BGH Beschluss v. - IX ZB 159/06

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 574 Abs. 2; InsO § 290 Abs. 1 Nr. 5; InsO § 295

Instanzenzug: AG Tostedt 20 IN 53/01 vom LG Stade 7 T 127/06 vom

Gründe

I.

Über das Vermögen des Schuldners wurde durch Beschluss des Insolvenzgerichts vom das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet. Mit Beschluss vom hat das Amtsgericht auf Antrag mehrerer Gläubiger dem Schuldner die Restschuldbefreiung versagt. Diese Entscheidung hat das Landgericht bestätigt. Hiergegen wendet sich der Schuldner mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

Die statthafte Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, §§ 6, 7, 289 Abs. 2 Satz 1 InsO) ist unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, die Anträge der Insolvenzgläubiger auf Versagung der Restschuldbefreiung entbehrten nicht der gebotenen Glaubhaftmachung, weil sich die Gläubiger auf das Wissen des in dem Termin anwesenden Insolvenzverwalters berufen dürften und nicht gezwungen seien, eine eidesstattliche Versicherung vorzulegen. Der Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO, der nicht nur Pflichtverletzungen ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern bereits ab Stellung des Insolvenzantrages erfasse, greife durch. Der Schuldner sei im Zeitraum vom bis trotz mehrfacher Schreiben für den Insolvenzverwalter und das Gericht nicht erreichbar und zur Mitwirkung bereit gewesen. Der Schuldner sei aber verpflichtet, sich während der gesamten Dauer des Insolvenzverfahrens verfügbar zu halten.

2. Zu Unrecht beruft sich die Rechtsbeschwerde, soweit sie die auf der Anwendung des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO beruhende, für sich allein die Versagung der Restschuldbefreiung tragende Begründung der angefochtenen Entscheidung angreift, auf die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

a) Die Rüge der Rechtsbeschwerde, es fehle an der gebotenen Glaubhaftmachung des Versagungsgrundes, ist nicht begründet.

Die Versagung der Restschuldbefreiung setzt den zulässigen Antrag eines Gläubigers voraus (§ 290 Abs. 1 InsO). Zulässig ist der Antrag nur, wenn der Versagungsgrund glaubhaft gemacht wird (§ 290 Abs. 2 InsO). Den Anforderungen an die Glaubhaftmachung (§§ 4 InsO, 294 ZPO) ist genügt, wenn für den geltend gemachten Versagungsgrund eine überwiegende Wahrscheinlichkeit spricht (BGHZ 156, 139, 141 f). Zum Zwecke der Glaubhaftmachung hat der Gläubiger bis zum Schlusstermin die notwendigen Beweismittel beizubringen. Ausnahmsweise kann sich die Glaubhaftmachung auf eine schlüssige Darstellung des Sachverhalts beschränken, sofern der Schuldner diesen nicht bestreitet (BGHZ 156, 139, 142 f). In Einklang mit diesen Grundsätzen hat das Beschwerdegericht - abgesehen von seiner zu diesem Punkt im übrigen gegebenen Begründung - angenommen, dass der Beklagte die ihm vorgeworfenen Versäumnisse nicht substantiiert bestritten hat. Gegen diese rechtliche Würdigung wird ein Zulässigkeitsgrund nicht geltend gemacht.

b) Die Auffassung der Rechtsbeschwerde, die Versagung der Restschuldbefreiung könne nur auf nach Verfahrenseröffnung verwirklichte Ver-stöße gegen § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO gestützt werden, ist unzutreffend.

Wie der Senat in Übereinstimmung mit dem Schrifttum entschieden hat (, NZI 2005, 232 f m.w.N.), erfasst der Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO über den Wortlaut der Vorschrift hinaus nicht nur Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten im eröffneten Verfahren, sondern auch solche bis zur Verfahrenseröffnung. Darum war das Beschwerdegericht berechtigt, die Restschuldbefreiung mit Rücksicht auf Pflichtverletzungen des Schuldners im Zeitraum zwischen der Antragstellung und der Verfahrenseröffnung zu versagen.

c) Soweit die Rechtsbeschwerde unter Berufung auf den Senatsbeschluss vom (IX ZB 388/02, NJW 2003, 2167, 2169) beanstandet, es fehlten Feststellungen des Beschwerdegerichts dazu, ob den an den Beschwerdeführer gerichteten Auskunftsverlangen eine rechtmäßige gerichtliche Anordnung zugrunde liege, ist der geltend gemachte Zulassungsgrund nicht entscheidungserheblich.

Der Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO greift nach seinem Wortlaut ein, wenn der Schuldner entweder Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat. Der Tatbestand der Norm unterscheidet ausdrücklich zwischen der Verletzung von - jeweils für sich genommen die Versagung rechtfertigenden - Auskunftspflichten einerseits und Mitwirkungspflichten andererseits. Das Landgericht, das dem Schuldner vorwirft, über Monate nicht erreichbar gewesen zu sein und sich damit nicht für Belange des Verfahrens bereit gehalten zu haben, geht ersichtlich von einer Verletzung der Mitwirkungspflicht aus. Die Nichtzulassungsbeschwerde unterbreitet keinen entscheidungserheblichen Zulassungsgrund, weil sie eine Verletzung der Auskunftspflicht in Abrede stellt, sich aber mit dem aus Sicht des Beschwerdegerichts allein maßgeblichen Gesichtspunkt der Verletzung der Mitwirkungspflicht nicht auseinandersetzt.

3. Da die Versagung der Restschuldbefreiung mithin bereits aus § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO folgt, kann mangels Entscheidungserheblichkeit von einer Prüfung der weiteren, die Anwendung des § 295 InsO betreffenden Zulassungsgründe abgesehen werden.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
FAAAC-68827

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein