BFH Beschluss v. - IV B 120/06

Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung (hier: Voraussetzungen einer Teilwertabschreibung auf im Konzern gewährte unverzinsliche Darlehen)

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, EStG § 6

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) —die Y-KG— ist eine Holdinggesellschaft, zu deren Vermögen im Streitjahr (1999) eine 100%-ige Beteiligung an der Y-GmbH gehörte. Die Klägerin gewährte der GmbH im Januar 1998 nicht besicherte unverzinsliche Darlehen in Höhe von 60 Mio. DM auf unbestimmte Zeit. Am waren 5 Mio. DM zur Rückzahlung fällig; weitere Teilbeträge konnten mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten fällig gestellt werden.

Im Anschluss an eine Betriebsprüfung erkannte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) die von der Klägerin wegen der Unverzinslichkeit der Darlehen vorgenommene Teilwertabschreibung nicht an. An dieser Beurteilung hielt das FA auch im Rahmen der Einspruchsentscheidung fest.

Die Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) verneinte zum einen die betriebliche Veranlassung der Darlehen, weil die Unverzinslichkeit im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Übertragung von Teilen der KG-Anteile der Kommanditisten auf deren Kinder gestanden habe und sich durch die Abzinsungsverluste größtmögliche schenkung- und ertragsteuerrechtliche Vorteile hätten ergeben sollen. Zum anderen sei —so die Vorinstanz weiter— selbst dann, wenn man von einer betrieblichen Veranlassung der Darlehensgewährung ausgehe, die Klage abzuweisen, weil die begehrten Teilwertabschreibungen in Fortentwicklung der Rechtsprechung zu unverzinslichen Darlehen in Fällen einer Betriebsaufspaltung nicht anzuerkennen seien. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Wert der Beteiligung an der Y-GmbH gemindert habe, seien nicht zu erkennen; die Gesellschaft sei von der Klägerin selbst als „gesund” bezeichnet worden.

II. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist nicht begründet.

1. Dabei kann offen bleiben, ob im Hinblick auf die Würdigung der Vorinstanz, nach der die Darlehen nicht zum Betriebsvermögen der Y-KG gehörten, von einer Überraschungsentscheidung auszugehen ist, die den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des GrundgesetzesGG—) verletzt. Ein solcher Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der FinanzgerichtsordnungFGO—; dazu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 80, § 119 Rz 10a) könnte jedenfalls —mangels Entscheidungserheblichkeit— deshalb die Revision nicht eröffnen, weil das angegriffene Urteil auch darauf beruht, dass das FG die Voraussetzungen einer Teilwertabschreibung verneint hat und im Hinblick auf diese zweite tragende Begründung der Vortrag der Beschwerde nicht geeignet ist, einen der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Gründe für die Zulassung der Revision darzulegen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO; zu kumulativ begründeten FG-Urteilen vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 97, § 116 Rz 28).

2. Die insoweit erhobene Rüge, der Rechtssache komme deshalb grundsätzliche Bedeutung zu und sie erfordere eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 FGO), weil höchstrichterlich bisher nicht geklärt sei, ob —außerhalb der Konstellation einer Betriebsaufspaltung— die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft sowie die dieser Gesellschaft gewährten unverzinslichen Darlehen im Rahmen der Teilwertbestimmung einer Gesamtbetrachtung zugänglich seien, ist nicht schlüssig.

a) Der Vortrag verkennt, dass allein der Hinweis darauf, eine Rechtsfrage sei vom Bundesfinanzhof (BFH) noch nicht entschieden, den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO ebenso wenig genügt wie der Vortrag, die Streitfrage sei für eine größere Zahl von Fällen von Bedeutung (Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 34, m.w.N.). Erforderlich sind vielmehr konkrete Ausführungen dazu, aus welchen Gründen die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse liegt (Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 32); dies setzt insbesondere voraus, dass sich die Beschwerdeschrift substantiiert mit den Erwägungen der Vorinstanz auseinandersetzt (s. dazu z.B. , BFH/NV 2006, 1117; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 116 FGO Rz 169).

b) Hieran fehlt es vorliegend.

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats ist in Fällen der Betriebsaufspaltung eine Teilwertabschreibung auf ein (eigenkapitalersetzendes) Darlehen, das der Betriebskapitalgesellschaft von der Besitzgesellschaft gewährt wird, nur nach den für die Bewertung der Anteile an dem Beteiligungsunternehmen geltenden Grundsätzen möglich. Angesichts der funktionalen Bedeutung des Betriebsunternehmens für die von beiden Gesellschaften entfaltete unternehmerische Tätigkeit ist hierbei auf eine Gesamtbetrachtung abzustellen, die die Ertragsaussichten von Besitz- und Betriebsunternehmen umfasst (, BFHE 204, 438, BStBl II 2004, 416). Folge hiervon ist u.a., dass eine Teilwertabschreibung nicht auf die Unverzinslichkeit der der Betriebskapitalgesellschaft eingeräumten Darlehen gestützt werden kann (, BFHE 211, 294, BStBl II 2006, 618).

bb) Das FG hat seine Ansicht, dass diese Grundsätze auch im Streitfall, bei dem —ohne Vorliegen der sachlichen Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung— sämtliche Anteile an der Darlehensnehmerin (Y-GmbH) zum Gesamthandsvermögen der Darlehensgeberin gehören (Klägerin; Y-KG), zu beachten sind, ausführlich begründet. Der Sachverhalt sei —so das FG— durch eine der Betriebsaufspaltung vergleichbare wirtschaftliche Verflechtung sowie dadurch gekennzeichnet, dass die Bonität der Schuldnerin von der Kapitalausstattung durch die Muttergesellschaft abhänge. Demgemäß hätte auch ein gedachter Erwerber des Betriebs der Y-KG (Klägerin) deren Anteile an der Y-GmbH sowie die ausgereichten (unverzinslichen) Darlehen nach den nämlichen Grundsätzen bewertet und —wie von der Klägerin im FG-Verfahren selbst vorgetragen (Hinweis auf den Schriftsatz vom )— hierbei u.a. berücksichtigt, dass die Unverzinslichkeit der Kredite wirtschaftliche Vorteile in Form höherer Ausschüttungserträge habe erwarten lassen. Für den Fall, dass sich diese Erwartungen nicht erfüllten, sei zudem zu beachten, dass aufgrund der vereinbarten Kündigungsfrist die Darlehen von der unstreitig gesunden Y-GmbH hätten rasch zurückgefordert werden können.

cc) Angesichts dieser detaillierten Begründung wäre es erforderlich gewesen, dass sich die Beschwerdeschrift mit den Erwägungen der Vorinstanz substantiiert auseinandersetzt. Der Hinweis darauf, dass es sich bei der Beteiligung sowie den Darlehen um verschiedene Wirtschaftsgüter handele (Bezugnahme u.a. auf , BFHE 108, 509, BStBl II 1973, 391) genügt dem bereits deshalb nicht, weil diese rechtliche Beurteilung —als Ausgangsprämisse— erkennbar auch dem Urteil des FG zugrunde liegt. Ebenso vermag die Erläuterung, dass nach dem Beschluss des Großen Senats des , BFHE 192, 339, BStBl II 2000, 632 ein erhöhtes Ausschüttungspotential nicht als Wertsteigerung der Beteiligung angesetzt werden könne, nicht durchzugreifen; die Behauptung verkennt, dass der Große Senat des BFH einen solchen Rechtssatz nicht aufgestellt, sondern lediglich entschieden hat, dass Dividendenansprüche aus einer am Bilanzstichtag noch nicht beschlossenen Gewinnverwendung grundsätzlich nicht aktiviert werden können. Nicht ausreichend ist ferner der Verweis darauf, das FG habe die bisher auf die Konstellation der Betriebsaufspaltung beschränkte Rechtsprechung auf bloße Holdingstrukturen ausgedehnt und damit die Rechtsprechung fortentwickelt; Letzteres entbindet —wie aufgezeigt— nicht von einer konkreten Auseinandersetzung mit den Gründen des vorinstanzlichen Urteils. Eine andere Beurteilung ist schließlich nicht deshalb gerechtfertigt, weil sich —so die Beschwerdeschrift— nach Einführung des Halbeinkünfteverfahrens, wie Stellungnahmen des Schrifttums zeigten (zu § 8b Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes Hinweis auf Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Kommentar zum KStG und EStG, § 8b KStG n.F., Rz 49), die Frage nach der kompensatorischen Bewertung von Beteiligung und Darlehen „verstärkt stellt(e)”. Denn auch diesem Vortrag kann lediglich die Behauptung entnommen werden, dass die Rechtsfrage für eine größere Zahl von Fällen Bedeutung erlangen könnte, und gibt damit —wie gleichfalls bereits dargelegt— keine Veranlassung, von einer eingehenden Auseinandersetzung mit den Erwägungen des FG abzusehen.

Fundstelle(n):
AAAAC-65369