Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: KSchG § 1
Instanzenzug: ArbG Berlin 4 Ca 2772/05 vom LAG Berlin 5 Sa 1810/05 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.
Die am geborene Klägerin war seit als Sachbearbeiterin im Bereich Personal in der Zentralverwaltung Berlin der Beklagten zu einem monatlichen Entgelt von zuletzt 2.199,14 € beschäftigt. Zum Zeitpunkt der letzten Betriebsratswahl im Jahr 2002 gab es im gesamten Bundesgebiet für das operative Geschäft der P-Gruppe sechs Gesellschaften, die von der P Holding GmbH & Co. KG auf Grund von Gewinn- und Verlustabführungsverträgen beherrscht wurden. Die Holding befasste sich zentral mit den Personalangelegenheiten für alle Beschäftigten der Unternehmensgruppe. Der bei der Holding gewählte Betriebsrat nahm Mitbestimmungsrechte für alle Arbeitnehmer der verschiedenen Gesellschaften wahr mit Ausnahme der Arbeitnehmer der P Süd GmbH. Dort war gem. § 3 BetrVG auf Grund einer tariflichen Regelung ein einheitlicher Betriebsrat für alle Filialen gewählt worden.
Am schlossen die P Holding GmbH & Co. KG und der bei ihr gebildete Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung, wonach für die P-Unternehmensgruppe mit mehreren Betrieben ein einheitlicher Betriebsrat von den Arbeitnehmern der P Holding GmbH & Co. KG und der weiteren Gesellschaften P Nord GmbH & Co. KG, P West, P Ost GmbH, P City GmbH und F - GmbH & Co. KG gewählt werden sollte. Anlässlich der regelmäßigen Betriebsratswahl 2002 wurde dann entsprechend dieser Betriebsvereinbarung ein einheitlicher, bei der P Holding GmbH & Co. KG angesiedelter Betriebsrat gewählt. Diese Betriebsratswahl wurde nicht angefochten. Zwischenzeitlich sind die einzelnen Gesellschaften auf die Beklagte übergegangen.
Nach einer im Jahr 2003 erfolgten Umstrukturierung, die zu einer Reduzierung der Gesamtzahl der Beschäftigten der P-Unternehmensgruppe von ca. 3.660 auf ca. 1.800 führte, schlossen der Betriebsrat und die Beklagte am einen Interessenausgleich ohne Sozialplan über die Reduzierung der Mitarbeiter in der Zentralverwaltung Berlin von vormals umgerechnet 186,1 Vollzeitarbeitsplätzen um 33 Arbeitnehmer. Die von den Kündigungen betroffenen 33 Mitarbeiter - darunter auch die Klägerin - sind in Namenslisten aufgeführt. Der Interessenausgleich enthält daneben auch eine Namensliste derjenigen Leistungsträger des IT-Bereichs, die von einer Kündigung ausgenommen sind. Nach Anhörung und Zustimmung des Betriebsrats kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom zum . Das Verfahren hinsichtlich einer weiteren Kündigung ist ausgesetzt.
Die Klägerin hat Kündigungsschutzklage erhoben. Sie hat das Vorliegen betrieblicher Gründe bestritten und die Anhörung des Betriebsrats gerügt. Die Sozialauswahl sei grob fehlerhaft sowohl im Hinblick auf die pauschale Herausnahme der Leistungsträger als auch im Hinblick auf mehrere konkret benannte Mitarbeiter. Im Übrigen könne sich die Beklagte auf die Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 KSchG nicht berufen, da keine mitbestimmungspflichtige Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG vorgelegen habe. Auch eine anderweitige Weiterbeschäftigungsmöglichkeit habe bestanden.
Die Klägerin hat - soweit von Interesse - beantragt
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom nicht aufgelöst ist.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Sie hat sich auf § 1 Abs. 5 KSchG berufen. Dessen Voraussetzungen seien erfüllt. Die Klägerin sei in einer Namensliste als zu kündigende Arbeitnehmerin namentlich aufgeführt. Die Namensliste sei Bestandteil eines Interessenausgleichs, der mit dem zuständigen Betriebsrat im Vorfeld einer geplanten Betriebsänderung abgeschlossen worden sei. Die geplante Maßnahme stelle eine Betriebsänderung durch bloßen Personalabbau dar. Maßgeblich sei insoweit der Personalabbau in der Zentralverwaltung Berlin. Von dem Abbau sei auch eine hinreichende Zahl von Arbeitnehmern iSv. § 17 Abs. 1 KSchG betroffen. Es sei nicht erforderlich, dass 5 % aller Arbeitnehmer betroffen würden. Wegen der Selbständigkeit der Zentralverwaltung Berlin sei ausschließlich auf die Verhältnisse dort abzustellen. Die Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 KSchG sei von der Klägerin nicht widerlegt. Eine grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl liege nicht vor.
Das Arbeitsgericht hat die Klage gegen die Kündigung vom abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung der Klägerin stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Gründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kündigung vom sei nicht sozial gerechtfertigt. Die Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 KSchG greife zu Gunsten der Beklagten nicht ein. Die Voraussetzungen einer mitbestimmungspflichtigen Betriebsänderung nach § 111 BetrVG lägen nicht vor. Die Entlassung von 33 Mitarbeitern der Zentralverwaltung Berlin stelle keine wesentliche Betriebseinschränkung iSd. § 111 BetrVG dar, da sie gemessen an der hier maßgeblichen Gesamtzahl der beschäftigten Arbeitnehmer die Erheblichkeitsschwelle von 5 % nicht erreiche. Dabei sei es unerheblich, dass bezogen auf die Zentralverwaltung Berlin diese Grenze überschritten sei. Die Kündigung sei auch nicht nach § 1 Abs. 2 und 3 KSchG gerechtfertigt. Der Vortrag der Beklagten, soweit die Kündigungsgründe dem Betriebsrat mitgeteilt worden seien, genüge insoweit nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Darlegung.
B. Dem folgt der Senat im Ergebnis und in Teilen der Begründung. Die Kündigung der Beklagten ist sozialwidrig und damit rechtsunwirksam, § 1 Abs. 1, 2 KSchG.
Die Beklagte hat nicht ausreichend dargelegt, dass dringende betriebliche Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung der Klägerin über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus entgegengestanden haben. Dies ist auch nicht nach § 1 Abs. 5 KSchG zu vermuten.
I. Die Beklagte, die sich hinsichtlich des dringenden betrieblichen Erfordernisses, das ihrer Ansicht nach einer Weiterbeschäftigung der Klägerin entgegenstehen soll, in erster Linie auf die Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 KSchG stützt, hat die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm nicht hinreichend dargelegt.
1. Auf die Kündigung ist § 1 Abs. 3 und 5 KSchG in der seit dem geltenden Fassung (BGBl. I 2003 S. 3002) anzuwenden.
2. Nach § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist, wenn bei der Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet sind. Die soziale Auswahl kann dann nach § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat (§ 1 Abs. 5 Satz 3 KSchG). Die Vermutungsbasis, dass eine Betriebsänderung nach § 111 BetrVG vorlag und für die Kündigung des Arbeitnehmers kausal war und dass die Arbeitnehmerin ordnungsgemäß in einem Interessenausgleich benannt ist, hat dabei der Arbeitgeber substantiiert darzulegen und ggf. zu beweisen (Senat - 2 AZR 55/98 - BAGE 88, 375, zu II 1 a der Gründe; - 2 AZR 111/02 - AP BetrVG 1972 § 112 Namensliste Nr. 1 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 11, zu C II der Gründe, jeweils noch zu § 1 Abs. 5 aF).
3. Eine Betriebsänderung iSv. § 111 Satz 1 BetrVG ist grundsätzlich jede Änderung der betrieblichen Organisation, der Struktur, des Tätigkeitsbereichs, der Arbeitsweise, der Fertigung, des Standorts und dgl., sofern sie wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder wesentliche Teile derselben zur Folge haben kann (Fitting BetrVG 23. Aufl. § 111 Rn. 41).
4. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann eine Betriebsänderung auch durch bloßen Personalabbau erfolgen. Das hat der Gesetzgeber durch die spätere Regelung des § 112a Abs. 1 BetrVG bestätigt. Voraussetzung für die Annahme einer wesentlichen Einschränkung ist, dass der Personalabbau eine relevante Zahl von Arbeitnehmern erfasst. Maßgebend sind insoweit die Zahlen des § 17 Abs. 1 KSchG, wobei in größeren Betrieben mindestens 5 % der Belegschaft betroffen sein müssen (vgl. bereits - 1 ABR 17/77 - BAGE 32, 14, zu B II 1 d der Gründe; - 1 AZR 290/96 - AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 32 = EzA BetrVG 1972 § 111 Nr. 34, zu A I 1 a der Gründe; Senat - 2 AZR 111/02 - AP BetrVG 1972 § 112 Namensliste Nr. 1 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 11, zu C III 1 a der Gründe; - 1 ABR 5/05 - AP BetrVG 1972 § 112a Nr. 12 = EzA BetrVG 2001 § 111 Nr. 4, zu B II 1 a aa der Gründe). Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Personalabbau auf einer einheitlichen unternehmerischen Planung beruht ( - aaO). Maßgebender Anknüpfungspunkt für das Mitbestimmungsrecht ist die unternehmerische Entscheidung, aus der sich ergibt, wie viele Arbeitnehmer voraussichtlich insgesamt entlassen werden.
5. Da eine Betriebsänderung auch durch bloßen Personalabbau nach § 111 BetrVG stets zur Voraussetzung hat, dass durch sie wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft entstehen können, umfasst die Darlegungslast des Arbeitgebers, der sich auf die Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 KSchG beruft, in einem derartigen Fall jedenfalls die Darlegung, dass die Maßnahme, die zur Kündigung geführt hat, erhebliche Teile der Belegschaft betroffen hat. Dies erfordert vor allem den substantiierten Vortrag, wie der Betrieb im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn (§§ 1, 3, 4 BetrVG) abzugrenzen ist, in dem die geltend gemachte Betriebsänderung iSv. § 111 BetrVG vorgenommen worden ist. Nur wenn feststeht, was im konkreten Fall als Betrieb im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn anzusehen ist, kann anhand der Betriebsgröße und der Größe der Gesamtbelegschaft berechnet werden, ob nach § 111 BetrVG von der Maßnahme die Gesamtbelegschaft oder zumindest erhebliche Teile dieser Belegschaft betroffen sind. Diese konkrete Darlegung war im vorliegenden Fall schon deshalb unerlässlich, weil die Frage, ob eine Betriebsänderung iSv. § 111 BetrVG vorliegt, sich allein danach entscheidet, welche organisatorische Einheit bei der Berechnung der Betriebsgröße und damit der Belegschaft zugrunde zu legen war. Nur wenn dies die Zentralverwaltung in Berlin ist, betrifft die von der Beklagten vollzogene Maßnahme einer Kündigung gegenüber 33 Arbeitnehmern einen wesentlichen Teil der Belegschaft iSv. § 111 BetrVG, denn dann sind angesichts der Belegschaftsstärke der Zentralverwaltung in Berlin mehr als 5 % der dortigen Belegschaft betroffen. Stellt man hingegen auf die betriebsverfassungsrechtliche Einheit, für die der Betriebsrat gewählt worden ist, oder auf die gesamte Unternehmensgruppe ab, wird die Erheblichkeitsgrenze von 5 % nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten nicht erreicht.
6. Betrieb iSd. Betriebsverfassungsgesetzes ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine organisatorische Einheit, innerhalb derer der Arbeitgeber zusammen mit den von ihm beschäftigten Arbeitnehmern bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt. Dazu müssen die in der Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt und die menschliche Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert werden ( - 7 ABR 54/90 - BAGE 68, 67, zu B II 1 der Gründe; - 1 ABR 26/01 - AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 13 = EzA BetrVG 1972 § 4 Nr. 8, zu B II 1 a der Gründe). Ein Betriebsteil ist zwar auf den Zweck des Hauptbetriebs ausgerichtet und in dessen Organisation eingegliedert, ihm gegenüber aber organisatorisch abgrenzbar und relativ verselbständigt ( - 1 ABR 26/01 - aaO mwN). Für die Abgrenzung von Betrieb und Betriebsteil ist der Grad der Verselbständigung entscheidend, der im Umfang der Leitungsmacht zum Ausdruck kommt. Erstreckt sich die in der organisatorischen Einheit ausgeübte Leitungsmacht auf alle wesentlichen Funktionen des Arbeitgebers in personellen und sozialen Angelegenheiten, handelt es sich um einen eigenständigen Betrieb iSv. § 1 BetrVG. Für das Vorliegen eines Betriebsteils iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrVG genügt ein Mindestmaß an organisatorischer Selbständigkeit gegenüber dem Hauptbetrieb. Dazu reicht es aus, dass in der organisatorischen Einheit überhaupt eine den Einsatz der Arbeitnehmer bestimmende Leitung institutionalisiert ist, die Weisungsrechte des Arbeitgebers ausübt ( - aaO, zu B II 2 der Gründe; - 7 ABR 59/94 - AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 8 = EzA BetrVG 1972 § 4 Nr. 7, zu B I 2 der Gründe; - 1 ABR 26/01 - aaO, zu B II 1 a der Gründe). Zu einer eigenen betriebsverfassungsrechtlichen Einheit iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BetrVG wird ein derartiger Betriebsteil aber nur unter der zusätzlichen Voraussetzung, dass er durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständig ist ( - aaO). Dazu genügt eine relative Eigenständigkeit ( - BAGE 69, 286, zu B IV 2 c der Gründe). Die in dem Betriebsteil vorhandenen Vertreter des Arbeitgebers müssen in der Lage sein, die Arbeitgeberfunktion in den wesentlichen Bereichen der betrieblichen Mitbestimmung wahrzunehmen ( -, zu B II 3 b der Gründe; - 7 ABR 57/03 - AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 15 = EzA BetrVG 2001 § 4 Nr. 1, zu B I 2 a der Gründe).
7. Das Vorbringen der Beklagten zu der entscheidenden Frage, welche organisatorische Einheit nach diesen Grundsätzen gemäß § 111 BetrVG bei der Berechnung der Betriebsgröße und der von der Änderung betroffenen Belegschaft zugrunde gelegt werden muss, ist völlig unsubstantiiert und darüber hinaus widersprüchlich. Es rechtfertigt nicht die Annahme, die Kündigungsmaßnahme habe eine Betriebseinschränkung iSv. § 111 BetrVG dargestellt. Damit entfällt, obwohl ein Interessenausgleich vorliegt und die Klägerin namentlich in diesem Interessenausgleich erwähnt ist, die Grundlage für eine Anwendung des § 1 Abs. 5 KSchG.
a) Die Wahl des Betriebsrats, der den Interessenausgleich abgeschlossen hat, ist zu einer Zeit erfolgt, als die Unternehmensgruppe aus der Holding und mehreren von ihr abhängigen Tochterfirmen bestand, die in der gesamten Bundesrepublik zahlreiche Verkaufsstellen in nicht ganz unerheblicher Größe unterhielten. Die Abgrenzung, welche Teile dieser Unternehmensgruppe als Betriebe iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, gegebenenfalls als wesentliche Teile eines derartigen Betriebs iSv. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG oder als Betriebsteile iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrVG anzusehen waren, bedurfte allein auf Grund der besonderen Konzernstruktur besonderer Darlegung durch die Beklagte. Dies galt auch deshalb, weil teilweise ein etwas anderer Unternehmenszweck (Fotozubehör) verfolgt wurde, in einem lediglich flächenmäßig abgegrenzten Teil der Unternehmensgruppe auf Grund einer besonderen tariflichen Regelung gem. § 3 BetrVG ein einheitlicher Betriebsrat für alle Filialen gewählt war und auch für den Rest der Unternehmensgruppe durch Betriebsvereinbarung vom festgelegt war, es solle für die Unternehmensgruppe "mit mehreren Betrieben" ein einheitlicher Betriebsrat gewählt werden.
b) Die tatsächlichen Ausführungen der Beklagten zu der Frage, welche organisatorischen Einheiten bei dieser Konzern- bzw. Unternehmensstruktur als Betrieb im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn anzusehen und deshalb bei der Berechnung der Erheblichkeitsgrenze nach § 111 BetrVG zugrunde zu legen waren, reichen nicht zur Darlegung der Voraussetzungen einer Anwendung des § 1 Abs. 5 KSchG aus. Teilweise verweist die Beklagte insoweit auf die Betriebsvereinbarung vom , die offensichtlich davon ausgeht, die verschiedenen Tochtergesellschaften hätten jeweils mehrere Betriebe geführt und diese Betriebe mehrerer Unternehmen seien zusammen mit der Holding konzernweit nach § 3 Abs. 1, Abs. 2 BetrVG zu einer betriebsverfassungsrechtlichen Organisationseinheit zusammengefasst worden; diese wäre dann nach § 3 Abs. 5 BetrVG als Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes anzusehen. Angesichts möglicher Probleme, die sich für die Wirksamkeit des Interessenausgleichs daraus ergeben könnten, dass eine Regelung nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG nur durch Tarifvertrag möglich ist (vgl. hierzu Spinner/Wiesenecker FS Manfred Löwisch 2007 S. 375), hat sich die Beklagte demgegenüber teilweise auf das Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebs iSv. § 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BetrVG berufen. Auch die Eigenschaft der Zentralverwaltung als eigenständiger Betrieb bzw. wesentlicher Betriebsteil ist von ihr rechtlich erörtert worden. Es fehlt zu diesen verschiedenen rechtlichen Anknüpfungspunkten jedoch der hinreichend substantiierte und widerspruchsfreie Tatsachenvortrag, der auf das für die Anwendung des § 1 Abs. 5 KSchG erforderliche Vorliegen einer Betriebsänderung iSv. § 111 BetrVG schließen ließe.
c) Wie die organisatorischen Einheiten in der Unternehmensgruppe bei Abschluss der Betriebsvereinbarung vom zugeschnitten waren, ob insoweit seither überhaupt eine wesentliche Änderung erfolgt ist und wie der Leitungsapparat strukturiert war, hat die Beklagte weder hinreichend noch widerspruchsfrei dargestellt. Wenn sie insoweit stets nur darauf abgestellt hat, die Zentralverwaltung in Berlin sei zuständig gewesen für die Personalverwaltung der gesamten Unternehmensgruppe, reicht dies nicht aus. Zahlreiche Aufgaben, die zur Personalverwaltung gehören, könnten selbst extern, etwa durch ein Steuerberaterbüro erledigt werden. Die bloß konzernmäßige Möglichkeit der Einflussnahme, die der Holding in Berlin ohne Weiteres zustand, ist für den betriebsverfassungsrechtlichen Betriebsbegriff nicht entscheidend. Was die Abgrenzung der Kompetenzen zwischen der Holding, den einzelnen Unternehmen und den zahlreichen Verkaufsstellen anbelangt, fehlt es an schlüssigem Tatsachenvortrag. Auch soweit die Beklagte zuletzt, teilweise in Widerspruch zu ihrem sonstigen Vorbringen, auf das Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebs zwischen der Holding und den einzelnen Unternehmen abgestellt hat, reicht der dazu vorgetragene Sachverhalt nicht für eine entsprechende Abgrenzung aus. Nicht einmal welche Größe dieser Gemeinschaftsbetrieb angesichts der Tatsache gehabt haben soll, dass die gemeinsame Personalverwaltung für alle Unternehmen der Unternehmensgruppe festgelegt worden ist, die Betriebsvereinbarung vom aber nur von einem Teil dieser Unternehmen abgeschlossen worden ist, wird hinreichend dargelegt. Die Betriebspartner dieser Betriebsvereinbarung sind demgegenüber ersichtlich nicht vom Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebs ausgegangen, sondern haben für mehrere Unternehmen mit unterschiedlichen Betrieben nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG eine andere unternehmens- bzw. konzernweite Arbeitnehmervertretungsstruktur aus Zweckmäßigkeitsgründen festgelegt; für diese wird nach § 3 Abs. 5 BetrVG lediglich fingiert, die gewählte betriebsverfassungsrechtliche Organisationseinheit gelte als Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes. Erst recht fehlt jeder Anhaltspunkt für die Wertung der Beklagten, es müsse für die Abgrenzung des Betriebs, in dem die Betriebsänderung iSv. § 111 BetrVG vollzogen wird, offenbar auf die größere Einheit (gesamte Unternehmensgruppe bzw. Gesamtunternehmen oder Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung vom ), für die Berechnung der Erheblichkeitsgrenze von 5 % der Gesamtbelegschaft aber nicht auf die Gesamtbelegschaft dieser organisatorischen Einheit, sondern auf den entsprechenden Prozentsatz allein der im Verhältnis zu der größeren Organisationseinheit verschwindend kleinen Zentralverwaltung in Berlin abgestellt werden.
II. Greift nach alledem die Vermutung, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt war, nicht ein, so ist dem Landesarbeitsgericht auch darin zu folgen, dass das Vorbringen der Beklagten den Anforderungen an die Darlegung betriebsbedingter Kündigungsgründe iSd. § 1 Abs. 2 KSchG nicht genügt. Wenn sich die Beklagte in den Tatsacheninstanzen darauf beschränkt hat, unter Hinweis auf den Interessenausgleich lediglich ohne nähere Angaben abstrakt die Reduzierung einer Arbeitsmenge um einen gewissen Prozentsatz vorzutragen, so lässt sich daraus noch nicht entnehmen, ob tatsächlich aus dringenden betrieblichen Erfordernissen das Beschäftigungsbedürfnis für die Klägerin entfallen ist.
Hiergegen erhebt die Revision auch keine konkreten Einwendungen. In ihren erst- und zweitinstanzlichen Schriftsätzen, auf die sie pauschal Bezug nimmt, hat sich die Beklagte durchgängig lediglich auf die erleichterten Voraussetzungen einer Darlegung gem. § 1 Abs. 5 KSchG berufen, ohne ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung schlüssig darzulegen.
III. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Fundstelle(n):
VAAAC-57596
1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein