Eigenheimzulage nach gescheitertem Kauf
Leitsatz
Ein wegen Vorkaufsrechtsausübung nicht vollzogener Grundstückskaufvertrag bewirkt kein wirtschaftliches Eigentum des Käufers .
Gesetze: EigZulG § 1; EigZulG § 2; EigZulG § 8;EigZulG § 19
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) bewohnen das streitbefangene Reihenhaus seit 1989 bis heute laut Nutzungsvertrag vom Mai 1990 gegen Zahlung einer Miete von 59,95 Mark der DDR/Monat. Nach dem Kaufvertrag vom Juni 1990 sollten sie das Grundstück für 16 390 Mark der DDR erwerben; eine Eintragung ins Grundbuch erfolgte jedoch nach Ausübung des im Kaufvertrag vorgesehenen Vorkaufsrechts des Magistrats von Berlin im Februar 1992 nicht. Eigentümer des Grundstücks wurde eine Wohnungsbaugesellschaft, die lt. einem Schreiben an die Kläger vom September 1993 von diesen keine Mieteinnahmen oder ähnliche Leistungen erhielt, während die Kläger alle anfallenden Kosten der Bewirtschaftung zu tragen hatten. Diese erwarben mit notariellem Vertrag vom Februar 2001 das Grundstück von der Wohnungsbaugesellschaft für 64 500 DM, was dem hälftigen Verkehrswert entsprach.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) lehnte mit Bescheid vom Januar 2002 den Antrag der Kläger auf Eigenheimzulage ab, da der Vertrag vom Februar 2001 lediglich eine Bestätigung des bereits im Juni 1990 abgeschlossenen Kaufvertrags darstelle, so dass eine Anschaffung nach dem nicht vorliege. Nach erfolglosem Einspruch hat das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 626, veröffentlichten Urteil die Klage abgewiesen.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§§ 1, 2, 19 Abs. 1 des Eigenheimzulagengesetzes —EigZulG—).
Sie machen geltend, erst aufgrund des Kaufvertrages von 2001 wirtschaftliches Eigentum an dem streitbefangenen Grundstück samt Gebäude erworben zu haben. Sie hätten das Land Berlin nicht von der Einwirkung auf das Gebäude wirtschaftlich ausschließen können. Vielmehr hätten sie lediglich die auf das Objekt zugunsten des Landes Berlin erbrachten Aufwendungen abgewohnt. Einen Ersatzanspruch für die Aufwendungen hätten sie nach dem Vertrag von 1990 maximal in Höhe von 500 Mark der DDR pro Jahr gehabt. Auch sei das Nutzungsrecht aufgrund dieses Vertrages nicht übertragbar gewesen.
Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil des FG sowie den ablehnenden Bescheid des FA vom Januar 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben und das FA zu verpflichten, den Klägern die beantragte Eigenheimzulage zu gewähren.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FG hat zu Unrecht angenommen, wirtschaftliches Eigentum an dem streitgegenständlichen Anwesen sei bereits 1990 auf die Kläger übergegangen.
Die Kläger wurden aufgrund des Vertrags von 2001 Eigentümer des streitbefangenen Objekts. Vorher haben sie auch kein wirtschaftliches Eigentum erlangt. Etwas anderes folgt weder aus dem nicht vollzogenen Vertrag von 1990 noch aus den sonstigen finanzgerichtlichen Feststellungen.
a) § 2 Abs. 1 EigZulG begünstigt u.a. die Anschaffung einer Wohnung in einem eigenen Haus. Der Begriff „eigen” bedeutet, dass der Anspruchsberechtigte wenn nicht zivilrechtlicher so doch wirtschaftlicher Eigentümer des begünstigten Objekts i.S. von § 39 der Abgabenordnung (AO) sein muss. Wirtschaftlicher Eigentümer ist derjenige, der die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. Ein wirtschaftlicher Ausschluss in diesem Sinne liegt vor, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse kein Herausgabeanspruch des zivilrechtlichen Eigentümers besteht oder der Herausgabeanspruch keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat (z.B. , m.w.N.).
b) Im Streitfall rechtfertigt insbesondere der Umstand, dass keine Mietzahlungen zu entrichten waren, nicht die Annahme wirtschaftlichen Eigentums. Denn ein Entgelt für die Nutzungsüberlassung von Grund und Boden samt Haus kann auch in der Übernahme der Bewirtschaftungskosten gesehen werden, die für den Eigentümer eine Vermögensmehrung bedeuten (Leistung in Geldeswert gemäß § 8 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes —EStG—).
Nichts anderes folgt aus der Erwägung des FG, die Beteiligten hätten das wirtschaftliche Ergebnis des Vertrags von 1990 nicht in Zweifel gezogen. Zwar hat der BFH entschieden, wirtschaftliches Eigentum sei (auch dann) gegeben, wenn die Vertragsparteien die in einem formunwirksamen (so , BFHE 205, 204, BStBl II 2004, 651) oder in einem nachträglich unwirksam gewordenen (so , BFHE 205, 426, BStBl II 2005, 46) Vertrag getroffenen Vereinbarungen tatsächlich durchführen. Diese Voraussetzung ist im Streitfall jedoch nicht gegeben. Der Vertrag aus dem Jahre 1990 konnte kein wirtschaftliches Eigentum vermitteln. Er wurde mit dem Magistrat der Stadt Berlin geschlossen, ist aber nicht durchgeführt worden. Die Kläger hätten damit zwar das Grundstück im Jahre 1990 für 16 390 Mark der DDR kaufen können, erhalten haben sie aber (in der Folgezeit) nur die Nutzung gegen Zahlung der laufenden Kosten. Der zweite Kaufvertrag aus dem Jahre 2001 vollzieht nicht lediglich die Vereinbarungen aus dem ersten Vertrag nach. Der Eigentümer hat gewechselt; seit 1993 ist die Wohnungsgesellschaft Eigentümerin. Zudem weist der zweite Kaufvertrag eine andere (höhere Kaufsumme) aus.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 2248 Nr. 12
HFR 2008 S. 64 Nr. 1
NWB-Eilnachricht Nr. 5/2008 S. 3
JAAAC-61536