BGH Beschluss v. - IV ZR 226/06

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: EGZPO § 26 Nr. 8; ZPO § 3

Instanzenzug: LG Hannover 8 O 418/04 vom OLG Celle 16 U 49/06 vom

Gründe

I. Die Parteien streiten darüber, ob die Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Auskunft über die Höhe von Darlehensforderungen haben, die die Beklagte gegen einen Dritten hatte und die durch mehrere von den Klägern für die Beklagte bestellte Grundschulden gesichert waren. Nachdem der Darlehensschuldner im Jahr 1999 insolvent geworden war, veräußerten die Kläger zwischen 1999 und 2001 die belasteten Grundstücke, um deren Verwertung durch die Beklagte zu verhindern, und zahlten - jeweils auf Anforderung der beklagten Bank - Ablösungsbeträge in Höhe von insgesamt etwa 2 Mio. €. Weil die Kläger nunmehr die Richtigkeit der zum Zeitpunkt der Grundstücksveräußerung von der Beklagten angeforderten Beträge bezweifeln, haben sie Stufenklage auf Erteilung von Auskunft über die Höhe der damals bestehenden Darlehensverbindlichkeiten und auf Zahlung der Differenz zwischen geleistetem und tatsächlich geschuldetem Betrag erhoben. Den Streitwert hatten sie erstinstanzlich mit insgesamt 10.000 € angegeben.

Das Landgericht hat durch Teilurteil die Klage auf Auskunft abgewiesen; den Klägern stehe gegenüber der beklagten Bank ein Auskunftsanspruch nicht zu, da diese nicht selbst Darlehensschuldner seien. Die dagegen gerichtete Berufung der Kläger, mit der sie den Wert des Auskunftsanspruchs mit Rücksicht auf einen Leistungsanspruch von ca. 30.000 € auf 6.000 € beziffert hatten, hatte keinen Erfolg. Den Streitwert hat das Berufungsgericht auf 10.000 € festgesetzt.

II. Das Rechtsmittel war als unzulässig zu verwerfen, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).

1. Hierzu wird in der Nichtzulassungsbeschwerde vorgetragen, die Kläger hätten ohne die begehrte Auskunft keine Möglichkeit, ihren Zahlungsanspruch durchzusetzen. Der Darlehensschuldner und der Insolvenzverwalter seien nicht bereit, ihnen die benötigten Auskünfte zu erteilen. Weitere Möglichkeiten, die Höhe der seinerzeit noch offenen Darlehensverbindlichkeiten in Erfahrung zu bringen, seien nicht ersichtlich. Das Berufungsgericht sei hinsichtlich des Zahlungsanspruchs offenbar von einer Forderung in Höhe von 50.000 € ausgegangen. Der Wert des Auskunftsanspruchs erreiche aus den dargelegten Gründen annähernd diesen Betrag, zumindest aber die Hälfte davon. Damit sei die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO überschritten und die Nichtzulassungsbeschwerde statthaft.

2. a) Der Wert des Auskunftsanspruchs bestimmt sich auch im Rechtsmittelverfahren nach dem wirtschaftlichen Interesse, das der Kläger an der Erteilung der Auskunft hat. Dieses ist nach § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu schätzen. Dabei beträgt der Wert des Auskunftsanspruchs in der Regel einen Bruchteil des Leistungsanspruchs, da die Auskunft die Geltendmachung dieses Anspruchs erst vorbereiten und erleichtern soll. In der Regel ist das Auskunftsinteresse mit einer Quote von 1/10 bis zu 1/4 des Wertes des Leistungsanspruchs zu bemessen und umso höher anzusetzen, je geringer die Kenntnisse des Klägers und sein Wissen über die zur Begründung des Leistungsanspruchs maßgeblichen Tatsachen sind ( - FamRZ 1993, 1189 unter a; Senatsbeschluss vom - IV ZR 195/04 - FamRZ 2006, 619 unter II). Eine Schätzungsgrundlage und einen Anhaltspunkt für den anzusetzenden Wert bildet der Leistungsanspruch, zu dessen Durchsetzung die Auskunft benötigt wird. Dessen ebenfalls gemäß § 3 ZPO vorzunehmende Schätzung geschieht nach objektiven Anhaltspunkten, wobei anhand des Tatsachenvortrags des Klägers danach zu fragen ist, welche Vorstellungen er sich vom Wert des Leistungsanspruchs gemacht hat ( aaO). Diese lagen hier bei etwa 30.000 €.

b) Danach ist das wirtschaftliche Interesse der Kläger an der begehrten Auskunft im Hinblick darauf, dass diese unstreitig wesentliche Anknüpfungspunkte zur Bezifferung ihrer Leistungsklage nicht kennen, auf jedenfalls nicht mehr als 10.000 € zu bemessen.

Entgegen der Ansicht der Kläger, die sich insoweit auf das - MDR 1962, 564 = WM 1962, 650) berufen, ist der Wert des Auskunftsanspruchs auch nicht deshalb dem Wert des Leistungsanspruchs annähernd gleichzusetzen, weil die Kläger ohne die begehrte Auskunft überhaupt keine Möglichkeit hätten, ihren Zahlungsanspruch durchzusetzen. Ob dem schon entgegensteht, dass die Kläger sich die erforderlichen Kenntnisse wie die Beschwerdeerwiderung meint, aus Anlass der Zahlungen an die Beklagte auch beim Insolvenzverwalter oder beim Insolvenzschuldner hätten verschaffen können, kann dahinstehen. Bei der gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen vorzunehmenden Schätzung des für den Wert des Auskunftsanspruchs maßgebenden Leistungsanspruchs ist in der Rechtsmittelinstanz auch zu berücksichtigen, ob ein solcher Anspruch nach den festgestellten Verhältnissen überhaupt oder nur in geringerer Höhe mit der Folge in Betracht kommt, dass das Interesse des Rechtsmittelklägers unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten entsprechend geringer zu bewerten ist ( aaO). Konkrete Tatsachen, denen Zweifel an der Richtigkeit der Abrechnungen durch die Beklagte zu entnehmen wären und aus denen sich folglich ein Zahlungsanspruch der Kläger ergeben könnte, hat das Berufungsgericht indessen nicht festgestellt. Danach ist zwischen den Parteien im Gegenteil nicht im Streit, dass der Insolvenzschuldner die ihm von der Beklagten erteilten Rechnungsabschlüsse akzeptiert und dagegen keine Einwendungen erhoben hat und dass die Kläger ihre Zahlungen zwischen Dezember 2000 und August 2002 vorbehaltlos geleistet haben. Diese Feststellungen werden von der Beschwerde nicht angegriffen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
NAAAC-62362

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein