BSG Urteil v. - B 9/9a VS 3/06 R

Leitsatz

1. Die Bundeswehrverwaltung darf gemäß § 88 SVG nach Beendigung des Wehrdienstes durch Verwaltungsakt nur feststellen, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod Folge einer Wehrdienstbeschädigung ist, soweit Leistungen nach § 41 Abs 2, §§ 85, 86 SVG in Betracht kommen.

2. Außerordentliche Unfallgefahren sind keine gesundheitsschädigenden Verhältnisse iSd § 81 Abs 2 Nr 3 SVG.

3. Entsprechend den Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung genießt ein Soldat Versorgungsschutz auch bei Handlungen, die in einem engen inneren Zusammenhang mit dem Dienst stehen. Das kann der Fall sein, wenn der Soldat bei privaten Verrichtungen besonderen Gefahren seiner auswärtigen Dienstunterkunft erliegt (Bestätigung von = BSGE 33, 141 = SozR Nr 1 zu § 81 SVG und = BSGE 39, 180 = SozR 2200 § 548 Nr 7).

Gesetze: SVG § 88 Abs 1 S 1; SVG § 88 Abs 1 S 2; SVG § 88 Abs 2 S 1; SVG § 88 Abs 2 S 2; SVG § 41 Abs 2; SVG § 81 Abs 2 Nr 3; SVG § 81 Abs 1; SVG § 85; SVG § 86; SVG F: § 81c ; SVG F: § 81c ; SGG § 55 Abs 1 Nr 3; SGG § 75 Abs 5

Instanzenzug: SG Oldenburg, S 15 V 12/02 vom LSG Celle-Bremen, L 13 VS 3/06 vom

Gründe

I

Die Beteiligten streiten im Revisionsverfahren noch darüber, ob der Unfalltod des Ehemannes der Klägerin, Thomas H. (H.), Folge einer Wehrdienstbeschädigung gewesen ist.

H. nahm ab als Reservist an einer Wehrübung im Rahmen des multinationalen Marinemanövers DESEX (DESTROYER EXERCISES) teil. Er war als "Spieß" im Pressezentrum des Flottenkommandos in R. auf P. eingesetzt. Am wurde das Pressezentrum gegen 16.00 Uhr vom dortigen amerikanischen Stützpunkt in ein nahe gelegenes Hotel verlegt, wo für 18.30 Uhr eine Musterung angesetzt war, um den zurückliegenden Tag und die Arbeit für den nächsten Tag zu besprechen. H. erhielt den Befehl, sich um die Unterkunft sowie die Erkundung des Hotels und der Umgebung zu kümmern. Nachdem er das erledigt hatte, nutzte er die Zeit bis zur Musterung mit zwei Kameraden - den Zeugen K. und S. - zum Baden am nahen Strand. Dort erfassten ihn etwa 15 Meter vom Ufer entfernt in hüfthohem Wasser größere Wellen. Eine Unterströmung trieb ihn vom Strand fort. Anders als seine beiden ebenso betroffenen Kameraden konnte er sich nicht retten.

Die Klägerin beantragte, den Unfalltod als Folge einer Wehrdienstbeschädigung festzustellen. Das lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom ; Widerspruchsbescheid vom ).

Das Sozialgericht Oldenburg (SG) hat nach Beiladung des Landes Niedersachsen die Klage, mit der die Klägerin beantragt hatte,

- den Bescheid vom in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom "14."3.2002 aufzuheben,

- festzustellen, dass der Tod des am verstorbenen Ehemannes der Klägerin, Thomas H. , Folge einer Wehrdienstbeschädigung iS des § 81 SVG ist,

- den Beigeladenen zu verurteilen, ihr ab März 2001 Witwenrente zu gewähren,

abgewiesen (Urteil vom ).

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat die Berufung, mit der die Klägerin auf Vorschlag des LSG beantragt hatte,

das Urteil des SG Oldenburg vom sowie den Bescheid der Beklagten vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom aufzuheben und den Beigeladenen zu verurteilen, ihr als Witwe des verstorbenen Oberbootsmanns der Reserve Thomas H. ab März 2001 eine Witwenrente zu gewähren,

zurückgewiesen (Urteil vom ). Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Tod des H. sei nicht Folge einer nach § 81 Soldatenversorgungsgesetz (SVG) Versorgungsansprüche begründenden Wehrdienstbeschädigung, weil er weder durch eine Wehrdienstverrichtung noch durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall noch durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden sei. H. habe nicht dienstlich, sondern während einer Dienstunterbrechung privat gebadet. Diensteigentümliche Verhältnisse, etwa organisierte körperliche Ertüchtigung oder kameradschaftliche Hilfepflichten, hätten nicht zum Unfall beigetragen. Der Unfalltod sei auch nicht Wehrdienstbeschädigung nach § 81 Abs 2 Nr 3 SVG. Unter die dort genannten "gesundheitsschädigenden Verhältnisse" während eines dienstlich angeordneten Auslandsaufenthalts fielen Unfallgefahren nicht.

Mit der dagegen eingelegten Revision macht die Klägerin eine Verletzung des § 81 Abs 1 und Abs 2 Nr 3 SVG geltend. Das Baden im Meer sei unter den Erkundungsauftrag gefallen und deshalb Wehrdienstverrichtung gewesen. Das LSG habe die erhobenen Beweise fehlerhaft gewürdigt und willkürlich nur Teilaussagen zweier Zeugen berücksichtigt. Im Übrigen genössen Soldaten bei dienstlich angeordnetem Auslandsaufenthalt Versorgungsschutz auch wegen eines Unfalles, der auf Verhältnisse zurückginge, die von inländischen wesentlich abwichen. Zu derartigen Verhältnissen gehörten hier die Strömungsverhältnisse im Meer um Puerto Rico.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des LSG Niedersachsen-Bremen vom und des SG Oldenburg vom sowie den Bescheid der Beklagten vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom aufzuheben und festzustellen, dass der Tod ihres am verstorbenen Ehemannes Folge einer Wehrdienstbeschädigung gewesen ist.

Die Beklagte und der Beigeladene beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angegriffene Urteil.

II

Die Revision der Klägerin hat Erfolg.

Die gegen den Bescheid der Beklagten vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom gerichtete Anfechtungsklage ist zulässig und begründet. Der Verwaltungsakt ist schon deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte für die getroffene Entscheidung nicht zuständig war. Die einschlägige Regelung des § 88 SVG (idF vom , BGBl I 1676) bestimmt in Abs 1, dass der Bundesminister der Verteidigung die §§ 85 und 86 SVG bei Behörden der Bundesverwaltung durchführt. Im Übrigen wird der Dritte Teil dieses Gesetzes von den zur Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden (Versorgungsverwaltung) im Auftrag des Bundes durchgeführt. § 88 Abs 2 SVG bestimmt, dass auch nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses zunächst die Wehrverwaltung über etwaige Ansprüche nach § 41 Abs 2 sowie den §§ 85 und 86 SVG und dann erst die Versorgungsverwaltung über Beschädigtenversorgung entscheidet. Diese zeitliche Reihenfolge gilt außer bei ehemaligen Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit auch bei ehemaligen Soldaten, die aufgrund der Wehrpflicht Wehrdienst geleistet haben, wenn das Verfahren bei Beendigung des Wehrdienstverhältnisses eingeleitet, aber noch nicht abgeschlossen worden ist oder das Verfahren aufgrund des Todes einzuleiten ist und wenn ein Antrag auf Versorgung nach § 80 oder § 82 SVG noch nicht vorliegt. Ansonsten entscheidet nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses die Versorgungsverwaltung vor der Wehrverwaltung.

Eine Zuständigkeit der Beklagten nach § 88 Abs 1 Satz 1 iVm §§ 85, 86 SVG für die hier von ihr getroffene Entscheidung darüber, ob der Tod des H. als Folge einer Wehrdienstbeschädigung anzusehen ist, scheidet aus. Ausgleich nach § 85 SVG wird nur während der Dienstzeit des beschädigten Soldaten gewährt. Da die Dienstzeit des H. mit seinem Tode endete, kann es für eine Bewilligung von Ausgleich nicht auf die Frage eines Zusammenhanges des Todes des H. mit seiner Wehrdienstverrichtung ankommen. Im Übrigen ist für die Zeit bis zum Eintritt des Todes keine Wehrdienstbeschädigung geltend gemacht worden. Abgesehen davon, dass die von der Beklagten entschiedene Zusammenhangsfrage dafür ohne Bedeutung wäre, ist ebenfalls nicht ersichtlich, dass hier gemäß § 86 SVG Ersatz für Kleidungsstücke oder andere Gegenstände des H. zu leisten sein könnte. Auch nach § 88 Abs 2 Satz 1 SVG lässt sich keine vorrangige Zuständigkeit der Beklagten begründen. Diese Regelung enthält zusätzlich nur eine Entscheidungsbefugnis auch nach § 41 Abs 2 SVG. Diese Vorschrift, die eine Sterbegeldleistung an Eltern vorsieht, mit denen der verstorbene Soldat in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat, ist hier offensichtlich nicht einschlägig.

Allein der Umstand, dass das vorliegende Verfahren auf Grund des Todes des H. eingeleitet worden ist, insoweit also § 88 Abs 2 Satz 1 Buchst b SVG einschlägig sein könnte, begründet keine Befugnis der Beklagten, über die Anwendungsbereiche von § 41 Abs 2, §§ 85, 86 SVG hinaus leistungsrechtliche Feststellungen zu treffen. Feststellende Verwaltungsakte zu Zusammenhangsfragen (als Vorstufe einer möglichen Leistungsgewährung) darf eine Behörde nur dann erlassen, wenn sie für die betreffende Leistungsbewilligung selbst zuständig ist (vgl dazu BSG SozR 3-1500 § 55 Nr 18 S 41). Unberührt davon bleibt die Befugnis der Bundeswehrverwaltung, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung eines Anspruchs auf Ausgleich nach § 85 SVG für die Zeit bis zum Tode des Soldaten einzuleiten und zum Zwecke der Beweissicherung verwaltungsinterne Feststellungen zu treffen, bevor dessen Hinterbliebene einen Versorgungsantrag stellen (vgl dazu Richtlinien zu § 85 SVG Nr 1; Allgemeine Verwaltungsvorschrift zu § 88 SVG Nr 88.1.2 und 88.1.3).

Für die Entscheidung über das Vorliegen einer Wehrdienstbeschädigung ist danach im vorliegenden Fall gemäß § 88 Abs 1 Satz 2, Abs 2 Satz 2 SVG der Beigeladene (mit seinen zur Durchführung des BVG eingerichteten Behörden) zuständig. Von diesem liegt insoweit noch kein Verwaltungsakt vor.

Der Antrag der Klägerin festzustellen, dass der Tod des H. Folge einer Wehrdienstbeschädigung war (§ 55 Abs 1 Nr 3 SGG), ist grundsätzlich auch neben der Anfechtung eines Bescheides zulässig, der eine entsprechende Feststellung ablehnt (vgl dazu BSGE 9, 80, 85 = SozR Nr 17 zu § 55 SGG; BSGE 21, 167, 168 ff = SozR Nr 38 zu § 55 SGG; BSGE 57 , 171 ff = SozR 3200 § 81 Nr 20; BSGE 68, 128 = SozR 3-3200 § 81 Nr 1). Der Zulässigkeit des im Revisionsverfahren gestellten Feststellungsantrags steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin einen entsprechenden Antrag auf Anraten des LSG im Berufungsverfahren ausdrücklich fallen gelassen hat. In diesem Vorgang liegt hier keine (teilweise) Klagerücknahme (§ 102 SGG), die eine erneute gleichlautende Feststellungsklage als unzulässig erscheinen lassen könnte (vgl Bundessozialgericht <BSG> SozR Nr 9 und 10 zu § 102 SGG). Eine Auslegung der Erklärungen der Klägerin vor dem LSG ergibt nämlich, dass sie ihr Rechtsschutzbegehren nicht einschränken, sondern die Formulierung ihrer Anträge nur der Rechtsauffassung des LSG anpassen wollte (vgl § 123 SGG; allg dazu BSG SozR 4-1500 § 92 Nr 2 RdNr 15 ff). Dies ergibt sich insbesondere aus der Aufrechterhaltung ihres Leistungsantrages, in welchem der sich auf eine Vorfrage beziehende Feststellungsantrag praktisch enthalten ist (vgl dazu BSG SozR 3-2600 § 3 Nr 5 S 8). Dem entspricht auch die Möglichkeit, noch im Revisionsverfahren von einer Leistungs- zu einer Feststellungsklage zu wechseln (vgl dazu BSGE 48, 195, 196 = SozR 2200 § 394 Nr 1; BSGE 80, 102, 103 = SozR 3-2500 § 5 Nr 33).

Der gegen die Beklagte gerichteten Feststellungsklage fehlt allerdings das Feststellungsinteresse. Dieses besteht nur gegenüber der Verwaltung, die im Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs für das an sich vorrangige Leistungsbegehren zuständig ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 55 Nr 18 S 41). Die Beklage ist gemäß § 88 SVG nicht befugt, über den Versorgungsanspruch der Klägerin zu entscheiden.

Der Senat ist dagegen durch Verfahrensrecht nicht gehindert, die von der Klägerin begehrte Feststellung gegenüber dem Beigeladenen zu treffen. Die Möglichkeit einer Verurteilung des Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG erstreckt sich auch auf Feststellungsklagen (vgl BSGE 22, 173, 180 = SozR Nr 8 zu § 1399 RVO; BSG SozR 3-2600 § 3 Nr 5; BSG SozR 4-2500 § 175 Nr 1). Soweit das BSG eine Anwendung dieser Vorschrift verneint hat, um die besondere vorrangige Zuständigkeit der Einzugsstelle zu schützen und um eine Umgehung des von dieser durchzuführenden Verwaltungsverfahrens zu verhindern (vgl BSG SozR 4-2400 § 28h Nr 1 RdNr 16 ff; SozR 4-2600 § 3 Nr 1 RdNr 11 ff; SozR 4-2600 § 191 Nr 1 RdNr 11), treffen diese Erwägungen hier nicht zu. Vorliegend geht es nur um die Zuständigkeitsverteilung zwischen zwei Trägern, deren Entscheidungen für den jeweils anderen verbindlich sind (vgl § 88 Abs 3 SVG). Darüber hinaus liegt zum Inhalt des Feststellungsantrags jedenfalls eine (ablehnende) Entscheidung des unzuständigen Trägers vor.

Der gegen den Beigeladenen gerichtete Feststellungsantrag hat insoweit Erfolg, als das Berufungsurteil in diesem Umfang aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

Der Klägerin kommen allerdings nicht die besonderen Vorschriften des SVG zugute, die den Versorgungsschutz bei Auslandseinsätzen erweitern (§ 81c und § 81 Abs 2 Nr 3 SVG).

Nach § 81c SVG idF des Gesetzes zur Regelung der Versorgung bei besonderer Auslandsverwendung (Einsatzversorgungsgesetz <EinsatzVG>) vom (BGBl I 3592) ist zwar in gleicher Weise wie für die Folgen einer Wehrdienstbeschädigung Versorgung zu gewähren, wenn ein Soldat während einer besonderen Verwendung iS des § 63c SVG eine gesundheitliche Schädigung erleidet, die auf vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse zurückzuführen ist, denen der Soldat während dieser Verwendung besonders ausgesetzt war. § 63c Abs 1 Satz 2 SVG stellt der "besonderen Auslandsverwendung" eine "sonstige Verwendung im Ausland" mit vergleichbar gesteigerter Gefährdungslage - wie sie hier möglicherweise bestanden hat - gleich, sodass ein versorgungsrechtlich geschützter "Einsatzunfall" auch dann vorgelegen hätte, wenn der Unfall sich in der Zeit dienstlicher Auslandsverwendung ereignet hätte und auf "vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse" zurückzuführen gewesen wäre. Diese Fassung des § 81c SVG ist aber - rückwirkend - erst zum in Kraft getreten (vgl Art 11 Abs 1 EinsatzVG). Sie erfasst den Unfall des H. am mithin nicht. Dem Gesetz lässt sich auch nicht entnehmen, dass in Altfällen aus der Zeit vor dem rückwirkend bestimmten Tag des Inkrafttretens von diesem Datum an Leistungen gewährt werden sollen.

§ 81c SVG in der am geltenden (neu bekannt gemachten) Fassung vom (BGBl I 882) definierte den Begriff der "besonderen Verwendung" iS des § 58a Abs 1 und 2 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG). Unter diese Bestimmung - in der am geltenden (neu bekanntgemachten) Fassung des BBesG vom (BGBl I 3434) - fiel die Teilnahme des H. am DESEX-Manöver auf Puerto Rico nicht. Denn diese Vorschrift bezog sich nur auf eine "besondere Verwendung, die aufgrund eines Übereinkommens, eines Vertrages oder einer Vereinbarung mit einer über- oder zwischenstaatlichen Einrichtung oder mit einem auswärtigen Staat auf Beschluss der Bundesregierung im Ausland oder außerhalb des deutschen Hoheitsgebietes auf Schiffen oder in Luftfahrzeugen" stattfand. Für den Einsatz des H. beim multinationalen DESEX-Manöver fehlte es bereits an einem entsprechenden Beschluss der Bundesregierung (vgl zu diesen Voraussetzungen Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, Komm zum BBG, Stand Juni 2005, § 31a Beamtenversorgungsgesetz, RdNr 16 ff).

Nach § 81 Abs 2 Nr 3 SVG ist Wehrdienstbeschädigung auch eine gesundheitliche Schädigung, die herbeigeführt worden ist durch gesundheitsschädigende Verhältnisse, denen der Soldat am Ort seines dienstlich angeordneten Aufenthalts im Ausland besonders ausgesetzt war. Zu den hier genannten "gesundheitsschädigenden Verhältnissen" zählen Unfallgefahren, wie die tückische Strömung, der H. zum Opfer gefallen ist, nicht. Das ergibt sich insbesondere aus der Gesetzesgeschichte.

Die Vorschrift ist durch das Sechste Gesetz zur Änderung des SVG vom (BGBl I 1273) auf Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung mit der Begründung eingefügt worden, mit dem Ersten Gesetz zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern vom (BGBl I 208) sei für Beamte und Berufssoldaten die Dienstunfallversorgung erweitert worden, wenn sie bei einer dienstlichen Verwendung im Ausland einer gesundheitlichen Schädigung besonders ausgesetzt seien. Es erscheine notwendig, Schädigungen dieser Art auch als Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen (BT-Drucks 6/2276, S 2 ). "Schädigungen dieser Art" beschrieben die Vorbildregelungen im - geänderten - Beamtenrecht und im Recht der Dienstunfallversorgung wie folgt (vgl BT-Drucks 6/1885, S 18):

Die Erkrankung an einer solchen Krankheit gilt jedoch stets als Dienstunfall, wenn sie durch gesundheitsschädigende Verhältnisse verursacht worden ist, denen der Beamten am Ort seines dienstlich angeordneten Aufenthalts im Ausland besonders ausgesetzt war.

und

Gleichzuachten ist ferner ein Körperschaden, den ein Beamter im Ausland erleidet, wenn er bei Kriegshandlungen, Aufruhr oder Unruhen, denen er am Ort seines dienstlich angeordneten Aufenthaltes im Ausland besonders ausgesetzt war, angegriffen wird.

Diese Vorschriften sollten nach den Materialien die Dienstunfallfürsorge und - versorgung bei dienstlich angeordnetem Aufenthalt im Ausland ausdehnen, bei dem die Beamten (Soldaten) in manchen Gebieten nicht nur im Dienst, sondern auch außerhalb des Dienstes besonderen Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt sind, denen sie im Inland in der Regel nicht begegnet wären. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn lasse es angezeigt erscheinen, für die unter bestimmten Voraussetzungen erlittenen Erkrankungen und Körperschäden Unfallfürsorge wie bei einem Dienstunfall zu gewähren (BT-Drucks 6/1885, S 11). Die Beschädigtenversorgung nach dem Dritten Teil des SVG sollte danach lediglich auf dieses kurz zuvor für Beamte und Berufssoldaten erreichte Niveau angehoben, beschädigte Soldaten sollten aber nicht besser gestellt werden: Spezifische Unfallgefahren des Auslands (Angriffe bei Kriegshandlungen, Aufruhr oder Unruhen) sind dazu in § 81 Abs 2 Nr 1 Buchst c SVG aufgeführt; die - zu Krankheit führenden - gesundheitsschädigenden Verhältnisse sind in § 81 Abs 2 Nr 3 SVG genannt.

Nach der allgemein und unabhängig von einem Auslandseinsatz geltenden Grundnorm des § 81 Abs 1 SVG ist Wehrdienstbeschädigung eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Das LSG hat zwar zu Recht entschieden, dass H. beim Baden im Meer keinen Wehrdienst verrichtet hat und auch wehrdiensteigentümliche Verhältnisse seinen Tod nicht herbeigeführt haben. Ob der Tod des H. Folge eines während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfalls ist, lässt sich nach den vom LSG getroffenen Feststellungen jedoch nicht abschließend entscheiden.

Unter Hinweis auf Rechtsprechung des BSG hat das LSG rechtsfehlerfrei eine Wehrdienstverrichtung verneint. H. hat im Zeitpunkt des Unfalls keine dienstlichen Aufgaben erfüllt hat, die ihm durch soldatische Pflicht und militärische Grundsätze, durch allgemeine Dienstvorschriften oder durch besonderen Befehl übertragen worden wären (SozR 3200 § 81 Nr 19). Das LSG hat dazu festgestellt, H. habe nach der "auftragsgemäßen Erkundung der Hotelanlage" in seiner Freizeit zur Erfrischung im Meer gebadet. An diese tatsächlichen Feststellungen des LSG ist der Senat gebunden (§ 163 SGG). Die Klägerin hat dazu keine zulässigen und begründeten Revisionsrügen vorgebracht.

Soweit sie rügt, das LSG habe willkürlich nur einen Teil der Aussagen der Zeugen S. und K., nicht das Gesamtergebnis der Beweisaufnahme berücksichtigt, macht sie damit keinen Verstoß gegen die Pflicht des LSG geltend, seiner Entscheidung das Gesamtergebnis des Verfahrens zu Grunde zu legen. Es werden von ihr keine konkreten Umstände benannt, die das LSG überhaupt nicht beachtet habe. Ihren weiteren Ausführungen, wonach das LSG zu einer "falschen Wertung" gekommen sei, zeigen vielmehr, dass sie sich allgemein gegen die berufungsgerichtliche Beweiswürdigung wendet. Dazu hat sie keine ordnungsgemäßen Verfahrensrügen erhoben. Das Tatsachengericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG); es ist in seiner Beweiswürdigung frei und lediglich an die Regeln der Logik und der Erfahrung gebunden. § 128 Abs 1 Satz 1 SGG ist erst verletzt, wenn die Beweiswürdigung gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstößt. Von einem Verstoß gegen Denkgesetze kann nur gesprochen werden, wenn der festgestellte Sachverhalt nur eine Folgerung erlaubt, jede andere nicht denkbar ist und das Gericht gerade die einzig denkbare Schlussfolgerung nicht gezogen hat (BSGE 94, 133 = SozR 4-3200 § 81 Nr 2). Dies hat die Klägerin nicht dargetan. Sie würdigt die im Berufungsverfahren erhobenen Beweise lediglich anders als das LSG.

Zu Recht hat das LSG weiter entschieden, dass wehrdiensteigentümliche Umstände den Badeunfall nicht herbeigeführt haben. Das Berufungsgericht ist dabei der Rechtsprechung gefolgt, nach der wehrdiensteigentümlich solche Verhältnisse sind, die der Eigenart des Dienstes entsprechen und im Allgemeinen eng mit dem Dienst verbunden sind. Der Tatbestand des § 81 Abs 1 SVG erfasst damit alle nicht weiter bestimmbaren Einflüsse des Wehrdienstes, die aus der besonderen Rechtsnatur dieses Verhältnisses und der damit verbundenen Beschränkung der persönlichen Freiheit des Soldaten herrühren (BSGE 80, 236, 238 = SozR 3-3200 § 81 Nr 14). Nach den insoweit von der Klägerin mit Revisionsrügen nicht angegriffenen Feststellungen des LSG hat der am Unfalltag dem Baden vorangegangene Wehrdienst die Entscheidungsfreiheit des H. für sein anschließendes Freizeitverhalten nicht zwingend eingeengt, etwa durch die Pflicht zur körperlichen Ertüchtigung im Rahmen eines offiziellen Freizeitprogramms. Das LSG hat auch nicht feststellen können, dass H. bei einer durch kameradschaftliche Hilfspflichten gebotenen Rettung der gleichfalls in Lebensgefahr geratenen Zeugen S. und K. ums Leben gekommen ist.

Das LSG hat schließlich entschieden, der Tod des H. sei auch deshalb keine Folge einer Wehrdienstbeschädigung, weil er sich nicht auf einen "während der Ausübung des Wehrdienstes" erlittenen Unfall zurückführen lasse. Der Badeunfall habe sich in der Freizeit ereignet, nicht während einer Zeit, in der H. Wehrdienst ausgeübt habe. Damit hat sich das LSG zwar an den Grundsatz gehalten, dass ein Soldat während seiner Freizeit regelmäßig vom Dienst entbunden ist und Unfälle während dieser Zeit deshalb nicht in Beziehung zum Wehrdienst stehen. Es hat aber nicht beachtet, dass Handlungen eines Soldaten nach Beendigung des Dienstes - also in seiner Freizeit - dem "Wehrdienst" zugerechnet werden können, wenn sie in einem engen inneren Zusammenhang mit dem Dienst stehen (BSGE 33, 141, 143 f = SozR Nr 1 zu § 81 SVG; - juris). Ob ein solcher Zusammenhang hier vorliegt, entscheidet sich auch im Versorgungsrecht nach den Grundsätzen, die in der gesetzlichen Unfallversicherung gelten.

Eine zusammenhangsbegründende tätigkeitsbezogene Verknüpfung des Badens im Meer mit dem Wehrdienst liegt allerdings - soweit ersichtlich - nicht vor, obwohl unfallversicherungsrechtlich bei nicht unmittelbar zur versicherten Tätigkeit gehörenden Verrichtungen ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis am Ort der auswärtigen Tätigkeit in der Regel eher anzunehmen ist als am Wohn- oder Betriebsort (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 32 mwN). Zwar sind nach der bereits vom Reichsversicherungsamt begründeten und vom BSG weiter entwickelten Rechtsprechung (BSGE 16, 236, 239 = SozR Nr 5 zu § 122 SGG) die im Einzelfall geleistete Arbeit und das dadurch bedingte Bedürfnis nach Erfrischung maßgebend dafür, ob eine körperliche Reinigung - durch Baden oder Duschen - in der Freizeit zur versicherten Tätigkeiten im Betrieb gehört (vgl zuletzt - juris RdNr 16 zum Unfallschutz beim Duschbad auf einer Dienstreise): Wer badet oder duscht, um allgemeine menschliche Bedürfnisse zu befriedigen, ist unversichert; sind aber - auch - wesentliche betriebliche Interessen für ein solches Verhalten in der Freizeit ausschlaggebend, besteht Versicherungsschutz. Hiervon ausgehend, hat die unfallversicherungsrechtliche Rechtsprechung erkannt, dass das Duschbad eines sich auf einer Dienstreise befindenden Versicherten während einer Arbeitspause, an die sich eine weitere betriebliche Veranstaltung anschließen sollte, einen wesentlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit aufweist ( - juris RdNr 16 f). Ein solcher Zusammenhang besteht hier aber nicht schon deshalb, weil H. - wie seine Kameraden K. und S. - sich mit dem Bad im Meer hat erfrischen wollen und sein Dienst für diesen Tag noch nicht beendet, sondern bis zu der für 18.30 Uhr angesetzten "Musterung" lediglich unterbrochen war. Denn das Bad im Meer war - unter Berücksichtigung der vom LSG festgestellten Umstände - nach Art und Zweck eine selbstständige, nicht dienstbezogene Verrichtung. Wegen der Beschaffenheit des Meerwassers konnte es grundsätzlich nicht der Körperreinigung dienen und damit das Duschen in der Hotelunterkunft nicht ersetzen. Insofern stand also erkennbar das private Vergnügen im Vordergrund.

Die gesetzliche Unfallversicherung schützt einen Dienstreisenden allerdings auch dann, wenn er sich im Rahmen seines privaten Lebensbereiches betätigt und dabei besonderen Gefahren zB der auswärtigen Unterkunft erliegt (BSGE 8, 48, 53; 39, 180, 181f = SozR 2200 § 548 Nr 7 und zuletzt BSG SozR 4-2200 § 550 Nr 1 RdNr 8; vgl auch Krasney, ZTR 2004, 292). Ob der Tod des H. nach diesen Grundsätzen als Folge einer Wehrdienstbeschädigung anzusehen ist, lässt sich nach den vom LSG in der angegriffenen Entscheidung getroffenen Feststellungen, die der Senat nicht durch eigene Ermittlungen ergänzen kann (§ 163 SGG), nicht abschließend entscheiden. Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Im wieder eröffneten Berufungsverfahren wird das LSG zunächst zu ermitteln haben, ob es sich bei dem Strandabschnitt, an dem H. gebadet hat, um eine "Betriebseinrichtung" des Hotels gehandelt hat, in dem die Soldaten dienstlich untergebracht waren. Dafür könnte etwa sprechen: eine Lage des Hotels direkt am Meer, eine Organisation des Badebetriebs durch das Hotel (Liegen, Sonnenschirme, Handtücher, Strandbar), Beschränkung der Benutzung dieses Strandabschnitts auf Hotelgäste. Sollte der Strand als Betriebseinrichtung des Hotels anzusehen sein, so wird das LSG weiter zu prüfen haben, ob Baden im Meer unter den dort herrschenden Verhältnissen "zu den den normalen und notwendigen Lebensbedürfnissen dienenden Betätigungen" zu rechnen ist (BSGE 39, 180, 183 = SozR 2200 § 548 Nr 7). Ist auch das zu bejahen, wird das LSG weiter festzustellen haben, ob das Baden im Meer für H. erkennbar mit besonderen Gefahren verbunden war (etwa Warnschilder, Hinweis auf fehlende Bewachung).

Das LSG wird schließlich auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Fundstelle(n):
JAAAC-59116