Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StPO § 349 Abs. 2; StPO § 349 Abs. 4; StPO § 464 Abs. 3; StGB § 21; StGB § 49 Abs. 1
Instanzenzug:
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und sachlichen Rechts rügt. Sein Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg.
Der Strafausspruch kann keinen Bestand haben, da sich die Wertung, der Angeklagte sei uneingeschränkt schuldfähig gewesen, insbesondere habe bei ihm keine tiefgreifende Bewusstseinsstörung vorgelegen, als rechtsfehlerhaft erweist.
Das Landgericht hat in die gebotene Gesamtbetrachtung für und gegen die Annahme eines schuldrelevanten Affekts sprechender Kriterien einbezogen, dass bei dem Angeklagten eine leichte alkoholische Enthemmung vorgelegen habe. Dies begegnet angesichts der festgestellten Tatzeitblutalkoholkonzentration von 2,1 Promille durchgreifenden Bedenken. Dieser Wert nähert sich bereits dem Grenzwert des Blutalkoholgehalts, von dem an eine allein alkoholbedingt erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit auch bei Tötungsdelikten naheliegt (BGHR StGB § 21 Blutalkoholkonzentration 35 m.w.N.). Die Feststellungen belegen auch keine psychodiagnostischen Beweisanzeichen, welche die Auswirkungen der schon beträchtlichen Alkoholisierung als untypisch gering kennzeichnen würden.
An diese fehlerhafte Bewertung des Ausmaßes der alkoholischen Enthemmung anknüpfend lassen die Feststellungen eine hinreichende Ausein-andersetzung damit vermissen, ob die beachtliche Alkoholisierung des Angeklagten im Zusammenwirken mit seiner affektiven Erregung eine die Schuldfähigkeit erheblich beeinträchtigende tiefgreifende Bewusstseinsstörung begründet hat (vgl. hierzu m.w.N.). Die Strafkammer hat dies zwar erwogen, dem Alkohol aber allein mit der Begründung keine affektbegünstigende Relevanz zuerkannt, dass der Angeklagte seit eineinhalb Jahren vermehrt Alkohol konsumiere. Abgesehen von der fehlerhaften Unterbewertung des Alkoholisierungsgrades fehlt es bei diesen Erwägungen an weiteren Feststellungen zum Umfang des zuletzt gesteigerten Alkoholkonsums des Angeklagten und zu dessen Einfluss auf sein individuelles Leistungsvermögen.
Auch das von der Strafkammer gegen die Annahme eines Affekts verwendete Kriterium der sehr detailreichen Erinnerung an das Tatgeschehen wird von den Feststellungen nicht getragen. So deckt sich die Einlassung des Angeklagten zum Tatablauf gerade nicht mit den Feststellungen. Woher die Strafkammer dennoch die Überzeugung gewinnt, das Erinnerungsvermögen des Angeklagten sei unbeeinträchtigt, erschließt sich nicht.
Der Senat kann zwar eine völlige Aufhebung der Steuerungsfähigkeit ausschließen, nicht jedoch, dass das Landgericht bei umfassender Prüfung des Gesamtverhaltens des Angeklagten eine dem Zusammenwirken der affektiven Erregung und der alkoholischen Beeinträchtigung geschuldete tiefgreifende Bewusstseinsstörung angenommen und diese dann naheliegend unter Anwendung von §§ 21, 49 Abs. 1 StGB trotz der für sich nicht überhöhten Freiheitsstrafe weiter strafmildernd berücksichtigt hätte.
Die Kostenbeschwerde bleibt erfolglos (§ 465 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Fundstelle(n):
UAAAC-62954
1Nachschlagewerk: nein