BGH Beschluss v. - III ZB 47/07

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BKleingG § 8 Nr. 2; BKleingG § 9 Abs. 1 Nr. 1; ZPO § 8; ZPO § 9; ZPO § 522 Abs. 1 Satz 4; ZPO § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; ZPO § 574 Abs. 2; ZPO § 574 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt.

Instanzenzug: AG Brandenburg 33 C 94/05 vom LG Potsdam 11 S 10/07 vom

Gründe

I.

Der Rechtsvorgänger des Klägers verpachtete dem Beklagten durch Vertrag vom auf unbestimmte Zeit eine Gartenparzelle, die den Bestimmungen des Bundeskleingartengesetzes unterliegt. Die von dem Beklagten zu entrichtende Pacht beträgt nach seinen Angaben 35,03 € jährlich und wird vom Kläger mit 52,57 € beziffert.

Der Kläger kündigte mit Schreiben vom den Vertrag fristlos gemäß § 8 Nr. 2 BKleingG wegen schwerwiegender Pflichtverletzungen und erklärte hilfsweise die ordentliche Kündigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG zum , hilfsweise zum . Mit seiner im Dezember 2005 zugestellten Klage hat er die Verurteilung des Beklagten zur Räumung und Herausgabe der Gartenparzelle begehrt.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen rechtzeitig eingelegte Berufung des Beklagten hat das Landgericht durch den angefochtenen Beschluss als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes nach dem dreieinhalbfachen Wert der Jahrespacht zu bemessen sei und damit 600,00 € nicht übersteige. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist zwar gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft, jedoch deshalb nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen (BGHZ 161, 86, 87 m.w.N.), nicht gegeben sind.

1. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist nicht gemäß § 574 Abs. 2 Nr.2, 2. Alt. ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Ein dazu ausreichendes grundlegendes Missverständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. - NJW 2005, 154, 155 unter II. 2. a)) kann dem Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht angelastet werden. Es hat vielmehr die anerkannten Grundsätze zur Wertberechnung bei Räumungsklagen - die zuletzt in dem Senatsurteil vom (III ZR 342/04 - NJW-RR 2005, 867, 868 f.) und in dem Beschluss des VIII. Zivilsenats vom (VIII ZR 189/06 - NZM 2007, 355 f.) bestätigt worden sind - zutreffend erfasst und angewandt. Danach ist die Berufung zu Recht als unzulässig verworfen worden, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € nicht übersteigt.

a) Hinsichtlich des dem Kläger zuerkannten Räumungsanspruchs bestimmt sich der Wert der Beschwer nach § 8 ZPO, der auch auf Räumungsklagen nach vorausgegangener Kündigung eines Kleingartenpachtverhältnisses anzuwenden ist (Senatsurteil vom aaO S. 868 unter 1. m.w.N.). Nach dieser Vorschrift ist bei einem Streit über das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25-fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend. Die "streitige Zeit" im Sinne dieser Vorschrift beginnt mit der Klageerhebung, wenn die Räumungsklage nach vorausgegangener Kündigung zu einem Zeitpunkt erhoben wird, zu dem die Kündigung nach der Behauptung der klagenden Partei bereits wirksam geworden ist (Senatsurteil vom aaO S. 868 unter 1. a); - NJW-RR 1999, 1385 unter I. 1. a); jew. m.w.N.). So liegt der Fall hier; der Kläger hat mit der im Dezember 2005 erhobenen Klage die Beendigung des Pachtverhältnisses aufgrund der dem Beklagten am zugegangenen fristlosen Kündigung, hilfsweise aufgrund der mit gleicher Post erklärten ordentlichen Kündigung zum 31. Oktober bzw. , geltend gemacht.

Das Ende der streitigen Zeit wird bei Verträgen von unbestimmter Dauer nach dem Zeitpunkt bestimmt, auf den diejenige Partei hätte kündigen können, die die längere Bestehenszeit behauptet (Senatsurteil vom aaO S. 868 unter 1. b) bb); - NJW-RR 1992, 1359 unter 2.; jeweils m.w.N.). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die beklagte Partei, die eine längere Bestehenszeit behauptet, von einer für sie gegebenen Kündigungsmöglichkeit überhaupt Gebrauch machen will oder nur ein zeitlich begrenztes Nutzungsrecht für sich in Anspruch nimmt. Auch wenn die beklagte Partei an dem Vertrag unbestimmter Dauer ohne zeitliche Eingrenzung festhalten will, führt dies nicht ohne weiteres zu einer Verlängerung der streitigen Zeit und der Zugrundelegung eines höheren, lediglich durch das 25-fachen Jahresentgelt begrenzten Betrages (Senatsurteil vom aaO S. 868 unter 1. b) bb)). Insbesondere ist die streitige Zeit auch nicht deshalb auf einen längeren Zeitraum zu erstrecken, weil der Pächter die Vorstellung hat, den Kleingarten grundsätzlich bis zu seinem Lebensende nutzen zu können (Senatsurteil vom aaO S. 868 f unter 2. b)). Die Regelung des § 8 ZPO ist auf Fälle zugeschnitten, in denen die streitige Zeit genau bestimmt werden kann. Indes dient diese Bestimmung nicht dazu, den Wert bei Verträgen von unbestimmter Dauer oder in Fällen, in denen der Nutzungsberechtigte eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses verlangen kann, zu bestimmen (Senatsurteil vom S. 869 aaO unter 2. b); S. 356 aaO). In solchen Fällen ist auf den Zeitpunkt abzustellen, den der Nutzungsberechtigte für sich als den günstigsten Beendigungszeitpunkt in Anspruch nimmt. Hat er - wie hier der Beklagte - keinen konkreten Zeitpunkt genannt oder sich auf ein lebenslanges Nutzungsrecht berufen, so ist in entsprechender Anwendung des § 9 ZPO auf einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren abzustellen (Senatsurteil vom aaO S. 869 unter 2. b); aaO; jew. m.w.N.; vgl. - NZM 2006, 578).

b) Von diesen Maßstäben ist das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat hervorgehoben, aus der vorgenannten Rechtsprechung könne nicht entnommen werden, dass die Beschwer des Beklagten mit dem 25-fachen Wert der Jahrespacht berechnet werden müsse, weil eine Nutzung auf unbestimmte Zeit vereinbart gewesen sei.

2. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auch nicht wegen Verletzung von Verfahrensgrundrechten des Beklagten gefordert. Dass der Verwerfungsbeschluss, wie von der Rechtsbeschwerde geltend gemacht wird, den verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch des Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. mit dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt, ist nicht ersichtlich.

Fundstelle(n):
BAAAC-61997

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein