Leitsatz
[1] Das Tatbestandsmerkmal "mit sich führen" in § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG erfasst nur bewegliche Tatmittel, nicht dagegen auch solche, die - etwa in einer Selbstschussanlage - fest installiert sind.
Gesetze: BtMG § 30 a Abs. 2 Nr. 2
Instanzenzug: LG Rostock vom
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten J. des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Herstellen von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und in einem Fall in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Den Angeklagten W. hat es wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Herstellen von Betäubungsmitteln, in einem Fall in Tateinheit mit Herstellen von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und in einem Fall in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihren zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten, wirksam auf die Verurteilung der Angeklagten im Fall II. 7 der Urteilsgründe beschränkten Revisionen, mit denen sie die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Sie beanstandet, dass das Landgericht die Angeklagten nicht wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) sowie wegen eines tateinheitlich dazu begangenen versuchten Tötungsdelikts verurteilt hat. Die - vom Generalbundesanwalt vertretene - Revision hat hinsichtlich des Angeklagten J. teilweise Erfolg; hinsichtlich des Angeklagten W. ist das Rechtsmittel unbegründet.
1. Das Landgericht hat festgestellt:
Beide Angeklagten betrieben seit 2005 - zunächst der Angeklagte J. allein, im weiteren Verlauf des Jahres dann gemeinsam - den Anbau von Cannabispflanzen, um damit ihren Eigenbedarf an Marihuana zu decken und im Übrigen das Marihuana gewinnbringend weiterzuveräußern. Anfang März 2006 wurde die gesamte Ernte der im ausgebauten Dachboden eines Hauses in D. angelegten sog. Indoorplantage sowie ein Teil der technischen Ausrüstung von Unbekannten entwendet. Beide Angeklagten legten daraufhin umgehend eine neue Plantage an. Sie erwarteten eine der entwendeten Ernte entsprechende Ausbeute von ca. 3,9 kg Marihuana, von denen mindestens 1 kg zum Weiterverkauf dienen sollte.
Der Angeklagte J. wollte unbedingt verhindern, dass die neue Ernte wiederum gestohlen wird. Er besorgte sich deshalb eine Kleinkaliberpistole nebst Munition und stellte durch Probeschüsse sicher, dass die Waffe auch funktionsfähig war. Ende April 2006 befestigte er die Pistole mittels mehrerer Lagen Paketklebeband in geladenem und entsichertem Zustand an einer senkrecht gegenüber der Eingangstür zum Dachgeschoss angebrachten Dachlatte, und zwar so, dass der Lauf sich in einer Höhe von 1,14 Meter befand und leicht nach unten gerichtet war, so dass die Flugbahn die Türebene in einer Höhe von etwa 1 Meter kreuzte. Am Abzug der Pistole brachte er eine Angelsehne an, welche er über zwei Umlenkhaken bis zum Türblatt der Eingangstür führte. An dem Türblatt befestigte er die Sehne durch Einhängen in einen Ösenhaken. Die Tür öffnete nach außen, so dass beim Öffnen der Tür aus der Pistole ein Schuss gelöst worden wäre. Um dies zu verhindern, machten die Angeklagten jedes Mal, wenn sie die Plantage verließen, zwar die Anlage "scharf", indem sie die Angelsehne an der Öse der Tür einhängten, machten aber zugleich am ersten Umlenkhaken eine Schlaufe in die Angelsehne. Dies sollte sicherstellen, dass die "Selbstschussanlage" zwar den Eindruck einer "scharfen Anlage" machte, sich ein Schuss jedoch nicht lösen konnte. Zudem verdeckte der Angeklagte J. die Pistole, um die Anlage "noch professioneller" aussehen zu lassen, durch einen an der Dachlatte aufgehängten blauen Müllsack. Um die beabsichtigte abschreckende Wirkung weiter zu erhöhen, erzählte der Angeklagte J. in seinem Bekanntenkreis, in dem er diejenigen vermutete, die im März die Ernte gestohlen hatten, von der installierten "scharfen Selbstschussanlage". Die Plantage wurde von der Polizei am durchsucht. Die Beamten hatten von der Existenz der Selbstschussanlage keine Kenntnis. Beim vorsichtigen Öffnen der Tür riss die Angelsehne im Bereich der Schlaufe. Ein Schuss löste sich nicht. In der Anlage wurden ca. 300 Cannabispflanzen, ca. 100 Cannabissetzlinge sowie 6,2 kg getrocknetes Blattmaterial sichergestellt; die THC-Gesamtmenge betrug ca. 160 Gramm.
2. Das Landgericht hat die Angeklagten insoweit - nachdem Verstöße nach dem Waffengesetz bereits von der Staatsanwaltschaft gemäß § 154 a StPO von der Verfolgung ausgenommen worden waren - lediglich des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG für schuldig befunden. Dagegen hat es den Tatbestand des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG als nicht erfüllt angesehen, weil die am Tatort angebrachte Schusswaffe wegen ihrer festen Installation nicht ohne Weiteres zum Einsatz habe kommen können. Die festgestellte Form des Einsatzes sei nicht mehr vom Wortsinn des Mitsichführens einer Waffe erfasst. Diese Auslegung trifft zu.
a) Bei der für die "Selbstschussanlage" verwendeten geladenen und entsicherten Pistole, bei der sich bei der Durchsuchung eine Patrone im Lauf befand und der Abzugshahn gespannt war, handelte es sich um eine Schusswaffe im Sinne des Tatbestandes des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG. Dieser setzt darüber hinaus aber voraus, dass der Täter die Schusswaffe beim Handeltreiben "mit sich führt". Dass dies hier der Fall ist, belegen die Feststellungen im Ergebnis nur hinsichtlich des Angeklagten J. für den Zeitraum bis zur Anbringung der Selbstschussanlage [dazu unten b) aa)], nicht jedoch auch für den nachfolgenden Zeitraum, in dem die Anlage fest installiert war.
aa) Die Auffassung der Revision, die Angeklagten hätten die Kleinkaliberpistole, auch als sie an der Dachlatte befestigt war, im Sinne des qualifizierten Tatbestandes "mit sich geführt", ist mit dem - für die Auslegung maßgeblichen - möglichen Wortsinn dieses Tatbestandsmerkmals nicht mehr vereinbar. Der mögliche Wortsinn eines Gesetzes markiert aber die äußerste Grenze der Auslegung strafrechtlicher Bestimmungen zum Nachteil des Angeklagten (vgl. BGHSt 50, 370, 372).
Der Begriff des Mit- oder Beisichführens einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeugs, wie er gleichbedeutend mit § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG etwa in §§ 177 Abs. 3 Nr. 1, 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB verwendet wird (vgl. BGH NStZ 1997, 137; Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 244 Rdn. 12; Weber BtMG 2. Aufl. § 30 a Rdn. 175; Körner BtMG 6. Aufl. § 30 a Rdn. 67 m.N.), verlangt, dass der Gegenstand, den der Täter "mit oder bei sich führt", beweglich ist. Dies entspricht dem allgemeinen Sprachverständnis. So definieren die maßgebenden Wörterbücher der deutschen Sprache den Begriff "führen" mit "in Bewegung setzen, fahren machen" und weiter: "für einen bestimmten Zweck bei sich haben, bei sich tragen" (Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in zehn Bänden, 3. Aufl., 2002, S. 1336, 1337) bzw. "(am Körper) tragen, (in der Hand) halten" (Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Neubearbeitung, 9. Band, 2006, Sp. 1206, 1208). Die Tragbarkeit des Gegenstandes setzt aber dessen Beweglichkeit voraus.
bb) Dass das tatbestandliche Mit- oder Beisichführen nur bewegliche Gegenstände erfasst, gilt ungeachtet des weiten Verständnisses dieses Begriffs in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die in ihrer umfangreichen Kasuistik zum Begriff des Bei- bzw. Mitsichführens (vgl. nur BGHSt 20, 194, 197; 31, 105; 43, 8, 10; BGH NStZ 1997, 137; 2000, 433; ; BayObLG NJW 1999, 2535) bislang allein maßgeblich auf die Zugriffsnähe des Tatmittels abgestellt hat (vgl. Körner aaO Rdn. 68 mit zahlr. weiteren Nachw. aus der Rspr.). Danach ist das Tatbestandsmerkmal des Mit- oder Beisichführens erfüllt, wenn der Täter das Tatmittel bewusst gebrauchsbereit derart "griffbereit" bei sich hat, dass er sich dessen jederzeit bedienen kann. Zwar "führt" in den von der Rechtsprechung für ausreichend erachteten Fallgestaltungen auch derjenige Täter die Waffe im eigentlichen Wortsinne nicht "mit sich", der die Waffe nicht in die Hand genommen, sondern sie lediglich so in Reichweite zur Verfügung hat, dass er sie ohne nennenswerten Zeitaufwand ergreifen, d.h. in die Hand nehmen, und dann einsetzen kann. Dass aber auch derjenige die Waffe "mit sich führt", die nicht beweglich, sondern - wie hier - fest montiert ist und auch nur in diesem Zustand eingesetzt werden soll, hat der Bundesgerichtshof bisher nicht ausgesprochen.
cc) Der hier vertretenen Auslegung, wonach nur bewegliche Tatmittel die Qualifikation in § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG zu begründen vermögen (so zur gleichbedeutenden Verwendung des Tatbestandsmerkmals des Beisichführens in § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB Schmitz in MüKo StGB § 244 Rdn. 22), steht nicht entgegen, dass im Waffenrecht der Begriff des Führens einer Waffe nicht auf deren Beweglichkeit oder Tragbarkeit, sondern nach ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung (§ 1 Abs. 4 i.V.m. Anlage 1 Abschnitt 2 Nr. 4 WaffG n.F.; vormals § 4 Abs. 4 WaffG a.F.) allein auf die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über die Waffe außerhalb des befriedeten Besitztums abstellt (zur Entwicklung des Begriffs vgl. Steindorf Waffenrecht 8. Aufl. zu § 1 WaffG n.F. Rdn. 46 m.N.; ders. Waffenrecht 6. Aufl. zu § 1 WaffG a.F. Rdn. 8). Denn eine Legaldefinition des (Mitsich)Führens, die eine über den normalen Sprachgebrauch hinausgehende, auch nicht bewegliche Tatmittel erfassende Auslegung erlauben würde, hat der Gesetzgeber - anders als im Waffenrecht - weder im Strafgesetzbuch noch im Betäubungsmittelgesetz vorgenommen. Deshalb dehnt die nur für das Waffenrecht geltende Legaldefinition den möglichen Wortsinn des Begriffs des Mit- oder Beisichführens, wie er im Strafrecht u.a. in § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG verwendet wird, nicht auf den bloßen Besitz von Waffen und sonstigen Tatmitteln aus, die der Täter nicht "ergreifen" kann, weil sie als (Schuss-)Anlage fest installiert sind.
dd) Eine weiter gehende Auslegung des Begriffs des Mitsichführens, wie sie die Beschwerdeführerin vertritt, rechtfertigt sich auch nicht mit dem vom Gesetzgeber mit Einführung der Qualifikation des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG durch das Verbrechensbekämpfungsgesetz vom (BGBl I 3186) verfolgten Zweck, diejenigen Tatmodalitäten unter eine erhöhte Strafdrohung zu stellen, die typischer Weise besonders gefährlich sind (vgl. BTDrucks 12/6853 S. 41; BGHSt 43, 8, 11; 48 - GS - 189, 193). Auch wenn nach der Gesetzesbegründung die Gefährlichkeit beim bewaffneten Handeltreiben insbesondere darin liegt, dass die Täter rücksichtslos ihre Interessen beim Umgang mit Betäubungsmitteln durchsetzen und dabei die Schusswaffe "einsetzen" (BTDrucks aaO), hat dieser auf den Einsatz bzw. die Verwendung des Tatmittels abstellende Schutzzweck in dem engeren Begriff des Mitsichführens keinen Ausdruck gefunden. Dabei ist der Beschwerdeführerin einzuräumen, dass auch der Besitz einer - wie hier - fest installierten Schussanlage dem Täter nicht anders als die Verfügbarkeit einer beweglichen Schusswaffe den unerlaubten Umgang mit Betäubungsmitteln erleichtert und ihm ein Bewusstsein der Sicherheit und Überlegenheit verschafft, womit sich - wenn andere Personen im Zusammenhang mit Rauschgiftgeschäften erscheinen - auch die Gefahr verwirklichen kann, der die Einführung des qualifizierten Tatbestandes im Betäubungsmittelstrafrecht begegnen will. Doch ändert das nichts daran, dass das Mitsichführen einer Waffe - wie ausgeführt - begrifflich die Beweglichkeit des Tatmittels voraussetzt.
Diese streng am Wortlaut orientierte Auslegung durch den Senat findet ihre Entsprechung auch in der Rechtsprechung zum Begriff des gefährlichen Werkzeugs in § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Gestützt auf die nach Art. 103 Abs. 2 GG maßgebliche Wortlautgrenze versteht die Rechtsprechung als gefährliches Werkzeug nur Gegenstände, die durch menschliche Einwirkung bewegt werden können (BGHSt 22, 235). Unbewegliche Gegenstände nimmt die Rechtsprechung dagegen vom dem Begriff aus ungeachtet dessen, dass - wie der Bundesgerichtshof ausdrücklich betont hat - eine "weite Auslegung", die auch unbewegliche Gegenstände erfasst, dem gesetzgeberischen Zweck der Strafschärfung vielleicht besser entsprechen würde (BGHSt aaO S. 237; vgl. weitere Nachw. bei Tröndle/Fischer aaO § 224 Rdn. 8). Nicht anders verhält es sich hier.
Dass mit der Beschränkung des tatbestandlichen Mit- oder Beisichführens auf bewegliche Gegenstände vergleichbar gefährliche Verhaltensweisen möglicherweise unterschiedlich qualifiziert sind, je nachdem, ob die Waffe bei der Tat (noch) beweglich oder - wie hier - (bereits) fest installiert ist, verkennt der Senat nicht und macht auch der vorliegende Fall mit dem für den Angeklagten J. einerseits und für den Angeklagten W. andererseits zu § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG unterschiedlichen Ergebnissen deutlich. Dies kann aber kein Grund sein, die Wortlautgrenze durch die Rechtsprechung zu Lasten des Angeklagten zu verschieben. Davon abgesehen, kann in Fällen, in denen der Täter sich - wie hier - einer fest installierten Waffe bedient, diesem Umstand im Rahmen der Strafzumessung auch nach § 29 a Abs. 1 BtMG angemessen Rechnung getragen werden, wie es die Strafkammer auch getan hat.
b) Nach alledem ergibt sich hier ein Mitsichführen der fest installierten Pistole auch nicht daraus, dass die Angeklagten während ihrer Anwesenheit am Tatort nach den Feststellungen ohne Weiteres Zugang zu der Schussanlage hatten und sie deshalb - etwa durch Ziehen an der Angelsehne - auch die Schussabgabe hätten auslösen können. Feststellungen dazu, dass die Angeklagten die Pistole etwa mit geringstem Zeitaufwand von der Dachlatte hätten lösen können, um sie dann zu ergreifen, hat das Landgericht nicht getroffen. Das versteht sich auch nicht von selbst.
c) Gleichwohl hat die Beschwerdeführerin mit der Rüge der Nichtanwendung des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG teilweise Erfolg:
aa) Auch nach dem engeren Verständnis des Tatbestandsmerkmals des Mitsichführens hat der Angeklagte J. die Kleinkaliberpistole ohne Weiteres dadurch "mit sich geführt", dass er im April 2006 die von ihm besorgte Pistole zusammen mit der Munition zu der Indoorplantage brachte und sie dort "in einem geladenen und entsicherten Zustand" als Selbstschussanlage installierte. Solange die Pistole noch nicht fest an der Dachlatte angebracht war, hatte der Angeklagte J. sie in der Hand bzw. stand sie ihm jedenfalls griffbereit zur Verfügung. In diesem Zeitpunkt war die neue Plantage nach den Feststellungen zum Wachstumsstadium der bei der Durchsuchung sichergestellten Pflanzen (UA 8, 18) auch schon wieder angelegt, so dass damit die Tatbestandsalternative des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bereits erfüllt (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 40; § 29 a Abs. 1 Nr. 2 Handeltreiben 4) und auch die vom Tatbestand weiter vorausgesetzte funktionale Verknüpfung mit dem Waffenführen ("dabei") gegeben war.
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend dahin, dass der Angeklagte J. im Fall II. 7 der Urteilsgründe des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil schon die zugelassene Anklage den Tatvorwurf nach § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG enthielt und der Angeklagte geständig ist. Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung des betreffenden Einzelstrafauspruchs und des Gesamtstrafenausspruchs. Doch wird der neue Tatrichter bei der Prüfung des minder schweren Falls nach § 30 a Abs. 3 BtMG zu bedenken haben, dass das tatbestandsmäßige Mitsichführen der Schusswaffe nur den kurzen Zeitraum bis zur festen Installation der Selbstschussanlage betrifft und auch nur den zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmten Anteil der Cannabisanpflanzung, nicht hingegen auch den - nach den Feststellung größeren - zum Eigenkonsum bestimmten Anteil erfasst (vgl. ).
bb) Bezüglich des Angeklagten W. bleibt es hingegen bei dem angefochtenen Urteil. Denn die Feststellungen ergeben nicht, dass dieser Angeklagte an der Beschaffung und Anbringung der Schusswaffe als Mittäter (vgl. BGHSt - GS - 48, 189) oder als Gehilfe beteiligt war. Vielmehr erfolgte die Bewaffnung durch den Angeklagten J. danach ohne Zutun des Angeklagten W. . Dieser wurde von dem Angeklagten J. erst zu einem Zeitpunkt, als die Schussanlage bereits installiert war, als J. sie mithin nicht mehr "mit sich führte", "vollumfänglich eingeweiht". Deshalb kann die Verwirklichung der Qualifikation durch den Angeklagten J. dem Angeklagten W. hier auch nicht über die Grundsätze der Rechtsprechung zur sukzessiven Mittäterschaft (vgl. BGHR StGB § 25 Abs. 2 Tatbeitrag 2 m.w.N.; Tröndle/Fischer aaO § 25 Rdn. 21; Lackner/Kühl StGB 26. Aufl. § 25 Rdn. 12) zugerechnet werden. Denn nach den Feststellungen ergibt sich nicht, dass der Angeklagte W. zur Verwirklichung des qualifizierenden "Mitsichführens" selbst einen fördernden Beitrag geleistet hat (vgl. BGH NStZ 1984, 548 f.).
3. Ohne Erfolg beanstandet die Staatsanwaltschaft, dass das Landgericht im Fall II. 7 im Zusammenhang mit der "scharfen" Selbstschussanlage die beiden Angeklagten nicht auch wegen eines (tateinheitlich begangenen) versuchten Verletzungsdelikts verurteilt hat. Deshalb erweisen sich die den Angeklagten W. betreffende Revision insgesamt und die den Angeklagten J. betreffende weiter gehende Revision als unbegründet.
a) Ausgehend von der für nicht widerlegt erachteten Einlassung der Angeklagten, hat die Strafkammer nicht nur einen Tötungsvorsatz nicht festzustellen vermocht, sondern auch eine versuchte gefährliche Körperverletzung nicht angenommen, da beide Angeklagten darauf vertraut hätten, dass die Anlage nicht "scharf" sein und so kein anderer verletzt werden würde. Die diesen Feststellungen zu Grunde liegende Beweiswürdigung erweist sich als tragfähig. Sie ist weder widersprüchlich noch hat die Strafkammer überspannte Anforderungen an die für einen Schuldspruch erforderliche Überzeugungsbildung gestellt.
b) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin und des Generalbundesanwalts hat das Landgericht, indem es die von den Angeklagten geschilderte Sicherung der Selbstschussanlage mittels Einlegen einer Schlaufe in der Angelsehne am ersten Umlaufhaken als unwiderlegbar angesehen hat, nicht etwa verkannt, dass nach ständiger Rechtsprechung entlastende Angaben eines Angeklagten nicht schon deshalb als unwiderlegbar der Beurteilung zugrunde zu legen sind, weil es für das Gegenteil keine Beweise gibt, und die Zurückweisung einer Einlassung auch nicht erfordert, dass sich ihr Gegenteil positiv feststellen lässt (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2; Beweiswürdigung, unzureichende 1; Überzeugungsbildung 29). Die Strafkammer hat vielmehr eingehend die Vernunftargumente erörtert, die gegen die Einlassung sprechen. Sie hat sich aber unter ausführlicher Auseinandersetzung mit dem technischen Gutachten des gehörten Sachverständigen davon überzeugt, dass die Anlage ohne die Sicherung beim Öffnen der Tür durch den Polizeibeamten hätte zur Auslösung kommen müssen und mehrere objektive Umstände, namentlich die Länge der untersuchten Angelsehne und deren Beschädigungen im Bereich der vorgeblichen Schlaufe, für die "Version" der Angeklagten sprechen. Wenn der Tatrichter bei dieser Sachlage "zu Gunsten der Angeklagten" deren Einlassung zur Sicherung der Selbstschussanlage als nicht widerlegt erachtet hat, ist das vom Revisionsgericht hinzunehmen.
4. Die Sache bedarf nach alledem nur hinsichtlich des Angeklagten J. in dem bezeichneten Umfang neuer Verhandlung und Entscheidung. Im Übrigen hat es bei dem angefochtenen Urteil sein Bewenden.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW 2008 S. 386 Nr. 6
IAAAC-66895
1Nachschlagewerk: ja; BGHR: ja