Verschmelzung von Kapitalgesellschaften auf Personengesellschaften
Leitsatz
§ 27 Abs. 1a Satz 2 UmwStG 1995 in der durch das StSenkG v. geänderten Fassung (UmwStG 1995 n. F.) ist nicht in verfassungswidriger Weise unbestimmt und verstößt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip. Der Regelungsgehalt der Vorschrift lässt sich - trotz sprachlicher Unschärfen - anhand des Gesetzestextes, der systematischen Stellung der Vorschrift sowie ihrer Zwecksetzung mit hinreichender Sicherheit ermitteln. Die Vorschrift will erkennbar verhindern, dass zu einem Zeitpunkt, zu dem für die übertragende Kapitalgesellschaft bereits das durch das StSenkG eingeführte Halbeinkünfteverfahren gilt, aufgrund der Rückwirkungsfiktion des § 2 UmwStG 1995 ein Übernahmeverlust zur Aufstockung der von der Personengesellschaft übernommenen Buchwerte gem. § 4 Abs. 6 UmwStG 1995 a. F. (sog. "step-up") und somit zu einem Wertansatz z. B. zur Bestimmung der AfA-Bemessungsgrundlage führt. Das in § 27 Abs. 1a Satz 2 UmwStG 1995 n. F. verwendete Merkmal "Rechtsakt i. S. des UmwStG" verweist auf die handelsrechtlichen Rechtsakte der Umwandlung einschließlich der erforderlichen Registereintragungen. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft i. S. des § 69 FGO, dass § 27 Abs. 1a Satz 2 UmwStG 1995 n. F. auch den Rückwirkungszeitraum gem. § 2 UmwStG 1995 in dem Sinne beschränkt, dass als frühester steuerlicher Übertragungszeitpunkt der Beginn des Wirtschaftsjahrs i. S. von § 27 Abs. 1a Satz 1 UmwStG 1995 n. F. (= Wirtschaftsjahr der erstmaligen Anwendung des KStG i. d. F. des StSenkG) in Betracht kommt.
Gesetze: UmwStG § 27 Abs. 1a, UmwStG § 2, UmwStG § 4, KStG § 23
Instanzenzug:
Gründe
I. Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Verschmelzung zweier Kapitalgesellschaften dem Umwandlungsteuergesetz in der für das Jahr 2000 geltenden Fassung (UmwStG 1995 a.F) oder in der durch das Steuersenkungsgesetz vom —StSenkG— (BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428) geänderten Fassung (UmwStG 1995 n.F.) untersteht.
Mit notariellen Verträgen vom wurden die B-GmbH und die C-GmbH auf die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) —A-KG— verschmolzen. Alleiniger Kommanditist der Antragstellerin sowie alleiniger Gesellschafter der beiden Kapitalgesellschaften war Herr X., der gleichfalls am sämtliche Anteile an der C-GmbH erworben hatte. Nach den Verschmelzungsverträgen wurden einerseits den Umwandlungen die „Schlussbilanz(en) zum ” zugrunde gelegt; zum anderen wurden die handelsrechtlichen Verschmelzungsstichtage auf den „Ablauf des ” bestimmt (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 6 des Umwandlungsgesetzes —UmwG—). Die Verschmelzungen wurden am ... Dezember 2001 in das Handelsregister eingetragen.
Nach der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung 2000 (Streitjahr) ergab sich für X. aus der Verschmelzung der B-GmbH —unter Einschluss des Körperschaftsteuerguthabens nach § 4 Abs. 5 Satz 2 UmwStG 1995 a.F.— ein Übernahmegewinn (... DM), bezüglich der Verschmelzung der C-GmbH ein Übernahmeverlust, der durch Ergänzungsbilanzansätze des X. bei der Antragstellerin vollständig neutralisiert wurde (§ 4 Abs. 4 i.V.m. Abs. 6 UmwStG 1995 a.F.). Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) folgte der Erklärung mit Bescheid vom und stellte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 der Abgabenordnung —AO—) die Einkünfte der A-KG auf ... DM sowie die nach § 10 Abs. 1 UmwStG 1995 a.F. anzurechnende Körperschaftsteuer auf . DM fest.
Nachdem das für die Körperschaftsteuer zuständige Finanzamt die Auffassung vertreten hatte, die Umwandlung sei nach § 27 Abs. 1a Satz 2 UmwStG 1995 n.F. erst im Veranlagungszeitraum 2001 und damit unter Geltung der Neufassung des UmwStG 1995 zu erfassen, erließ das FA zwei Änderungsbescheide, mit denen die Feststellung anrechenbarer Körperschaftsteuer abgelehnt (Bescheid vom ; vgl. § 4 Abs. 5 und § 10 UmwStG 1995 n.F.) und zudem die Einkünfte entsprechend gemindert wurden (festgestellter Verlust gemäß Änderungsbescheid vom demnach . DM).
Die Einsprüche der Antragstellerin, die sich auch gegen die Ablehnung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) richteten, blieben ohne Erfolg. Darüber hinaus änderte das FA den Gewinnfeststellungsbescheid erneut dahin, dass der —ohne Berücksichtigung anzurechnender Körperschaftsteuer sich ergebende und im Bescheid vom berücksichtigte— Übernahmeverlust (... DM) aus der Verschmelzung der B-GmbH außer Ansatz blieb (§ 4 Abs. 5 UmwStG 1995 n.F); der gewerbliche Verlust 2000 wurde mit Einspruchsentscheidung vom auf nur noch . DM festgestellt.
Über die hiergegen erhobene Klage ist noch nicht entschieden. Der Antrag auf AdV wurde vom Finanzgericht (FG) abgelehnt. Hiergegen wendet sich die —vom FG zugelassene— Beschwerde.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, den Beschluss des FG aufzuheben und die Vollziehung der Änderungsbescheide vom und vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom bis zum Ablauf eines Monats nach Zustellung des Urteils des FG im Hauptsacheverfahren auszusetzen.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist zurückzuweisen.
1. Das FG ist —ausweislich seiner Beschlussgründe— nicht darauf eingegangen, ob der Antrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig sein könnte. Letzteres ist insofern zweifelhaft, als nach § 69 Abs. 2 Satz 8 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bei Steuerbescheiden die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, u.a. vermindert um die anzurechnende Körperschaftsteuer, beschränkt ist. Zwar wird allgemein angenommen, dass diese Beschränkung für Grundlagenbescheide nicht zum Tragen komme und damit erst bei der Aussetzung (oder Aufhebung) von Folgebescheiden (hier: Einkommensteuerbescheid) zu beachten sei (Anwendungserlass zur Abgabenordnung —AEAO— zu § 361 Nr. 4.6.1; Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 69 FGO Rz 570; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 69 FGO Rz 186). Gleichwohl könnte dann, wenn offensichtlich ist, dass eine Aussetzung des Folgebescheids nicht in Betracht kommt, das Rechtsschutzbedürfnis für ein Aussetzungsverfahren betreffend den Grundlagenbescheid zu verneinen sein. Andererseits könnte sich eine Einschränkung dieser Erwägung daraus ergeben, dass im Streitfall die Vollziehungsaussetzung für einen geänderten Grundlagenbescheid begehrt wird (vgl. dazu allgemein Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom IX B 78/00, BFHE 194, 196, BStBl II 2001, 479, und vom V B 137/98, BFH/NV 1999, 1393; einschränkend —auch bezüglich anzurechnender Körperschaftsteuer— , BFH/NV 1999, 1205).
2. Eine eingehende Erörterung dieser Fragen erübrigt sich für das anhängige Verfahren, da der Aussetzungsantrag jedenfalls —wie vom FG zu Recht angenommen— unbegründet ist (vgl. hierzu BFH-Beschlüsse vom VIII B 22/76, BFHE 121, 174, BStBl II 1977, 313, und vom II S 9/95, BFHE 177, 347, BStBl II 1995, 605).
a) Nach ständiger Rechtsprechung ist die AdV aufgrund ernstlicher Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz FGO dann zu gewähren, wenn bei überschlägiger Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen (oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen) bewirken. Die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe müssen demnach nicht überwiegen; jedoch muss die ernsthafte Möglichkeit des Obsiegens im Hauptsacheverfahren bestehen. Entsprechend dem Charakter des AdV-Verfahrens zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes brauchen hierbei weder die Tat- noch die Rechtsfragen endgültig geklärt zu werden (vgl. , BFHE 123, 3, BStBl II 1977, 765; auch Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 69 Rz 86, 123).
b) Ausgehend von diesen Maßstäben vermag der Senat ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheids nicht zu bejahen.
aa) Der in seinen rechnerischen Ergebnissen nicht umstrittene Bescheid beruht im Hinblick auf das anzuwendende Umwandlungssteuerrecht auf § 27 Abs. 1a UmwStG 1995 n.F.
Nach Satz 1 dieser Vorschrift sind die durch das StSenkG geänderten Vorschriften des UmwStG 1995 erstmals auf Umwandlungen anzuwenden, bei denen der steuerliche Übertragungsstichtag in dem ersten Wirtschaftsjahr der übertragenden Körperschaft liegt, für das das Körperschaftsteuergesetz (KStG) i.d.F. des Art. 3 StSenkG erstmals anzuwenden ist. Gemäß Satz 2, der durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz vom —UntStFG— (BGBl I 2000, 3858, BStBl I 2002, 35) ergänzt wurde, gelten die steuerlichen Rechtsfolgen als frühestens zu Beginn des in Satz 1 bezeichneten Wirtschaftsjahres bewirkt, (wenn) in dem in Satz 1 bezeichneten Wirtschaftsjahr oder später ein Rechtsakt im Sinne des UmwStG wirksam geworden ist, der steuerlich mit zulässiger Rückwirkung nach Maßgabe des UmwStG belegt ist.
Beide Sätze nehmen damit Bezug auf den durch das StSenkG nicht geänderten § 2 UmwStG 1995. Dieser bestimmt in Abs. 1 Satz 1, dass das Einkommen und das Vermögen der übertragenden Körperschaft sowie der Übernehmerin so zu ermitteln sind, als ob das Vermögen der Körperschaft mit Ablauf des Stichtages der Bilanz, die dem Vermögensübergang zugrunde liegt (steuerlicher Übertragungsstichtag), ganz oder teilweise auf die Übernehmerin übergegangen wäre. Nach Abs. 2 gilt diese Regelung in Fällen der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine (übernehmende) Personengesellschaft für das Einkommen und das Vermögen der Gesellschafter.
bb) Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist § 27 Abs. 1a Satz 2 UmwStG 1995 n.F. dahin auszulegen, dass unter dem Merkmal des „Rechtsakts im Sinne des UmwStG” auch die Registereintragungen zu verstehen sind (vgl. §§ 19, 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG; , BStBl I 2000, 1521, mit Billigkeitsregelung); des Weiteren sei mit „dem in Satz 1 bezeichneten Wirtschaftsjahr” das (fiktive) Wirtschaftsjahr gemeint, das die übertragende Kapitalgesellschaft (Übertragerin) haben würde, wenn sie nicht umgewandelt worden wäre, sondern weiterhin bestehen würde. Schließlich führe die Anweisung, „die steuerlichen Rechtsfolgen gelten als frühestens zu Beginn des in Satz 1 bezeichneten Wirtschaftsjahres bewirkt”, dazu, dass der steuerliche Übertragungsstichtag verlagert werde und damit bei einem kalendergleichen Wirtschaftsjahr auf den Beginn des anzunehmen sei (, BStBl I 2003, 786, Rdnrn. 43 und 44).
cc) Die Beschwerdeschrift wendet hiergegen unter Berufung auf Stellungnahmen des Schrifttums ein, dass § 27 Abs. 1a Satz 2 UmwStG 1995 n.F. schwer verständlich sei und der Überarbeitung bedürfe (z.B. Förster/v.Lishaut, Finanz-Rundschau —FR— 2000, 1189, 1197). So gebe es weder mit steuerlicher Rückwirkung belegte Rechtsakte des UmwStG; gemeint seien vielmehr die handelsrechtlich geregelten Umwandlungsschritte, denen nach § 2 UmwStG 1995 Rückwirkung zukomme. Fraglich sei darüber hinaus die Bestimmung des Wirtschaftsjahres i.S. von § 27 Abs. 1a Satz 2 UmwStG 1995 n.F., da ein derartiges Wirtschaftsjahr —aufgrund der steuerlich rückwirkenden Umwandlung— nicht mehr existiere (Kreisch/Kahl, Der Betrieb —DB— 2001, 727, 728; Förster, Deutsches Steuerrecht —DStR— 2001, 1273, 1278; vgl. dazu auch Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 27 UmwStG Rz 125 unter Verweis auf § 11 Abs. 1 UmwStG 1995). Deshalb —so die Beschwerde— könne die Vorschrift nur dann zum Tragen kommen, wenn der übertragende Rechtsträger nicht untergehe. Im Übrigen sei unklar, ob § 27 Abs. 1a Satz 2 UmwStG n.F. den steuerlichen Umwandlungsstichtag auf den Beginn des fiktiven Wirtschaftsjahres im Sinne des Verständnisses der Finanzverwaltung verlege (so BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 786) oder lediglich dazu führe, dass auf den nach § 2 UmwStG 1995 bestimmten Stichtag die Regelungen des UmwStG 1995 n.F. anzuwenden seien (dazu Widmann in Widmann/Mayer, a.a.O., § 27 UmwStG Rz 118; Simon, DStR 2001, 1957, 1958; offen Kreisch/Kahl, DB 2001, 727). Gehe man von Letzterem aus, so lasse sich vertreten, dass das in § 27 Abs. 1a UmwStG 1995 n.F. genannte Wirtschaftsjahr das (fiktive) Wirtschaftsjahr sei, das mit Ablauf des Verschmelzungsstichtags beginne und erst mit Eintragung der Umwandlung ende; weitere Folge hiervon sei, dass für dieses fiktive und vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahr noch das für das Jahr 2000 geltende KStG —KStG a.F.— (vgl. § 34 Abs. 1a KStG i.d.F. des StSenkG —KStG n.F.—) anzuwenden sei und demnach die Umwandlung noch dem UmwStG 1995 a.F. unterliege.
dd) Der erkennende Senat schließt sich für das anhängige Verfahren im Ergebnis der Ansicht des FA an. Er verwirft damit zugleich auch die von der Antragstellerin im vorinstanzlichen Verfahren vertretene Auffassung, nach der § 27 Abs. 1a Satz 2 UmwStG 1995 n.F. in verfassungswidriger Weise unbestimmt sei und gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoße (vgl. zu einem derartigen Verstoß den , BFHE 214, 430, BStBl II 2007, 167). Der Regelungsgehalt der Vorschrift lässt sich —trotz sprachlicher Unschärfen— anhand des Gesetzestextes, der systematischen Stellung der Vorschrift sowie ihrer Zwecksetzung mit hinreichender Sicherheit ermitteln.
§ 27 Abs. 1a Satz 2 UmwStG 1995 n.F. ist als Ausnahme zur Grundregel des Satzes 1 gefasst, nach der die Anwendbarkeit des durch das StSenkG geänderten UmwStG 1995 (UmwStG 1995 n.F.) in den Fällen der Umwandlung einer Körperschaft daran gekoppelt ist, dass unter Berücksichtigung der Rückwirkung nach § 2 UmwStG 1995 der steuerliche Übertragungsstichtag in dem ersten Wirtschaftsjahr der übertragenden Körperschaft liegt, für das das KStG n.F. erstmals gilt (vgl. § 34 Abs. 1 und Abs. 1a KStG n.F.); das UmwStG n.F. ist damit bei kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr einer verschmolzenen Kapitalgesellschaft dann anzuwenden, wenn der steuerliche Übertragungsstichtag frühestens auf den bestimmt wurde. Dieser Grundsatz wird in Satz 2 in dem Sinne durchbrochen, dass für Rechtsakte, die in dem in Satz 1 genannten Wirtschaftsjahr —bei kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr der umgewandelten Kapitalgesellschaft also im Wirtschaftsjahr 2001— wirksam geworden sind, aber nach § 2 UmwStG 1995 in das vorangegangene und noch dem KStG a.F. unterstehende Wirtschaftsjahr zurückwirken (hier: Wirtschaftsjahr 2000), als frühestens zu Beginn des in Satz 1 bezeichneten Wirtschaftsjahres (hier: Wirtschaftsjahr 2001 = Erstjahr für KStG n.F.) bewirkt gelten. § 27 Abs. 1a Satz 2 UmwStG 1995 n.F. will damit erkennbar verhindern, dass zu einem Zeitpunkt, zu dem für die übertragende Kapitalgesellschaft bereits das durch das StSenkG eingeführte Halbeinkünfteverfahren gilt (vgl. § 23 Abs. 1 KStG n.F.), aufgrund der Rückwirkungsfiktion des § 2 UmwStG 1995 ein —um die nach § 10 UmwStG 1995 a.F. anzurechnende Körperschaftsteuer geminderter— Übernahmeverlust (§ 4 Abs. 4 und 5 UmwStG 1995 a.F.) zur Aufstockung der von der Personengesellschaft übernommenen Buchwerte gemäß § 4 Abs. 6 UmwStG 1995 a.F. (sog. „step-up”) und somit zu einem Wertansatz z.B. zur Bestimmung der AfA-Bemessungsgrundlage führt, der nach § 4 Abs. 6 UmwStG 1995 n.F. ausgeschlossen ist (vgl. dazu BRDrucks 90/00, S. 188). Ausgeschlossen ist hierdurch zugleich die Erhöhung des Übernahmegewinns um die nach § 10 UmwStG 1995 a.F. anzurechnende Körperschaftsteuer.
(1) Hiervon ausgehend besteht in der Literatur —soweit ersichtlich— Einigkeit darüber, dass das in § 27 Abs. 1a Satz 2 UmwStG 1995 n.F. verwendete Merkmal „Rechtsakt i.S. des UmwStG” auf die handelsrechtlichen Rechtsakte der Umwandlung einschließlich der erforderlichen Registereintragungen verweist (z.B. Simon, DStR 2001, 1957, 1960, m.w.N.; Kessler/ Schmidt, DB 2000, 2032, 2034 f.; Hörtnagl, Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer —INF— 2001, 33, 38; Blümich/Klingberg, § 27 UmwStG Rz 11; Förster, DStR 2001, 1273, 1278; Haritz/Wisniewski, GmbH-Rundschau —GmbHR— 2000, 789, 792; Förster/v.Lishaut, FR 2000, 1189, 1195; ähnlich Widmann in Widmann/Mayer, a.a.O., § 27 UmwStG Rz 121 f.). Der Senat stimmt dem nicht nur mit Rücksicht auf den dargelegten Sinn der Vorschrift zu. Zu berücksichtigen ist hierbei weiterhin, dass die Anknüpfung an das Handelsrecht sowohl der sachlichen Anwendungsbestimmung des § 1 UmwStG 1995 als auch der zeitlichen Anwendungsvorschrift des § 27 Abs. 1 UmwStG 1995 zugrunde liegt (s. zu beiden Aspekten , BFHE 186, 234, BStBl II 1998, 642). Auch unter diesem (systematischen) Blickwinkel ist es deshalb naheliegend, in der im Wirtschaftsjahr 2001 (oder später) vorgenommenen Registereintragung einen „im Wirtschaftsjahr 2001 wirksam gewordenen Rechtsakt im Sinne des UmwStG” zu sehen, der „steuerlich” —nämlich nach § 2 UmwStG 1995— „mit zulässiger Rückwirkung belegt ist” (§ 27 Abs. 1a Satz 2 UmwStG 1995 n.F.). Die genannten Tatbestandsmerkmale sind deshalb auch im Streitfall erfüllt, der nicht nur durch die Übereinstimmung der Wirtschaftsjahre der umgewandelten Gesellschaften (B-GmbH, C-GmbH) mit dem Kalenderjahr, sondern ferner dadurch gekennzeichnet ist, dass sämtliche handelsrechtlichen Rechtsakte (einschließlich Registereintragungen) erst nach dem verwirklicht wurden und nach § 2 UmwStG 1995 einen fingierten Vermögensübergang vor dem ausgelöst hätten. Auf die —in ihren Einzelheiten umstrittene— Billigkeitsregelung der Verwaltung (BMF-Schreiben in BStBl I 2000, 1521; dazu z.B. Widmann in Widmann/Mayer, a.a.O., § 27 UmwStG Rz 128.1 ff.), nach der auf übereinstimmenden Antrag aller an der Umwandlung Beteiligten § 27 Abs. 1a Satz 2 UmwStG 1995 n.F. dann nicht anzuwenden ist, wenn am Ende des Wirtschaftsjahres der letztmaligen Geltung des KStG a.F. lediglich die Eintragung im Register aussteht, ist somit nicht einzugehen.
(2) Nicht durchzugreifen vermag hierbei der Einwand, an einem Rechtsakt „in dem in Satz 1 bezeichneten Wirtschaftsjahr” (hier: Wirtschaftsjahr 2001 = Wirtschaftsjahr der erstmaligen Anwendbarkeit des KStG n.F.) fehle es deshalb, weil aufgrund der rückwirkenden Verschmelzung ein Wirtschaftsjahr der übertragenden Kapitalgesellschaft nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag nicht mehr existiere. Soweit die Beschwerde aus dieser Prämisse —d.h. dem nachträglichen Wegfall des Wirtschaftsjahres der übertragenden Kapitalgesellschaft— ableitet, § 27 Abs. 1a Satz 2 UmwStG 1995 n.F. könne überhaupt nur dann einschlägig sein, wenn der übertragende Rechtsträger —wie beispielsweise im Falle der Abspaltung von Vermögensteilen einer Kapitalgesellschaft auf eine übernehmende Personengesellschaft (§§ 123 Abs. 2, 124 UmwG; § 16 UmwStG 1995)— fortbestehe, kann der Senat diese Beurteilung nicht teilen. Er folgt vielmehr —jedenfalls für das anhängige Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes— der ganz überwiegenden Ansicht des Schrifttums, nach der auf das Wirtschaftsjahr abzustellen ist, das ohne die Umwandlung maßgebend wäre (s. nur Widmann in Widmann/Mayer, a.a.O., § 27 UmwStG Rz 125; Simon, DStR 2001, 1957, 1959). Insbesondere vermag der Senat nach dem dargelegten Zweck des § 27 Abs. 1a Satz 2 UmwStG 1995 n.F. (s.o.) keinen Anhalt dafür zu erkennen, die Frage nach der Anwendung des UmwStG n.F. mit derjenigen nach der fortdauernden Steuerpflicht des übertragenden Rechtsträgers zu verknüpfen. Demgemäß ist im Aussetzungsverfahren auch nicht darauf einzugehen, ob der Ausgangserwägung —das Wirtschaftsjahr existiere aufgrund der Umwandlung nicht mehr— überhaupt zugestimmt werden kann. Zu bedenken könnte insoweit sein, dass ein solches Wirtschaftsjahr —u.U. verbunden mit der Festsetzung von Körperschaftsteuervorauszahlungen gemäß §§ 30 Nr. 2, 31 KStG n.F. i.V.m. § 37 des Einkommensteuergesetzes— tatsächlich zu laufen begonnen hat und seine Funktion als Gewinnermittlungszeitraum erst durch die rückwirkende Umwandlung —also auf der Grundlage einer Fiktion— entfällt (vgl. zur handelsrechtlichen Rechnungslegungspflicht in der Interimszeit einschließlich der Aufstellung von Jahresabschlüssen Schmitt/Hörtnagl/ Stratz, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 4. Aufl., § 17 UmwG Rz 67 ff.).
(3) Soweit geltend gemacht wird, abweichend von der Ansicht des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 786 Rdnr. 44 sei die Rechtsfolge des § 27 Abs. 1a Satz 2 UmwStG 1995 n.F. nicht darauf gerichtet, den steuerlichen Übertragungsstichtag auf den ersten Tag des Wirtschaftsjahres, für das das KStG n.F. erstmals gilt, zu verlagern, sondern vielmehr darauf, dass die geänderten Vorschriften des UmwStG 1995 (n.F.) bereits auf den —nach § 2 UmwStG 1995 zu bestimmenden— steuerlichen Übertragungsstichtag zu beachten seien, vermag auch dieser Einwand keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide zu begründen.
Der Senat teilt auch insoweit die Ansicht des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 786 Rdnr. 44. Hierfür spricht vor allem der insoweit unmissverständliche Wortlaut, nach dem die „steuerlichen Rechtsfolgen” als frühestens zu Beginn des Wirtschaftsjahres der erstmaligen Anwendung des KStG n.F. bewirkt gelten. Da der Gesetzestext somit alle steuerlichen Umwandlungsfolgen anspricht und insbesondere § 2 UmwStG 1995 nicht ausnimmt, deutet dies mit hinreichender Sicherheit darauf hin, dass § 27 Abs. 1a Satz 2 UmwStG 1995 n.F. auch den Rückwirkungszeitraum gemäß § 2 UmwStG 1995 in dem Sinne beschränkt, dass als frühester steuerlicher Übertragungszeitpunkt der Beginn des Wirtschaftsjahres i.S. von § 27 Abs. 1a Satz 1 UmwStG 1995 n.F. (= Wirtschaftsjahr der erstmaligen Anwendung des KStG n.F.) in Betracht kommt. Hiermit übereinstimmend geht nicht nur die Begründung des UntStFG davon aus, dass es sich bei § 27 Abs. 1a Satz 2 UmwStG 1995 n.F. um eine „Rückwirkungsregelung” handele (BRDrucks 638/01, S. 66). Zu beachten ist in systematischer Hinsicht außerdem, dass nur auf der Grundlage dieses Verständnisses der vom Gesetzgeber offenkundig gewollte zeitliche Gleichlauf von KStG n.F. und UmwStG 1995 n.F. gewahrt bleibt (gl.A. z.B. Hörtnagl, INF 2001, 38).
Die Frage kann aber letztlich dahinstehen, da selbst dann, wenn man der zuvor genannten Gegenansicht folgt und —übertragen auf die Verhältnisse des Streitfalls— die Regelungen des UmwStG 1995 n.F. bereits dem sich aus § 2 UmwStG 1995 ergebenden steuerlichen Übertragungsstichtag im Wirtschaftsjahr 2000 (Streitjahr) zugrunde legt, hieraus keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Feststellungsbescheide abgeleitet werden könnten. Denn auch im Rahmen dieser rechtlichen Beurteilung wären sowohl der Anfall eines Übernahmegewinns aufgrund anzurechnender Körperschaftsteuer (hier: Verschmelzung der B-GmbH) als auch die Berücksichtigung eines Übernahmeverlusts (hier: Verschmelzung der C-GmbH) ausgeschlossen (§ 4 Abs. 5 und 6 UmwStG 1995 n.F.).
(4) Nicht zu folgen vermag der Senat ferner der Erwägung, dass auf der Grundlage der zuletzt genannten Meinung im Streitfall nicht nur die steuerliche Rückwirkung der Umwandlung in das Wirtschaftsjahr 2000 anzuerkennen sei, sondern hierdurch zugleich —beginnend mit Ablauf des Verschmelzungsstichtags— ein fiktives Wirtschaftsjahr in Gang gesetzt werde, das erst mit der Eintragung der Umwandlung ende; demgemäß sei —so die Beschwerde— für dieses fiktive und vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahr noch das KStG a.F. und somit für die Umwandlung noch das UmwStG 1995 a.F. (vgl. § 34 Abs. 1a KStG n.F.) anzuwenden. Auch diese Deutung kann weder dem Gesetzestext entnommen werden noch wäre sie mit dem Sinn des § 27 Abs. 1a Satz 2 UmwStG 1995 n.F. vereinbar. Hinzu kommt, dass diese Erwägung der Beschwerde insofern auf einem (logischen) Fehlschluss beruht, als sie die Rechtsfolge der Vorschrift (steuerliche Rückwirkung der Umwandlung einschließlich deren Beschränkung bzw. Geltung des UmwStG 1995 n.F. bereits im Wirtschaftsjahr 2000; s.o.) bereits bei der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen (Wirtschaftsjahr der handelsrechtlichen Umwandlungsakte) berücksichtigt (ähnlich Simon, DStR 2001, 1957, 1959).
(5) Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide ergeben sich schließlich nicht daraus, dass die Finanzverwaltung § 27 Abs. 1a UmwStG 1995 n.F. auf Vermögensübertragungen zwischen Körperschaften nicht anwendet (BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 786 Rz 45; zustimmend Schmitt/Hörtnagl/Stratz, a.a.O., § 27 UmwStG Rz 41). Insbesondere kann offenbleiben, ob diese Ansicht auf einer teleologischen Reduktion (so wohl Pung in Dötsch/Patt/Pung/Jost, Umwandlungssteuerrecht, 5. Aufl., § 27 Rz 10) oder auf einer Billigkeitsmaßnahme beruht. Beide Begründungen lassen jedenfalls die Beurteilung des Streitfalls, bei dem über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften auf eine Personengesellschaft zu entscheiden ist, unberührt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NWB-Eilnachricht Nr. 44/2007 S. 3857
NWB-Eilnachricht Nr. 5/2008 S. 16
FAAAC-60065