BGH Urteil v. - 3 StR 212/07

Leitsatz

[1] Zur einschränkenden Auslegung der §§ 331, 333 StGB bei Einwerbung von Wahlkampfspenden durch einen Amtsträger, der sich um seine Wiederwahl bewirbt (im Anschluss an BGHSt 49, 275).

Gesetze: StGB § 331; StGB § 333

Instanzenzug:

Gründe

I.

1. Das Landgericht Wuppertal hatte den Angeklagten Dr. K. vom Vorwurf der Vorteilsannahme freigesprochen und den Angeklagten C. wegen Vorteilsgewährung und wegen Beihilfe zum Betrug verurteilt (NJW 2003, 1405). Nachdem der Senat dieses Urteil aufgehoben hatte (BGHSt 49, 275) und das Verfahren gegen den Angeklagten C. teilweise abgetrennt worden ist, hatte das zur Entscheidung berufene Landgericht Dortmund nur noch über die Vorwürfe der Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung zu entscheiden. Es hat die beiden Angeklagten freigesprochen. Hiergegen richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft mit sachlichrechtlichen Beanstandungen. Das vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

2. Das Landgericht Dortmund hat aufgrund der erneuten Hauptverhandlung folgende Feststellungen getroffen:

Der Angeklagte Dr. K. war im Jahr 1996 zum hauptamtlichen Oberbürgermeister der Stadt W. gewählt worden. Er stellte sich für die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) bei der Kommunalwahl 1999, bei der erstmals eine Direktwahl des Oberbürgermeisters anstand, zur Wiederwahl. Der Unterbezirk W. der SPD benötigte im Herbst 1998 für den Wahlkampf erhebliche Geldmittel. Der Zeuge S. , der sowohl als Parteimitglied wie auch Angehöriger des Stadtrates erheblichen Einfluss hatte, entschloss sich deshalb, den Angeklagten C. , einen Unternehmer im Bau- und Industrieentwicklungsbereich, um Unterstützung zu bitten. Dieser zeigte sich dazu bereit, obwohl er selbst Mitglied der Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU) war. Er wollte die Wiederwahl des Oberbürgermeisters sicherstellen, weil er sich von diesem Planungssicherheit und eine Fortführung der investorenfreundlichen Politik versprach. Dabei erwartete er auch, dass der Angeklagte Dr. K. ihm im Gegenzug für die Wahlkampfunterstützung bei der Verwirklichung eines von ihm seit kurzer Zeit verfolgten Projekts, der Errichtung eines Factory Outlet Centers (FOC) in W. , durch Einflussnahme auf den Rat der Stadt und die Verwaltung helfen werde.

Der Angeklagte C. lud für den zu einem Geschäftsessen in sein Haus ein, an dem neben anderen auch der Angeklagte Dr. K. teilnahm. In dessen Anwesenheit erklärte er, der Wahlkampf müsse im "Bundesligaformat" geführt werden und er sei bereit, Mittel dafür zur Verfügung zu stellen. Von Seiten der SPD wurde mitgeteilt, ein optimaler Wahlkampf werde ca. 1 Mio. DM kosten, was der Angeklagte C. für übertrieben hielt. Er sagte aber seine Unterstützung in Höhe eines "namhaften sechsstelligen DM-Betrages" zu und bot seinen Pressesprecher als Unterstützung für die Wahlkampfkommission an. Der Angeklagte Dr. K. verwies darauf, dass die Zahlungen für den Wahlkampf über die Partei abgewickelt werden sollten. Als er nach ca. einer Stunde das Abendessen verließ, wusste er, dass der Wahlkampf der SPD ohne die Leistungen des Unternehmers nicht wie geplant würde durchgeführt werden können.

In der Folgezeitzeit zahlte der Angeklagte C. knapp 500.000 DM an die W. SPD. Damit finanzierte er den kompletten Kommunalwahlkampf des SPD-Unterbezirks W. und des Angeklagten Dr. K. . Dieser wurde Ende September 1999 als Oberbürgermeister der Stadt W. wiedergewählt.

Während der Angeklagte C. mit seinen Zahlungen die konkrete Erwartung verband, der Angeklagte Dr. K. würde ihn später bei seinem Vorhaben, in W. ein FOC zu errichten, unterstützen, hatte dieser bis zu seiner Wiederwahl davon keine Kenntnis. Zwar war ihm seit Februar 1998 bekannt, dass ein ausländischer Investor in Zusammenarbeit mit dem Zeugen S. ein FOC errichten wollte, von dem Engagement des Angeklagten C. in dieser Sache wusste er indes nichts. Demzufolge war ihm auch nicht bekannt, dass sich der Angeklagte C. von seinen Zahlungen die Unterstützung gerade dieses Vorhabens versprach. Die tatsächlichen Hintergründe der Zahlungen erkannte er spätestens im Mai 2000. Im September 2000 beschloss der Rat der Stadt, ein ergebnisoffenes Prüfungsverfahren für ein FOC in W. einzuleiten. Im Oktober 2000 zog der Angeklagte C. seinen Projektentwurf zurück.

II.

Die Revision der Staatsanwaltschaft bleibt ohne Erfolg.

1. Auf der Grundlage der vom Landgericht getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte Dr. K. nicht wegen Vorteilsannahme strafbar gemacht.

a) Das gilt - was die Revision nicht in Zweifel zieht - zunächst für das Verhalten dieses Angeklagten bis zum Mai 2000.

aa) Allerdings hat das Landgericht die rechtlichen Erwägungen, die der Senat in seinem Urteil vom (BGHSt 49, 275, 291 ff.) zur Notwendigkeit einer einschränkenden Auslegung des § 331 StGB in den Fällen angestellt hat, in denen ein Amtsträger, der sich in einer Direktwahl um ein Wahlamt bewirbt und Wahlkampfspenden annimmt, möglicherweise missverstanden.

Dazu heißt es in jenem Urteil unter anderem: Der Amtsträger macht sich nicht strafbar, "sofern diese Förderung allein dazu dienen soll, dass er nach er-folgreicher Wahl das wiedererlangte Wahlamt in einer Weise ausübt, die den allgemeinen wirtschaftlichen oder politischen Vorstellungen des Vorteilsgebers entspricht: In diesem Fall ist wegen des vorrangigen Verfassungsprinzips der Chancengleichheit bei der Wahl das erforderliche rechtswidrige Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen Vorteil und Dienstausübung, die Unrechtsvereinbarung, zu verneinen. Zeigt sich der Amtsträger dagegen bereit, als Gegenleistung für die Wahlkampfförderung im Falle seiner Wahl eine konkrete, den Interessen des Vorteilsgebers förderliche Entscheidung zu dessen Gunsten zu treffen oder zu beeinflussen, macht er sich der Vorteilsannahme schuldig."

Ersichtlich auf diese Formulierungen, insbesondere darauf, dass in ihnen darauf abgestellt wird, ob als Gegenleistung für die Wahlkampfförderung "eine konkrete Entscheidung" im Raum steht, hat das Landgericht seine rechtliche Bewertung des festgestellten Geschehens maßgeblich gestützt: Die Strafkammer habe - wie es in dem angefochtenen Urteil heißt - nicht feststellen können, dass "der Angeklagte Dr. K. bis zur Kommunalwahl Kenntnis darüber hatte, dass der Angeklagte C. ein FOC-Projekt in W. betrieb und sich von seinen Zahlungen eine konkrete Gegenleistung in Form der Unterstützung durch den Angeklagten Dr. K. versprach". Mangels Vorteilsgewährung für "eine konkrete Diensthandlung, die nicht in ihren Einzelheiten aber doch dem Grundsatz nach erkennbar sein" müsse, habe er den Tatbestand der Vorteilsannahme nicht erfüllt.

Mit diesen Erwägungen hat das Landgericht § 331 StGB restriktiver ausgelegt, als es nach Auffassung des Senats erforderlich ist. Hierzu das Folgende:

Anliegen des Senats war es, den neuen Tatrichter nicht im Unklaren darüber zu lassen, dass eine Anwendung der Vorschrift auf Fälle der vorliegenden Art je nach den Umständen an verfassungsrechtliche, sich aus dem Grundsatz der Chancengleichheit bei der Wahl ergebende Grenzen stoßen kann und sie einer einschränkenden Auslegung bedarf.

Von der Notwendigkeit einer derartigen einschränkenden Auslegung geht der Senat - dessen Urteil im Schrifttum im Ergebnis durchweg auf Zustimmung gestoßen ist (vgl. Dölling JR 2005, 519; Saliger/Sinner NJW 2005 1073, 1075 f.; ferner auch - mehr oder weniger kritisch zum Begründungsweg - Korte NStZ 2005, 512, 513 und Kargl JZ 2005, 503, 512, gegen die Kritik Dölling aaO S. 520) - auch nach erneuter Prüfung aus. Dass sich ein Amtsträger, der sich um seine Wiederwahl bewirbt, der Vorteilsannahme schuldig macht, wenn er im Wahlkampf etwa eine 500-€-Spende einer Initiative annimmt, die sich wegen seiner umwelt-, kindergarten- oder radfahrerfreundlichen Kommunalpolitik für seine Wahl engagiert, kann nicht sein. Ob dieses Ergebnis rechtlich zutreffender über eine restriktive Auslegung der Vorschrift mit Blick auf den Grundsatz der Chancengleichheit bei der Wahl zu erreichen ist oder sich unmittelbar aus § 331 StGB ableiten lässt - durch die Betonung, dass in einem solchen Fall der Vorteil nicht für die Dienstausübung gegeben und genommen wird, sondern bloße Unterstützung für die angestrebte Wiedererlangung der Amtsstellung darstellt -, ist eine Frage von zweitrangiger Bedeutung. Die im Einzelfall erforderliche Abgrenzung zwischen erlaubter und unerlaubter Einwerbung von Wahlkampfmitteln kann - wie der Senat schon in seinem ersten Revisionsurteil in dieser Sache näher ausgeführt hat (BGHSt 49, 275, 295) - je nach den Umständen schwierig sein. Diese Schwierigkeiten ergeben sich unabhängig von dem rechtlichen Begründungsansatz; eindeutige Ergebnisse kann weder der Ansatz des Senats noch der abweichende von Teilen des Schrifttums bieten.

Was die Kriterien anbelangt, nach denen zu entscheiden ist, ob die Annahme einer Wahlkampfspende im Einzelfall - ungeachtet der grundsätzlich gebotenen restriktiven Auslegung des § 331 in Fällen dieser Art - tatbestandsmäßig ist, hat der Senat in seinem Urteil notwendigerweise keine abschließenden Aussagen getroffen. Diese Entscheidung darf aber jedenfalls nicht - wie vom Landgericht im angefochtenen Urteil - dahin verstanden werden, dass eine tatbestandsmäßige Vorteilsannahme nur dann in Betracht kommt, wenn der Amtsträger sich bereit zeigt, als Gegenleistung für die Wahlkampfförderung im Falle seiner Wahl eine konkrete, den Interessen des Vorteilsgebers förderliche Entscheidung zu dessen Gunsten zu treffen.

Die entsprechende Passage in den Gründen des früheren Senatsurteils hat ihren Grund darin, dass nach den Feststellungen des ersten tatrichterlichen Urteils der Angeklagte Dr. K. bei der Annahme der Wahlkampfspende des Mitangeklagten C. von dessen FOC-Projekt wusste und die Annahme eines Zusammenhangs zwischen diesem konkreten Projekt und in seiner Umsetzung anfallenden Entscheidungen einerseits sowie der Wahlkampfspende andererseits - zumal angesichts ihrer außergewöhnlichen Höhe - bei unvoreingenommener Betrachtung ausgesprochen nahe lag. Indes hat der Senat nicht zum Ausdruck bringen wollen, dass eine strafbare Vorteilsannahme in Fällen der vorliegenden Art ausscheidet, wenn der Spender sich zu der Spende nicht durch ein konkretes - in seinen Umrissen schon vorgezeichnetes - Objekt veranlasst sieht. Das belegt schon sein Hinweis darauf, dass die Abgrenzung zwischen erlaubter und unerlaubter Einwerbung von Wahlkampfmitteln im Einzelfall erhebliche Probleme bereiten kann. Hätte er die Strafbarkeit auf Fälle einer Wahlkampfspende für eine konkrete, in der kommenden Amtszeit anstehende Entscheidung beschränken wollen, wären Abgrenzungsprobleme nicht zu befürchten gewesen, denn für eine solche Fallkonstellation kann die Annahme tatbestandsmäßigen Verhaltens nicht zweifelhaft sein.

Der Anschein der Käuflichkeit amtlicher Entscheidungen, dessen Vermeidung Schutzzweck des § 331 StGB auch mit Blick auf Fälle der vorliegenden Art ist (vgl. BGHSt 49, 275, 294), entsteht auch dann, wenn Spender und Amtsträger davon ausgehen, dass dieser im Laufe der künftigen Amtszeit mit Entscheidungen zu diesem oder jenem Vorhaben des Spenders - sei es schon projektiert oder noch nicht - befasst sein wird und ein unbeteiligter Betrachter den Eindruck gewinnt, dass jener mit der Spende Einfluss auf anfallende Entscheidungen nehmen will. Insbesondere bei Spenden von außergewöhnlicher Höhe wird es regelmäßig nahe liegen, dass der Spender nicht nur - straffrei - die allgemeine Ausrichtung der Politik des Wahlbewerbers unterstützen will, sondern sich - strafbar - dessen Gewogenheit auch im Blick auf eigene konkret geplante oder zu erwartende Vorhaben sichern und seine Individualinteressen fördern will.

bb) Ungeachtet des Missverständnisses, das beim Landgericht möglicherweise auch aufgrund von Formulierungen in der Entscheidung des Senats entstanden ist, weil diese mit Blick auf die Feststellungen des damals angefochtenen Urteils gewählt worden sind, hat der Freispruch des Angeklagten Dr. K. Bestand.

Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen, die das Landgericht seiner rechtlichen Bewertung zugrunde gelegt hat, wusste der Angeklagte Dr. K. bei der Annahme der Spende und bis zu seiner Wiederwahl nicht nur nichts von dem Engagement des Mitangeklagten C. für das geplante FOC-Projekt. Vielmehr ging er davon aus, dass dieser mit seiner Spende - ohne irgendein Interesse an etwaigen eigenen Vorhaben - im Interesse der Stadt W. und der Wirtschaft ganz allgemein nur seine, Dr. K. s, investorenfreundliche Politik fördern wollte. Da die Entgegennahme einer solchen Spende aus den dargestellten Gründen aber aus dem Anwendungsbereich des § 331 StGB herausfällt, hat sich der Angeklagte - mangels Vorsatzes - nicht nach dieser Vorschrift strafbar gemacht.

cc) Die Feststellungen des Landgerichts beruhen auf einer revisionsrechtlich unangreifbaren Beweiswürdigung. Wenn der Tatrichter von bestimmten, die Strafbarkeit begründenden Umständen nicht die erforderliche Überzeugung gewinnen kann, ist das Revisionsgericht auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung des Tatrichters mit Rechtsfehlern behaftet ist, etwa weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht in Einklang steht oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überzogene Anforderungen stellt. Sind derartige Rechtsfehler nicht feststellbar, hat das Revisionsgericht die tatrichterliche Überzeugungsbildung auch dann hinzunehmen, wenn eine andere Würdigung der Beweise möglich gewesen wäre (BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 14).

Dass der Angeklagte Dr. K. nach den nunmehr getroffenen Feststellungen - abweichend von der Überzeugung, die das ursprünglich mit der Sache befasste Landgericht Wuppertal gewonnen hatte - von den konkreten wirtschaftlichen Absichten und Interessen des Angeklagten C. in Bezug auf das FOC keine Kenntnis hatte und ausschließlich von einer uneigennützigen Förderung der investorenfreundlichen Ausrichtung seiner Politik ausging, mag zwar wenig plausibel erscheinen. Auch leuchtet nicht von vornherein ein, dass der Angeklagte Dr. K. nicht nachfragte, warum der Mitange-klagte C. - obwohl dieser Mitglied der im Wahlkampf konkurrierenden Partei war - den außergewöhnlich aufwendigen Wahlkampf der W. SPD mit einem sechsstelligen DM-Betrag finanzierte. Eine Beweiswürdigung, die aus der Höhe der Spende auf ein erhebliches Eigeninteresse des Mitangeklagten C. und eine entsprechende Vorstellung des Angeklagten Dr. K. geschlossen hätte, wäre sicher ebenfalls nicht zu beanstanden gewesen. Das ändert aber nichts daran, dass die Beweiswürdigung des Landgerichts einen Rechtsfehler in dem beschriebenen Sinne nicht erkennen lässt. Einen solchen macht auch die Beschwerdeführerin nicht geltend.

b) Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin hat der Angeklagte Dr. K. auch in der Zeit nach Mai 2000 von dem Angeklagten C. keinen Vorteil angenommen.

Zwar kann - worauf die Beschwerdeführerin im Ansatz zutreffend hinweist - ein Amtsträger einen Vorteil, den er zunächst gutgläubig erlangt hat, auch noch nachträglich annehmen und damit tatbestandsmäßig handeln, wenn er die auf den Abschluss einer Unrechtsvereinbarung gerichtete Absicht des Gebers erst nach Erhalt des Vorteils erkennt, diesen aber gleichwohl behält und dadurch zu erkennen gibt, dass er den Vorteil nunmehr für die Diensthandlung behalten will, oder eine Übereinkunft hierüber mit dem Geber erzielt (vgl. für einen Fall der Bestechlichkeit BGHSt 15, 88, 102 f.; zuvor schon OLG Köln MDR 1960, 156; Jescheck in LK 11. Aufl. § 331 Rdn. 6; Heine in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 331 Rdn. 25; Rudolphi/Stein in SK-StGB § 331 Rdn. 26; Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 331 Rdn. 20; Korte in MünchKomm-StGB § 331 Rdn. 57).

Ein solchermaßen "verspätetes" Annehmen des Vorteils kommt jedoch nur in Betracht, wenn der gewährte Vorteil in dem Zeitpunkt, zu dem der Amtsträger die Hintergründe der Zuwendung erkannt hat, noch vorhanden ist, wobei es ausreicht, wenn der Vorteil zwar nicht in der ursprünglichen, jedoch in einer anderen Form zur Verfügung steht. Hat der Amtsträger hingegen den Vorteil gutgläubig so verbraucht, dass kein gegenständlich greifbarer Ersatz mehr vorhanden ist, bleibt für die Vorteilsannahme kein Raum mehr (vgl. OLG Köln MDR 1960, 156; ihm folgend die einheitliche Meinung in der Literatur). So liegt es aber hier.

Der dem Angeklagten Dr. K. - und der W. SPD als Drittem (vgl. BGHSt 49, 275, 282) - gewährte Vorteil bestand in den Zahlungen, mit denen der Angeklagte C. den Kommunalwahlkampf unterstützte. Dieses Geld ist insgesamt zweckgebunden vor der Wahl im September 1999 ausgegeben worden. Damit war der Vorteil verbraucht.

Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, stellt das Amt des Oberbürgermeisters kein Surrogat der Zahlungen dar. Diese haben zwar der W. SPD einen sehr aufwendigen Kommunalwahlkampf ermöglicht und damit die Chancen des Angeklagten Dr. K. auf eine Wiederwahl - in einer im Einzelnen allerdings nicht näher feststellbaren Weise - erhöhen können. Die Wahl selbst ist jedoch ein Akt der demokratischen Entscheidung, die Grundlage für das erlangte Amt ist. Dieses kann deshalb nicht als fortbestehender Vorteil im Sinne von § 331 StGB angesehen werden. Deswegen kommt dem Verbleiben des Oberbürgermeisters in seinem Amt nicht die Bedeutung zu, nachträglich einen Vorteil angenommen zu haben. Schon aus diesem Grunde kann - abgesehen von der fehlenden tatsächlichen und rechtlichen Umsetzbarkeit - der Beschwerdeführerin auch nicht gefolgt werden, wenn sie meint, der Angeklagte hätte nach Erlangung der Kenntnis von den wahren Motiven des Angeklagten C. sein Amt jedenfalls teilweise ruhen lassen müssen, und darin, dass er es nicht getan hat, eine nachträgliche Vorteilsannahme sieht.

2. Der Angeklagte C. hat sich auf der Grundlage der Feststellungen nicht wegen Vorteilsgewährung strafbar gemacht.

a) Dies gilt selbst für sein, dem Angeklagten Dr. K. gegenüber abgegebenes Angebot, diesen im Wahlkampf mit erheblichen Geldmitteln zu unterstützen. Zwar war dieses Angebot verbunden mit der Erwartung, später einmal die Unterstützung des Oberbürgermeisters bei der Verwirklichung seines FOC-Projektes zu erhalten; damit wäre auch nach der einschränkenden Auslegung der §§ 331, 333 StGB in Fällen der vorliegenden Art die Grenze zur Strafbarkeit unzweifelhaft überschritten. Zudem ist bei der Vorteilsgewährung in der Variante des Anbietens eines Vorteils nicht erforderlich, dass zwischen dem Amtsträger und dem Vorteilsgeber eine Unrechtsvereinbarung abgeschlossen wird, so dass eine Strafbarkeit nicht schon wegen der Unkenntnis des Amtsträgers von den Hintergründen des Angebotes ausscheiden würde. Indes fehlt es an einer anderen Voraussetzung für die Strafbarkeit: Das Anbieten eines Vorteils ist das Angebot zum Abschluss einer Unrechtsvereinbarung. Der Anbietende muss daher nicht nur wollen, dass der Amtsträger sein Angebot zur Kenntnis nimmt; sein Vorsatz muss auch darauf gerichtet sein, dass der Amtsträger versteht, dass der angebotene Vorteil für die Dienstausübung (wegen der einschränkenden Auslegung im Fall der vorliegenden Art: für eine konkrete Diensthandlung) gedacht ist, dieser also den Zusammenhang zwischen dem Vorteil und der Diensthandlung erkennt (vgl. BGHSt 15, 88, 102).

Das angefochtene Urteil enthält dazu zwar keine ausdrücklichen Angaben. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe folgt indes ohne weiteres, dass der Angeklagte C. nicht die Absicht hatte, dem Angeklagten schon bei dem Angebot der Wahlkampffinanzierung die damit verbundenen Hintergedanken zu offenbaren: Danach wollte er eine Erörterung des FOC-Projekts aus dem Wahlkampf gerade heraushalten und unterrichtete den Angeklagten Dr. K. deswegen nicht von seinen Plänen.

b) Eine Strafbarkeit des Angeklagten C. lässt sich aus den oben (II. 1. b) genannten Gründen auch nicht daraus herleiten, dass der Angeklagte Dr. K. später Kenntnis von dessen Motiven erlangte.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
NJW 2007 S. 3446 Nr. 47
wistra 2007 S. 467 Nr. 12
JAAAC-59972

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