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Grundlagen - Stand: 22.01.2021

Vor- und Nacherbschaft

Hildegard Schmalbach

Dieses Dokument wird nicht mehr aktualisiert und entspricht möglicherweise nicht dem aktuellen Rechtsstand.

I. Definition der Vor- und Nacherbschaft

Mit der Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft kann der Erblasser erreichen, dass zwei (oder mehr) Erben ihn nacheinander beerben: Er bestimmt, dass sein Vermögen (als Ganzes) zunächst auf eine bestimmte Person als Erben übergehen soll (Vorerbe) und danach zu einem von ihm bestimmten Zeitpunkt auf eine andere Person (Nacherbe), § 2100 BGB. Das Schicksal des eigenen Vermögens kann der Erblasser auf diesem Weg langfristiger beeinflussen. Er kann unliebsame potentielle Erben ausschließen (nach einer Scheidung kann dies der ehemalige Ehegatte sein) oder auch durch die Ausgestaltung eines Behinderten-Testaments den Zugriff der Sozialleistungsträger verhindern. Aber auch im Rahmen der Nachfolgeberatung für sog. Patchwork-Familien ist die Vor- und Nacherbschaft ein interessantes Instrument.

Beide Personen, Vorerbe und auch Nacherbe, beerben den Erblasser, bilden jedoch keine Erbengemeinschaft, da sie zeitlich nacheinander Erbe sind. Der Vorerbe ist Erbe auf Zeit, während beim Nacherben die Erbschaft endgültig verbleibt. Aus diesem Grunde ist der Vorerbe in seinem Umgang mit dem Nachlass eingeschränkt; er darf ihn grundsätzlich nicht schmälern, wohl aber nutzen.

Vielfältige Variationen hinsichtlich der Anzahl der Vorerben oder Nacherben sowie Beschränkungen auf einen (Bruch-)Teil des Nachlasses sind möglich. Auch ist der Erblasser weitgehend frei in der Bestimmung, wann der Nacherbfall eintreten soll. Dies muss keineswegs stets der Tod des Vorerben sein (denkbar sind auch die Geburt des Nacherben, Volljährigkeit, Wiederheirat, ...). Insbesondere in der Planung der Unternehmensnachfolge kann es auf die Wahl des richtigen Eintrittspunkt für den Nacherbfall ankommen. Soweit der Erblasser keine konkrete Bestimmung getroffen hat, greift § 2106 BGB ein.

Erbschaftsteuerlich ist die Gestaltung einer Vor- und Nacherbfolge jedoch selten günstig. Ggf. ist die Anordnung eines Nießbrauchsvermächtnisses zu erwägen, die zu ähnlichen wirtschaftlichen Ergebnissen führen kann.

Beim Berliner Testament wird von den Ehegatten zwar auch eine zeitliche Komponente in der Erbfolge beabsichtigt. Jedoch ist im Normalfall die Vollerbenstellung des überlebenden Ehegatten und die Schlusserbenstellung der weiteren Personen beabsichtigt (Einheitslösung).

II. Der Vorerbe

Der Vorerbe ist wahrer Erbe. Jedoch ist die Stellung des Vorerben dadurch gekennzeichnet, dass der Wert des Nachlasses letztlich für den Nacherben gesichert werden soll. Dem Vorerben stehen lediglich die zu (§§ 99 f. BGB), wobei er die gewöhnlichen Erhaltungskosten und die Fruchtziehungskosten tragen muss. Dazu bildet der Anteil am Nachlass beim Vorerben Nutzungen ein Sondervermögen, welches von seinem eigenen Vermögen getrennt zu behandeln ist.

Der Vorerbe kann grds. über Nachlassgegenstände und auch den Nachlass als Ganzen verfügen (§ 6 Abs. 1 ErbStG , § 2112 BGB). Die notwendige Sicherung des Nacherben erfolgt dadurch, dass die Surrogate aus Verfügungen des Vorerben an die Stelle des ursprünglichen Nachlasses treten (§ 2111 BGB). Auch sieht das Gesetz bestimmte Verfügungsbeschränkungen für den Vorerben vor (§§ 21132115 BGB), die jedoch in der letztwilligen Verfügung durch den Erblasser aufgehoben oder modifiziert werden können (befreiter Vorerbe, § 2136 BGB ).

Während seiner Zeit als Erbe hat der Vorerbe die Erbschaft ordnungsgemäß zu verwalten. Das auf Substanzerhaltung und -erlangung gerichtete Interesse des Nacherben hat er zu wahren. Die ordnungsgemäße Verwaltung bestimmt sich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Insofern ist der Vorerbe dem Nacherben zur Rechenschaft verpflichtet.

Gerade hier kann sich (zum Schutz des Nacherben) die Anordnung einer Dauertestamentsvollstreckung oder die Einsetzung eines Nachlassverwalters als sinnvoll erweisen. Aber auch um einen unerwünschten Zugriff seitens des Sozialhilfeträgers oder der Gläubiger des Vorerben auf den Nachlass zu verhindern sind besondere Anordnungen im Rahmen der letztwilligen Verfügung erforderlich.

III. Der Nacherbe

1. Vor dem Nacherbfall

Zunächst erlangt der Nacherbe lediglich ein Anwartschaftsrecht auf Eintritt in die Erbenposition. Er ist noch nicht Erbe. Dieses Anwartschaftsrecht ist vererblich, übertragbar und auch pfändbar.

Seine Position wird auch dadurch geschützt, dass im Erbschein wie auch im Grundbuch mit der Eintragung des Vorerben entsprechende Hinweise auf die Nacherbenschaft aufgenommen werden müssen (§ 51 GBO).

Gedanken über eine Ausschlagung der Nacherbfolge muss sich der Nacherbe zu diesem Zeitpunkt noch nicht machen; die gesetzliche Ausschlagungsfrist beginnt erst mit dem Anfall der Erbschaft bei ihm durch den Eintritt des Nacherbfalls. Allerdings darf er bereits zu diesem frühen Zeitpunkt ausschlagen(§ 2142 BGB).

Gehört der Nacherbe jedoch bereits zum Kreis der Pflichtteilsberechtigen (des ersten Erbfalls), können sich Fragen ergeben, inwieweit seine Pflichtteilsansprüche tangiert sind und er trotz der Einsetzung zum Nacherben seine Pflichtteilsansprüche durch Ausschlagen der Erbschaft sichern kann (§ 2306 BGB).

Der Vorerbe ist dem Nacherben gegenüber zur Auskunft und Rechnungslegung über den erhaltenen Nachlass und seinen weiteren Umgang damit verpflichtet.

2. Nach dem Nacherbfall

Mit dem Eintritt des Nacherbfalls erwirbt der Nacherbe die Erbschaft (zivilrechtlich) unmittelbar vom Erblasser. Der Nacherbe ist Rechtsnachfolger des Erblassers und nicht des Vorerben hinsichtlich des fraglichen Nachlasses.

Von dem Vorerben kann er nun die Herausgabe der Erbschaft im Ganzen verlangen. Das Eigentum geht unmittelbar (ohne Übertragungsakte) auf den Nacherben über, hinsichtlich des Besitzes stehen dem Nacherben Herausgabeansprüche gegen den Vorerben zu.

Schadensersatzansprüche des Nacherben gegenüber dem Vorerben sind denkbar, wenn der Vorerbe den Bestand der Erbschaft z.B. durch nicht ordnungsgemäße Verwaltung geschädigt hat.

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