BGH Beschluss v. - 2 StR 349/07

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StPO § 349 Abs. 2; StPO § 349 Abs. 4; StGB § 146 Abs. 1; StGB § 146 Abs. 1 Nr. 2; StGB § 146 Abs. 1 Nr. 3

Instanzenzug: LG Gera vom

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Geldfälschung in Tateinheit mit Betrug und wegen Betrugs in drei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten sowie wegen Betrugs in 87 Fällen unter Einbeziehung einer früheren Verurteilung zu der weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

Die Verurteilung wegen Geldfälschung nach § 146 Abs. 1 Nr. 2 und 3 StGB hält in keiner der beiden Tatbestandsvarianten der rechtlichen Prüfung stand.

Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift hierzu zutreffend u.a. ausgeführt:

"Mittäter des Sichverschaffens von Falschgeld im Sinne von § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB kann nur derjenige sein, der das Falschgeld in eigenen (Mit-)Gewahrsam oder auf andere Weise mit dem Willen zu eigenständiger Verfügung in seine eigene (Mit-)Verfügungsgewalt bringt (vgl. BGHSt 3, 154, 156; 44, 62; ). Dies ist hier bezüglich der Angeklagten I. und K. nicht ausreichend festgestellt.

Die Strafkammer hat sich in den Urteilsgründen nicht ausdrücklich damit auseinandergesetzt, ob sich auch die Angeklagten I. und K. das Falschgeld des Mitangeklagten S. 'verschafft hatten' im Sinne des § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Das Landgericht hat sich darauf beschränkt festzustellen, dass die drei Angeklagten in Litauen gemeinsam beschlossen hatten, nach Deutschland einzureisen, um die im Besitz des Angeklagten S. befindlichen gefälschten Einhundert-Euro-Banknoten in den Verkehr zu bringen (UA S. 6). Soweit die Strafkammer auf Blatt 13 der Urteilsgründe ausführt, dass die 'Angeklagten I. und K. geleugnet haben, in die Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein, um dort falsches Geld, das sie sich verschafft hatten, als echt in den Verkehr zu bringen", wird der Begriff des 'Sichverschaffens' lediglich formelhaft verwendet, aber nicht im Einzelnen ausgeführt.

Auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist nicht ausreichend deutlich zu entnehmen, dass die Angeklagten I. und K. an dem Falschgeld des Mitangeklagten S. eine Mitverfügungsgewalt begründet hatten. Danach liegt eher die Annahme nahe, dass die beiden Angeklagten I. und K. keine eigene tatsächliche Verfügungsmacht über das Falschgeld erlangt hatten und der Mitangeklagte S. diese alleine innehatte. Nach den Feststellungen hatte der Mitangeklagte S. das Falschgeld in Litauen selbst beschafft und schon in seinem Besitz, als er den Angeklagten K. ansprach (UA S. 5), ob er bereit sei, mit ihm in die Bundesrepublik Deutschland einzureisen und dort 'Falschgeld unter die Leute zu bringen'. Auch bei der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland hatte der Mitangeklagte S. das Falschgeld in seinem unmittelbaren Besitz (UA S. 6). Dass die Angeklagten I. und K. nach der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland von dem Mitangeklagten S. Falschgeld mit dem Willen zu eigener Verfügung übernommen hätten, ist nicht belegt; die tatsächlichen Umstände sprechen eher dagegen. Denn bei der Festnahme des Angeklagten S. wurden bei ihm 21 gefälschte Einhundert-Euro-Banknoten sichergestellt (UA S. 10); bei den Angeklagten K. und I. konnte dagegen kein Falschgeld aufgefunden werden.

Dass der Mitangeklagte S. das Falschgeld zur Mitverfügung der Mitangeklagten K. und I. angenommen und so eine gemeinschaftliche Verfügungsgewalt begründet hätte, ist den getroffenen Feststellungen nicht ausreichend deutlich zu entnehmen. Dafür könnte zwar ein erkennbares arbeitsteiliges Vorgehen der drei Angeklagten bei der Tatausführung sprechen. So beschaffte der Mitangeklagte K. auftragsgemäß das für die Fahrt nach Deutschland erforderliche Fahrzeug. Nach ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland legten nachweislich jedenfalls in G. der Angeklagte I. und der Mitangeklagte S. zeitgleich und offensichtlich absprachegemäß in zwei unmittelbar neben einander liegenden Geschäften jeweils einen gefälschten Einhundert-Euro-Schein zur Bezahlung vor. Schließlich wurde der Angeklagte K. bei seiner Festnahme mit 635 Euro angetroffen (UA S. 29), was sicherlich dafür sprechen könnte, dass er die erwirtschafteten echten Wechselgelder zu verwalten hatte (UA S. 29). Der Angeklagte I. hatte lediglich einen geringen Bargeldbeitrag bei sich. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe (echtes) Bargeld bei dem Angeklagten S. sichergestellt wurde, wird in den Urteilsgründen nicht mitgeteilt.

Allerdings kommt der Vorlage einer gefälschten Einhundert-Euro-Note für die Frage des mittäterschaftlichen Zusammenwirkens der Angeklagten nur ein geringer indizieller Beweiswert zu, zumal der Angeklagte I. dabei im Auftrag des Angeklagten S. als bloßer Verteilungs- oder Absatzgehilfe gehandelt haben kann, ohne eine eigene Verfügungsmacht zu begründen. Hinzu kommt, dass die Strafkammer jedenfalls in Bezug auf das betrügerische Vorgehen der Angeklagten in Deutschland offenkundig selbst nicht von einer Mittäterschaft der drei Angeklagten ausgegangen ist. So hat sie die Falschgeldaktivitäten in G. jeweils nur den Angeklagten I. und S. zugerechnet. Bei der Annahme eines mittäterschaftlichen Zusammenwirkens hätte sie aber allen drei Angeklagten die Falschgeldaktivitäten in H. und in G. sowohl als Geldfälschung in der Form des 'Inverkehrbringens' (§ 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB) als auch als Betrug zurechnen müssen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Angeklagten die Einkäufe in H. nicht selbst getätigt haben (UA S. 6). Dass die Strafkammer hier nicht von Mittäterschaft ausgegangen ist, beschwert den Angeklagten zwar nicht. Diese rechtliche Beurteilung steht aber der Annahme der Strafkammer, der Mitangeklagte S. habe für die Angeklagten I. und K. eine gemeinschaftliche Verfügungsmacht über das Falschgeld begründet, entgegen.

Aus den vorgenannten Gründen ist auch die Verurteilung des Angeklagten wegen Geldfälschung in der Tatbestandsalternative des 'Inverkehrbringens' im Sinne des § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB rechtlich zu beanstanden. Denn diese Tatbestandsvariante erfüllt nur, wer falsches Geld, das er unter den Voraussetzungen des § 146 Abs. 1 oder Nr. 2 StGB erlangt hat, als echt in den Verkehr bringt.

Da die Strafkammer zum Tatbestandsmerkmal des 'Sichverschaffens von falschem Geld' im Sinne des § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB keine Feststellungen getroffen hat, vor allem die Abgrenzung zu einem bloßen Verteilungs- und Absatzgehilfen, der lediglich den Gewahrsam für einen anderen ausübt, nicht berücksichtigt hat und damit weitergehende Feststellungen, auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Angeklagten sich nicht geständig eingelassen haben, nicht von vorneherein auszuschließen sind, ist das Urteil insoweit im Schuldspruch aufzuheben."

Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen Geldfälschung hat auch die Aufhebung des Schuldspruchs wegen des tateinheitlich begangenen Betrugs zur Folge, sowie die Aufhebung der zugehörigen Einzelfreiheitsstrafe von drei Jahren. Dies zieht auch die Aufhebung der aus ihr und den Strafen für die Taten II 89-91 gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten nach sich.

Im Übrigen hat die auf die Sachrüge gebotene Überprüfung des angefochtenen Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten I. ergeben.

Fundstelle(n):
OAAAC-62930

1Nachschlagewerk: nein