BGH Beschluss v. - IX ZB 270/05

Leitsatz

[1] Wird dem Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Restschuldbefreiung rechtskräftig versagt, fehlt jedenfalls dann, wenn kein neuer Gläubiger hinzugetreten ist, einem erneuten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, der allein dem Ziel der Restschuldbefreiung dient, ein schützenswertes rechtliches Interesse.

Gesetze: InsO § 287

Instanzenzug: AG Heilbronn 3 IN 386/05 vom LG Heilbronn 1 T 318/05 vom

Gründe

I.

Am beantragte der Schuldner, der selbständig eine Zahnarztpraxis betreibt, die Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens über sein Vermögen und stellte am Antrag auf Gewährung von Restschuldbefreiung. Mit Beschluss vom eröffnete das Amtsgericht Heilbronn das Insolvenzverfahren. Am zeigte die Insolvenzverwalterin Masseunzulänglichkeit an. Der Schlusstermin wurde am durchgeführt.

Durch Beschluss vom wies das Amtsgericht den Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung zurück. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg. Mit Beschluss der Rechtspflegerin vom hat das Insolvenzgericht das Verfahren gemäß § 211 InsO eingestellt. Die hiergegen eingelegten Rechtsmittel des Schuldners wurden als unzulässig verworfen (vgl. , ZVI 2007, 320).

Mit Schreiben vom an das Amtsgericht stellte der Schuldner wiederum einen Antrag auf Gewährung der Restschuldbefreiung und durch Schreiben vom "fürsorglich erneut" Antrag auf Regelinsolvenz mit Restschuldbefreiung, der unter einem neuen Aktenzeichen geführt wird.

Durch Beschluss vom hat das Amtsgericht den Antrag mangels eines Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig zurückgewiesen. Diese Entscheidung hat das Landgericht bestätigt. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner sein Begehren weiter.

II.

Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6 Abs. 1, 34 InsO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, Hintergrund des von dem Schuldner ausdrücklich erneut gestellten Antrags auf Regelinsolvenz mit Restschuldbefreiung sei es, durch Einleitung eines neuen Verfahrens die Restschuldbefreiung zu erlangen. Mit dieser Begründung sei jedoch ein neuer Insolvenzantrag nicht einmal dann zulässig, wenn in dem ersten Verfahren kein Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt worden sei.

2. Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Rechtsfrage, ob ein Schuldner nach Versagung der Restschuldbefreiung und Einstellung des Verfahrens einen erneuten Antrag auf Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens mit dem Ziel der Restschuldbefreiung stellen kann, ist in Einklang mit dem angefochtenen Beschluß im ablehnenden Sinne zu entscheiden.

a) Der von dem Schuldner am gestellte Antrag auf Regelinsolvenz mit Restschuldbefreiung ist nicht wegen der Verknüpfung mit einer Bedingung unzulässig.

Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist bedingungsfeindlich (HK-InsO/Kirchhof, InsO 4. Aufl. § 13 Rn. 4). Ein verfahrenseinleitender Hauptantrag und damit auch ein Insolvenzantrag kann, weil er die Voraussetzung daran gestaffelter Hilfsanträge bildet, nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen (vgl. , NJW 1995, 1353; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht 16. Aufl. § 65 Rn. 25) nicht mit einer Bedingung verbunden werden. Wird ein Antrag "fürsorglich" gestellt, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob er an eine Bedingung gekoppelt ist (HK-InsO/Kirchhof aaO). Im Schriftsatz vom hat der Schuldner ausdrücklich erklärt, den Antrag "unabhängig" von der zuvor geäußerten Rechtsauffassung, dass das auf seinen Antrag eröffnete frühere Insolvenzverfahren noch nicht abgeschlossen sei, zu verfolgen. Mithin liegt keine Bedingung vor.

b) Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden (Beschl. v. - IX ZB 263/05, ZInsO 2006, 821 f), dass ein Schuldner, der es in dem auf seinen eigenen oder den Antrag eines Gläubigers eröffneten Insolvenzverfahren versäumt hat, fristgerecht einen Antrag auf Restschuldbefreiung zu stellen, nicht berechtigt ist, in Verbindung mit einem erneuten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Antrag auf Gewährung von Restschuldbefreiung zu stellen. Danach führt die Präklusion des früheren Antrags zur Unzulässigkeit eines erneuten Antrags, wenn kein neuer Gläubiger hinzugetreten ist. In Anlehnung an diese Erwägungen, an denen der Senat auch unter Würdigung vereinzelt geäußerter Kritik (vgl. AG Leipzig ZVI 2007, 280; Büttner ZVI 2007, 229) festhält, kann einem Schuldner, dessen Antrag auf Restschuldbefreiung in dem früheren Verfahren rechtskräftig abgewiesen wurde, ein rechtlich schützenswertes Interesse für einen abermaligen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Verbindung mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung nicht zugebilligt werden, falls - wie im Streitfall - sämtliche Gläubiger des Schuldners in dem früheren Insolvenzverfahren erfasst wurden.

aa) Der Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung wurde bereits in dem auf seinen Antrag vom eröffneten Insolvenzverfahren rechtskräftig abgewiesen. Die Wirkungen der Rechtskraft konnte der Schuldner, wie der Bundesgerichtshof auf dessen frühere Rechtsbeschwerde erkannt hat (, ZVI 2007, 320 Tz 9), nicht dadurch unterlaufen, dass er in jenem Verfahren einen neuen Restschuldbefreiungsantrag stellte. Die Rechtskraft der Entscheidung kann ebenso nicht beseitigt werden, indem ein abermaliger Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nebst Restschuldbefreiung gestellt wird. Nach rechtskräftiger Versagung der Restschuldbefreiung entbehrt ein weiterer Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, der allein dem Ziel der Restschuldbefreiung dient, eines rechtlich schützenswerten Interesses. Würde man anders entscheiden, hätte dies zur Folge, dass aus allein in der Person des Schuldners liegenden Gründen ein aufwändiges Insolvenzverfahren ein zweites Mal durchgeführt werden müsste ( aaO Tz 10). Auch das billigenswerte Interesse des Schuldners, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien (§ 1 Satz 2 InsO), erfordert, weil es in dem ersten Insolvenzverfahren verwirklicht werden konnte, nicht die Möglichkeit der Durchführung eines weiteren Insolvenzverfahrens ( aaO Tz 13).

bb) Durch die Befugnis einer Antragswiederholung würde nicht nur die Rechtskraft einer die Restschuldbefreiung versagenden Entscheidung zur Disposition des Schuldners, der nach Belieben immer neue Verfahren einleiten könnte, gestellt. Weitergehend würde ein unredlicher Schuldner dadurch in den Stand gesetzt, im Anschluss an eine zu Recht ergangene Versagung der Restschuldbefreiung durch eine Anpassung der tatsächlichen Grundlagen nachträglich eine Restschuldbefreiung zu erwirken. Mit Hilfe einer erneuten Antragstellung könnte der Schuldner die an zeitliche Fristen geknüpften Versagungsgründe des § 290 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 InsO umgehen. Selbst ein Schuldner, dem - wie im Streitfall - wegen Verletzung der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten die Restschuldbefreiung versagt wurde (§ 290 Abs. 1 Nr. 5 und 6 InsO), könnte durch Wohlverhalten in einem neuen Insolvenzverfahren die Restschuldbefreiung erlangen. Es bedarf keiner näheren Darlegung, dass die Versagungsgründe des § 290 Abs. 1 Nr. 5 und 6 InsO ihrer verfahrensfördernden Funktion beraubt würden, wenn Verstöße des Schuldners wegen der Befugnis zur Einleitung eines weiteren Insolvenzverfahrens nicht dauerhaft sanktioniert würden. Vielmehr bestünde geradezu ein Anreiz, Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nicht allzu genau zu nehmen, weil stets aufs Neue die Möglichkeit eines weiteren Antrags eröffnet wäre. Damit wäre der Zweck der Versagungsgründe des § 290 Abs. 1 InsO, nur einem redlichen Schuldner die Vergünstigung einer Restschuldbefreiung zuteil werden zu lassen, verfehlt.

Fundstelle(n):
WM 2007 S. 2391 Nr. 51
NAAAC-64264

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja