BGH Urteil v. - 4 StR 425/07

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StPO § 349 Abs. 2; StGB § 211; StGB § 211 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Angeklagten O. und V. hat es jeweils wegen Beihilfe zum Totschlag zu Freiheitsstrafen von fünf (O. ) bzw. sechs (V. ) Jahren verurteilt.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Staatsanwaltschaft und die Nebenkläger Herbert und Hildegard C. - die Eltern des Tatopfers - sowie die Angeklagten mit ihren Revisionen. Die Staatsanwaltschaft und die Nebenkläger erstreben eine Verurteilung wegen (gemeinschaftlich begangenen) Mordes bzw. wegen Beihilfe zum Mord (V. ). Der Angeklagte S. hat seine Revision auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Er beanstandet, dass das Landgericht zu Unrecht von seiner vollen Schuldfähigkeit ausgegangen sei. Die Angeklagten O. und V. wenden sich gegen den vom Landgericht jeweils angenommenen Gehilfenvorsatz zur Tötung des Tatopfers.

Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger haben weitgehend Erfolg; die Revisionen der Angeklagten sind unbegründet.

I.

1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

Der Angeklagte S. und der drogenabhängige Christian C. - das spätere Tatopfer - standen in Geschäftsbeziehung und waren miteinander befreundet. C. bezog von S. , der einen "Espresso Pub" betrieb, Kokain. Ende November 2005 befand er sich in einer schlechten finanziellen Situation. Seine Firma hatte hohe Verbindlichkeiten bei den Finanzbehörden, er selbst hatte wenigstens 24.500 Euro Schulden beim Angeklagten S. , wobei nicht festgestellt werden konnte, ob diese Verbindlichkeiten allein aus Drogenlieferungen oder auch aus anderen Geschäften stammten. Als C. dem S. zur Rückzahlung seiner Schulden ein Fahrzeug übergab, das dem C. aber gar nicht gehörte, war S. sehr verärgert. Er fühlte sich von C. , der ihm nach seiner Meinung auf Grund der bestehenden Freundschaft und Geschäftsbeziehung zu "Loyalität und Dankbarkeit" verpflichtet sein musste, hintergangen. Hinzu kam, dass S. von eigenen Gläubigern aus den Niederlanden, vermutlich wegen Forderungen aus Betäubungsmittelgeschäften, stark unter Druck gesetzt worden war, er aber nicht zahlen konnte.

Am Tag vor der Tat übergab C. dem Angeklagten S. 500 Euro zur (Teil-)Rückzahlung seiner Schulden. Es kam - wohl in diesem Zusammenhang - zu einer heftigen verbalen Auseinandersetzung zwischen beiden, bei der S. massive Drohungen gegen Leib und Leben des Christian C. ausstieß. Nachdem C. gegangen war und er aus Angst Telefonanrufe des S. nicht entgegennahm, entschloss sich dieser, zu C. zu fahren, um ihn zur Rückzahlung des dringend benötigten Geldes zu bewegen. Er rief die Angeklagten O. und V. in seine Wohnung und äußerte - nach dem gemeinsamen Genuss von Alkohol und Kokain - dass "er den umbringen werde, wenn er seine Schulden nicht bezahle" (UA 12 f.). Bevor die Angeklagten die Wohnung des S. verließen, um zu C. zu fahren, steckte S. eine scharfe, geladene Pistole ein. Spätestens zu diesem Zeitpunkt fasste er den Entschluss, C. zu töten, falls dieser seine Schulden nicht bezahlen würde. Sodann fuhren die Angeklagten mit dem Fahrzeug des V. , das dieser steuerte, zur Wohnung des Christian C. . Auf der Fahrt sah der Angeklagte O. die Waffe des S. . Wegen der Bewaffnung, der gereizten Stimmung des S. und der in der Wohnung zuvor geäußerten Todesdrohung "argwöhnte" O. , dass es zu einer Tötung des C. kommen könnte, wenn dieser seine Schulden nicht begleichen würde.

Als die Angeklagten kurz nach Mitternacht am Wohnhaus des Christian C. ankamen, forderte S. den Angeklagten O. auf, an der Haustür zu klingeln, sich wahrheitswidrig als "der Mann aus Holland" auszugeben und von C. die Rückzahlung der Schulden zu fordern. Er sollte C. erklären, dass das Geld, das C. schuldete, nicht S. allein zustehe, sondern auch den "Leuten aus Holland", die das Geld dringend haben müssten. Der Angeklagte O. wurde nach diesem Ansinnen des S. in seiner Vermutung noch bestärkt, dass es möglicherweise zu einer Tötung des C. kommen könnte. Er ging gleichwohl zur Wohnungstür, die ihm nach dem Läuten von C. geöffnet wurde. Wegen der mit S. geführten heftigen Auseinandersetzung und dessen Drohung fürchtete C. um sein Leben. Er rechnete mit einem Angriff des S. und hatte sich deshalb zur Verteidigung mit einer geladenen Vorderschaftrepetierflinte ("Pumpgun") bewaffnet. Diese hielt er beim Öffnen der Tür in seiner rechten Hand. Als O. das sah, war ihm ohne jeden Zweifel bewusst, dass bei einem Scheitern der Geldbeitreibung von S. die Tötung des C. beabsichtigt war.

Inzwischen hatte S. dem Angeklagten V. im Einzelnen mitgeteilt, dass er gegebenenfalls beabsichtige, Christian C. zu töten. Er wies ihm einen Platz an, wo V. sich mit seinem Fahrzeug hinstellen sollte, um nach der Tat eine schnelle Flucht zu ermöglichen.

Nachdem C. dem Angeklagten O. die Tür geöffnet hatte, stellte sich dieser, der Anweisung des S. folgend, als "der Mann aus Holland" vor, der gekommen sei, um über die Schulden zu sprechen. C. ließ den Angeklagten O. eintreten und stellte die Waffe ab. Er erklärte O. , dass er sich derzeit bemühe, das Geld für S. zu beschaffen, er aber Schulden beim Finanzamt habe. Im Verlauf des Gesprächs rief S. mehrfach das Mobiltelefon des O. an. Er warf dem C. , an den O. das Telefon weitergereicht hatte, vor, dass dieser ihn mit der Übergabe des ihm nicht gehörenden Fahrzeugs getäuscht und er ihn im Stich gelassen habe. In einem weiteren Gespräch erteilte S. dem Angeklagten O. die Anweisung, ihm unter der Vorgabe, er - O. - müsse austreten, die Hauseingangstür zu öffnen. Das tat der Angeklagte O. auch. Ihm war dabei bewusst, dass der bewaffnete Angeklagte S. so für C. unbemerkt in das Haus eindringen und dieses Überraschungsmoment zur Tötung nutzen konnte.

Als S. das Haus betreten hatte, war Christian C. von dessen Erscheinen überrascht. Er war auf Grund der Telefongespräche davon ausgegangen, dass sich S. in dem mehr als 30 km entfernten Ort Neunkirchen aufhielt. C. befürchtete nun endgültig, auch auf Grund dieser Täuschung, dass S. einen Anschlag auf ihn plante. Um S. zu beschwichtigen, umarmte er ihn freundschaftlich. S. verlangte erneut die Rückzahlung des ausstehenden Geldes, worauf C. wieder auf seine hohen Verbindlichkeiten beim Finanzamt hinwies. Die nunmehr zum Teil heftig und lautstark geführte Diskussion - bei der Kokain konsumiert wurde - steigerte sich immer mehr. S. lief aufgebracht in dem Raum hin und her. Als er glaubte, keine Rückzahlung seiner Schulden erhalten zu können, wollte er C. hierfür bestrafen (UA 48). Er feuerte, in der Absicht, Christian C. zu töten, aus der mitgeführten Pistole, die er unbemerkt unter seiner über dem Arm liegenden Lederjacke verborgen hatte, von hinten einen aufgesetzten Schuss durch die Jacke in den linken Brustkorb des C. . Als dieser daraufhin zu Boden fiel, gab S. zwei weitere, wiederum aufgesetzte Schüsse in den Kopf des Christian C. ab. Dieser verstarb innerhalb weniger Minuten. Anschließend reinigten S. und O. den Tatort, beseitigten Spuren und flüchteten mit V. .

2. Nach Auffassung des Landgerichts hat sich der Angeklagte S. nach den getroffenen Feststellungen lediglich des Totschlags schuldig gemacht. Ein "heimtückisches" Vorgehen (§ 211 Abs. 2 5. Alt. StGB) liege nicht vor, weil das Tatopfer vor dem Angriff des Angeklagten S. nicht arglos gewesen sei. Der Angeklagte O. habe sich wegen Beihilfe zum Totschlag strafbar gemacht, weil er vorsätzlich zu dem von S. begangenen Totschlag dadurch Hilfe geleistet habe, dass er diesem mit der wahrheitswidrigen Behauptung, er sei "der Mann aus Holland", der über die Rückzahlung der Schulden verhandeln wolle, und durch die spätere heimliche Öffnung der Haustür Zutritt zum Haus des Opfers verschafft und hierdurch die Tat erst möglich gemacht habe. O. sei nicht Mittäter gewesen, weil er - wovon zu seinen Gunsten auszugehen sei - in eine gemeinsame Planung der Tat nicht mit eingebunden gewesen sei und er keine Tatherrschaft und auch kein eigenes Interesse an der Tat gehabt habe. Auch der Angeklagte V. habe sich der Beihilfe zum Totschlag schuldig gemacht, weil er die Tatausführung des S. dadurch gefördert habe, dass er sein Fahrzeug weisungsgemäß zur schnellen Flucht bereit gestellt und nach der Tat die Flucht ermöglicht habe.

II.

Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger Herbert und Hildegard C.

1. Die Verfahrensrügen greifen aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zu den Revisionen der Nebenkläger genannten Gründen, in der auch zu der ebenfalls von der Staatsanwaltschaft erhobenen Aufklärungsrüge betreffend die Zeugin Z. Stellung genommen wurde, nicht durch.

2. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger Herbert und Hildegard C. haben jedoch mit der Sachrüge im Wesentlichen Erfolg.

a) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer hat das Landgericht allerdings ein "heimtückisches" Vorgehen des Angeklagten S. rechtsfehlerfrei verneint.

Nach ständiger Rechtsprechung handelt heimtückisch, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zu dessen Tötung ausnutzt. Arglos ist das Opfer dann, wenn es nicht mit einem gegen seine körperliche Unversehrtheit gerichteten erheblichen Angriff rechnet. Das Opfer muss gerade auf Grund seiner Arglosigkeit wehrlos sein, wobei für die Beurteilung grundsätzlich die Lage bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs maßgebend ist. Die Arglosigkeit kann aus unterschiedlichen Gründen entfallen. Maßgeblich sind jeweils die Umstände des konkreten Falles. Aus der Sicht des Täters ist Voraussetzung für ein heimtückisches Handeln, dass dieser sich bewusst ist, einen ahnungs- und schutzlosen Menschen zu überraschen, und dass er diese Situation in ihrer Bedeutung für die Tatausführung erkennt und nutzt (vgl. nur BGH NJW 2006, 1008, 1010 = BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 33; jew. m.w.N.).

Unter Zugrundelegung dieser Kriterien war das Mordmerkmal der Heimtücke bei der Tat nicht erfüllt:

Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen hatte der später getötete Christian C. nach der Drohung durch den Angeklagten S. am Tag vor der Tat erhebliche Angst um sein Leben. Er hatte sich in seiner Wohnung mit einer Schusswaffe bewaffnet, als O. an der Tür klingelte. Als der Angeklagte S. überraschend bei dem zahlungsunfähigen C. erschien, fürchtete dieser endgültig, dass S. einen Anschlag auf ihn vorhatte. Bei dem anschließenden Gespräch kam es zu einer heftigen Diskussion, bevor S. schließlich die tödlichen Schüsse abgab.

Dass das Landgericht nach diesen Feststellungen ausgeschlossen hat, dass C. seinen Argwohn vor Abgabe des ersten Schusses - dem hier für die Frage der Heimtücke maßgeblichen Beginn des mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs (vgl. BGH NJW 1991, 1963) - aufgegeben haben könnte (UA 45), ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Die von den Revisionen für ihre Auffassung, S. habe heimtückisch gehandelt, herangezogenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Heimtücke durch von langer Hand geplantes, wohl durchdachtes Locken in einen Hinterhalt bzw. raffiniertes Stellen einer Falle (BGHSt 22, 77, 79 f.; BGH NStZ 1989, 364, 365; ), in denen von der Regel, dass die Arglosigkeit bei Beginn des Tötungsversuchs vorliegen muss, eine Ausnahme gemacht wird (vgl. Schneider in MünchKomm-StGB § 211 Rdn. 131), betreffen andere Fallgestaltungen. Sie unterscheiden sich vom vorliegenden Fall insbesondere dadurch, dass das Tatopfer hier von der Tat nicht überrascht worden ist (vgl. BGH NStZ 1989, 364, 365: keine Heimtücke) und die Ausführung der Tat von einem Verhalten des dann Getöteten abhängig war (vgl. BGH NJW 1991, 1963: keine Heimtücke), nämlich dass Christian C. nicht zahlen würde. S. entschloss sich zur Tötung erst, als aus seiner Sicht die "Bedingung" für die Tötung (keine Rückzahlung der Schulden) eingetreten war. Zu diesem Zeitpunkt war Christian C. aber nicht arglos.

Der vom Generalbundesanwalt gerügte Erörterungsmangel, das Landgericht habe sich rechtsfehlerhaft nicht damit beschäftigt, dass S. sein Opfer möglicherweise fälschlich für arglos gehalten haben könnte, liegt angesichts der bisherigen Feststellungen nicht vor; denn S. kannte alle wesentlichen Umstände, aus denen sich der Argwohn des C. ergab.

b) Rechtlichen Bedenken begegnet jedoch, dass das Landgericht sich nicht mit dem Mordmerkmal der Tötung aus sonst "niedrigen Beweggründen" auseinandergesetzt hat.

Beweggründe sind nach der Rechtsprechung im Sinne von § 211 Abs. 2 StGB "niedrig", wenn sie nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und deshalb besonders verachtenswert sind. Die Beurteilung dieser Frage hat auf Grund einer Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren, insbesondere der Umstände der Tat, der Lebensverhältnisse des Täters und seiner Persönlichkeit zu erfolgen. Bei einer Tötung - wie hier festgestellt - aus Wut oder Ärger kommt es darauf an, ob diese Antriebsregungen ihrerseits auf einer niedrigen Gesinnung beruhen (vgl. nur BGHSt 47, 128, 130; m.w.N.).

Die Feststellungen des Landgerichts, nach denen der Angeklagte S. sein Tatopfer, mit dem er freundschaftlich verbunden war, zur "Bestrafung" für die Nicht-Rückzahlung von Schulden gleichsam "hingerichtet" hat (UA 48), bieten tragfähige Anhaltspunkte für die Annahme (sonst) niedriger Beweggründe (vgl. ["Hinrichtung" eines Drogenschuldners]; Schneider aaO Rdn. 71 ff.), zumal das Schwurgericht in seinen Strafzumessungserwägungen selbst davon ausgeht, dass die Tötung des Christian C. "auf einem als niedrig einzustufenden Motiv" beruhte (UA 48).

Das Mordmerkmal der (sonst) niedrigen Beweggründe hätte daher der Prüfung bedurft. Dies wird nachzuholen sein.

Sollte der neue Tatrichter beim Angeklagten S. zu einem Schuldspruch wegen Mordes aus (sonst) niedrigen Beweggründen gelangen, so wird er zu bedenken haben, dass eine Verurteilung von Teilnehmern an dieser Tat - hier: möglicherweise der beiden Mitangeklagten - wegen Beihilfe zum Mord (aus niedrigen Beweggründen) nur dann möglich ist, wenn diese selbst als Gehilfen ihre Tatbeiträge entweder ebenfalls aus niedrigen Beweggründen oder in Kenntnis der niedrigen Beweggründe des (Haupt-)Täters erbracht haben (st. Rspr., vgl. BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 43; Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 211 Rdn. 42 f. m.w.N.). Auch dies bedarf ggf. der Erörterung.

c) Die Verurteilung des Angeklagten O. nur wegen Beihilfe (zum Totschlag) und nicht wegen Mittäterschaft hält ebenfalls rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Nach ständiger Rechtsprechung erfordert die Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) - auf der Grundlage gemeinsamen Wollens - einen die Tatbestandserfüllung fördernden Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränken kann. Hat ein Tat-Beteiligter einen wesentlichen Beitrag geleistet, so ist er als Mittäter anzusehen, wenn er die Tat als eigene wollte. Ob er ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Bedeutsame Anhaltspunkte dafür können der Grad des eigenen Interesses am Erfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu sein, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich vom Willen des Tatbeteiligten abhängen (vgl. BGH StV 1983, 501; NStZ-RR 2002, 74, 75; 2004, 40, 41).

Von diesen Kriterien geht das Landgericht bei seiner Abgrenzung, ob der Angeklagte O. Mittäter oder Gehilfe war, im Ansatz zutreffend aus. Rechtlichen Bedenken begegnet jedoch seine Wertung, der Angeklagte O. habe keine Tatherrschaft gehabt, weil er nicht - wie S. - das "Geschehen in den Händen gehalten (habe)" (UA 46); denn Tatherrschaft ist nicht nur gegeben, wenn der Tatbeteiligte die Tatbestandsverwirklichung eigenhändig vornimmt, sondern bereits dann, wenn er in Arbeitsteilung mit Anderen eine für das Gelingen der Tat wesentliche Funktion innehat (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 74, 75).

Nach den Feststellungen hat der Angeklagte O. das Tatopfer durch Täuschung zum Weglegen seiner Waffe veranlasst und dem bewaffneten Angeklagten S. in dem Bewusstsein, dass es zur Tötung des Christian C. kommen konnte, heimlich den Zugang zu dessen Wohnung verschafft. Durch diesen wesentlichen Tatbeitrag (UA 49) hat er die Tat überhaupt erst ermöglicht (UA 46). Er hat somit den Geschehensablauf mit beherrscht. Damit hatte er Tatherrschaft (vgl. BGHSt 28, 346, 349; BGH NStZ-RR 2004, 40, 41).

Selbst wenn der Angeklagte O. , wovon das Landgericht ausgeht, kein eigenes Interesse an der Tat hatte, kommt diesem Umstand im Hinblick auf den von ihm erbrachten wesentlichen Tatbeitrag als Abgrenzungskriterium nur eine marginale indizielle Bedeutung zu (vgl. BGH wistra 2001, 420, 421). Er schließt, ebenso wenig wie der Umstand, dass O. (zunächst) in eine gemeinsame Planung der Tat nicht mit eingebunden war (vgl. BGH NStZ 2006, 44, 45), nicht aus, dass der Angeklagte die Tat als eigene wollte. Die Frage (mit-)täterschaftlichen Handelns des Angeklagten O. wird daher unter umfassender Würdigung des Beweisergebnisses - auch seiner Einbindung in die sonstige Tat-Vorbereitung (UA 30 ff.) - neu zu bewerten sein.

III.

Revisionen der Angeklagten

Die Revisionen der Angeklagten sind aus den Gründen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

IV.

Die Fragen des Vorliegens des Tatbestands des § 211 StGB und der Täterschaft des Angeklagten O. bedürfen somit neuer Verhandlung und Entscheidung. Die in dem angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen zum "Vortatgeschehen" (UA 9 bis 11), zum "Nachtatgeschehen" (UA 20 bis 22) und zur Schuldfähigkeitsbeurteilung der Angeklagten sind rechtsfehlerfrei getroffen; sie können daher bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen, die den bestehen gebliebenen nicht widersprechen, sind zulässig. Die übrigen Feststellungen müssen aufgehoben werden. Der neu entscheidende Tatrichter wird insoweit Gelegenheit haben, Näheres über die Beziehungen der Angeklagten zueinander festzustellen, um nachvollziehbar zu machen, warum sich die Angeklagten O. und V. an der Tat des S. beteiligt haben. Auch bedürfen insbesondere die direkt vor der Tat geführten Telefongespräche, die auf eine stärkere Einbindung des Angeklagten O. in die Tatplanung und Tat als bisher festgestellt hindeuten (UA 16 f., 30, 33 [u.a. der Hinweis, dass auch O. eine Waffe bei sich trug]), einer gesamt würdigenden Bewertung.

Fundstelle(n):
YAAAC-66894

1Nachschlagewerk: nein