Verletzung der Sachaufklärungspflicht; Absehen von Zeugenvernehmung und Beteiligtenvernehmung
Gesetze: FGO § 76, FGO § 81, FGO § 82, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Instanzenzug: ,F
Gründe
Die Beschwerde ist nicht begründet. Der von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) geltend gemachte Verfahrensmangel, das Finanzgericht (FG) habe die Sachaufklärungspflicht verletzt (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—), weil es die beantragten Beweise nicht erhoben habe, liegt nicht vor.
1. Die Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 FGO erfordert, dass das FG Tatsachen und Beweismitteln nachgeht, die sich ihm in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls aufdrängen (Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 76 FGO Rz 41, m.w.N.). Es darf substantiierte Beweisanträge, die den entscheidungserheblichen Sachverhalt betreffen, grundsätzlich weder ablehnen noch übergehen (Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 76 Rz 26). Da die Sachaufklärungspflicht dazu dient, die Spruchreife der Klage herbeizuführen, hat das Gericht jedoch nur das aufzuklären, was aus seiner Sicht entscheidungserheblich ist (Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 76 Rz 14, m.w.N.). Es braucht nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen Tatsachen zu ermitteln, auf die es nach seiner Rechtsauffassung nicht ankommt (vgl. u.a. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom VII B 102/02, BFH/NV 2003, 530, und vom IX B 20/02, BFH/NV 2003, 186).
2. Im Streitfall hat das FG entschieden, die Umsatz- und Gewinnzuschätzungen seien dem Grunde und der Höhe nach nicht zu beanstanden.
a) Die Klägerin zu 2. habe die Barausgaben fehlerhaft aufgezeichnet, indem sie —nach Feststellung des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung (Steufa)— Aushilfslöhne täglich ausgezahlt, diese jedoch unabhängig davon erst am Monatsende mit der für die Pauschalversteuerung zulässigen Obergrenze in das Kassenbuch eingetragen habe; Lohnquittungen seien blanko unterschrieben worden. Die fehlende Aufzeichnung von Barausgaben könne den Schluss rechtfertigen, dass auch Bareinnahmen nicht aufgezeichnet wurden. Da nahezu ausschließlich Bargeschäfte getätigt worden seien, komme der Ordnungsmäßigkeit der Kassenaufzeichnungen besondere Bedeutung zu.
b) Die Zuschätzungen seien auch nicht überhöht. Dies ergebe sich aus den Angaben eines Gesellschafters und des ersten Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu 2. in den Fragebögen, die sie nach zwei bzw. drei Monaten ihrer insgesamt fünfmonatigen Geschäftstätigkeit eingereicht habe. Zu diesen Zeitpunkten hätten bereits Erkenntnisse über die Gewinn- und Umsatzlage bestanden. Die angegebenen Umsätze entsprächen bzw. lägen noch über den von der Steufa geschätzten Umsätzen; letztere hätten ertragsteuerlich zu einem Verlust an Stelle der angegebenen Gewinne geführt. Bestätigt sah sich das FG durch den bei der Veräußerung erzielten Erlös und die in diesem Zusammenhang geäußerten Gewinnerwartungen.
3. Ausgehend von dieser Rechtsauffassung kam es auf die von den Klägern gestellten Beweisanträge nicht an, wie das FG zu Recht entschieden hat.
a) Die Rüge der Kläger, das FG habe verfahrensfehlerhaft die beantragte Beteiligtenvernehmung unterlassen, ist unbegründet. Das FG musste den Kläger A nicht als Beteiligten vernehmen. Die Beteiligtenvernehmung (§§ 81 Abs. 1, 82 FGO, §§ 450 ff. der Zivilprozessordnung) ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH nur ein letztes Hilfsmittel zur Aufklärung des Sachverhalts. Sie dient nicht dazu, dem Beteiligten Gelegenheit zu geben, seine eigenen Behauptungen zu bestätigen und ggf. zu beeiden. Sie kann unterbleiben, wenn sich das Gericht mit Hilfe anderer Beweismittel eine Überzeugung bilden kann oder wenn keine Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des Vorbringens spricht (, BFHE 186, 299, BStBl II 1999, 28, unter 5.b der Gründe, m.w.N.).
Danach konnte das FG von der beantragten Beteiligtenvernehmung absehen. Das FG hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Kläger A ohnehin alle ihm bekannten Umstände in dem Verfahren darlegen konnte (vgl. , BFH/NV 2005, 1861, unter b der Gründe). Hinzu kommt, dass es nach der Rechtsauffassung des FG auf die unter Beweis gestellten Behauptungen nicht ankam, wie im angefochtenen Urteil ausführlich dargelegt wird.
b) Ein Verfahrensfehler liegt auch nicht darin, dass das FG von den weiteren beantragten Zeugenvernehmungen abgesehen hat. Die unter Beweis gestellten Behauptungen setzten die Übertragung der durch Nachkalkulation ermittelten Aufschlagsätze eines dritten, nicht in X belegenen Betriebes auf den Streitfall voraus und beträfen im Ergebnis die Frage, ob Lieferentgelte sowie der Verkauf von Nudelgerichten und Süßwaren einen Zuschlag rechtfertigten.
Nach der Auffassung des FG ließen sich die Verhältnisse des anderen Betriebes jedoch nicht auf den Streitfall übertragen; für Art und konkreten Umfang der Gesamtumsätze des klägerischen Betriebes sei kein Beweis angetreten worden. Es fehlten daher bereits die Voraussetzungen für eine Übertragung des für den anderen Betrieb ermittelten allgemeinen Aufschlagsatzes auf den Streitfall. Das FG hat die vorgenommenen Zuschätzungen daher auf andere Umstände gestützt (s. oben unter 2 b). Bei dieser Sachlage kam es —ausgehend von der Rechtsauffassung des FG— auf die unter Beweis gestellten Behauptungen, die Korrekturen des allgemeinen Aufschlagsatzes betrafen, nicht an.
c) Im Grunde wenden sich die Kläger gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung und die vom FG vorgenommene Einzelfallwürdigung. Das reicht jedoch zur ordnungsgemäßen Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes nicht aus (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom IV B 67/04, BFH/NV 2006, 234, unter 1.a der Gründe).
Fundstelle(n):
QAAAC-52573