BGH Urteil v. - V ZR 270/06

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: SchuldRAnpG § 57; BGB § 280 a.F.; BGB § 282 a.F.; BGB § 325 a.F.; BGB § 325 Abs. 1 a.F.; BGB § 510 Abs. 2 a.F.; ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1

Instanzenzug: AG Frankfurt (Oder) 2.6 C 1209/04 vom LG Frankfurt (Oder) 15 S 116/05 vom

Tatbestand

Die Kläger waren aufgrund einer mit dem Rat der Stadt F. (Oder) geschlossenen Nutzungsvereinbarung seit 1979 Nutzer der Teilfläche eines Grundstücks. Eigentümer sind die Beklagten, die das Grundstück am an Dritte (im Folgenden Käufer) verkauften. Eine Ausfertigung des von dem Streithelfer der Beklagten beurkundeten Vertrags wurde den Klägern erst unter dem übersandt. Die Kläger verlangen Schadensersatz und machen hierzu geltend, sie seien über das Grundstücksgeschäft mit den Käufern erst so spät informiert worden, dass sie ihr Vorkaufsrecht aus § 57 SchuldRAnpG nicht mehr rechtzeitig hätten ausüben können. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist im Wesentlichen erfolglos geblieben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Anträge im abgewiesenen Umfang weiter. Der Streithelfer der Beklagten hat Anschlussrevision eingelegt, mit der er eine vollständige Klageabweisung erreichen möchte.

Gründe

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Beklagten hätten ihre "Verpflichtung zur Gewährung des Vorkaufsrechts" aus § 57 SchuldRAnpG verletzt und seien daher nach § 325 Abs. 1 BGB a.F. zur Erstattung der für einen der beiden Umzüge der Kläger aufgewandten Umzugskosten verpflichtet. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass den Klägern ein Vermögenszuwachs entgangen sei. Dass der Wert des dem Vorkaufsrecht unterliegenden Grundstücks höher als der vereinbarte Kaufpreis gewesen sei, hätten die Kläger nicht ausreichend dargelegt. Eine Verpflichtung zum Schadensersatz unter dem Blickwinkel der Mehraufwendungen für ein Deckungsgeschäft scheide aus, weil die Kläger das Vorkaufsrecht nicht binnen der Zweimonatsfrist des § 510 Abs. 2 BGB a.F. ausgeübt hätten.

II.

1. Die eingelegten Rechtsmittel führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Die Revision weist zu Recht darauf hin, dass das Berufungsurteil - was von Amts wegen zu prüfen ist - keine ausreichende Grundlage für eine revisionsrechtliche Überprüfung bietet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt die revisionsrechtliche Kontrolle zum einen voraus, dass das Berufungsurteil hinreichend deutlich erkennen lässt, über welche Anträge im Berufungsrechtszug entschieden worden ist. Zum anderen muss sich entweder aus dem Berufungsurteil selbst oder aber - sofern auf die tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil nach § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO verwiesen wird - in Verbindung mit diesen zuverlässig ergeben, welchen Sachverhalt das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (std. Rspr., vgl. nur BGHZ 163, 376, 378 ff.; Senat, Urt. v. , V ZR 269/06, ZfIR 2007, 758; jeweils m.w.N.). Daraus folgt, dass die Darstellungen zum tatsächlichen Vorbringen nicht derart widersprüchlich, unklar oder lückenhaft sein dürfen, dass sich die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung nicht mehr zweifelsfrei erkennen lassen (, NJW 2003, 3352 m.w.N.). Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.

a) Berufungsanträge gibt das Berufungsurteil nicht wieder. Die vage Umschreibung, die Kläger wendeten sich dagegen, dass ihnen das Amtsgericht einen Anspruch auf Erstattung von Mehraufwendungen nach fehlender Mitteilung über die Möglichkeit der Ausübung eines Vorkaufsrechts versagt habe, lässt jedenfalls deshalb keinen zweifelsfreien Schluss auf die Berufungsanträge zu, weil das Berufungsgericht auf Seite 7 seines Urteils einen Schadensersatzanspruch verneint, den die Kläger offenbar auf die Behauptung gestützt haben, der Wert des dem Vorkaufsrecht unterliegenden Grundstücks habe die Kaufpreissumme überstiegen. Mit Mehraufwendungen hat das aber nichts zu tun. Daher kommt es nicht mehr auf die von der Revision aufgeworfene Frage an, ob der Grundsatz, wonach das Gericht einen einmal gestellten Antrag auch dann seiner Entscheidung zugrunde legen darf, wenn er in einer späteren Verhandlung nicht erneut gestellt worden ist (Senat, Urt. v. , V ZR 37/03, NJW 2004, 2019, 2021 m.w.N.), auch dann gilt, wenn die Besetzung des Gerichts - hier durch die Übertragung des Rechtsstreit vom Einzelrichter auf die Kammer - nach Stellung des Antrags gewechselt hat (die Frage verneinend BAG NJW 1971, 1332; a.A. Zöller/Greger, ZPO, 26. Auflage, § 137, Rdn. 2 m.w.N.).

b) Davon abgesehen bringt das Berufungsurteil nicht zum Ausdruck, welchen Sachverhalt es seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Es ist schon nicht erkennbar, auf welcher tatsächlichen Grundlage das Berufungsgericht von (subjektiver) Unmöglichkeit im Sinne von § 325 BGB a.F. ausgeht. Ob die Käufer in Vollzug des mit den Beklagten geschlossenen Kaufvertrages bereits als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen worden sind, wird nicht mitgeteilt. Mit Blick auf die von den Klägern geltend gemachten, aber nur teilweise zuerkannten Umzugskosten ist ebenfalls nicht ersichtlich, auf welchen konkreten Sachverhalt das Berufungsgericht abstellt. Nichts anderes gilt, soweit das Berufungsgericht das Vorbringen der Kläger zu dem entgangenen Vermögenszuwachs als unsubstantiiert qualifiziert hat. Zwar nimmt das Berufungsurteil zulässigerweise auf die tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil Bezug (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Indessen hat das Amtsgericht die Klage auf der Grundlage einer anderen rechtlichen Beurteilung insgesamt abgewiesen und folgerichtig zu den hier in Rede stehenden Punkten keine tatsächlichen Feststellungen getroffen.

2. Für die weitere Behandlung der Sache weist der Senat auf folgendes hin:

a) Wird das gesetzliche Vorkaufsrecht aus § 57 SchuldRAnpG vor dessen Ausübung schuldhaft vereitelt, ist nicht § 325 BGB a.F. einschlägig, sondern § 280 BGB a.F., weil vor der Ausübung noch keine im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Ansprüche entstanden sein können. Von einer solchen Konstellation scheint das Berufungsgericht der Sache nach - wie seine Ausführungen zu den Umzugskosten nahe legen - auszugehen. Dann aber kann ein Anspruch der Kläger auf weiteren Schadensersatz nicht daran scheitern, dass die Kläger ihr Vorkaufsrecht nicht rechtzeitig ausgeübt haben.

b) Die Argumentation der Anschlussrevision gibt Veranlassung zu dem Hinweis, dass es nach § 282 BGB a.F. Sache der Schuldner ist, ein Verschulden auszuräumen, dass an das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums strenge Maßstäbe anzulegen sind und eine Exkulpation grundsätzlich voraussetzt, dass der Schuldner die Rechtslage sorgfältig geprüft und zumindest bei Fehlen eigener Sachkunde fachkundigen Rechtsrat eingeholt hat (vgl. auch , NJW 2007, 428, 429 f. m.w.N.).

c) Die Einholung eines Sachverständigengutachtens über den Wert eines Grundstücks hängt nicht davon ab, dass die darlegungspflichtige Partei die beweiserhebliche Behauptung mit Einzeltatsachen unterlegt. Vorbringen zur Begründung eines Klageanspruchs ist schon dann schlüssig und damit als Prozessstoff erheblich, wenn Tatsachen vorgetragen werden, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das mit der Klage geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, wenn sie für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind (Senat, Urt. v. , V ZR 170/01, NJW-RR 2003, 69, 70; Urt. v. , V ZR 66/06, WM 2007, 174, 176).

3. Die Niederschlagung der Gerichtskosten beruht auf § 21 GKG.

Fundstelle(n):
OAAAC-68059

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein