BFH Beschluss v. - II B 62/06

Zeitpunkt der Ausführung einer mittelbaren Grundstücksschenkung

Gesetze: ErbStG § 9 Abs. 1 Nr. 2

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erwarb mit notariell beurkundetem Grundstückskaufvertrag vom von der Verkäuferin (V) ein bebautes Grundstück. Der Kaufpreis war am auf das Notaranderkonto des beurkundenden Notars zu zahlen. V bewilligte und beantragte die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten des Klägers. Sodann erklärten die Vertragsparteien die Auflassung und bewilligten die Eigentumsumschreibung. Der beurkundende Notar durfte dem Kläger eine die Auflassung enthaltende Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift erst herausgeben und die Eigentumsumschreibung erst beantragen, wenn der Kaufpreis vom Notaranderkonto ausgezahlt war. Die Auszahlung des Kaufpreises setzte u.a. die Eintragung der Vormerkung im Grundbuch sowie eine noch von V gegenüber dem Kläger abzugebende Erklärung bzw. eine von V noch beizubringende Bürgschaftserklärung voraus.

Mit schriftlichem Vertrag vom schenkte die Mutter des Klägers (M) diesem den mit Vertrag vom erworbenen Grundbesitz und stellte dem Kläger den vollen Kaufpreis, der von M am direkt auf das Notaranderkonto überwiesen wurde, zur Verfügung. Die Auflassungsvormerkung zugunsten des Klägers wurde am in das Grundbuch eingetragen. Die Auszahlung des Kaufpreises an V erfolgte am .

Während der Kläger annahm, die Schenkungsteuer sei noch im Jahr 1995 entstanden und deshalb auf der Grundlage des für das Grundstück festgestellten Einheitswerts festzusetzen, vertrat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) die Auffassung, die Schenkungsteuer sei erst im Jahr 1996 entstanden. Das FA legte demgemäß als Bemessungsgrundlage den vom Lagefinanzamt nach § 12 Abs. 3 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) i.V.m. § 138 Abs. 3 und 5 des Bewertungsgesetzes i.d.F. des Jahressteuergesetzes 1997 vom (BGBl I, 2049) festgestellten Grundbesitzwert zugrunde und setzte gegen den Kläger durch Bescheid vom Schenkungsteuer fest. Der Einspruch blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) führte in seinem klageabweisenden Urteil aus, die Schenkung sei erst im Zeitpunkt der Auszahlung des Kaufpreises an V am ausgeführt worden. Der Kläger sei wegen des nach der vertraglichen Vereinbarung hinausgeschobenen Grundbuchvollzugs erst zu diesem Zeitpunkt in der Lage gewesen, den Eintritt der Rechtsänderung im Grundbuch herbeizuführen.

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht der Kläger die Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) liegt im Streitfall nicht vor.

Die Revision ist gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert. Eine Entscheidung ist erforderlich, wenn das FG bei gleichem oder vergleichbarem festgestellten Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 53 ff., m.w.N.).

Im Streitfall hat das FG in der entscheidungserheblichen Rechtsfrage, zu welchem Zeitpunkt eine mittelbare Grundstücksschenkung i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ausgeführt ist, entgegen der Auffassung des Klägers keinen mit der Rechtsprechung des BFH nicht übereinstimmenden abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt.

a) Eine (unmittelbare) Grundstücksschenkung ist ausgeführt, wenn die Vertragspartner die für die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlichen Erklärungen in gehöriger Form abgegeben haben und der Beschenkte aufgrund dieser Erklärungen in der Lage ist, beim Grundbuchamt die Eintragung der Rechtsänderung zu bewirken. Dies ist der Fall, wenn die Vertragsparteien die Auflassung erklärt haben und der Berechtigte die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch bewilligt hat, und ferner der Beschenkte jederzeit seine Eintragung als Eigentümer in das Grundbuch beantragen und damit den Eintritt der dinglichen Rechtsänderung herbeiführen kann (, BFHE 208, 438, BStBl II 2005, 312; vom II R 16/06, BFHE 213, 399, BStBl II 2006, 786, ständige Rechtsprechung).

Diese Grundsätze finden auch auf die mittelbare Grundstücksschenkung Anwendung, weil Gegenstand der Zuwendung nach dem Willen der Parteien in beiden Fällen das Grundstück ist. Danach ist auch eine mittelbare Grundstücksschenkung, bei der das Grundstück nicht in einem vom Grundstücksveräußerer noch zu schaffenden Zustand Erwerbsgegenstand ist, bereits dann —aber auch erst dann— ausgeführt, wenn die Auflassung erklärt und die Eintragungsbewilligung erteilt worden ist und der Beschenkte jederzeit den Eintritt der dinglichen Rechtsänderung herbeiführen kann (BFH in BFHE 213, 399, BStBl II 2006, 786).

b) Das FG ist im Streitfall von diesen Grundsätzen ausgegangen und demgemäß auf der Grundlage der im Grundstückskaufvertrag vom getroffenen Vereinbarungen zum Ergebnis gelangt, der Kläger habe erst nach Vorliegen der Voraussetzungen für die Auszahlung des Kaufpreises am den Eintritt der dinglichen Rechtsänderung herbeiführen können.

c) Der Rechtsprechung des BFH kann nicht —wie der Kläger meint— der Rechtssatz entnommen werden, dass allein die vertraglichen Abreden zwischen Schenker und Beschenktem dafür maßgebend seien, zu welchem Zeitpunkt die mittelbare Grundstücksschenkung ausgeführt sei. Der Kläger verkennt, dass schenkungsteuerlich relevant alleine der Erwerb des Vollrechts ist, mit dem dem Erwerber die Rechtsposition zuwächst, die den Gegenstand der Schenkung bildet (BFH in BFHE 208, 438, BStBl II 2005, 312, m.w.N.). Ist Gegenstand der Zuwendung ein noch zu erwerbendes Grundstück durch den Beschenkten, ist die Schenkung mithin noch nicht mit der Zurverfügungstellung des Geldes für den Erwerb des Grundstücks ausgeführt.

2. Soweit sich der Kläger auf die Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) beruft, ist die Beschwerde unzulässig. Diese Zulassungsgründe sind nicht in der gesetzlich erforderlichen Weise dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 70 Nr. 1
YAAAC-62516