Abfluss von Zinsen durch sog. Novation; Darlegung der Divergenz; Anforderungen an die Darlegung eines Verstoßes gegen die Sachverhaltsermittlung
Gesetze: EStG § 11 Abs. 2, FGO § 115 Abs. 2
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GbR, an der die Eheleute CO und HO jeweils zur Hälfte beteiligt sind. Die Klägerin betreibt eine Handelsvertretung, deren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt wird.
HO ist zudem Alleingesellschafter und Geschäftsführer der O-GmbH. Für die Vermittlung von Handelsgeschäften erhielt die Klägerin im Streitjahr (1998) Provisionen von der C-GmbH. Für die Vermittlungsdienste bediente sich die Klägerin der Dienste der O-GmbH und vereinbarte mit dieser unter dem eine Provision und Tätigkeitsvergütung in Höhe von . DM (brutto).
Unter dem schloss die Klägerin mit der O-GmbH einen Darlehensvertrag des Inhalts, dass die vereinbarte Vergütung in Höhe von . DM als erhalten quittiert wird und der Betrag der Klägerin gleichzeitig als Darlehen, zu einem Zinssatz von 6 % pro anno, zur Verfügung gestellt wird. Die Tilgung des Darlehens sollte durch Verrechnung mit späteren Geschäften erfolgen. Soweit eine Verrechnung bis zum nicht durchgeführt worden sein sollte, sollten monatliche Tilgungen in Höhe von . DM erfolgen.
Die Klägerin erfasste die Vergütung in Höhe von . DM gewinnmindernd in ihrer Einnahmenüberschussrechnung.
Dem folgte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) nicht.
Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) verneinte den Abfluss der Vergütung i.S. des § 11 Abs. 2 EStG im Streitjahr. Zum einen sei ein Abfluss durch die Schuldumschaffung (Novation) schon deshalb nicht gegeben, weil der Darlehensvertrag einem Fremdvergleich nicht standhalte. Zum anderen sei die Novation nicht anzuerkennen, da sie im ausschließlichen Interesse der Schuldnerin (hier der Klägerin) gelegen habe.
Gegen die Nichtzulassung der Revision richtet sich die Beschwerde, mit der die Abweichung der Vorentscheidung von mehreren Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) sowie einer FG-Entscheidung und das Vorliegen von Verfahrensfehlern gerügt wird. Zudem wird die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend gemacht.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Revision ist nicht zuzulassen. Das Vorliegen von Divergenzen sowie Verfahrensmängeln ist nicht in zulässiger Weise dargetan (§ 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Auch hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung zur Fortbildung des Rechts erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 1. Alternative FGO).
1. Divergenzen
Eine Divergenz zu einer Entscheidung eines anderen Gerichts ist nicht in zulässiger Weise dargetan. Zur Darlegung der Divergenz (§§ 115 Abs. 2 Nr. 2, 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) ist es erforderlich, dass in der Beschwerdeschrift abstrakte Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils und abstrakte Rechtssätze aus angeblich abweichenden Entscheidungen des BFH oder eines anderen Gerichts so gegenübergestellt werden, dass eine Abweichung erkennbar wird (aus neuerer Zeit z.B. , BFH/NV 2005, 1618). Hieran fehlt es im Streitfall.
a) Soweit die Klägerin eine Abweichung der Vorentscheidung von den Urteilen des (BFHE 180, 377, BStBl II 1997, 196), vom X R 155/94 (BFH/NV 1997, 182), vom IX R 38/97 (BFHE 184, 463, BStBl II 1998, 106), vom I R 24/97 (BFHE 184, 482, BStBl II 1998, 573) sowie vom VIII R 29/97 (BFHE 191, 250, BStBl II 2000, 386) rügt, hat sie es dabei belassen, die in diesen Urteilen vom BFH aufgestellten abstrakten Rechtssätze herauszuarbeiten. Indes hat sie es unterlassen, diesen Rechtssätzen davon abweichende abstrakte Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils gegenüberzustellen. Eine solche Abweichung ist zudem auch nicht ersichtlich. Die Klägerin wendet sich vielmehr im Stil einer Revisionsbegründung gegen die aus ihrer Sicht fehlerhafte Subsumtion des vorliegenden Einzelfalls unter die abstrakten Rechtsgrundsätze des BFH. Die Sachverhaltswürdigung durch das FG kann jedoch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vom BFH nicht überprüft werden. Sie rechtfertigt deshalb die Zulassung der Revision nicht.
b) Soweit die Klägerin die Abweichung der Vorentscheidung von dem (Entscheidungen der Finanzgerichte 1989, 634) rügt, fehlt es ebenfalls an der Herausarbeitung divergierender Rechtssätze. Zudem unterstellt die Klägerin, dass der Vorentscheidung der Rechtssatz zu entnehmen sei, der Abfluss von Darlehenszinsen i.S. des § 11 Abs. 2 EStG sei grundsätzlich dann zu verneinen, wenn die Darlehenszinsen nicht durch Zahlung, sondern durch Novation im Wege der Erhöhung der Darlehensschuld beim Darlehensgeber beglichen werden. Ein solcher Rechtssatz ist der Entscheidung der Vorinstanz indes nicht zu entnehmen. Vielmehr hat die Vorinstanz die darlehenserhöhende Zubuchung der Darlehenszinsen nur im Kontext mit der Prüfung herangezogen, ob der den Zinszahlungen zu Grunde liegende Darlehensvertrag einem Fremdvergleich standhält. Die Frage des Zuflusses der Zinsen durch Novation stellte sich in diesem Zusammenhang nicht.
2. Fortbildung des Rechts und grundsätzliche Bedeutung
Der von der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfrage, ob ein Abfluss von Darlehenszinsen i.S. des § 11 Abs. 2 EStG auch dadurch bewirkt werden kann, dass die fälligen Darlehenszinsen der Darlehensschuld hinzugerechnet werden, kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil die Rechtsfrage durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits hinreichend geklärt ist, ohne dass die Darlegungen der Klägerin eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich erscheinen lassen.
So hat der BFH u.a. in dem Urteil vom VIII R 8/98 (BFH/NV 2000, 825, unter II.2.a bb mit umfangreichen Hinweisen zur Rechtsprechung) ausgeführt, dass ein Abfluss von Zinsen i.S. von § 11 Abs. 2 EStG auch durch eine gesonderte Vereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger bewirkt werden kann, auf Grund derer der Zinsbetrag nunmehr aus einem anderen Rechtsgrund (in der Regel auf Grund eines Darlehens) geschuldet werden soll. In dieser Novation kann eine Verfügung des Schuldners über den geschuldeten Betrag liegen, die einkommensteuerrechtlich so zu werten ist, als ob der Schuldner die Altschuld (Zinsen) durch tatsächliche Zahlung beglichen (= Abfluss beim Schuldner) und der Gläubiger den vereinnahmten Betrag infolge des neu geschaffenen Verpflichtungsgrundes dem Schuldner sofort wieder —als Darlehen— zur Verfügung gestellt hätte. Auf Grund der Novation lässt sich der Schuldner unter Abkürzung des Leistungswegs die ihm in Höhe des Zinsbetrags zustehende Darlehenssumme nicht auszahlen, sondern verrechnet sie mit den von ihm geschuldeten Zinsen.
Ob sich die Novation als Ausdruck der wirtschaftlichen Verfügungsmacht darstellt, ist regelmäßig danach zu beurteilen, ob die Schuldumschaffung im Interesse des Gläubigers liegt. Bei der Interessenabwägung handelt es sich lediglich um ein Indiz für die wirtschaftliche Verfügungsmacht. Dieses Indiz kann für die Frage der wirtschaftlichen Verfügungsmacht dann geeignet sein, wenn sich ein überwiegendes Interesse der einen Vertragspartei deutlich feststellen lässt. So vermag ein überwiegendes Interesse des Gläubigers an der Novation bestehen, wenn er im Betrieb des Schuldners eine rentable Kapitalanlage anstrebt; hingegen wird ein überwiegendes Interesse des Schuldners an der Novation zu bejahen sein, wenn er im Zeitpunkt der Novation nicht zahlungsfähig ist.
Die Ausführungen der Klägerin lassen nicht erkennen, inwieweit diese Rechtsgrundsätze einer erneuten Befassung durch den BFH bedürfen. Die von der Klägerin angestrebte Subsumtion ihres konkreten Einzelfalls unter die Rechtsgrundsätze des BFH rechtfertigt die Zulassung der Revision, wie bereits ausgeführt, nicht.
3. Verfahrensmängel
a) Eine schlüssige Rüge, das FG habe gegen seine Verpflichtung zur Sachverhaltsermittlung verstoßen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO), erfordert die Darlegung der Klägerin, zu welchen konkreten Tatsachen weitere Ermittlungen geboten waren, welche Beweise zu welchem Beweisthema das FG hätte erheben müssen, wo Tatsachen vorgetragen waren, aus denen sich dem FG die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen auch ohne einen entsprechenden Beweisantrag hätte aufdrängen müssen, welches Ergebnis die zusätzliche Erhebung von Beweisen aller Voraussicht nach gehabt hätte und inwieweit die unterlassene Beweiserhebung oder Ermittlungsmaßnahme zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können (vgl. , BFHE 152, 500, BStBl II 1988, 819, unter II.1. der Gründe; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 120 Rz 70, m.w.N.). Außerdem muss vorgetragen werden, dass der Verstoß in der Vorinstanz gerügt wurde oder weshalb eine derartige Rüge nicht möglich war (Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz 70 i.V.m. Rz 67, m.w.N.).
b) Diesen Anforderungen genügen die Darlegungen in der Beschwerdebegründung nicht. Der Behauptung, das FG habe die Liquiditätslage der Gläubigerin nicht ausreichend ermittelt, lässt sich keine konkrete Tatsache entnehmen, die das FG hätte ermitteln müssen. Auch fehlt es an der Darlegung, inwieweit die Liquidität der Gläubigerin aus der materiell-rechtlichen Sicht des FG überhaupt entscheidungserheblich war. Tatsächlich hat das FG die Liquidität der Gläubigerin nicht in Abrede gestellt. Es hat jedoch angesichts der unstreitig bestehenden Fremdverbindlichkeiten, insbesondere der hohen Kontokorrentverbindlichkeiten der Gläubigerin, deren Interesse an einer Darlehenshingabe verneint und daraus den Schluss gezogen, dass die Novation ausschließlich im Interesse der Klägerin lag.
c) Ein Verfahrensfehler wird ebenso wenig durch die Behauptung der Klägerin dargelegt, das FG sei in seiner Entscheidung davon ausgegangen, der vereinbarte Darlehenszins habe unter dem marktüblichen Niveau gelegen. Eine derartige Feststellung ist der Vorentscheidung nicht zu entnehmen.
Dieses Vorbringen ist daher nicht geeignet, etwa eine Gehörsrüge darzulegen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 57 Nr. 1
AAAAC-63026