OFD Frankfurt am Main - S 2135 A - 8 - St 210

Ertragsteuerliche Auswirkungen der Veräußerung von Grundstücken nach der Entnahme aus oder der Einlage in ein land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen

(BStBl 2000 I S. 1383)
Hinweis: die angegebenen Randziffern beziehen sich auf das ESt-Kartei § 23 Karte 6

1. Allgemeines

Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sind Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre (bei Veräußerungen ab Veranlagungszeiträumen 1999) beträgt, private Veräußerungsgeschäfte, die der Besteuerung zu unterwerfen sind.

2. Privates Veräußerungsgeschäft i.S. des § 23 EStG nach einer Entnahme von Grund und Boden

Wird zuvor aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen entnommener Grund und Boden veräußert ist stets zu prüfen, ob durch den Veräußerungsvorgang ein steuerlich relevanter Sachverhalt verwirklicht worden ist Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Enmahmevorgang ein die Zehnjahresfrist in Gang setzendes Ereignis ist (§ 23 Abs. 1 Satz 2 EStG).

Der Veräußerungsgewinn ist nach § 23 Abs. 3 EStG der Unterschied zwischen dem Veräußerungspreis und dem Entnahmewert nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 EStG (Rz. 33). Auch wenn der Grund und Boden während der Zugehörigkeit zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen pauschal nach § 55 EStG bewertet worden ist kann dieser Wert nicht als maßgeblicher Entnahmewert für die Ermittlung des Gewinns aus dem privaten Veräußerungsgeschäft angesetzt werden. Der Ermittlung des Veräußerungsgewinns ist der seinerzeit für die Entnahme anzusetzende Teilwert zu Grunde zu legen.

Die vorstehenden Grundsätze sind auch zu beachten, soweit der Veräußerer das Wirtschaftsgut im Wege der Gesamt-/Einzelrechtsnachfolge unentgeltlich erworben hat. Die beim Rechtsvorgänger beachtlichen Zeitpunkte und Wertansätze sind auch für den Einzelrechtsnachfolger bindend (§ 23 Abs. 1 Satz 3 EStG).

3. Betrieblicher Veräußerungsgewinn/privates Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 EStG nach Einlage von Grund und Boden in das Betriebsvermögen

Veräußert der Land- und Forstwirt ein Grundstück, das er zuvor in sein Betriebsvermögen eingelegt hat, entsteht in Höhe des Unterschieds zwischen dem jeweiligen Veräußerungspreis und dem Buchwert (Einlagewert) ein im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Steuerpflichtigen zu erfassender Veräußerungsgewinn. Darüber hinaus ist des Weiteren unabhängig noch zu prüfen ob auf Grund des Veräußerungsvorgangs auch ein Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft verwirklicht worden ist.

Grundsätzlich stellt die Einlage eines Grundstückes in ein Betriebsvermögen keine Veräußerung dar (Rz. 2). Die Einlage gilt jedoch dann nachträglich als Veräußerung, wenn bei einer nach dem (§ 52 Abs. 39 Satz 3 EStG) erfolgten Einlage das Grundstück innerhalb von 10 Jahren nach seiner tatsächlichen Anschaffung aus dem Betriebsvermögen heraus veräußert wird (§ 23 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 EStG; vgl. auch Rz. 3). Der Gewinn aus dem privaten Veräußerungsgeschäft umfasst jedoch nur den Unterschied zwischen dem Einlagewert und den ursprünglichen Anschaffungskosten (§ 23 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 EStG; Rz. 35). Der private Veräußerungsgewinn ist nicht wie der betriebliche Veräußerungsgewinn im Wirtschaftsjahr der Entstehung sondern erst im Kalenderjahr des Zuflusses des Kaufpreises zu erfassen (§ 23 Abs. 3 Satz 7 EStG).

4. Veräußerung von Wirtschaftsgütern, die dem Betriebsleiter oder Altenteilern zu Wohnzwecken dienten, nach Abwahl der Nutzungswertbesteuerung

Auch wenn der Gewinn aus der Entnahme der Betriebsleiter- oder Altenteilerwohnung und des dazugehörenden Grund und Bodens nach Abwahl der Nutzungswertbesteuerung gem. § 52 Abs. 15 EStG a.F. außer Ansatz geblieben ist, setzt diese Entnahme dennoch die Frist nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG in Gang. Fristbeginn ist der Zeitpunkt zu dem letztmals der Nutzungswert der Wohnung nach § 13 Abs. 2 und § 13a Abs. 3 Nr. 4 und Abs. 7 EStG a.F. angesetzt worden ist (§ 52 Abs. 15 Satz 6 EStG a.F.).

Wird der zuvor steuerfrei entnommene Grund und Boden innerhalb der Zehnjahresfrist veräußert, so ist ein privates Veräußerungsgeschäft zu erfassen, es sei denn, der Ausnahmetatbestand nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG (Veräußerung einer durchgängig innerhalb der Zweijahresfrist vom Steuerpflichtigen selbstgenutzten Wohnung Rz. 16 ff) findet Anwendung. Die OFD bittet zu beachten, dass eine Altenteilerwohnung nicht unter diesen Ausnahmetatbestand fällt.

Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns ist der Teilwert des Altenteiler- oder Betriebsterterwohngrundstückes von Bedeutung. Da dieser aber bei der Überführung in das Privatvermögen in der Regel nicht ermittelt worden ist, ist dessen Höhe vom Steuerpflichtigen in geeigneter Weise nachzuweisen bzw. glaubhaft zu machen.

5. Private Veräußerungsgeschäfte bei Umfegungsverfahren

Die zwangsweise Ersatzbeschaffung im Zusammenhang mit der Enteignung eines Grundstückes behandelt die Rechtsprechung ausnahmsweise nicht als Veräußerung des hingegebenen und Neuanschaffung des erhaltenen Grundstückes i.S.v. § 23 EStG, wenn ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht. Zudem müssen die Grundstücke im Wesentlichen dieselbe oder eine entsprechende Aufgabe erfüllen. Die Auswechslung darf nicht zur bedeutsamen Besser- oder Schlechterstellung des Steuerpflichtigen führen (Art-, Wert- und Funktionsähnlichkeit).

Dieser für den Fall der Enteignung entwickelte Grundsatz gilt auch dann, wenn Land im Zuge eines Umlegungsverfahrens ausgetauscht wird (siehe auch Landwirtschaftskartei Fach 10 Karte 2). Ist danach im Hinblick auf § 23 EStG ein im Umlegungsverfahren zugeteiltes Grundstück als mit dem in des Umlegungsverfahren eingebrachten Grundstück identisch anzusehen, folgt daraus, dass im Falle der Veräußerung des Ersatzlandes für die Berechnung der Zehnjahresfrist des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht der Tag der Zuteilung dieses Grundstückes zu Grunde gelegt werden kann, sondern der Zeitpunkt, in dem das in die Umlegung einbezogene Grundstück erworben worden ist ( BStBl 1974 II S. 606). Die Hingabe und der Erhalt eines Grundstückes im Umlegungsverfahren sind daher grundsätzlich weder eine Veräußerung noch eine Anschaffung, so dass kein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG vorliegt.

a) Mehrzuteilung

Wird einem Grundstückseigentümer im Rahmen des Umlegungsverfahrens ein Grundstück gegen Zuzahlung eines Geldbetrages zugeiern, liegt ein Anschaffungsgeschäft im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG insoweit vor, als die Zuzahlung für eine den Sollanspruch (§ 56 Abs. 1 Satz 1 BauGS) wesentlich übersteigende Mehrzuteilung zu leisten ist ( FR 1996 S. 618 – in diesem Streitfall hatten die Steuerpflichtigen ein Grundstück erhalten, das einen Wert von 170 v.H der hingegebenen Grundstücke hatte –). Der Sollanspruch gibt den Zuteilungsanspruch in Geld wieder.

b) Minderzuteilung

Erhalt der Steuerpflichtige neben dem Grundstück eine Zuzahlung, liegt insoweit eine Veräußerung im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG vor, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung des in die Umlegungsmasse eingeworfenen Grundstücks und dem Zeitpunkt, zu dem die Unanfechtbarkeit des Umlegungsplanes bekannt gemacht wird, nicht mehr als zehn Jahre beträgt.

Ein ausführliches BMF-Schreiben zur einkommensteuerlichen Behandlung von Grundstucksübertragungen bei Baulandumlegungen. Flurbereinigungen und freiwilligem Landtausch befindet sich derzeit in Arbeit.

6. Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels

Die Veräußerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke kann Gegenstand eines selbstständigen gewerblichen Unternehmens sein ( Tz. 27 – EStR 2006 Anhang 17). Hierbei sind zwei mögliche Sachverhaltsgestaltungen zu unterscheiden

  • Hat der Land- und Forstwirt schon mit Tätigkeiten begonnen, die objektiv erkennbar auf die Vorbereitung von Grundstücksgeschäften gerichtet sind, wechseln die Grundstücke auch bei zunächst unveränderter Nutzung nach § 6 Abs. 5 EStG zum Buchwert aus dem Anlagevermögen des landwirtschaftlichen Betriebes in das Umlaufvermögen das Gewerbebetriebes gewerblicher Grundstückhandel.

  • Überführt der Land- und Forstwirt ein Grundstück anlässlich einer Betriebsaufgabe in das Privatvermögen, liegt dann eine Entnahme. Wird das Grundstück später veräußert, ist bei der Anwendung der Grundsätze zum zeitlichen Zusammenhang der Zeitraum, in dem sich das Grundstück vor seiner steuerpflichtigen Entnahme im Betriebsvermögen befunden hat, mitzurechnen.

Sollten die Voraussetzungen für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels nicht erfüllt sein, ist stets zu prüfen ob der Gewinn aus der Veräußerung der entnommenen Grundstücke nach § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG der Einkommensbesteuerung unterliegt.

OFD Frankfurt am Main v. - S 2135 A - 8 - St 210

Fundstelle(n):
OAAAC-53644