Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: TVG § 1; RTV 2003 § 7
Instanzenzug: ArbG Dresden 16 Ca 4103/04 vom Sächsisches LAG 5 (10) Sa 1015/04 vom
Tatbestand
Der Kläger erstrebt mit seiner Zahlungsklage die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des restlichen Lohns für die Monate Juni bis September 2004. Dabei streiten die Parteien über die tarifgerechte Eingruppierung des Klägers.
Der am geborene Kläger verfügt über eine abgeschlossene Berufsausbildung als Gebäudereiniger mit einer Ausbildungszeit von zwei Jahren. Er ist bei der Beklagten, die eine Gebäudereinigung betreibt, unter Einrechnung seiner Beschäftigungszeit bei ihrer Rechtsvorgängerin seit dem als Glas- und Gebäudereiniger beschäftigt. Für das Arbeitsverhältnis gelten die allgemeinverbindlichen Tarifverträge für gewerbliche Arbeitnehmer der Gebäudereinigung. Die Eingruppierung des Klägers bestimmte sich demzufolge bis zum nach dem (allgemeinverbindlichen) Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten im Gebäudereinigerhandwerk vom (RTV 2000). Der RTV 2000 wurde mit Wirkung vom durch den (ebenfalls allgemeinverbindlichen) Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung vom (RTV 2003) abgelöst, dessen Regelungen zur Eingruppierung der Beschäftigten grundlegend von denjenigen des RTV 2000 abweichen und keine Überleitungsregelung enthalten.
Überwiegend verrichtet der Kläger Glasreinigungen. Seit Mai 2003 erhielt er von der Beklagten den seinerzeitigen Facharbeiterlohn (Ecklohn A) in Höhe von 8,04 Euro. Für die Monate Juni bis September 2004 erhebt der Kläger Anspruch auf den Tariflohn der Lohngr. 7 in Höhe von 8,42 Euro in der Stunde. Vergütet wurde er in diesem Zeitraum nach der Lohngr. 6. Die Vergütungsdifferenz für die genannten Monate beläuft sich rechnerisch unstreitig auf insgesamt 752,18 Euro.
Der Kläger hat vorgetragen, für seine Tätigkeit benötige er die in seiner Ausbildung erlernten Kenntnisse und Fertigkeiten. Die Eingruppierung in die Lohngruppen des RTV 2003 hänge nicht von einer Mehrzahl von Tätigkeiten ab und erfordere auch nicht den Einsatz als Allrounder. Es genüge ein Teilbereich aus dem Berufsbild des Gebäudereinigers. Die von ihm erlernten Fertigkeiten und Kenntnisse seien für die Glasreinigung erforderlich.
Der Kläger hat beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Restvergütung für Juni 2004 in Höhe von 253,33 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz hieraus ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger restliches Arbeitsentgelt für Juli 2004 in Höhe von 207,93 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger restlichen Lohn für August 2004 in Höhe von 15,93 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung dieses Schriftsatzes zu zahlen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger restlichen Lohn für September 2004 in Höhe von 274,99 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung dieses Schriftsatzes zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, der Kläger habe über den ihm gewährten Lohn hinaus keinen weiteren Anspruch, denn er sei in Lohngr. 6 einzuordnen. Für die Eingruppierung maßgebend sei nicht die Qualifikation, sondern die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit. Sämtliche Lohngruppen umfassten auch Tätigkeiten, für die Kenntnisse und Fertigkeiten, die in einer dreijährigen Berufsausbildung vermittelt würden, erforderlich seien. In Lohngr. 7 sei der Beschäftigte nur dann einzugruppieren, wenn für die Tätigkeit der gesamte Kenntnisstand und Fertigkeitsgrad, der in einer dreijährigen Berufsausbildung vermittelt werde, erforderlich sei. Demgemäß sei nur der sog. Allrounder nach Lohngr. 7 zu vergüten. Tätigkeiten im Teilbereich Glasreinigung seien nach der Lohngr. 5 oder 6 zu entlohnen. Der Kläger sei ausschließlich in der Glasreinigung tätig gewesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Gründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Mit Recht und mit im Wesentlichen zutreffender Begründung hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen.
I. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Lohn nach Lohngr. 7 RTV 2003 und demzufolge auch keinen Anspruch auf Nachzahlung der mit dem Zahlungsantrag geforderten Vergütungsdifferenz in Höhe von insgesamt 752,18 Euro nebst Verzugszinsen. Er ist nicht in Lohngr. 7 des § 7 Ziff. 3.2 RTV 2003 eingruppiert.
1. Für die Parteien gelten, wovon diese auch übereinstimmend ausgehen, gem. § 5 Abs. 4 TVG unmittelbar und zwingend (vgl. § 4 Abs. 1 TVG) die Normen des RTV 2003, da dieser ab dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens am für allgemeinverbindlich erklärt worden ist.
2. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es vorrangig auf § 7 RTV 2003 an. Soweit für die Entscheidung des Rechtsstreits von Interesse lautet dieser:
"§ 7 Lohn und Eingruppierung
...
3. Lohngruppen
3.1 Eingruppierungsgrundsätze
3.1.1 Der/die Beschäftigte werden aufgrund ihrer überwiegenden Tätigkeit in eine Lohngruppe dieses Tarifvertrages eingruppiert. Für die Eingruppierung ist ausschließlich die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit maßgebend.
...
3.2 Lohngruppen
Lohngruppe 1
Innen- und Unterhaltsreinigungsarbeiten
Lohngruppe 2
OP-, Isolier-, Intensiv-Räume, sowie TBC-Krankenstationen, Isotopenlabors (Qualifizierte Innen- und Unterhaltsreinigungsarbeiten)
Lohngruppe 3
Innen- und Unterhaltsreinigungsarbeiten, die eine zusätzliche, anerkannte Qualifizierung erfordern (Desinfektor/in, Schädlingsbekämpfer/in, Strahlenschutz-, Gift- und Umweltschutz-Beauftragte/r)
Lohngruppe 4
Bauschlussreinigungsarbeiten und Vorarbeiter/innen* in der Innen- und Unterhaltsreinigung
Lohngruppe 5
Hilfsarbeiten in der Glas- und Außenreinigung
Lohngruppe 6
Reinigungsarbeiten in fachlichen Teilbereichen der Glas- und Außenreinigung
Lohngruppe 7
Tätigkeiten, für die Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind, die durch eine mindestens dreijährige Berufsausbildung vermittelt werden
Lohngruppe 8
Geselle/Gesellin mit Ausbildereignungsprüfung, dem/der die Verantwortung für die Lehrlingsausbildung übertragen worden ist
Lohngruppe 9
Fachvorarbeiter/in* in der Glas- und Außenreinigung
4. Lohn jugendlicher Beschäftigter
Beschäftigte ohne abgeschlossene Ausbildungszeit erhalten bis zum vollendeten 18. Lebensjahr 70 v. H. des Tarifstundenlohnes gemäß Eingruppierung § 7 Ziff. 3.2.
5. Ausbildungsvergütungen
Die Ausbildungsvergütungen werden im Lohntarifvertrag geregelt.
6. Lohn vor und nach abgeschlossener Ausbildung
6.1 Beschäftigte, deren Ausbildungszeit abgelaufen ist und die aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, noch keine Gesellenprüfung ablegen konnten, haben Anspruch auf 95 % des Lohnes der Lohngruppe 7. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Lohn und dem Lohn der Lohngruppe 7 ist ihnen nach bestandener Gesellenprüfung vom Ablauf der Ausbildungsvertragszeit an nachzuzahlen.
6.2 Wird die Gesellenprüfung erfolgreich vor Ablauf des Ausbildungsverhältnisses abgelegt, so ist der Lohn der Lohngruppe 7 vom Tage der Gesellenprüfung an zu zahlen.
...
* Das sind Beschäftigte, die vom Arbeitgeber schriftlich zum/zur Fachvor- bzw. Vorarbeiter/in ernannt worden sind."
3. Der Kläger ist danach auf der Grundlage seines Vortrags mit der von ihm ausgeübten Tätigkeit nicht in Lohngr. 7 eingruppiert, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat.
a) Das Landesarbeitsgericht hat kurz zusammengefasst ausgeführt, die Lohngr. 7 sei nicht nur dem sog. Allrounder vorbehalten. Die Eingruppierung in diese Lohngruppe setze aber voraus, dass für die vom Beschäftigten überwiegend tatsächlich ausgeübte Tätigkeit Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich seien, die durch eine mindestens dreijährige Berufsausbildung vermittelt werden. Danach sei der Kläger nicht in Lohngr. 7 eingruppiert. Denn sein Sachvortrag lasse im Einzelnen nicht erkennen, die von ihm zu verrichtenden Tätigkeiten seien so beschaffen, dass sie die nach der Lohngr. 7 verlangten Kenntnisse und Fertigkeiten erfordern.
b) Der Senat folgt diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sowohl bezüglich der Auslegung des § 7 Ziff. 3.2 RTV 2003 Lohngr. 7 als auch bezüglich dessen Anwendung auf den vorliegenden Fall.
aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (Senat - 4 AZR 6/04 - BAGE 113, 291, 299 mwN).
bb) Aus Wortlaut, Gesamtzusammenhang und Tarifgeschichte als den vorrangig für die Tarifauslegung maßgeblichen Kriterien folgt, dass ein Beschäftigter in Lohngr. 7 eingruppiert ist, wenn er tatsächlich überwiegend Tätigkeiten ausübt, die Kenntnisse und Fertigkeiten erfordern, für die eine dreijährige Berufsausbildung benötigt wird; dabei genügt es, wenn sich seine Tätigkeiten auf einen Tätigkeitsbereich der Gebäudereinigung, wie etwa den der Glasreinigung, beschränken.
(1) Das Tätigkeitsmerkmal der Lohngr. 7 erfordert zunächst nicht, dass der Beschäftigte für die Eingruppierung in diese Lohngruppe über eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung zum Gebäudereiniger/zur Gebäudereinigerin verfügen muss. Das folgt schon aus dem Wortlaut des Tätigkeitsmerkmals der Lohngr. 7 selbst. Dieses stellt nicht auf die Anforderung der abgeschlossenen Berufsausbildung als Gebäudereiniger ab, sondern fordert die Ausübung von Tätigkeiten, für die Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind, die durch eine mindestens dreijährige Berufsausbildung vermittelt werden. Demgegenüber erfordert die Eingruppierung in Lohngr. 8 die abgeschlossene Berufsausbildung. Denn dort ist die Anforderung "Geselle/Gesellin" (mit Ausbildereignungsprüfung) aufgestellt. Die Tarifgeschichte bestätigt die Entbehrlichkeit der abgeschlossenen Berufsausbildung für Lohngr. 7. Denn der RTV 2000 stellte in § 7 Ziff. 3 für den Anspruch auf den Ecklohn des Facharbeiters/der Facharbeiterin im Tätigkeitsbereich (1) - Glasreinigung und Gebäude-Außenreinigung folgende Voraussetzungen auf: "Das sind Beschäftigte mit abgeschlossener Berufsausbildung und Beschäftigte, die erfolgreich die Gesellenprüfung abgelegt haben und in allen Fachbereichen des Gebäudereiniger-Handwerks eingesetzt werden können." Die formale Qualifikation ist aber nicht mehr Anknüpfungspunkt für die Eingruppierung in die Lohngr. 7 nach dem RTV 2003. Auch der Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks, Bonn, führt in einem Schreiben an die Gebäudereiniger Innung Düsseldorf vom zur Lohngr. 7 aus: "Die neuen Eingruppierungs- und Entlohnungsgrundsätze lassen es im Gegensatz zu früher nun auch zu, besonders qualifizierten Mitarbeitern, die durch erhebliche Erfahrung überwiegend mit Tätigkeiten befasst sind, für die an sich eine dreijährige Ausbildung erforderlich ist, diese aber nicht besitzen, dort einzugruppieren und zu entlohnen." Die Beklagte macht ebenfalls nicht geltend, die Eingruppierung in Lohngr. 7 setze die erfolgreiche Ablegung der Gesellenprüfung nach erforderlicher mindestens dreijähriger Berufsausbildung voraus.
(2) Andererseits ist ein Beschäftigter nicht - unabhängig von der Art der von ihm überwiegend ausgeübten Tätigkeit - bereits dann in Lohngr. 7 eingruppiert, wenn er über eine abgeschlossene mindestens dreijährige Ausbildung zum Gebäudereiniger verfügt.
(a) Dies folgt aus dem klaren Wortlaut des § 7 Ziff. 3.1.1 Satz 2 RTV 2003: "Für die Eingruppierung ist ausschließlich die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit maßgebend."
Das Tarifrecht der Gebäudereinigung hat mit dieser Regelung eindeutig Abschied von der Bezahlung allein nach der formalen Qualifikation des Gebäudereinigergesellen genommen, wie sie noch der RTV 2000 vorsah. Die Tarifauslegung, es komme für die Eingruppierung in Lohngr. 7 nach wie vor allein auf die formale Qualifikation als Gebäudereinigergeselle an, wird auch nicht durch die Regelung in § 7 Ziff. 6 "Lohn vor und nach abgeschlossener Ausbildung" gestützt. Dabei handelt es sich um eine Sonderregelung der Vergütung für den Zeitraum des Wechsels des Auszubildenden zum Gebäudereiniger aus dem Ausbildungsverhältnis in das Arbeitsverhältnis. Diese Sonderregelung war auch schon in dem RTV 2000 enthalten (dort § 7 Ziff. 7). Die Systematik des § 7 RTV 2003 weist aus, dass es sich bei der Bestimmung des § 7 Ziff. 6 nach dem Verständnis der Tarifvertragsparteien nicht um eine Eingruppierungsregelung handelt. Mit der Eingruppierung in die Lohngruppen des RTV 2003 befasst sich allein und abschließend § 7 Ziff. 3. In Ziff. 3.1 sind die Eingruppierungsgrundsätze des RTV 2003, in Ziff. 3.2 die Tätigkeitsmerkmale der insgesamt neun Lohngruppen geregelt. Die Bestimmungen der nachfolgenden Ziff. 4 bis 8 des § 7 befassen sich demgegenüber nicht mit der Eingruppierung des Beschäftigten. Insbesondere in § 7 Ziff. 6 RTV 2003 ist nicht bestimmt, dass die dort aufgeführten Beschäftigten in Lohngr. 7 "eingruppiert" werden müssen.
(b) Auch der Kläger geht davon aus, dass seine formale Qualifikation als Gebäudereinigergeselle seine Eingruppierung in Lohngr. 7 nicht rechtfertigt, sondern es dafür auf die überwiegende Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit ankommt.
(3) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein Beschäftigter mit von ihm tatsächlich überwiegend ausgeübten Tätigkeiten allein in einer "Beschäftigungsart" bzw. in einem "Tätigkeitsbereich" oder "Arbeitsbereich" - dies sind nach der Terminologie des RTV 2003 Synonyme (vgl. § 7 Ziff. 2) - der Gebäudereinigung in Lohngr. 7 einzugruppieren, wenn für den Tätigkeitsbereich die durch eine mindestens dreijährige Berufsausbildung vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten benötigt werden. Die Eingruppierung in Lohngr. 7 setzt also nicht die tatsächliche Ausübung der Facharbeitertätigkeit als Gebäudereinigergeselle in allen Tätigkeitsbereichen der Gebäudereinigung, wie sie in § 1 II RTV 2003 aufgeführt sind, voraus. Die Lohngr. 7 ist damit nicht dem sog. "Allrounder" vorbehalten, wie die umfassend in allen Tätigkeitsbereichen der Gebäudereinigung eingesetzten Beschäftigten mit Gesellentätigkeit im Eingruppierungsrecht der Branche kurz bezeichnet werden.
(a) Für die Eingruppierung in Lohngr. 7 reicht es allerdings nicht aus, wenn ein Beschäftigter zwar Kenntnisse und Fertigkeiten benötigt, die in einer mindestens dreijährigen Berufsausbildung auch vermittelt werden, das volle Qualifikationsniveau des Ausbildungsberufs durch diese Tätigkeit dem Beschäftigten aber nicht abgefordert wird. Nimmt man den Text des Tätigkeitsmerkmals der Lohngr. 7 wörtlich, würden bereits die für eine Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten, die in den ersten sechs Monaten der Berufsausbildung vermittelt werden, also Anfängerkenntnisse des Berufs, für die Eingruppierung in Lohngr. 7 ausreichen, sofern sie für die ausgeübte Tätigkeit erforderlich sind. Denn auch dies sind Kenntnisse und Fertigkeiten, "die durch eine mindestens dreijährige Berufsausbildung vermittelt werden". Gleichwohl ist klar, was die Tarifvertragsparteien bestimmen wollten, nämlich dass die Eingruppierung in die Lohngr. 7 die Ausübung von Tätigkeiten voraussetzt, für die Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind, für deren Erwerb eine mindestens dreijährige Berufsausbildung "benötigt wird". Das Tätigkeitsmerkmal hätte auch nach dem Vorbild zahlreicher in der Vergütungsordnung zum BAT enthaltener Eingruppierungsmerkmale dahin gefasst werden können: "Gebäudereinigergesellen mit abgeschlossener dreijähriger Berufsausbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die auf Grund gleichwertiger Kenntnisse und Fertigkeiten entsprechende Tätigkeiten ausüben".
(b) Es ist aber ausreichend, wenn der Beschäftigte die Tätigkeit, die derjenigen eines Gebäudereinigergesellens mit dreijähriger Ausbildung entspricht, nur in einem "Tätigkeitsbereich" iSv. § 7 Ziff. 2 RTV 2003, also auf einem Teilgebiet der Gebäudereinigung ausübt.
(aa) Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des Tätigkeitsmerkmals. Darin wird nicht die Anforderung aufgestellt, dass für die Tätigkeit der Lohngr. 7 "alle" oder "sämtliche" Kenntnisse und Fertigkeiten gefordert werden, "die durch eine mindestens dreijährige Berufsausbildung vermittelt werden". Eine solche Auslegung würde auch nicht zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führen. "Der Aufgabenbereich des Gebäudereinigers ist außerordentlich vielseitig" (so die Blätter zur Berufskunde 1-XI B 201 Gebäudereiniger/Gebäudereinigerin Stand: April 2000 unter 1.1 Aufgaben). Nach der Regelung des betrieblichen Geltungsbereichs in § 1 II RTV 2003 sind der Gebäudereinigung im Sinne des Tarifvertrags die folgenden Tätigkeiten zuzurechnen:
"...
1. Reinigung, pflegende und schützende Nachbehandlung von Außenbauteilen an Bauwerken aller Art,
2. Reinigung, pflegende und schützende Behandlung von Innenbauteilen an Bauwerken aller Art, Gebäudeeinrichtungen, haustechnischen Anlagen sowie von Raumausstattungen und Verglasungen,
3. Reinigung und Pflege von maschinellen Einrichtungen sowie Beseitigung von Produktionsrückständen,
4. Reinigung und Pflege von Verkehrsmitteln, von Verkehrsanlagen und -einrichtungen sowie von Beleuchtungsanlagen,
5. Reinigung von Verkehrs- und Freiflächen einschließlich der Durchführung des Winterdienstes,
6. Durchführung von Dekontaminationsmaßnahmen,
7. Durchführung von Desinfektions- und Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen sowie von Arbeiten der Raumhygiene.
..."
Müsste der Beschäftigte in der Gebäudereinigung für die Eingruppierung in Lohngr. 7 - bei Erfüllung der sonstigen dort genannten Voraussetzungen - "Allrounder" sein, also tatsächlich Tätigkeiten eines Gebäudereinigergesellen auf allen Tätigkeitsbereichen des Berufs ausüben, könnte zB ein Gebäudereinigergeselle in einem Betrieb, der sich nicht mit der Durchführung von Dekontaminationsmaßnahmen befasst, nicht in Lohngr. 7 eingruppiert werden. Denn dies ist gem. § 1 II Ziff. 6 RTV 2003 eine der Gebäudereinigung zuzurechnende Tätigkeit. In kleinen, nicht in allen Tätigkeitsbereichen der Branche arbeitenden Unternehmen gäbe es daher nicht den tariflichen Anspruch auf Eingruppierung in die Lohngr. 7. In Großunternehmen mit Spezialisierung des Personals für bestimmte Tätigkeitsbereiche des Berufs wiederum würde die Eingruppierung des Gebäudereinigergesellen mit einer seinem Ausbildungsberuf entsprechenden Tätigkeit in Lohngr. 7 bei dieser Tarifauslegung daran scheitern, dass er nicht als Allrounder eingesetzt ist. Die Lohngr. 7 RTV 2003 wäre daher qualifikationsgemäß eingesetzten Gebäudereinigergesellen nur in einer geringen Anzahl von Fällen eröffnet.
(bb) Zudem wäre es bei Beschäftigten, die Gesellenarbeit in der Glas- und Außenreinigung ausüben, widersinnig, für deren Eingruppierung in Lohngr. 7 zu fordern, dass sie auch in allen anderen Tätigkeitsbereichen ihres Berufs dessen Anforderungen entsprechend tatsächlich tätig sein müssen. Denn die Lohngruppenregelung in § 7 Ziff. 3.2 RTV 2003 weist aus, dass die Tarifvertragsparteien Tätigkeiten in der Glas- und Außenreinigung eingruppierungsrechtlich am höchsten bewerten. Allein für diese Tätigkeitsbereiche, soweit in diesen Hilfsarbeiten oder Reinigungsarbeiten in deren fachlichen Teilbereichen ausgeübt werden, haben sie die Eingruppierung in die Lohngr. 5 bzw. 6 eröffnet, während derartige Tätigkeiten in den anderen Tätigkeitsbereichen nur eine niedrigere Eingruppierung begründen können. Dieses Bewertungsverhältnis gilt auch für die Facharbeiterebene. Denn allein dem Facharbeiter in der Glas- und Außenreinigung ist die Eingruppierung in Lohngr. 9 eröffnet. Es macht daher keinen Sinn, für die Eingruppierung eines Gesellenarbeit ausübenden Beschäftigten in Lohngr. 7 zu fordern, dass dieser nicht nur in der von den Tarifvertragsparteien in der Lohngruppensystematik am höchsten bewerteten Glas- und Außenreinigung arbeitet, sondern auch in Tätigkeitsbereichen, welche die Tarifvertragsparteien - zT deutlich - geringer bewerten.
(c) Glas- und Außenreinigung im Sinne des § 7 Ziff. 2 RTV 2003 und damit der Tätigkeitsmerkmale des § 7 Ziff. 3.2 RTV 2003 sind jedoch nicht ein einheitlicher Tätigkeitsbereich, sondern zwei verschiedene Tätigkeitsbereiche. Denn die "Reinigung, pflegende und schützende Nachbehandlung von Außenbauteilen an Bauwerken aller Art" sind in der Bestimmung der "der Gebäudereinigung zuzurechnenden Tätigkeiten" in § 1 II RTV 2003 als Ziff. 1 aufgeführt. Dazu zählen nicht Glasflächen an Außenbauteilen, was sich daraus ergibt, dass in der Tätigkeitsbereichsregelung des § 1 II Ziff. 2 RTV 2003 neben den "Innenbauteilen an Bauwerken aller Art" als Gegenstand der Reinigung sowie pflegenden und schützenden Behandlung ausdrücklich "Verglasungen" genannt sind. Dies wäre nicht erforderlich, wenn Verglasungen an Innenbauteilen bereits von dem Tarifbegriff der "Innenbauteile" erfasst wäre. Für denjenigen der "Außenbauteile" kann daher nichts anderes gelten. Diese Regelung verbietet es, Glasreinigungsarbeiten als Bestandteil eines einheitlichen Tätigkeitsbereichs "Glas- und Außenreinigung" zu verstehen. Die tarifliche Differenzierung zwischen dem Tätigkeitsbereich der Glasreinigung einerseits und dem der Außenreinigung andererseits entspricht dem Zuschnitt der Lernfelder der Berufsausbildung zum Gebäudereiniger. Dort wird das "Reinigen von Glasflächen" als eigenständiges Lernfeld Nr. 3 aufgeführt. Als eigenständiges Lernfeld Nr. 8 wird das "Behandeln von Fassaden" genannt; in der Darstellung der Inhalte dieses Lernfeldes ist die Glasreinigung nicht aufgeführt (Rahmenlehrplan zu der Verordnung über die Berufsausbildung zum Gebäudereiniger/zur Gebäudereinigerin Teil V: Lernfelder). Daher genügt es für die Eingruppierung in die Lohngr. 7, wenn der Beschäftigte in einem der hier behandelten Tätigkeitsbereiche die Tätigkeit eines Gebäudereinigergesellen ausübt.
(d) Der allein in einem Tätigkeitsbereich der Gebäudereinigung arbeitende Beschäftigte ist nur dann in Lohngr. 7 einzugruppieren, wenn er für diese Beschäftigungsart die Kenntnisse und Fertigkeiten in der vollen Breite und Tiefe des Ausbildungsberufs des Gebäudereinigerhandwerks benötigt. Dies ist für die Eingruppierung in die Lohngr. 6 nicht gefordert. Denn der Beschäftigte muss für die Eingruppierung in diese Lohngruppe nicht alle Tätigkeiten "der Glas- und Außenreinigung" ausführen. Dies könnte dann tariflich gefordert sein, wenn das Tätigkeitsmerkmal lauten würde: Reinigungsarbeiten in "den" fachlichen Teilbereichen der Glas- und Außenreinigung; das Ganze wäre bei diesem Wortlaut das gesamte Spektrum des Gebäudereinigerhandwerks. Wäre dies gemeint gewesen, hätten die Tarifvertragsparteien im Sinne ihrer eigenen Begriffsbestimmung in § 7 Ziff. 2 RTV 2003 zudem statt des Begriffs "Teilbereich" den Begriff "Tätigkeitsbereich" oder den einer der dort genannten Synonyme verwenden müssen. Hingegen sind bei der Fassung "in fachlichen Teilbereichen der Glas- und Außenreinigung" die genannten Tätigkeitsbereiche "Glas- und Außenreinigung" - jeweils - das Ganze, welches durch die Tätigkeit des Beschäftigten für die Eingruppierung in Lohngr. 6 nicht in vollem Umfange ausgefüllt werden muss. Das ist für die Eingruppierung in Lohngr. 7 nicht mehr ausreichend.
(cc) Der Kläger erfüllt nach seinem Vortrag auf der Grundlage dieser Tarifauslegung mit der von ihm tatsächlich überwiegend ausgeübten Tätigkeit nicht die Anforderungen der Lohngr. 7.
(1) Der Kläger ist nach der Feststellung des Landesarbeitsgerichts überwiegend in der Glasreinigung tätig. Nach seinem eigenen Vorbringen im Berufungsrechtszug übt er sogar ausschließlich diese Tätigkeit aus. Es bedarf daher für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht der Darlegung, nach welchen Grundsätzen sich die Erfüllung der Anforderung der "überwiegenden" Tätigkeit richtet (vgl. dazu ausführlich Senat in der Entscheidung vom selben Tag - 4 AZR 757/06 -).
(2) Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass dem Sachvortrag des Klägers die Erfüllung der Anforderungen des Ausbildungsberufs des Gebäudereinigers in seiner gesamten Tiefe und Breite auf dem Tätigkeitsbereich der Glasreinigung durch die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit nicht entnommen werden kann. Sein diesbezüglicher Vortrag verharrt weitaus überwiegend im Abstrakten. Konkret wird er lediglich in seiner Berufungsbegründung, in der er ausführt, er habe in seiner Ausbildung für den Bereich Glasreinigung gelernt, wie Fenster und Glasflächen mit den im Einzelnen verwendeten Reinigungsmitteln schnell und professionell zu reinigen seien. Es werde der Umgang mit großen Fensterwischern am Stab erlernt, die insbesondere für die Reinigung großer Flächen in kürzester Zeit notwendig seien. Die so behandelten Glasflächen müssten im Anschluss an den Reinigungsvorgang mit einem Fensterleder trocken gewischt werden. Es müssten außerdem die Rahmen, Sprossen und ggf. Fensterbänke gereinigt werden. Bei einer Doppelverglasung sei es - auf Vorgabe des Kunden - erforderlich, die Doppelscheiben für den Reinigungsvorgang auseinanderzumontieren. Dies geschehe mit mechanischen Hilfsmitteln wie einem Schraubenzieher und Schraubenschlüssel. Dieses Demontieren und anschließende Zusammensetzen von Doppelgläsern sei ein solcher Arbeitsvorgang, den er im Rahmen seiner Ausbildung erlernt habe. Hier würden entweder zwei Flächen der Doppelverglasung oder auch alle vier Flächen gereinigt. Dies hänge davon ab, welchen Umfang der erteilte Auftrag jeweils habe. Bei besonders erheblichen Verschmutzungen, etwa im Bereich von Gebäuden innerhalb von Industrieanlagen, müssten Fettlöser eingesetzt werden. Bei extrem hohen Fenstern bzw. Glasflächen werde mit Leitern oder auch einer Hebebühne gearbeitet.
Bezüglich des Einsatzes der sog. "Hebebühne" oder "Hubarbeitsbühne" hat das Landesarbeitsgericht allerdings festgestellt, dass der Kläger "insoweit keine Tätigkeiten entfaltet". Davon abgesehen ist der Kläger aber nach den vorstehenden Ausführungen auch nur auf einem Teilgebiet der Glasreinigung tätig, nämlich demjenigen der Fensterreinigung. Diesbezüglich betont er, dass das Öffnen von Doppelfenstern ein "Arbeitsvorgang" sei, den er "im Rahmen seiner Ausbildung erlernt" habe. Der Vortrag des Klägers belegt damit nicht, dass er in dem Tätigkeitsbereich der Glasreinigung die volle Qualifikation eines Gebäudereinigergesellen ausschöpfen muss. Als anspruchsvollere Tätigkeiten dieses Tätigkeitsbereichs sind zB zu nennen die Reinigung von Glasdächern unterschiedlichster Art (Sheddächern, Lichtbändern (Dachreitern), Lichtkuppeln, Flachdächern, Satteldächern, Tonnengewölben - zB in Messehallen und Bahnhöfen -), aber auch die Innenreinigung von Staubdecken, ferner von Verglasungen aus Antikglas, Butzenglas, Ornamentglas und Farbglas (vgl. dazu näher Senat - 4 AZR 757/06 -). Glasreinigungsarbeiten dieser Art führt der Kläger nach eigener Darstellung nicht aus. Ob er über die volle Qualifikation eines Gebäudereinigers auf dem Tätigkeitsbereich der Glasreinigung überhaupt verfügt, kann somit dahinstehen.
(3) Die Verfahrensrüge des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe ihm einen Hinweis geben müssen, es bedürfe für seine Eingruppierung in Lohngr. 7 noch ergänzenden Vortrags zu seinem tatsächlichen Einsatz entsprechend seiner Qualifikation als Gebäudereinigergeselle, ist bereits unzulässig, da sie nicht der nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO gebotenen Form entspricht. Erforderlich ist nicht nur die Angabe, welchen rechtlichen Hinweis das Landesarbeitsgericht hätte geben müssen, sondern auch, was die Partei daraufhin vorgetragen hätte. Der Vortrag muss vollständig nachgeholt und über die Verfahrensrüge schlüssig gemacht werden ( - BAGE 96, 123, 129 mwN). Dies hat der Kläger versäumt.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstelle(n):
TAAAC-53035
1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein