BGH Beschluss v. - VII ZB 79/06

Leitsatz

[1] Ein Beschluss gemäß § 494 a Abs. 2 ZPO kann nicht ergehen, wenn mehrere Antragsteller wegen ihnen zustehender Mängelansprüche aus einem Bauvertrag ein selbständiges Beweisverfahren durchgeführt haben und der Antragsgegner daraufhin von einem der Antragsteller, der zugleich Rechtsnachfolger des anderen Antragstellers hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Ansprüche geworden ist, im Klagewege in Anspruch genommen wird.

Gesetze: ZPO § 494 a Abs. 2

Instanzenzug: LG Itzehoe 3 OH 28/02 vom OLG Schleswig 16 W 57/06 vom

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin errichtete für die Antragsteller in deren Auftrag ein Wohnhaus. Die Antragsteller haben wegen Mängeln gegen die Antragsgegnerin ein selbständiges Beweisverfahren vor dem Landgericht durchgeführt. Der Sachverständige hat Mängel festgestellt, für deren Beseitigung er Kosten in Höhe von etwa 200.000 € ermittelt hat. Die Antragsgegnerin hat ihrer Subunternehmerin den Streit verkündet. Diese ist dem Verfahren auf Seiten der Antragsgegnerin beigetreten.

Nach Abschluss dieses Verfahrens hat das Landgericht auf Antrag der Streithelferin den Antragstellern gemäß § 494 a ZPO aufgegeben, binnen drei Monaten Klage zu erheben. Nachdem innerhalb der Frist keine Klage erhoben worden war, haben die Antragsgegnerin und ihre Streithelferin beantragt, den Antragstellern die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen. Daraufhin hat die Antragstellerin zu 1 Klage gegen die Antragsgegnerin eingereicht, mit der sie auch Ansprüche des Antragstellers zu 2 aus abgetretenem Recht geltend macht.

Das Landgericht hat den Kostenantrag gegen die Antragstellerin zu 1 zurückgewiesen, dem Antragsteller zu 2 hingegen die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens, die der Antragsgegnerin sowie ihrer Streithelferin entstanden sind, auferlegt. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers zu 2 hat das Beschwerdegericht auch die gegen ihn gerichteten Kostenanträge zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde möchte die Antragsgegnerin die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde des Antragstellers zu 2 erreichen.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht (OLGR Schleswig 2006, 768 = IBR 2007, 167; Volltext unter ibr-online.de) führt aus, das Landgericht habe eine unzulässige Teilkostenentscheidung getroffen, indem es dem Antragsteller zu 2 die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens auferlegt habe. Eine solche Teilkostenentscheidung widerspreche sowohl dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung als auch dem Sinn und Zweck des § 494 a Abs. 2 Satz 1 ZPO. Der Antragsteller zu 2 habe nicht auf die Hauptsacheklage verzichtet; entscheidend sei, dass es überhaupt zur Klage in der Hauptsache gekommen sei, in der über die gesamten Kosten des selbständigen Beweisverfahrens entschieden werden könne. Bei einer Teilkostenentscheidung bestehe die Gefahr einander widersprechender gerichtlicher Entscheidungen. Die Antragsgegnerin habe kein berechtigtes Interesse an einer Teilkostenentscheidung zu Lasten des Antragstellers zu 2.

2. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Beschwerdegericht angenommen, dass die Klage der Antragstellerin zu 1 gegen die Antragsgegnerin einer Kostenentscheidung gemäß § 494 a Abs. 2 ZPO auch gegen den Antragsteller zu 2 entgegensteht.

a) Dass die Antragstellerin zu 1 die Klage erst nach Ablauf der gemäß § 494 a Abs. 1 ZPO gesetzten Frist erhoben hat, ist unerheblich; es genügt, dass sie die Klage erhoben hat, bevor das Landgericht über den Kostenantrag gemäß § 494 a Abs. 2 ZPO entschieden hat (vgl. , in juris dokumentiert).

b) Ein Beschluss gemäß § 494 a Abs. 2 ZPO kann nicht ergehen, wenn mehrere Antragsteller wegen ihnen zustehender Mängelansprüche aus einem Bauvertrag ein selbständiges Beweisverfahren durchgeführt haben und der Antragsgegner daraufhin von einem der Antragsteller, der zugleich Rechtsnachfolger des anderen Antragstellers hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Ansprüche geworden ist, im Klagewege in Anspruch genommen wird.

§ 494 a ZPO soll die Lücke schließen, die entsteht, wenn der Antragsteller nach der Beweisaufnahme auf eine Hauptsacheklage verzichtet (, BauR 2004, 1485, 1486 = NZBau 2004, 507 = ZfBR 2004, 785). Kommt es nicht zu einer Hauptsacheentscheidung, soll der Antragsgegner kostenrechtlich durch § 494 a ZPO so gestellt werden, als habe er obsiegt (, aaO). Diesem Zweck des § 494 a ZPO, der als Ausnahmevorschrift eng auszulegen ist (vgl. , aaO), ist Genüge getan, wenn von mehreren Vertragspartnern, die wegen ihnen zustehender Mängelansprüche aus einem Bauvertrag ein selbständiges Beweisverfahren durchgeführt haben, einer Klage wegen dieser Ansprüche erhebt. In diesem Rechtsstreit wird grundsätzlich über die gesamten Kosten des selbständigen Beweisverfahrens entschieden. Damit ist der Antragsgegner in dem von § 494 a ZPO bezweckten Umfang geschützt.

Ob etwas anderes gilt, wenn ein Antragsteller in dieser Fallgestaltung lediglich deshalb allein Klage erhebt, weil er mittellos ist und daher eine Kostenerstattung von ihm faktisch nicht erlangt werden kann, kann dahinstehen. Das Beschwerdegericht hat für ein solches rechtsmissbräuchliches Verhalten nichts festgestellt. Es hat ausgeführt, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Antragstellerin zu 1 lediglich vorgeschoben worden sei, weil sie selbst mittellos sei. Hiergegen hat die Rechtsbeschwerde nichts Durchgreifendes erinnert. Mit dem bloßen Hinweis auf den Prozesskostenhilfeantrag der Antragstellerin zu 1 hat die Antragsgegnerin jedenfalls ihrer Darlegungslast für einen Rechtsmissbrauch durch die Antragsteller nicht genügt.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
NJW-RR 2008 S. 330 Nr. 5
NAAAC-59132

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja