Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung; umsatzsteuerliche Wettbewerbssituation im Sinne des § 65 Nr. 3 AO
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2; UStG § 12; AO § 65 Nr. 3
Instanzenzug: A.: 5 K 3447/04
Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) ist als örtlicher gemeinnütziger Verein Mitglied eines anerkannten Verbandes der freien Wohlfahrtspflege i.S. des § 4 Nr. 18 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) i.V.m. § 23 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung. Nach seiner Satzung ist sein Tätigkeitsbereich u.a. der „Blutspendedienst”. Den medizinisch-technischen Teil der Gewinnung von Blutkonserven führt die rechtlich selbständige gemeinnützige Blutspendedienst GmbH (gGmbH) durch, die auch eine Spenderkartei unterhielt, die Spender zu den Terminen einlud, Werbeplakate für die Termine drucken ließ und die benötigten Räume anmietete. Die ganz überwiegend durch unbezahlte, ehrenamtliche Helfer durchgeführte Mitwirkung des Klägers bestand im Wesentlichen in der konkreten Durchführung der Spendertermine und der Betreuung der Spender. Hierfür erhielt er im Streitjahr 1993 von der gGmbH je Spender eine Pauschale.
Mit Urteil vom V R 101/01 (BFHE 205, 342, BStBl II 2004, 798) entschied der erkennende Senat, die Voraussetzungen für die begehrte Steuerbefreiung der streitigen Leistungen lägen zwar nicht vor; in Betracht komme aber die Steuerermäßigung nach § 12 Nr. 8 Buchst. a UStG. Die entgeltliche Tätigkeit des Klägers diene —in Ergänzung der Tätigkeit der ebenfalls gemeinnützigen gGmbH, der die medizinische Betreuung der Spender sowie die Verarbeitung des gewonnenen Blutes zukam—, jedenfalls in ihrer Gesamtrichtung (§ 65 Nr. 1 der Abgabenordnung —AO—) dazu, den steuerbegünstigten Zweck der Motivation der Bevölkerung zu freiwilligen und unentgeltlichen Blutspenden für eine überregionale, flächendeckende Blutversorgung für Kranke, oder in Not- und Katastrophenfällen zu erfüllen. Dass der Kläger nur einen Teil, die gemeinnützige gGmbH den anderen Teil des Gesamtkonzeptes verwirklichte, sei insoweit unerheblich. Die Tätigkeit des Klägers sei auch eine nicht wegzudenkende Voraussetzung für die Versorgung mit Blut und Blutbestandteilen durch die ebenfalls gemeinnützige gGmbH (§ 65 Nr. 2 AO). Zur Feststellung der Voraussetzungen des § 65 Nr. 3 AO verwies der Bundesfinanzhof (BFH) die Sache an das Finanzgericht (FG) zurück, weil insoweit die Feststellungen des FG nicht eindeutig waren.
Das FG gab der Klage, mit der der Kläger nunmehr nur noch die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes begehrte, statt („Entscheidungen der Finanzgerichte” —EFG— 2007, 305). Es beurteilte die Tätigkeit des Klägers als (unschädlichen) Zweckbetrieb i.S. von § 65 AO und führte im Wesentlichen aus, in dem hier zu beurteilenden Bereich, in dem der Kläger unternehmerisch tätig sei, sei eine Wettbewerbssituation nicht gegeben.
Hiergegen richtet sich die vom Beklagten und Beschwerdeführer (Finanzamt —FA—) erhobene, auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestützte Nichtzulassungsbeschwerde.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das FA macht im Wesentlichen geltend, die Zulassung sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil das angefochtene Urteil in Bezug auf die Beurteilung der Voraussetzungen des § 65 Nr. 3 AO eine andere Auffassung vertrete, als das FG des Landes Brandenburg im Urteil vom 2 K 2766/99 (EFG 2002, 121).
2. Eine Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung kommt zwar auch in Betracht, wenn mehrere FG bei gleichem oder vergleichbarem festgestellten Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten (vgl. z.B. , BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837). Eine entscheidungserhebliche Abweichung liegt jedoch nicht vor.
a) Im Urteil im ersten Rechtsgang des Streitfalles (in BFHE 205, 342, BStBl II 2004, 798) hat der Senat —zu dem Sachverhalt, der der angefochtenen Vorentscheidung zugrunde liegt und die Voraussetzungen gemäß § 65 Nr. 2 AO für einen Zweckbetrieb betrifft— wie folgt entschieden: „Die Tätigkeit des Klägers, der die Werbung für freiwillige Blutspenden, die Vorbereitung und Durchführung von Blutspendeaktionen sowie die Betreuung der Spender zur Gewinnung von Blutspenden zur medizinisch technischen Verarbeitung durch die ebenfalls gemeinnützige gGmbH übernommen hat, ist notwendige Voraussetzung für die Erfüllung des Satzungszwecks; denn diese Tätigkeit selbst ist —anders als in dem vom erkennenden Senat im Urteil vom V R 29/91 (BFHE 179, 447, BStBl II 1997, 189) entschiedenen Sachverhalt— eine nicht wegzudenkende Voraussetzung für die Versorgung mit Blut und Blutbestandteilen durch die ebenfalls gemeinnützige gGmbH.”
Das FG Brandenburg hat dagegen die Voraussetzungen des § 65 Nr. 2 AO mit der Begründung verneint, der (dortige) Kläger nehme sowohl nach seiner Satzung als auch nach seiner tatsächlichen Geschäftsführung die unbeschränkte kommerzielle Verwertung des gespendeten Blutes durch eine rechtlich selbständige GmbH in Kauf. Der gemeinnützige Zweck könne nicht nur dadurch erreicht werden, dass der Kläger entgeltlich die von einer —rechtlich selbständigen— GmbH durchgeführten Blutspendeaktionen unterstütze, ohne die tatsächliche Verwendung der Blutspenden kontrollieren zu können. Die Ausführungen des FG Brandenburg zu den Voraussetzungen des § 65 Nr. 3 AO waren deshalb schon nicht entscheidungserheblich und wären jedenfalls, soweit es sich entgegen den Feststellungen des Brandenburgischen FG bei der genannten GmbH um eine gemeinnützige GmbH gehandelt haben sollte, überholt.
b) Im Übrigen ergibt sich auch aus den Entscheidungsgründen des Urteils in BFHE 205, 342, BStBl II 2004, 798 (B. 1. cc), dass es umsatzsteuerrechtlich für die Frage, ob eine schädliche Wettbewerbssituation vorliegt, nur auf die (streitigen) entgeltlichen Leistungen ankommen kann.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Fundstelle(n):
DAAAC-66220