Privatanteil an der Gesamtfahrleistung für die Umsatzsteuer ist zu schätzen; Anforderungen an die Führung eines Fahrtenbuches; Begriff der Betriebsstätte i.S. des § 4 abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG; Darlegung der Divergenz
Gesetze: EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6, EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4, FGO § 115
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), ein selbständiger Unternehmensberater, arbeitete in den Streitjahren (1997 bis 1999) ausschließlich für ein bestimmtes Unternehmen, an dessen Sitz er im Wesentlichen tätig war. Er arbeitete außerdem in der Dachgeschosswohnung des ihm und seiner Ehefrau gehörenden Zweifamilienhauses, dessen Erdgeschosswohnung die Eheleute zu Wohnzwecken nutzten.
Im Anschluss an eine Außenprüfung änderte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Streitjahre u.a. in folgenden Punkten:
Das FA beurteilte die Fahrten des Klägers zwischen dem Wohnhaus und dem Betrieb seines Auftraggebers als Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und ließ daher die Fahrtkosten nur nach Maßgabe der in dieser Vorschrift getroffenen Regelungen zum Betriebsausgabenabzug zu. Die nicht abziehbaren, mit Vorsteuer belasteten Betriebsausgaben unterwarf es nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c i.V.m. § 10 Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in der damals geltenden Fassung dem Aufwendungseigenverbrauch.
Das FA nahm ferner an, dass die geltend gemachten Betriebsausgaben um die darin enthaltenen Verpflegungsmehraufwendungen zu kürzen seien, da sich bei einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte der pauschale Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG auf die ersten drei Monate beschränke. Es kürzte die geltend gemachten Vorsteuerbeträge entsprechend.
Das FA lehnte zudem die Berücksichtigung des vom Kläger geführten Fahrtenbuches wegen fehlender Ordnungsmäßigkeit ab und schätzte zur Berechnung des Leistungseigenverbrauchs nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG den Umfang der Privatnutzung des PKW.
Der Einspruch hatte nur insoweit Erfolg, als das FA für die Zeit von April bis Dezember 1999 keinen Aufwendungseigenverbrauch für die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte mehr ansetzte, da § 1 Abs. 1 Nr. 2 UStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom (BGBl I, 402) mit Wirkung ab aufgehoben worden war.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, der Kläger habe beim Auftraggeber eine Betriebsstätte gehabt, so dass die geltend gemachten Fahrtkosten lediglich begrenzt abziehbar seien und hinsichtlich des nicht abziehbaren Teils für 1997 und 1998 und das erste Quartal 1999 Eigenverbrauch vorliege. Die geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen seien einkommensteuerrechtlich nicht abziehbar. Umsatzsteuerrechtlich handle es sich nicht um Lieferungen und Leistungen, die von einem anderen Unternehmen für das Unternehmen des Klägers ausgeführt worden seien. Ein Vorsteuerabzug nach § 15 UStG scheide deshalb aus. Das vom Kläger geführte Fahrtenbuch sei nicht ordnungsgemäß und deshalb als Grundlage für die Ermittlung des in der privaten Nutzung des betrieblichen Kfz liegenden Eigenverbrauchs ungeeignet. Der Umfang der privaten Nutzung und die der Besteuerung als Eigenverbrauch unterliegenden Kosten könnten nicht genau ermittelt werden und seien daher zu schätzen. Die vom FA vorgenommene Schätzung sei nicht zu beanstanden.
Der Kläger stützt seine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sowie auf Verfahrensfehler.
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die vom Kläger angeführten Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor, soweit sie der Kläger den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprechend dargelegt hat.
1. Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO)
a) Die vom Kläger aufgeworfene Frage, wie der Begriff „Betriebsstätte” i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG auszulegen ist, bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Die Frage ist bereits durch die ständige Rechtsprechung des BFH geklärt.
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG verfolgt hinsichtlich der Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeits- bzw. Betriebsstätte des Steuerpflichtigen den Zweck, Unternehmer und Arbeitnehmer gleich zu behandeln. Diese Zielsetzung verlangt für die Beantwortung der Frage, ob der im häuslichen Bereich angesiedelte Arbeitsplatz eines Gewerbetreibenden oder sonstigen Selbständigen eine Betriebsstätte im Sinn der genannten Regelung ist, eine deutliche Grenzziehung zwischen dem privaten Bereich des Wohnens und dem der beruflichen oder betrieblichen Betätigung. Räumlichkeiten, die einen Teil der Wohnung oder des Wohnhauses bilden, also in den Wohnbereich und damit in die private Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden bleiben, können danach nicht als „Betriebsstätte” i.S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG qualifiziert werden (vgl. z.B. , BFHE 155, 353, BStBl II 1989, 421; vom XI R 52/91, BFHE 174, 65, BStBl II 1994, 468; vom XI R 5/95, BFH/NV 1997, 279; vom XI R 90/96, BFH/NV 1999, 41, und vom IV R 44/99, BFH/NV 2000, 699). Derartige Räumlichkeiten können nicht als Ausgangs- oder Endpunkt der Fahrt zu einer anderen Betriebsstätte angesehen werden (, BFH/NV 1995, 875, und vom XI R 59/97, BFH/NV 1998, 1216).
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG verstößt in dieser Auslegung nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes. Die Gleichbehandlung von Arbeitnehmern und Gewerbetreibenden bzw. Freiberuflern verbietet es vielmehr, mit dem Begriff der Betriebsstätte in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG auch Räume zu erfassen, die im räumlichen Zusammenhang mit der Wohnung des Steuerpflichtigen stehen (, BFHE 162, 77, BStBl II 1991, 97). Art und Umfang der im häuslichen Bereich ausgeübten (betrieblichen) Tätigkeit sind keine für die Bestimmung des Betriebsstättenbegriffs maßgebenden Kriterien (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFH/NV 1999, 41, und in BFH/NV 2000, 699). Insoweit ist auch ohne Belang, ob der Arbeitsbereich des Steuerpflichtigen in dem Privathaus eine Betriebsstätte i.S. von § 12 der Abgabenordnung (AO) bildet.
Der BFH hat im Übrigen mit dem Urteil vom XI R 14/03 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung —HFR— 2005, 1068), auf das sich der Kläger trotz der Angabe eines anderen Aktenzeichens ersichtlich beziehen will, im Anschluss an die ständige Rechtsprechung des BFH ebenfalls die Einbindung betrieblich oder beruflich genutzter Räume in die häusliche Sphäre bejaht, wenn diese Räume zur Wohnung oder zum Wohnhaus des Steuerpflichtigen gehören, und eine solche zum Vorliegen eines häuslichen Arbeitszimmers führende Einbindung in die häusliche Sphäre in dem von ihm zu beurteilenden Streitfall bejaht.
b) Soweit es um die Verpflegungsmehraufwendungen geht, fehlt es an der schlüssigen Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung. Der Kläger hat insoweit keine bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausgestellt und ist nicht substantiiert darauf eingegangen, inwieweit diese Rechtsfrage klärungsbedürftig und im konkreten Fall auch klärbar ist (vgl. zu diesen Begründungsanforderungen z.B. BFH-Beschlüsse vom X B 121/03, BFH/NV 2005, 350; vom II B 98/04, BFH/NV 2005, 1310; vom VII B 240/05, BFH/NV 2007, 922, und vom VIII B 134/05, BFH/NV 2007, 890). Der Kläger hat sich nicht mit dem Wortlaut des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG auseinandergesetzt, der nicht auf das Vorliegen einer Betriebsstätte i.S. des § 12 AO abstellt. Dem Vorbringen des Klägers lässt sich daher nicht entnehmen, inwiefern es seiner Ansicht entsprechend im vorliegenden Zusammenhang auf das Vorhandensein einer solchen Betriebsstätte im eigenen Haus ankommen soll.
c) Die Voraussetzungen, die an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zu stellen sind, sind in der Rechtsprechung des BFH geklärt (, BFHE 211, 508, BStBl II 2006, 408; vom VI R 64/04, BFHE 211, 513, BStBl II 2006, 410; vom VI R 87/04, BFHE 212, 546, BStBl II 2006, 625; , BFH/NV 2007, 439). Die vom Kläger nach seinen Angaben in der Beschwerdebegründung zur Führung des Fahrtenbuches verwendete Excel-Tabelle entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen (BFH-Urteil in BFHE 211, 513, BStBl II 2006, 410). Der Privatanteil an der Gesamtfahrleistung war daher für die Umsatzsteuer zu schätzen, wie das FA und das FG zutreffend angenommen haben. Der Wert der Nutzungsentnahme nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG war grundsätzlich kein geeigneter Maßstab, um die als Verwendungseigenverbrauch der Umsatzsteuer zu unterwerfenden Kosten zu bestimmen (, BFHE 188, 160). Die Bemessungsgrundlage für den Verwendungseigenverbrauch kann danach immer nur einen Bruchteil der gesamten Kraftfahrzeugkosten ausmachen (BFH-Urteil in BFHE 188, 160). Auf die vom Kläger erörterte Frage der Kostendeckelung kommt es allenfalls für die Einkommensteuer, nicht aber für die Umsatzsteuer an. Eine weitere Klärung in einem Revisionsverfahren ist deshalb nicht erforderlich.
2. Rechtsfortbildung und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO)
a) Da die vom Kläger in zulässiger Art und Weise herausgestellten Rechtsfragen durch die Rechtsprechung des BFH geklärt sind (oben 1.), ist eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts nicht geboten.
b) Soweit der Kläger die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung begehrt, genügen seine Ausführungen nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Er hat keine tragenden und abstrakten Rechtssätze des finanzgerichtlichen Urteils einerseits und der Divergenzentscheidung(en) andererseits so genau bezeichnet und gegenübergestellt, dass eine Abweichung erkennbar wird (zu den Begründungsanforderungen vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom X B 154/05, BFH/NV 2006, 2285; vom VI B 17/06, BFH/NV 2007, 950, und vom III B 165/05, BFH/NV 2007, 954). Der BFH hat im Übrigen in dem vom Kläger angeführten Urteil in HFR 2005, 1068 übereinstimmend mit der ständigen Rechtsprechung das Vorliegen eines häuslichen Arbeitszimmers bejaht.
3. Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO)
a) Die Rüge des Klägers, das FG hätte den Sachverhalt nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO weiter aufklären müssen, entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Der Kläger hat nicht im Einzelnen dargelegt, welche konkreten Beweismittel das FG hätte heranziehen sollen, welche Tatsachen eine weitere Aufklärung des Sachverhalts voraussichtlich ergeben hätte und warum diese Tatsachen auf der Grundlage der insoweit maßgebenden materiell-rechtlichen Auffassung des FG zu einer anderen Entscheidung hätten führen können (zu den Anforderungen an eine Aufklärungsrüge vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom IX B 56/06, BFH/NV 2007, 666; vom II B 174/05, BFH/NV 2007, 746, und vom VIII B 180/05, BFH/NV 2007, 751).
b) Die Begründung der Vorentscheidung ist nicht deshalb unvollständig, weil sich das FG nicht mit der örtlichen Zuständigkeit des FA für den Erlass der Umsatzsteuerbescheide auseinander gesetzt hat. Nach § 127 AO kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 125 AO nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Diese Vorschrift ist nach ganz herrschender Meinung auch auf Schätzungsbescheide anwendbar (, BFHE 188, 10, BStBl II 1999, 382; , BFH/NV 2000, 165, je m.w.N.). Diese klare Rechtslage brauchte das FG nicht zu erörtern.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1897 Nr. 10
UAAAC-52576