Zuwendungen an den dem Alleingesellschafter nahe stehenden GmbH-Geschäftsführer
Gesetze: EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1, EStG § 11 Abs. 1
Instanzenzug:
Gründe
I. Der im Februar 1976 geborene Kläger, Revisionskläger und Antragsteller (Antragsteller) errichtete im April 1994 als Alleingesellschafter die A GmbH. Er bestellte seinen Vater, der beruflich Architektenleistungen erbrachte, zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer. Im Oktober 1996 berief der Antragsteller seinen Vater als Geschäftsführer ab und bestellte stattdessen seine Mutter zur Geschäftsführerin. Im Jahr 1997 übernahm seine Mutter von ihm einen Geschäftsanteil in Höhe der Hälfte des Stammkapitals. Nachdem beide ihre Geschäftsanteile 1999 an eine dritte Person veräußert hatten, wurde die GmbH im Februar 2003 von Amts wegen gelöscht.
Für die Streitjahre (1995 und 1996) wurden zunächst weder für die GmbH noch für den Antragsteller Steuererklärungen abgegeben. Eine Fahndungsprüfung ergab, dass für die Streitjahre Jahresabschlüsse der GmbH vorhanden waren. Darin waren Forderungen gegen den Geschäftsführer (Vater des Antragstellers) und gegen den Gesellschafter (Antragsteller) ausgewiesen. Wie aus dem Journal für das Geschäftsjahr 1996 hervorging, waren diese Forderungen insbesondere aufgrund von Barabhebungen und Zahlungen von nicht betrieblich veranlassten Rechnungen entstanden.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) erließ Einkommensteuerbescheide gegen den Antragsteller, in denen Einnahmen aus Kapitalvermögen in Form verdeckter Gewinnausschüttungen (vGA) —in Höhe von 71 694 DM für 1995 und 100 832 DM für 1996— zugrunde gelegt waren.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage, mit der der Antragsteller geltend machte, er sei in den Streitjahren Schüler gewesen und habe keine Zahlungen von der GmbH erhalten, von den Abhebungen seines Vaters habe er keine Kenntnis gehabt, blieb erfolglos (Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2006, 1856).
Mit der Revision rügt der Antragsteller die Verletzung formellen Rechts (unzureichende Sachaufklärung) sowie die Verletzung materiellen Rechts in Form einer unzutreffenden Auslegung des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Er beantragt, ihm für das Revisionsverfahren Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren und ihm seinen Prozessbevollmächtigten beizuordnen.
Das FA misst der Revision des Antragstellers keine Erfolgsaussicht zu.
II. Dem Antragsteller ist PKH zu gewähren.
Gemäß § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) ist einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
1. Bei der im Verfahren über einen PKH-Antrag gebotenen summarischen Prüfung kann der Revision des Antragstellers eine Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden. Es ist nicht auszuschließen, dass das Finanzgericht (FG) die Zahlungen, die der Vater des Antragstellers als Geschäftsführer der GmbH für sich selbst verwendet hat, dem Antragsteller zu Unrecht als vGA zugerechnet hat.
Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch vGA. Eine vGA im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat. Im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ist die vGA beim Gesellschafter zu erfassen, wenn ihm der Vermögensvorteil zufließt (§§ 8, 11 Abs. 1 EStG).
a) Eine vGA kann jedoch auch ohne tatsächlichen Zufluss beim Gesellschafter gegeben sein, wenn der Vorteil dem Gesellschafter mittelbar in der Weise zugewendet wird, dass eine ihm nahe stehende Person aus der Vermögensverlagerung Nutzen zieht. Das „Nahestehen” in diesem Sinne kann familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein.
Die Zuwendung eines Vermögensvorteils an eine nahe stehende Person ist stets unabhängig davon als vGA zu beurteilen, ob auch der Gesellschafter selbst ein vermögenswertes Interesse an dieser Zuwendung hat (, BFHE 207, 103; vom VIII R 24/03, BFH/NV 2005, 1266). Allerdings gilt dies uneingeschränkt nur für den Fall, dass andere Ursachen für die Zuwendung als das Nahestehen des Empfängers zu einem Gesellschafter auszuschließen sind. Nur in diesem Falle spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die nahe stehende Person den Vorteil ohne ihre Beziehung zum Gesellschafter nicht erhalten hätte.
b) Der Beweis des ersten Anscheins für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis kann durch die Feststellung erschüttert werden, dass die Zuwendung des Vorteils ihre Ursache ausschließlich in einer vom Gesellschaftsverhältnis zum nahe stehenden Gesellschafter unabhängigen Beziehung der Kapitalgesellschaft zum Empfänger der Zuwendung hat; die Kapitalgesellschaft oder der dem Begünstigten nahe stehende Gesellschafter haben dies darzulegen (, BFHE 114, 236, BStBl II 1975, 306; in BFH/NV 2005, 1266).
Der für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis sprechende Anscheinsbeweis ist ferner dann erschüttert, wenn die Zuwendung des Vorteils auf der Beziehung zu einem anderen, dem Empfänger ebenfalls nahe stehenden Gesellschafter beruhen kann. Ist unmittelbarer Empfänger der Zuwendung ein nahe stehender anderer Gesellschafter, so ist die vGA ausschließlich diesem zuzurechnen, soweit ihm nicht (auch) sein Mitgesellschafter etwas zuwenden wollte (, BFHE 135, 31, BStBl II 1982, 248). Dasselbe gilt, wenn der unmittelbare Empfänger der Zuwendung (auch) einem anderen Gesellschafter nahe steht und anzunehmen ist, dass nur dieser ihm etwas zuwenden wollte; die vGA ist in diesem Fall nicht auf die Gesellschafter zu verteilen. Vielmehr ist in derartigen Fällen —ohne Beweiserleichterung— festzustellen, wer die vGA veranlasst hat (BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 1266).
2. Nach diesen Maßstäben ist im Streitfall nicht auszuschließen, dass das angefochtene Urteil des Finanzgerichts (FG) keinen Bestand haben wird. Das FG hat nämlich nicht geprüft, ob der Antragsteller seinem Vater bewusst Gelegenheit gegeben hat, sich unter Überschreitung seiner Kompetenzen als Geschäftsführer zulasten der GmbH zu bereichern. Vielmehr hat das FG seine Entscheidung vor allem darauf gestützt, der Antragsteller habe seine Kontrollrechte und -pflichten als Gesellschafter gegenüber dem Geschäftsführer verletzt. Ob dies ausreicht, um eine Zuwendung der GmbH an den Antragsteller und eine Zuwendung des Antragstellers an seinen Vater anzunehmen, ist bei summarischer Prüfung zu bezweifeln. Denn die Vorschrift des § 45 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) normiert grundsätzlich nur Gesellschafterrechte, aber keine Gesellschafterpflichten (Roth in Roth/Altmeppen, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 5. Aufl., § 45 Rz 14 ff.). Auch eine steuerrechtliche Haftung gemäß §§ 69 ff. der Abgabenordnung (AO) besteht zulasten des Gesellschafters einer GmbH grundsätzlich nicht. Deshalb spricht einiges dafür, dass dem GmbH-Gesellschafter in derartigen Fällen nur dann eine mittelbare vGA als Einnahme zugerechnet werden kann, wenn —ohne Beweiserleichterung— angenommen werden kann, dass einmal die GmbH dem Gesellschafter und zum Zweiten der Gesellschafter dem Geschäftsführer einen Vermögensvorteil zuwenden wollte und beide Zuwendungen mittelbar dadurch erfolgt sind, dass die GmbH unmittelbar an ihren Geschäftsführer geleistet hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE 135, 31, BStBl II 1982, 248). Dies dürfte mindestens voraussetzen, dass der Gesellschafter von der Zuwendung an den Geschäftsführer Kenntnis hatte. Dies hat das FG nicht festgestellt.
3. Gemäß § 120 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 142 FGO sind die vom Antragsteller zu leistenden Monatsraten auf . € festzusetzen.
Die monatlichen Raten errechnen sich nach § 115 ZPO i.V.m. § 142 FGO wie folgt: .
4. Die Vorschrift des § 115 Abs. 4 ZPO steht der Bewilligung von PKH nicht entgegen, da angesichts des Streitwerts von 22 826 € die Prozesskosten vier Monatsraten übersteigen.
5. Gemäß § 142 Abs. 2 FGO, § 121 Abs. 1 ZPO ist antragsgemäß Rechtsanwalt und Notar H als Prozessvertreter beizuordnen.
6. Eine Kostenentscheidung ist im PKH-Verfahren nicht zu treffen, da es sich um ein unselbstständiges Zwischenverfahren handelt, für das Gerichtsgebühren nicht entstehen (vgl. (PKH), BFH/NV 2005, 1599).
Fundstelle(n):
PAAAC-57799