BAG Urteil v. - 7 AZR 621/06

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: GG Art. 12 Abs. 1; BGB § 242; ZPO § 551 Abs. 3 Nr. 2b

Instanzenzug: ArbG Regensburg 8 Ca 589/05 vom LAG München 6 Sa 1177/05 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger als Schreinermeister wieder einzustellen.

Der Kläger war vom bis zum als Schreinermeister bei dem Beklagten, der ein Treppenwerk betreibt, beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete auf Grund ordentlicher betriebsbedingter Kündigung des Beklagten vom mit Ablauf des . Der Kläger erhob gegen die Kündigung keine Kündigungsschutzklage.

Mit der am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger seine Wiedereinstellung als Schreinermeister zu den früheren Arbeitsbedingungen mit sofortiger Wirkung verlangt.

Der Kläger hat vorgetragen, nach dem festgestellt zu haben, dass die Schreinerei entgegen den Angaben des Beklagten im Kündigungsschreiben nicht stillgelegt worden sei, sondern weiter betrieben werde. Der Beklagte habe von Anfang an nicht die Absicht gehabt, die Schreinerei stillzulegen. Sein Arbeitsplatz sei daher nicht weggefallen, weshalb der Beklagte verpflichtet sei, ihn zu den früheren Arbeitsbedingungen wiedereinzustellen, zumal der Beklagte die beiden anderen Mitarbeiter der Schreinerei N und H, deren Arbeitsverhältnisse ursprünglich ebenfalls zum gekündigt worden waren, nach Rücknahme der Kündigungen über den hinaus unstreitig weiterbeschäftigt habe.

Der Kläger hat beantragt

den Beklagten zu verurteilen, den Kläger mit sofortiger Wirkung zu den alten Arbeitsbedingungen als Schreinermeister wieder einzustellen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Gründe

Die Revision ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, den Kläger als Schreinermeister zu den früheren Arbeitsbedingungen wieder einzustellen. Die Voraussetzungen für einen Wiedereinstellungsanspruch liegen nicht vor.

I. Die Klage ist zulässig. Der auf Wiedereinstellung gerichtete Klageantrag ist auf Grund der gebotenen Antragsauslegung dahin zu verstehen, dass der Beklagte zur Annahme eines in der Klage liegenden Angebots des Klägers auf Abschluss eines Arbeitsvertrags verurteilt werden soll (vgl. hierzu etwa - BAGE 95, 171 = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 6 = EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 5, zu I A der Gründe mwN).

II. Die Klage ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass der Beklagte nicht verpflichtet ist, den Kläger als Schreinermeister wieder einzustellen.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Arbeitgeber verpflichtet sein, einen Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis er wirksam betriebsbedingt gekündigt hat, wieder einzustellen, wenn sich in der Zeit zwischen dem Ausspruch der Kündigung und dem Ablauf der Kündigungsfrist unvorhergesehen eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer ergibt (vgl. etwa - BAGE 95, 171 = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 6 = EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 5, zu II B 1 der Gründe mzwN auf Rechtsprechung und Schrifttum). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats folgt der Wiedereinstellungsanspruch aus einer vertraglichen, den Vorgaben des Kündigungsschutzgesetzes und der staatlichen Schutzpflicht aus Art. 12 Abs. 1 GG Rechnung tragenden, letztlich auf § 242 BGB beruhenden arbeitsvertraglichen Nebenpflicht ( - aaO, zu II B 2 und 3 der Gründe). Der Wiedereinstellungsanspruch entspricht dem durch § 1 KSchG intendierten Bestandsschutz und stellt ein notwendiges Korrektiv für die Fälle dar, in denen die betriebsbedingte Kündigung auf Grund des maßgeblichen Prüfungszeitpunkts ihres Ausspruchs zwar wirksam ist, die maßgeblichen Umstände sich aber noch während der Kündigungsfrist entgegen der im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung angestellten Prognose nachträglich ändern ( - aaO, zu II B 2 der Gründe; - 7 AZR 600/00 - BAGE 100, 304 = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 11 = EzA BGB § 620 Nr. 189, zu B II 1 a der Gründe). Danach besteht grundsätzlich ein Wiedereinstellungsanspruch, wenn wider Erwarten der bisherige Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers doch erhalten bleibt oder wenn sich eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit auf einem unvorhergesehenermaßen frei werdenden oder neu geschaffenen Arbeitsplatz ergibt, auf den der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ohne Änderung des Arbeitsvertrags einseitig umsetzen könnte ( - aaO, zu II B 3 a der Gründe). Ein Wiedereinstellungsanspruch besteht grundsätzlich nicht, wenn sich die für die betriebsbedingte Kündigung maßgeblichen Umstände erst nach Ablauf der Kündigungsfrist ändern, da mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch die Interessenwahrungspflichten enden. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehen nur noch nachvertragliche Pflichten, die allenfalls in besonderen Ausnahmefällen geeignet sind, einen Wiedereinstellungsanspruch zu begründen ( - aaO, zu II B 3 b der Gründe).

2. Nach diesen Grundsätzen hat das Landesarbeitsgericht einen Wiedereinstellungsanspruch des Klägers zu Recht verneint. Das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger wurde nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts am wegen der zum beabsichtigten Schließung der Schreinerei und dem damit verbundenen Wegfall des Arbeitsplatzes des Klägers als Schreinermeister gekündigt. Die für die Kündigung maßgeblichen Umstände haben sich während der Dauer der Kündigungsfrist nicht oder jedenfalls nicht in einer Weise geändert, dass dies einen Wiedereinstellungsanspruch des Klägers begründen könnte.

Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hatte der Beklagte die Entscheidung getroffen, Holztreppenstufen, die bisher in der eigenen Schreinerei gefertigt wurden, künftig fremd fertigen zu lassen, was zur Schließung der Schreinerei führte. Dadurch ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts der Arbeitsplatz des Klägers als Schreinermeister entfallen. Die Fremdfertigung der Holztreppenstufen erfolgte zwar nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten in den Vorinstanzen nicht, wie im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung geplant, ab , sondern erst ab Ende Februar 2005, da bis dahin noch Arbeiten mit selbst produzierten Holztreppenstufen an einer Baustelle zu erledigen waren und erst zu diesem Zeitpunkt ein Holztreppenstufenlieferant gefunden werden konnte. Diese geringfügige zeitliche Diskrepanz zwischen der ursprünglichen Planung und der tatsächlichen Einstellung der Treppenstufenfertigung ist jedoch nicht geeignet, einen Wiedereinstellungsanspruch des Klägers zu begründen, da sich während der Kündigungsfrist keine dauerhafte Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des Klägers als Schreinermeister ergeben hat.

Auf die erst später realisierte Fremdfertigung der Holztreppenstufen beruft sich auch der Kläger selbst nicht. Er macht vielmehr geltend, ihm sei wegen einer in Wirklichkeit gar nicht bestehenden Teilbetriebsstilllegungsabsicht gekündigt worden. Der Beklagte habe ihn über die angebliche Schließung der Schreinerei getäuscht. Es kann dahinstehen, ob dieses Vorbringen überhaupt geeignet ist, einen Wiedereinstellungsanspruch zu begründen. Das Fehlen eines Kündigungsgrundes bereits bei Ausspruch der Kündigung ist nicht mit einer auf Wiedereinstellung gerichteten Klage, sondern mit einer Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG geltend zu machen. Der Berufung des Klägers auf die angebliche Täuschung durch den Beklagten stehen jedenfalls die tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts entgegen. Danach hat der Beklagte die Schreinerei geschlossen, was zum Wegfall des Arbeitsplatzes des Klägers als Schreinermeister führte. Diese tatsächlichen Feststellungen sind für den Senat nach § 559 Abs. 2 ZPO bindend, da der Kläger hiergegen keinen begründeten Revisionsangriff erhoben hat. Der Kläger wendet sich zwar gegen diese tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts mit einer Verfahrensrüge und beruft sich darauf, das Landesarbeitsgericht habe seine Beweisangebote auf Seite 2 des Schriftsatzes vom zur unveränderten Weiterbeschäftigung der früher in der Schreinerei beschäftigten Arbeitnehmer N und H übergangen. Die Verfahrensrüge ist jedoch unzulässig.

a) Verfahrensrügen müssen nach § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben, auf den die Revision gestützt werden soll. Dabei muss die Kausalität zwischen dem Verfahrensmangel und dem Ergebnis des Berufungsurteils dargelegt werden ( -BAGE 109, 145 = AP ArbGG 1979 § 74 Nr. 11 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 1, zu II 2 b der Gründe). Bei einer auf § 286 ZPO gestützten Rüge übergangenen Beweisantritts muss angegeben werden, zu welchem Sachvortrag das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft eine an sich gebotene Beweisaufnahme unterlassen haben soll und welches Ergebnis diese Beweisaufnahme erbracht hätte. Außerdem muss dargelegt werden, dass die Unterlassung der Beweisaufnahme kausal für die Entscheidung gewesen ist ( - aaO, zu II 3 d aa der Gründe mwN).

b) Diesen Anforderungen entsprechen die Darlegungen des Klägers nicht. Der Kläger hat nicht dargetan, welches Ergebnis eine Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen H und N erbracht hätte. Er hat lediglich vorgetragen, die Zeugen hätten Auskunft erteilen können, ob die Schreinerei tatsächlich stillgelegt wurde und für welche Tätigkeiten sie nunmehr eingesetzt werden. Dies genügt zur Begründung der Verfahrensrüge nicht, da sich hieraus nicht ergibt, welche Tatsachen die Zeugen bekundet hätten. Außerdem hat der Kläger nicht dargelegt, dass der Rechtsstreit auf Grund der Vernehmung der Zeugen N und H möglicherweise zu seinen Gunsten entschieden worden wäre. Selbst wenn die Zeugen seinen Vortrag auf Seite 2 des Schriftsatzes vom bestätigt und ausgesagt hätten, "unverändert" weiterbeschäftigt worden zu sein, hätte dies seiner Klage nicht zum Erfolg verholfen. Allein aus dem Umstand, dass für die Mitarbeiter N und H nach dem Beschäftigungsmöglichkeiten mit Schreinerarbeiten vorhanden waren, ergibt sich nicht, dass auch eine Beschäftigungsmöglichkeit für einen Schreinermeister bestand. Allein dies ist für das Klagebegehren entscheidungserheblich. Der Kläger selbst hat nicht behauptet, dass die Arbeitnehmer N und H mit Tätigkeiten eines Schreinermeisters beschäftigt wurden.

3. Soweit der Kläger mit der Revision den Wiedereinstellungsanspruch auf eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes stützt, kann dahinstehen, ob der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz geeignet ist, einen Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrags zu begründen oder ob insoweit der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang genießt. Denn für die Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber den Arbeitnehmern N und H besteht ein sachlicher Grund.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. hierzu etwa - AP BAT-O § 1 Nr. 17 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 16, zu B III 1 der Gründe) verbietet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern einer bestimmten Ordnung. Eine Differenzierung ist sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten nachvollziehbaren Gründe gibt (vgl. - BVerfGE 71, 39, 58; - aaO).

b) Danach hat der Beklagte den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht dadurch verletzt, dass er den Kläger im Gegensatz zu den Arbeitnehmern N und H nicht wieder eingestellt hat. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts werden die Arbeitnehmer N und H mit Abwicklungs-, Montage- und Reparaturarbeiten beschäftigt, dh. mit Tätigkeiten einfacher Art und nicht als Schreinermeister. Auch der Kläger selbst hat nicht behauptet, dass die Arbeitnehmer N und H die Tätigkeiten eines Schreinermeisters ausüben. Für einen Schreinermeister gibt es nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts im Betrieb des Beklagten keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr. Damit besteht für die Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber den Arbeitnehmern N und H ein nachvollziehbarer sachlicher Grund. Deshalb liegt entgegen der Auffassung der Revision "in den genannten Vorgängen" auch kein widersprüchliches, gegen § 242 BGB verstoßendes Verhalten des Beklagten.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
PAAAC-53058

1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein