Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StGB § 21
Instanzenzug:
Gründe
I.
Das Landgericht hat den unter Betreuung stehenden, derzeit im Landeskrankenhaus W. einstweilen untergebrachten Angeklagten mit Urteil vom zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Sein Verteidiger hat hiergegen mit Schriftsatz vom Revision eingelegt. Dieses Rechtsmittel hat der Angeklagte mit Schreiben vom unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den Schriftsatz seines Verteidigers vom zurückgenommen und zugleich beantragt, das Landeskrankenhaus umgehend von der Rechtskraft des Urteils vom in Kenntnis zu setzen, damit "die Maßnahmen der U-Haftbedingungen (§ 126a StPO) aufgehoben werden" könnten.
Mit Schriftsatz vom hat sein Verteidiger namens und im Auftrage des Angeklagten dessen Revisionsrücknahme vom angefochten. Es solle bei der eingelegten Revision und bei der Durchführung dieses Verfahrens bleiben. Der Angeklagte verstehe nicht, warum er die Revisionsrücknahmeerklärung vom , die nicht von ihm selbst angefertigt worden sei, unterzeichnet habe. Diesem Schriftsatz des Verteidigers vom war eine eidesstattliche Versicherung des Bruders des Angeklagten beigefügt, nach deren Inhalt ihm der Angeklagte folgendes mitgeteilt habe: Das Schreiben vom habe er nicht selbst verfasst. Er sei in der Haft von einem Dritten, wohl einem inhaftierten Anwalt, angesprochen worden und habe gutgläubig das entsprechende Schreiben unterschrieben, ohne jedoch von dessen Inhalt Kenntnis zu nehmen. Die Revision solle durchgeführt werden.
Auf Rückfrage des Vorsitzenden der Strafkammer bei der den Angeklagten im Landeskrankenhaus behandelnden Stationsärztin, wie es zu der Rücknahme der Revision mit Schreiben vom gekommen sei, hat diese mitgeteilt, der Angeklagte habe ihr folgenden Sachverhalt berichtet: Er sei von seiner Ehefrau davon unterrichtet worden, dass seine Brüder durch die Weiterführung der Strafsache mit der eingelegten Revision finanziell sehr belastet seien. Er sei nicht nur dadurch gekränkt gewesen, sondern auch deshalb, weil seine Brüder ihm dies nicht persönlich gesagt hätten. Aus diesem Grund habe er die Rücknahmeerklärung aufsetzen lassen und unterschrieben.
II.
Der Angeklagte hat die Revision mit seinem Schreiben vom wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO). Da er und sein Verteidiger dies bestreiten, stellt der Senat die eingetretene Rechtsfolge durch deklaratorischen Beschluss förmlich fest (s. Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 302 Rdn. 11 a m. w. N.). Für die Wirksamkeit der Rücknahme durch den Angeklagten ist es ohne Belang, dass das Rechtsmittel von seinem Verteidiger eingelegt worden war, da der Wille des Angeklagten vorgeht (vgl. BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 7 m. w. N.). Die Rücknahmeerklärung des Angeklagten vom wahrt auch die für die Zurücknahme des Rechtsmittels erforderliche Form (vgl. Meyer-Goßner aaO Rdn. 7 m. w. N.), sie ist eindeutig und zweifelsfrei.
Auch die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten unterliegt keinen Zweifeln, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung bestehen. Dies stellt der Senat im Wege des Freibeweises auf Grundlage des Akteninhalts fest (vgl. BGH NStZ 1983, 280; NStZ-RR 2007, 210 f.).
Das sachverständig beratene Landgericht hat bei dem Angeklagten zwar eine Persönlichkeitsstörung festgestellt und die Voraussetzungen des § 21 StGB für gegeben erachtet, weil die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit erheblich vermindert gewesen sei. Für die Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung ist die Verminderung der Steuerungsfähigkeit jedoch ohne Bedeutung. Eine Beeinträchtigung der Geschäfts- oder Schuldfähigkeit eines Erklärenden hat nicht zwangsläufig dessen prozessuale Handlungsunfähigkeit zur Folge (; Meyer-Goßner aaO Rdn. 8 a m. w. N.). Hiervon ist erst auszugehen, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein Beteiligter nicht in der Lage ist, die Bedeutung von ihm abgegebener Erklärungen zu erkennen, wobei Zweifel an der prozessualen Handlungsfähigkeit zu seinen Lasten gehen (vgl. BGH NStZ 1984, 181 und 329).
Hier ergibt sich weder aus dem Vorbringen des Bruders des Angeklagten, dieser habe gutgläubig und irrtümlich die "wohl von einem inhaftierten Anwalt" aufgesetzte Revisionsrücknahme unterzeichnet, noch aus der Erklärung des Angeklagten gegenüber der Stationsärztin, er habe die Rücknahmeerklärung aus Ärger über seine Brüder aufsetzen lassen und unterschrieben, dass er in seiner Freiheit der Willensentschließung und Willensbetätigung (vgl. Meyer-Goßner aaO Rdn. 8 a i. V. m. Einl. Rdn. 97) beeinträchtigt war oder es ihm sonst an der prozessualen Handlungsfähigkeit gefehlt haben könnte. Auch im Übrigen ist nichts dafür ersichtlich, dass der Angeklagte Inhalt und Reichweite seiner Rücknahmeerklärung verkannt hat. Vielmehr ergibt sich bereits aus der Fassung seines Schreibens vom , insbesondere seinem ausdrücklichen Antrag, das Landeskrankenhaus umgehend von der Rechtskraft des Urteils in Kenntnis zu setzen, dass er die Bedeutung der Rechtsmittelrücknahme kannte.
Nach alledem hat der Senat keinen Zweifel an der Wirksamkeit der Revisionsrücknahme. Diese ist unwiderruflich und unanfechtbar (BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 2; NStZ-RR 2007, 210 f.).
Nach wirksamer Rücknahme der Revision hat der Angeklagte die Kosten des Rechtsmittels zu tragen (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
JAAAC-64663
1Nachschlagewerk: nein