BFH Beschluss v. - X B 8/07

Anspruch auf rechtliches Gehör; Fehlen der Entscheidungsgründe; Berücksichtigung von Zulassungsgründen nur innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist

Gesetze: FGO § 96 Abs. 2, FGO § 105 Abs. 5, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, FGO § 119 Nr. 6

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde wird als unbegründet zurückgewiesen. Der von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend gemachte Verfahrensfehler der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO) liegt nicht vor; den weiter behaupteten Verfahrensmangel des Fehlens von Entscheidungsgründen (§ 119 Nr. 6 FGO) haben die Kläger verspätet gerügt.

1. Die als Eheleute zusammen veranlagten Kläger sehen eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör in der uneingeschränkten Bezugnahme der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils auf die Einspruchsentscheidung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt —FA—). Dadurch habe das Finanzgericht (FG) auch auf die Ausführungen des FA verwiesen, die Kläger hätten ihre wechselseitigen Arbeitsverträge nicht wie vereinbart durchgeführt, weil sie die gegenseitigen Lohnzahlungen nicht lückenlos nachgewiesen hätten. Das mache deutlich, dass das FG die im finanzgerichtlichen Verfahren gemachten Ausführungen der Kläger zur Durchführung der wechselseitigen Arbeitsverträge und die zum Beweis für die Lohnzahlungen vorgelegten Belege offenkundig übergangen und unbeachtet gelassen habe. Der klägerische Vortrag sei für den Rechtsstandpunkt des FG nicht unerheblich gewesen, so dass die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör für den Ausgang des Rechtsstreits erheblich gewesen sei.

a) Die Kläger lassen mit ihrem Vorbringen außer Acht, dass aus dem Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör nach § 96 Abs. 2 FGO zwar die Verpflichtung des FG folgt, Anträge und Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Diese Verpflichtung geht indessen nicht so weit, dass sich das Gericht in den Entscheidungsgründen mit allen Äußerungen der Beteiligten ausdrücklich befassen müsste. Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen zur Kenntnis genommen und auch dann in Erwägung gezogen hat, wenn es sich damit in den schriftlichen Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich auseinandergesetzt hat (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 2000, 673; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 119 Rz 10a, m.w.N.).

Das angefochtene Urteil bestätigt die Berechtigung dieser Annahme. In seinem Tatbestand hat das FG ausdrücklich festgestellt: „Die Löhne wurden gezahlt und pauschal lohnversteuert.” Damit kann dem FG nicht entgegengehalten werden, es habe das Vorbringen der Kläger übergangen.

b) Die uneingeschränkte Bezugnahme des angefochtenen Urteils auf die Einspruchsentscheidung des FA rechtfertigt die gegenteilige Schlussfolgerung der Kläger nicht. Schließlich hat das FA seine Einspruchsentscheidung nicht allein auf die nach seiner Ansicht nicht nachgewiesenen Lohnzahlungen gestützt, sondern auf das Fehlen einer weiteren davon unabhängigen Voraussetzung für die Anerkennung von Ehegatten-Arbeitsverhältnissen. Es hat nämlich seine Überzeugung dargelegt, dass die Arbeitsverhältnisse dem Fremdvergleich nicht standhielten und damit einen selbstständigen Grund für die Ablehnung der Anerkennung der Lohnzahlungen als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben benannt. Für das FG bestand daher keine Notwendigkeit, die durch § 105 Abs. 5 FGO ermöglichte Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung des FA einzuschränken. Die Einspruchsentscheidung erweist sich aus der Sicht des FG als zutreffend, auch wenn die Frage der Durchführung der Verträge für das angefochtene Urteil nach dem Erkenntnisstand des FG bedeutungslos geworden ist.

2. Soweit die Kläger zusätzlich den Verfahrensfehler geltend machen, das angefochtene Urteil sei nicht mit Gründen versehen (§ 119 Nr. 6 FGO), hat ihre Beschwerde schon deshalb keinen Erfolg, weil dieser Zulassungsgrund nicht innerhalb der in § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO genannten Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde vorgebracht worden ist. Eine nach Ablauf der Frist beim BFH eingegangene Begründung kann nur berücksichtigt werden, soweit sie eine fristgerecht eingereichte Begründung ergänzt oder erläutert. Davon kann bei dem verspäteten Vorbringen der Kläger keine Rede sein. Mit ihrer Rüge, das FG habe seine Pflicht verletzt, das angefochtene Urteil mit Gründen zu versehen (§ 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO), machen sie einen zusätzlichen Grund für die Zulassung der Revision geltend, der nur berücksichtigt werden könnte, wenn er innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist vorgebracht worden wäre.

Im Übrigen liegt der gerügte Mangel nicht vor. Das FA hat seine Einspruchsentscheidung auf zwei voneinander unabhängige Ablehnungsgründe gestützt. Es hat die Lohnzahlungen zum einen nicht anerkannt, weil die wechselseitigen Ehegatten-Arbeitsverhältnisse dem Fremdvergleich nicht standhielten, an dem sich der Inhalt der Arbeitsverträge messen lassen muss. Zum anderen hat es verneint, dass die Arbeitsverträge hinsichtlich der Lohnzahlungen so durchgeführt wurden, wie sie vereinbart waren. Selbst wenn diese Begründung nach dem finanzgerichtlichen Verfahren nicht mehr aufrechterhalten werden konnte, weil das FG die vom FA bezweifelten Lohnzahlungen festgestellt hatte, konnten diese Aufwendungen wegen der fehlenden steuerlichen Anerkennung der Arbeitsverhältnisse nicht als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Darauf ausdrücklich hinzuweisen und insoweit die Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung einzuschränken, bestand für das FG kein Anlass, weil die Klage allein unter dem Gesichtspunkt des Fremdvergleichs abzuweisen war.

Fundstelle(n):
CAAAC-59260