Kapitel III: Aufgaben der nationalen
Regulierungsbehörden
Artikel 10 Vergabe von Nummern, Namen und Adressen
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT
UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –
gestützt auf den
Vertrag zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 95,
auf Vorschlag der Kommission
,
nach Stellungnahme des
Wirtschafts- und Sozialausschusses
,
gemäß dem Verfahren
des Artikels 251 des Vertrags
,
in Erwägung nachstehender
Gründe:
(1) Mit dem derzeitigen
Rechtsrahmen für Telekommunikation wurden die Bedingungen für einen
wirksamen Wettbewerb im Telekommunikationssektor in der Phase des
Übergangs von Monopolbetrieben zum vollständigen Wettbewerb
geschaffen.
(2) Am 10. November
1999 unterbreitete die Kommission dem Europäischen Parlament, dem Rat, dem
Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen eine Mitteilung
mit dem Titel „Entwicklung neuer Rahmenbedingungen für
elektronische Kommunikationsinfrastrukturen und zugehörige Dienste –
Kommunikationsbericht 1999”. Darin überprüfte sie den
bestehenden Rechtsrahmen für Telekommunikation gemäß
Artikel 8 der Richtlinie 90/387/EWG des Rates vom 28. Juni 1990
zur Verwirklichung des Binnenmarktes für Telekommunikationsdienste durch
Einführung eines offenen Netzzugangs (Open Network Provision – ONP)
. Sie unterbreitete ferner eine Reihe von
politischen Vorschlägen zur öffentlichen Anhörung, die einen
neuen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsinfrastrukturen und
zugehörige Dienste betreffen.
(3) Am 26. April 2000
legte die Kommission dem Europäischen Parlament, dem Rat, dem Wirtschafts-
und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen eine Mitteilung über
die Ergebnisse der öffentlichen Anhörung zum Kommunikationsbericht
1999 und Leitlinien für den neuen Rechtsrahmen vor. In der Mitteilung
werden die Ergebnisse der öffentlichen Anhörung zusammengefasst und
Eckpunkte für die Entwicklung neuer Rahmenbedingungen für
elektronische Kommunikationsinfrastrukturen und zugehörige Dienste
vorgegeben.
(4) Der Europäische
Rat (Lissabon, 23./24. März 2000) wies darauf hin, dass von dem
Übergang zu einer digitalen, wissensbasierten Wirtschaft starke Impulse
für Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und
Beschäftigungsmöglichkeiten ausgehen werden. Er hob insbesondere
hervor, dass europäische Unternehmen und Bürger Zugang zu einer
kostengünstigen Kommunikationsinfrastruktur von internationalem Rang und
zu einer breiten Palette von Dienstleistungen haben müssen.
(5) Angesichts der
Verschmelzung von Telekommunikation, Medien und Informationstechnologien sollte
für alle Übertragungsnetze und -dienste ein einheitlicher
Rechtsrahmen gelten. Dieser Rechtsrahmen besteht aus der vorliegenden
Richtlinie und folgenden Einzelrichtlinien: der Richtlinie 2002/20/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über
die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste
(Genehmigungsrichtlinie)
, der Richtlinie 2002/19/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über
den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen
Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie)
, der Richtlinie 2002/22/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über
den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen
und -diensten (Universaldienstrichtlinie)
und der Richtlinie 97/66/EG
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997
über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der
Privatsphäre im Bereich der Telekommunikation
(nachfolgend
„Einzelrichtlinien” genannt). Es ist notwendig, die Regulierung
der Übertragung von der Regulierung von Inhalten zu trennen. Dieser Rahmen
betrifft daher nicht die Inhalte von Diensten, die über elektronische
Kommunikationsnetze und -dienste bereitgestellt werden, wie Rundfunkinhalte
oder Finanzdienste und bestimmte Dienste der Informationsgesellschaft; er
lässt folglich alle Maßnahmen unberührt, die auf
Gemeinschaftsebene oder im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht auf der Ebene
der Mitgliedstaaten in Bezug auf diese Dienste getroffen werden, um die
kulturelle und sprachliche Vielfalt zu fördern und die Wahrung des
Pluralismus der Medien sicherzustellen. Inhalte von Fernsehprogrammen fallen
unter die Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur
Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit
. Bei der Trennung der Regulierung von
Übertragung und Inhalten sind dennoch die Verbindungen zwischen beiden zu
berücksichtigen, insbesondere zur Gewährleistung des Pluralismus der
Medien, der kulturellen Vielfalt und des Verbraucherschutzes.
(6) Die audiovisuelle
Politik und die Regulierung von Inhalten erfolgen mit Blick auf bestimmte
Allgemeininteressen wie freie Meinungsäußerung, Pluralismus der
Medien, Unparteilichkeit, kulturelle und sprachliche Vielfalt, soziale
Einbeziehung, Verbraucherschutz und Schutz von Minderjährigen. Die
Mitteilung der Kommission über Grundsätze und Leitlinien für die
audiovisuelle Politik der Gemeinschaft im digitalen Zeitalter sowie die
Schlussfolgerungen des Rates vom 6. Juni 2000, in denen diese Mitteilung
begrüßt wird, legen die wesentlichen Maßnahmen fest, die von
der Gemeinschaft zur Umsetzung ihrer audiovisuellen Politik zu ergreifen
sind.
(7) Diese Richtlinie und
die Einzelrichtlinien lassen die Möglichkeit für jeden Mitgliedstaat
unberührt, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um den Schutz
seiner wesentlichen Sicherheitsinteressen sicherzustellen, die öffentliche
Ordnung und die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten und die
Ermittlung, Aufklärung und Verfolgung von Straftaten zu ermöglichen,
wozu unter anderem gehört, dass die nationalen Regulierungsbehörden
spezifische und angemessene Verpflichtungen für Anbieter elektronischer
Kommunikationsdienste festlegen.
(8) Diese Richtlinie
bezieht sich nicht auf Geräte, die in den Geltungsbereich der
Richtlinie 1999/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom
9. März 1999 über Funkanlagen und
Telekommunikationsendeinrichtungen und die gegenseitige Anerkennung ihrer
Konformität
fallen, gilt jedoch
für Verbrauchergeräte, die für Digitalfernsehen verwendet
werden. Es ist wichtig, dass die Regulierungsbehörden die Netzbetreiber
und die Hersteller von Endeinrichtungen dazu aufrufen, zur Erleichterung des
Zugangs von Behinderten zu elektronischen Kommunikationsdiensten
zusammenzuarbeiten.
(9) Dienste der
Informationsgesellschaft unterliegen der Richtlinie 2000/31/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über
bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft,
insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt
(„Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr”)
.
(10) Die
Begriffsbestimmung für „Dienste der
Informationsgesellschaft” in Artikel 1 der Richtlinie 98/34/EG
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über
ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen
Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der
Informationsgesellschaft
umfasst einen weiten Bereich von
wirtschaftlichen Tätigkeiten, die online erfolgen. Die meisten dieser
Tätigkeiten werden vom Geltungsbereich der vorliegenden Richtlinie nicht
erfasst, weil sie nicht ganz oder überwiegend in der Übertragung von
Signalen über elektronische Kommunikationsnetze bestehen. Sprachtelefonie-
und E-Mail-Übertragungsdienste werden von dieser Richtlinie erfasst.
Dasselbe Unternehmen, beispielsweise ein Internet-Diensteanbieter, kann sowohl
elektronische Kommunikationsdienste, wie den Zugang zum Internet, als auch
nicht unter diese Richtlinie fallende Dienste, wie die Bereitstellung von
Internet gestützten Inhalten, anbieten.
(11) Nach dem Grundsatz
der Trennung hoheitlicher und betrieblicher Funktionen sollten die
Mitgliedstaaten die Unabhängigkeit ihrer Regulierungsbehörde(n)
garantieren, um die Unparteilichkeit ihrer Beschlüsse sicherzustellen. Die
Anforderung der Unabhängigkeit berührt weder die institutionelle
Autonomie und die verfassungsmäßigen Verpflichtungen der
Mitgliedstaaten noch den Grundsatz der Neutralität im Hinblick auf die
Eigentumsordnung in den verschiedenen Mitgliedstaaten nach Artikel 295 des
Vertrags. Die nationalen Regulierungsbehörden sollten in Bezug auf
Personal, Fachwissen und finanzielle Ausstattung über die zur Wahrnehmung
ihrer Aufgaben notwendigen Mittel verfügen.
(12) Jede Partei, die
einem Beschluss einer nationalen Regulierungsbehörde unterliegt, sollte
das Recht haben, bei einer von den beteiligten Parteien unabhängigen
Stelle Rechtsbehelf einzulegen. Diese Stelle kann ein Gericht sein. Ferner
sollte jedes Unternehmen, das der Ansicht ist, dass seine Anträge auf
Erteilung von Rechten für die Installation von Einrichtungen nicht im
Einklang mit den in dieser Richtlinie festgelegten Grundsätzen behandelt
worden sind, das Recht haben, gegen solche Entscheidungen zu klagen. Die
Kompetenzverteilung in den einzelstaatlichen Rechtssystemen und die Rechte
juristischer oder natürlicher Personen nach nationalem Recht bleiben von
diesem Beschwerdeverfahren unberührt.
(13) Die nationalen
Regulierungsbehörden müssen Informationen von Marktteilnehmern
einholen, um ihre Aufgaben effizient erfüllen zu können. Derartige
Informationen müssen gegebenenfalls auch im Auftrag der Kommission
eingeholt werden können, damit diese ihren Verpflichtungen aus dem
Gemeinschaftsrecht nachkommen kann. Informationsersuchen sollten angemessen
sein und keine unzumutbare Belastung für Unternehmen darstellen. Die von
den nationalen Regulierungsbehörden eingeholten Informationen sollten
öffentlich zugänglich sein, sofern es sich entsprechend den
einzelstaatlichen Vorschriften für den Zugang der Öffentlichkeit zu
Informationen nicht um vertrauliche Informationen handelt und gemeinschaftliche
und einzelstaatliche Rechtsvorschriften über das Geschäftsgeheimnis
eingehalten werden.
(14) Informationen, die
von einer nationalen Regulierungsbehörde gemäß den
gemeinschaftlichen und einzelstaatlichen Vorschriften über das
Geschäftsgeheimnis als vertraulich angesehen werden, können mit der
Kommission und anderen nationalen Regulierungsbehörden nur ausgetauscht
werden, wenn sich dies für die Durchführung dieser Richtlinie oder
der Einzelrichtlinien als unbedingt erforderlich erweist. Die ausgetauschten
Informationen sollten auf den zum Zweck dieses Informationsaustauschs
relevanten und angemessenen Umfang beschränkt werden.
(15) Es ist wichtig, dass
die nationalen Regulierungsbehörden alle interessierten Parteien zu
vorgeschlagenen Beschlüssen konsultieren und ihre Stellungnahmen
berücksichtigen, ehe sie einen endgültigen Beschluss fassen. Damit
sich Beschlüsse, die auf nationaler Ebene gefasst werden, nicht nachteilig
auf den Binnenmarkt oder andere Ziele des Vertrags auswirken, sollten die
nationalen Regulierungsbehörden bestimmte Beschlussentwürfe auch der
Kommission und anderen nationalen Regulierungsbehörden notifizieren, damit
sie hierzu Stellung nehmen können. Die nationalen
Regulierungsbehörden sollten die interessierten Parteien zu allen
Maßnahmenentwürfen anhören, die sich auf den Handel zwischen
Mitgliedstaaten auswirken. In der vorliegenden Richtlinie und in den
Einzelrichtlinien ist festgelegt, in welchen Fällen die in den
Artikeln 6 und 7 genannten Verfahren zur Anwendung gelangen. Die
Kommission sollte nach Konsultation des Kommunikationsausschusses die
Möglichkeit haben, eine nationale Regulierungsbehörde aufzufordern,
einen Maßnahmenentwurf zurückzuziehen, wenn er die Feststellung
relevanter Märkte oder die Feststellung beträchtlicher Marktmacht bei
Unternehmen betrifft und die Beschlüsse ein Hemmnis für den
Binnenmarkt schaffen würden oder mit gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften
und insbesondere mit den von den nationalen Regulierungsbehörden zu
verfolgenden politischen Zielsetzungen nicht vereinbar wären. Das
Notifizierungsverfahren gemäß der Richtlinie 98/34/EG sowie die
Rechte, die die Kommission aufgrund des Vertrags in Bezug auf
Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht besitzt, bleiben von diesem
Verfahren unberührt.
(16) Die nationalen
Regulierungsbehörden sollten einheitliche Ziele und Grundsätze
verfolgen, um ihre Maßnahmen zu untermauern, und sie sollten bei der
Wahrnehmung ihrer Aufgaben innerhalb dieses Rechtsrahmens erforderlichenfalls
ihre Maßnahmen mit den Regulierungsbehörden der anderen
Mitgliedstaaten abstimmen.
(17) Die Tätigkeiten
der aufgrund dieser Richtlinie und der Einzelrichtlinien errichteten nationalen
Regulierungsbehörden tragen dazu bei, dass die Ziele umfassenderer
Politiken in den Bereichen Kultur, Beschäftigung, Umwelt, sozialer
Zusammenhalt, Stadtplanung und Raumordnung erreicht werden
können.
(18) Die Verpflichtung der
Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die nationalen Regulierungsbehörden
die Forderung nach einer technologieneutralen Regulierung weitestgehend
berücksichtigen (d. h. dass weder eine bestimmte Technologie
vorgeschrieben noch deren Einsatz begünstigt wird), schließt nicht
aus, dass angemessene Schritte unternommen werden, um bestimmte spezifische
Dienste in gerechtfertigten Fällen zu fördern, wie z. B. das
Digitalfernsehen als ein Mittel zur effizienteren Nutzung des
Frequenzspektrums.
(19) Funkfrequenzen sind
eine wesentliche Voraussetzung für funkgestützte elektronische
Kommunikationsdienste und sollten, soweit sie für diese Dienste genutzt
werden, von den nationalen Regulierungsbehörden auf der Grundlage
harmonisierter Ziele und Grundsätze für ihr Tätigwerden sowie
nach objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien zugeteilt
und zugewiesen werden, wobei den demokratischen, sozialen, sprachlichen und
kulturellen Interessen, die mit der Nutzung von Frequenzen verbunden sind,
Rechnung getragen werden sollte. Die Zuweisung und Zuteilung von Funkfrequenzen
sollte so effizient wie möglich erfolgen. Die Übertragung von
Funkfrequenzen kann ein wirksames Mittel zur effizienteren Frequenznutzung
darstellen, solange es hinreichende Sicherungsmaßnahmen zum Schutz der
öffentlichen Interessen gibt; insbesondere ist die Transparenz und die
Beaufsichtigung derartiger Übertragungen sicherzustellen. Die Entscheidung
Nr. 676/2002/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom
7. März 2002 über einen Rechtsrahmen für die
Frequenzpolitik in der Europäischen Gemeinschaft (Frequenzentscheidung)
enthält die Rahmenbedingungen
für die Harmonisierung der Frequenznutzung; Maßnahmen, die aufgrund
dieser Richtlinie getroffen werden, sollten die im Rahmen der genannten
Entscheidung durchgeführten Arbeiten erleichtern.
(20) Der Zugang zu
Nummerierungsressourcen nach transparenten, objektiven und
nichtdiskriminierenden Kriterien ist eine wesentliche Voraussetzung für
den Wettbewerb im Bereich der elektronischen Kommunikation. Alle Bestandteile
der nationalen Nummerierungspläne einschließlich der zur
Netzadressierung verwendeten Point-Codes (zur Kennzeichnung von Knoten im
Wählnetz) sollten von den nationalen Regulierungsbehörden verwaltet
werden. Sofern zur Unterstützung der Entwicklung europaweiter Dienste eine
Harmonisierung der Nummerierungsressourcen in der Gemeinschaft erforderlich
ist, kann die Kommission im Rahmen ihrer Durchführungsbefugnisse
technische Umsetzungsmaßnahmen ergreifen. Sofern dies zur Sicherstellung
der uneingeschränkten weltweiten Interoperabilität von Diensten
angezeigt ist, sollten die Mitgliedstaaten ihre einzelstaatlichen Standpunkte
in internationalen Organisationen und Gremien, in denen nummerierungsrelevante
Entscheidungen getroffen werden, im Einklang mit dem Vertrag abstimmen. Mit
dieser Richtlinie werden für die nationalen Regulierungsbehörden
keine neuen Zuständigkeitsbereiche in Bezug auf die Vergabe von Namen und
Adressen im Internet geschaffen.
(21) Die Mitgliedstaaten
können für die Zuteilung von Funkfrequenzen sowie von Nummern mit
außergewöhnlichem wirtschaftlichem Wert unter anderem
wettbewerbsorientierte oder vergleichende Auswahlverfahren vorsehen. Bei der
Durchführung solcher Verfahren sollten die nationalen
Regulierungsbehörden den Bestimmungen des Artikels 8 Rechnung
tragen.
(22) Um die
Voraussetzungen für einen lauteren, wirksamen Wettbewerb zu schaffen,
sollte sichergestellt werden, dass zügige, nichtdiskriminierende und
transparente Verfahren zur Erteilung von Rechten für die Installation von
Einrichtungen bestehen. Diese Richtlinie berührt nicht die nationalen
Rechtsvorschriften über die Enteignung oder Nutzung von Grundbesitz, die
normale Ausübung der Eigentumsrechte, den normalen Gebrauch
öffentlichen Grund und Bodens oder den Neutralitätsgrundsatz in Bezug
auf die Eigentumsordnung in den Mitgliedstaaten.
(23) Die gemeinsame
Nutzung von Einrichtungen kann aus städtebaulichen, gesundheits- oder
umweltpolitischen Gründen vorteilhaft sein und sollte von den nationalen
Regulierungsbehörden auf der Grundlage freiwilliger Vereinbarungen
gefördert werden. In den Fällen, in denen Unternehmen keinen Zugang
zu tragfähigen Alternativen haben, ist es unter Umständen angebracht,
die gemeinsame Nutzung von Einrichtungen oder Grundbesitz zwingend
vorzuschreiben. Hierzu zählt u. a. die physische Kollokation und die
gemeinsame Nutzung von Leitungsrohren, Bauwerken, Masten, Antennen oder
Antennensystemen. Eine obligatorische gemeinsame Nutzung von Einrichtungen oder
Grundbesitz sollte den Unternehmen nur nach einer umfassenden öffentlichen
Anhörung vorgeschrieben werden.
(24) Haben Betreiber von
Mobiltelefondiensten Türme oder Masten aus Umweltschutzgründen
gemeinsam zu nutzen, so kann diese vorgeschriebene gemeinsame Nutzung zu einer
Verringerung der für jeden Betreiber aus Gründen der
öffentlichen Gesundheit höchstzulässigen Sendeleistung
führen; dies wiederum kann es erforderlich machen, dass die Betreiber
weitere Sendestationen einrichten, um die landesweite Versorgung
sicherzustellen.
(25) Unter bestimmten
Umständen sind Vorabverpflichtungen aufzuerlegen, um die Entwicklung eines
wettbewerbsorientierten Marktes zu gewährleisten. Die Definition der
beträchtlichen Marktmacht in der Richtlinie 97/33/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 über die
Zusammenschaltung in der Telekommunikation im Hinblick auf die Sicherstellung
eines Universaldienstes und der Interoperabilität durch Anwendung der
Grundsätze für einen offenen Netzzugang (ONP)
hat sich in den Anfangsphasen der
Marktliberalisierung als Kriterium für Vorabverpflichtungen als sinnvoll
erwiesen, sie muss nun jedoch an komplexere, dynamischere Märkte angepasst
werden. Daher beruht die in der vorliegenden Richtlinie benutzte Definition auf
dem Konzept der beherrschenden Stellung nach der einschlägigen
Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz der
Europäischen Gemeinschaften.
(26) Bei zwei oder mehr
Unternehmen kann davon ausgegangen werden, dass sie gemeinsam eine
marktbeherrschende Stellung nicht nur dann einnehmen, wenn strukturelle oder
sonstige Beziehungen zwischen ihnen bestehen, sondern auch, wenn die Struktur
des betreffenden Marktes als förderlich für koordinierte Effekte
angesehen wird, das heißt wenn hierdurch ein paralleles oder
angeglichenes wettbewerbswidriges Verhalten auf dem Markt gefördert
wird.
(27) Vorabverpflichtungen
sollten nur auferlegt werden, wenn kein wirksamer Wettbewerb besteht,
d. h. auf Märkten, auf denen es ein oder mehrere Unternehmen mit
beträchtlicher Marktmacht gibt, und die Instrumente des nationalen und
gemeinschaftlichen Wettbewerbsrechts nicht ausreichen, um das Problem zu
lösen. Daher ist es erforderlich, dass die Kommission im Einklang mit den
Grundsätzen des Wettbewerbsrechts Leitlinien auf Gemeinschaftsebene
festlegt, die von den nationalen Regulierungsbehörden bei der Beurteilung
der Frage, ob auf einem bestimmten Markt wirksamer Wettbewerb herrscht und eine
beträchtliche Marktmacht vorliegt, eingehalten werden müssen. Die
nationalen Regulierungsbehörden sollten untersuchen, ob auf dem Markt
für bestimmte Produkte oder Dienste in einem bestimmten geografischen
Gebiet ein wirksamer Wettbewerb herrscht, wobei sich dieses Gebiet auf die
Gesamtheit oder einen Teil des Hoheitsgebiets des betreffenden Mitgliedstaats
oder auf als Ganzes betrachtete benachbarte Gebiete von Mitgliedstaaten
erstrecken könnte. Die Untersuchung der tatsächlichen
Wettbewerbssituation sollte auch eine Klärung der Frage umfassen, ob der
Markt potenziell wettbewerbsorientiert ist und somit ob das Fehlen eines
wirksamen Wettbewerbs ein dauerhaftes Phänomen ist. In diesen Leitlinien
ist auch die Frage neu entstehender Märkte zu behandeln, auf denen der
Marktführer über einen beträchtlichen Marktanteil verfügen
dürfte, ohne dass ihm jedoch unangemessene Verpflichtungen auferlegt
werden sollten. Die Kommission sollte die Leitlinien regelmäßig
überprüfen, damit diese in einem sich rasch entwickelnden Markt auf
Dauer angemessen sind. Die nationalen Regulierungsbehörden müssen
zusammenarbeiten, wenn es sich bei dem betreffenden Markt um einen
länderübergreifenden Markt handelt.
(28) Bei der Beurteilung
der Frage, ob ein Unternehmen in einem speziellen Markt über
beträchtliche Marktmacht verfügt, sollten die nationalen
Regulierungsbehörden im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht vorgehen und
den Leitlinien der Kommission weitestgehend Rechnung tragen.
(29) Die Gemeinschaft und
die Mitgliedstaaten sind in der Welthandelsorganisation Verpflichtungen in
Bezug auf Normen und den Rechtsrahmen für Telekommunikationsnetze und
-dienste eingegangen.
(30) Die Normung sollte in
erster Linie ein marktorientierter Vorgang sein. Es kann jedoch noch immer
Situationen geben, in denen es sich empfiehlt, die Einhaltung bestimmter Normen
auf Gemeinschaftsebene zu fordern, um die Interoperabilität auf dem
Binnenmarkt zu gewährleisten. Auf nationaler Ebene sind die
Mitgliedstaaten an die Richtlinie 98/34/EG gebunden. In der
Richtlinie 95/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom
24. Oktober 1995 über die Anwendung von Normen für die
Übertragung von Fernsehsignalen
wurden weder ein
bestimmtes digitales Fernsehübertragungssystem noch spezielle
Dienstanforderungen vorgeschrieben. Über die „Digital Video
Broadcasting Group” haben die europäischen Marktteilnehmer eine
Familie von Fernsehübertragungssystemen entwickelt, die vom
Europäischen Institut für Telekommunikationsnormen (ETSI) genormt und
in Empfehlungen der Internationalen Fernmeldeunion umgesetzt wurden. Die
obligatorische Anwendung derartiger Normen sollte erst nach einer umfassenden
Anhörung vorgeschrieben werden. Die Normungsverfahren im Rahmen dieser
Richtlinie lassen die folgenden Richtlinien unberührt: die
Richtlinie 1999/5/EG, die Richtlinie 73/23/EWG des Rates vom
19. Februar 1973 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten betreffend elektrische Betriebsmittel zur Verwendung innerhalb
bestimmter Spannungsgrenzen
und die
Richtlinie 89/336/EWG des Rates vom 3. Mai 1989 zur Angleichung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die elektromagnetische
Verträglichkeit
.
(31) Interoperabilität von digitalen interaktiven
Fernsehdiensten und erweiterten digitalen Fernsehgeräten auf Ebene der
Verbraucher sollten gefördert werden, um den freien Informationsfluss,
Medienpluralismus und Zugang zu kultureller Vielfalt zu gewährleisten. Es
ist wünschenswert, dass die Verbraucher in der Lage sind, unabhängig
vom Übertragungsmodus alle digitalen interaktiven Fernsehdienste zu
empfangen, und dazu die technologische Neutralität, die künftige
technologische Entwicklung, die Notwendigkeit, dem digitalen Fernsehen zum
Durchbruch zu verhelfen, sowie der Stand des Wettbewerbs auf dem Markt für
digitale Fernsehdienste im Auge behalten wird. Die Betreiber digitaler
interaktiver Fernsehplattformen sollten die Schaffung einer offenen
Anwendungsprogrammier-Schnittstelle (API) anstreben, die den von einer
europäischen Normungsbehörde beschlossenen Normen und Spezifikationen
entspricht. Der Wechsel von bestehenden API zu neuen offenen API sollte
gefördert und organisiert werden, beispielsweise durch Vereinbarungen
zwischen allen relevanten Marktteilnehmern. Offene API erleichtern die
Interoperabilität, d. h. die Übertragbarkeit interaktiver
Inhalte zwischen Übertragungsmechanismen und die volle Funktionalität
dieser Inhalte bei erweiterten digitalen Fernsehgeräten. Der
Notwendigkeit, das Funktionieren der Empfangsausrüstung nicht zu behindern
und sie vor schädlichen Attacken, beispielsweise Viren, zu schützen,
sollte jedoch Rechnung getragen werden.
(32) Bei Streitigkeiten
zwischen Unternehmen in ein und demselben Mitgliedstaat in einem Bereich, der
unter diese Richtlinie oder die Einzelrichtlinien fällt, beispielsweise in
Bezug auf den Zugang oder die Zusammenschaltung oder in Bezug auf die Mittel
zur Übertragung von Teilnehmerverzeichnissen, sollte sich die
Beschwerdepartei, die gutgläubig verhandelt hat, aber keine Einigung
erzielen konnte, an die nationale Regulierungsbehörde wenden können,
damit diese den Streitfall beilegt. Die nationalen Regulierungsbehörden
sollten die Möglichkeit haben, den Parteien eine Lösung aufzuerlegen.
Greift eine nationale Regulierungsbehörde in die Beilegung von
Streitigkeiten zwischen Unternehmen ein, die in einem Mitgliedstaat
elektronische Kommunikationsnetze oder -dienste anbieten, so sollte sie
anstreben, die Einhaltung der Verpflichtungen aus dieser Richtlinie oder den
Einzelrichtlinien sicherzustellen.
(33) Zusätzlich zu
den Rechtsbehelfen nach nationalem oder gemeinschaftlichem Recht bedarf es
eines einfachen, auf Antrag einer der Parteien einzuleitenden Verfahrens zur
Beilegung grenzüberschreitender Streitigkeiten, die außerhalb der
Zuständigkeit einer einzelnen nationalen Regulierungsbehörde
liegen.
(34) Der mit
Artikel 9 der Richtlinie 90/387/EWG eingesetzte
„ONP-Ausschuss” und der mit Artikel 14 der
Richtlinie 97/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom
10. April 1997 über einen gemeinsamen Rahmen für Allgemein- und
Einzelgenehmigungen für Telekommunikationsdienste
eingesetzte
Genehmigungsausschuss sollten durch einen einzigen Ausschuss abgelöst
werden.
(35) Die nationalen
Regulierungs- und Wettbewerbsbehörden sollten untereinander die
Informationen austauschen, die für die Anwendung der Bestimmungen dieser
Richtlinie und der Einzelrichtlinien notwendig sind, damit sie in vollem Umfang
zusammenarbeiten können. Hinsichtlich des Informationsaustauschs sollte
die einholende Behörde an den gleichen Grad an Vertraulichkeit gebunden
sein wie die Auskunft erteilende Behörde.
(36) Die Kommission hat
mitgeteilt, dass die beabsichtigt, eine europäische Gruppe der
Regulierungsbehörden für elektronische Kommunikationsnetze und
-dienste einzurichten, die einen geeigneten Mechanismus zur Stärkung der
Zusammenarbeit und der Koordinierung der nationalen Regulierungsbehörden
darstellen würde, um die Entwicklung des Binnenmarktes für
elektronische Kommunikationsnetze und -dienste zu fördern und eine
konsistente Anwendung der in dieser Richtlinie und in den Einzelrichtlinien
festgelegten Bestimmungen in allen Mitgliedstaaten zu erreichen, insbesondere
in Bereichen, in denen einzelstaatliche Rechtsvorschriften bei der
Durchführung gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften den einzelstaatlichen
Regulierungsbehörden beträchtliche Ermessensspielräume bei der
Anwendung der betreffenden Bestimmungen geben.
(37) Die nationalen
Regulierungsbehörden sollten miteinander und mit der Kommission auf
transparente Weise kooperieren, um in allen Mitgliedstaaten eine konsistente
Anwendung der Bestimmungen dieser Richtlinie und der Einzelrichtlinien zu
gewährleisten. Diese Zusammenarbeit könnte unter anderem im
Kommunikationsausschuss oder in einer europäischen Gruppe der
Regulierungsbehörden erfolgen. Die Mitgliedstaaten sollten
beschließen, welche Organe einzelstaatliche Regulierungsbehörden im
Sinne dieser Richtlinie und der Einzelrichtlinien sind.
(38) Maßnahmen, die
den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen können, sind
Maßnahmen, die unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder
potenziell einen derartigen Einfluss auf das Handelsmuster zwischen
Mitgliedstaaten haben können, dass ein Hemmnis für den Binnenmarkt
geschaffen wird. Sie umfassen Maßnahmen, die erhebliche Auswirkungen auf
Betreiber oder Nutzer in anderen Mitgliedstaaten haben, wozu unter anderem
gehören: Maßnahmen, die die Preise für die Nutzer in anderen
Mitgliedstaaten beeinflussen, Maßnahmen, die die Möglichkeiten eines
in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Unternehmens
beeinträchtigen, einen elektronischen Kommunikationsdienst anzubieten,
insbesondere Maßnahmen, die die Möglichkeit beeinträchtigen,
Dienste auf länderübergreifender Basis anzubieten, sowie
Maßnahmen, die die Marktstruktur oder den Marktzugang berühren und
für Unternehmen in anderen Mitgliedstaaten zu nachteiligen Auswirkungen
führen.
(39) Diese Richtlinie
sollte regelmäßig überprüft werden, um insbesondere
festzustellen, ob sie veränderten technologischen oder marktbezogenen
Bedingungen anzupassen ist.
(40) Die zur
Durchführung dieser Richtlinie erforderlichen Maßnahmen sollten
gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni
1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der
Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse
erlassen
werden.
(41) Da die Ziele der
vorgeschlagenen Maßnahmen, nämlich die Schaffung eines
harmonisierten Rechtsrahmens für elektronische Kommunikationsdienste und
elektronische Kommunikationsnetze sowie für zugehörige Einrichtungen
und zugehörige Dienste, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend
erreicht werden können und daher wegen des Umfangs und der Wirkung der
Maßnahmen besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen sind, kann die
Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten
Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben
Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese
Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieser Ziele
erforderliche Maß hinaus.
(42) Bestimmte Richtlinien
und Entscheidungen in diesem Bereich sollten aufgehoben werden.
(43) Die Kommission sollte
den Übergang von dem bestehenden Rechtsrahmen auf den neuen Rechtsrahmen
fortlaufend verfolgen; sie könnte zu gegebener Zeit insbesondere einen
Vorschlag zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2887/2000 des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 über
den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss
vorlegen
–