Voraussetzungen eines eigenen Hausstandes eines Alleinstehenden
Gesetze: EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5
Instanzenzug: , 3 K 303/04
Gründe
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), der aus A stammt, war vom bis als Ingenieur in B beschäftigt, wo er eine Dachgeschosswohnung zum Mietpreis von 730 DM bzw. —nach Wohnungswechsel im selben Haus— von 281,21 € unterhielt. In A standen ihm im Keller des elterlichen Wohnhauses zwei Zimmer sowie ein Bad und Kochgelegenheit zur Verfügung. Hierzu trug der Kläger vor, seinen Hausstand in A habe er weitgehend selbst bestritten. Gekocht und gewaschen habe jedoch seine Mutter. Der Kläger machte in den Streitjahren 2001 und 2002 u.a. Werbungskosten aus Anlass einer doppelten Haushaltsführung geltend.
Als beruflich veranlasste Mehraufwendungen gab der Kläger für 2001 16 994 DM an (45 Heimfahrten x 150 km x 0,80 DM = 5 400 DM; Mietaufwendungen 730 DM x 12 = 8 760 DM; Verpflegungspauschalen 26 x 20 DM + 39 x 46 DM = 2 314 DM; Herd 200 DM; Umzugshilfe 320 DM) und für 2002 7 224 € (letzte Fahrt zum eigenen Hausstand 150 km x 0,30 € = 45 €; Familienheimfahrten 45 x 150 km x 0,40 € = 2 700 € und Unterkunft 4 479 €).
Hiervon erkannte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) für 2001 7 102 DM an (Heimfahrten 5 400 DM; Miete nur Januar 730 DM; Verpflegungspauschalen 1/3 von 2 314 DM = 772 DM und Herd 200 DM), während er für 2002 keine Mehraufwendungen wegen einer doppelten Haushaltsführung berücksichtigte. Auf die Klage ließ das Finanzgericht (FG) für 2001 —neben Unfallkosten— weitere 5 702 DM und für 2002 4 911 € als Werbungskosten wegen einer doppelten Haushaltsführung zum Abzug zu. Neben einer umfangreichen Begründung zum Mittelpunkt der Lebensinteressen führte das FG zum Unterhalten eines eigenen Hausstandes in A lediglich aus, es könne davon ausgegangen werden, dass der Kläger die Wohnung aus eigenem Recht nutze. Die Eltern hätten zwar keinen schriftlichen Mietvertrag abgeschlossen und er müsse auch keine Miete bezahlen; jedoch sei glaubhaft, dass er die Wohnung selbst eingerichtet habe und diese auch nicht ohne besonderen Grund aufgeben müsse.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Der Kläger habe zwar seinen Lebensmittelpunkt in A beibehalten. Jedoch habe er dort keinen eigenen Hausstand unterhalten. Es sei unstreitig, dass der Kläger für die Räumlichkeiten in A keine Miete gezahlt und sich auch nicht an deren laufenden Kosten beteiligt habe. In der mündlichen Verhandlung habe der Kläger zu der Kellerwohnung angegeben, diese sei ca. 30 qm groß und habe ein separates Bad. Er habe dort nicht selbst gekocht, sondern bei seiner Mutter gegessen. Nach einer im Einspruchsverfahren vorgelegten Skizze habe es sich dabei um ein Schlaf- und Wohnzimmer und ein kleines Schlafzimmer sowie ein Bad gehandelt. Der Kläger habe sich weder finanziell noch persönlich an der Haushaltsführung in A beteiligt. In seinen Räumen sei keine Kochstelle vorhanden gewesen, so dass er dort eigenständige hauswirtschaftliche Betätigungen nicht habe wahrnehmen können. Danach sei kein selbständiger eigener Haushalt des Klägers begründet worden, sondern es seien lediglich Räumlichkeiten im elterlichen Haushalt unentgeltlich überlassen worden.
Das FA beantragt, unter Aufhebung der angefochtenen Urteile die Einkommensteuer von 2001 auf 13 595 DM = 6 951,01 € und die Einkommensteuer 2002 auf 7 725 € festzusetzen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.
Entgegen der Behauptung des FA habe sich in der mit ebenerdigem Ausgang versehenen Untergeschosswohnung eine Kochstelle befunden. Allerdings sei das Sonntagsmittagessen meistens bei den Eltern eingenommen worden. Regelmäßiges Frühstück und Abendessen habe aber nicht in der elterlichen Wohnung stattgefunden. Im Übrigen seien die Räumlichkeiten, für die der Kläger selbst habe Sorge tragen müssen, von den Eltern ohne Nutzungsvorbehalte überlassen worden.
II. Auf die Revisionen werden die Urteile —soweit sie noch angefochten sind— aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FG hat die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung zu Unrecht bejaht; es wird noch Feststellungen zur Höhe der Fahrtkosten zu treffen haben.
1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG sind Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen. Nach Nr. 5 Satz 2 dieser Vorschrift liegt eine doppelte Haushaltsführung vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt.
a) Ein unverheirateter Arbeitnehmer unterhält einen eigenen Hausstand im Sinne der Vorschrift allerdings nur dann, wenn er am Ort seines Lebensmittelpunkts eine eigenständige, seinen Lebensbedürfnissen entsprechende Wohnung aus eigenem oder abgeleitetem Recht nutzen kann. Dabei muss es sich um den Haupthausstand handeln. Der Arbeitnehmer muss sich an dessen Führung sowohl finanziell als auch durch seine persönliche Mitwirkung maßgeblich beteiligen (, BFHE 207, 292, BStBl II 2005, 98, und vom VI R 170/99, BFHE 203, 386, BStBl II 2004, 16, jeweils m.w.N.).
b) Nach den obigen Grundsätzen hat das FG das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung zu Unrecht bejaht. Wie sich aus dem eigenen Vortrag des Klägers ergibt, wurden die ihm im Keller überlassenen Räume nicht zu einer eigenen, von den Eltern getrennten Haushaltsführung genutzt, sondern der Kläger war nicht wesentlich mitbestimmender Teil des elterlichen Hausstandes, zumal er für das Wohnen keinerlei eigenen finanziellen Beitrag geleistet hat. Ungeachtet der Tatsache, dass das FG vom Vorhandensein auch einer Kochgelegenheit im Keller ausging, hat der Kläger —wie er in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegeben hat— dort nicht gekocht. Vielmehr hat seine Mutter für ihn gekocht und seine Wäsche versorgt. Auch die vom Kläger zu den Akten gegebene Skizze belegt, dass die Kellerräume Teil des elterlichen Haushalts waren. Denn neben den beiden dem Kläger zu Wohnzwecken überlassenen Räumen und dem Bad befanden sich dort der Heizungskeller, ein Vorratsraum, die Waschküche und eine Werkstatt. Hieran ändert nichts, dass man von den Kellerräumen direkt in den Garten des elterlichen Wohnhauses gelangen konnte.
2. Das FG wird noch Feststellungen zu treffen haben, inwieweit Fahrtkosten, auch —über eine Heimfahrt wöchentlich hinaus— angefallen sind. Dabei werden nicht die vom FG angesetzten, sondern die in den Streitjahren jeweils geltenden Entfernungspauschalen zu Grunde zu legen sein.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1878 Nr. 10
EStB 2007 S. 369 Nr. 10
EStB 2007 S. 369 Nr. 10
NWB-Eilnachricht Nr. 44/2007 S. 10
YAAAC-52579