiger Rechtsprechung zur ordnungsmäßigen Rüge des entsprechenden Verfahrensmangels auch der Vortrag, dass die Verletzung der Verfahrensvorschrift in der Vorinstanz ordnungsgemäß gerügt wurde. Dieses Vortrags bedarf es ausnahmsweise nur dann nicht, wenn sich die Rüge schon aus dem angegriffenen Urteil ergibt (BFH-Entscheidungen vom I B 38/03, I S 3/03, BFH/NV 2004, 60; vom I B 40/05, BFH/NV 2006, 101; vom VIII R 73/02, BFH/NV 2006, 66; Gräber/ Ruban, a.a.O., § 115 Rz 100 ff.).
Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass er in der mündlichen Verhandlung die Verletzung des rechtlichen Gehörs und der Sachaufklärungspflicht gerügt hat. Entsprechendes ergibt sich auch nicht aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung. Es ist zudem nicht ersichtlich, warum dem Kläger, der Jurist ist, eine solche Rüge nicht möglich gewesen sein soll.
4. Im Übrigen erschöpfen sich die Einwände des Klägers —nach Art einer Revisionsbegründung— in kritischen Äußerungen darüber, dass und warum die vom FG vorgenommene rechtliche Beurteilung und tatsächliche Würdigung des Streitfalles unrichtig sei. Etwaige Fehler bei der Anwendung und Auslegung des materiellen Rechts rechtfertigen jedoch für sich gesehen nicht die Zulassung der Revision.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 401 Nr. 3
MAAAC-68894