Veräußerung eines Milchlieferungsrechts keine begünstigte Teilbetriebsveräußerung oder Teilbetriebsaufgabe; Verkaufserlös für ein Milchlieferungsrecht keine Entschädigung
Gesetze: EStG § 14, EStG § 16, EStG § 24 Nr. 1, EStG § 34
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Eheleute. Der Kläger erzielte in den Streitjahren (1999 und 2000) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft aus der Verpachtung eines landwirtschaftlichen Betriebes. Den Gewinn ermittelte er durch Betriebsvermögensvergleich für das Normalwirtschaftsjahr (1. Juli bis 30. Juni). Früher hatte der Kläger Bullenmast und Milchwirtschaft betrieben. Die letzten Tiere hatte er 1994 verkauft, wobei das Milchlieferungsrecht erhalten blieb und im Rahmen der Verpachtung des Betriebes mitverpachtet wurde. Mit Vertrag vom veräußerte der Kläger das Milchlieferungsrecht zum Preis von 200 000 DM.
Nach einer Betriebsprüfung ging der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) von einem —der Höhe nach unstreitigen— Gewinn aus der Veräußerung des Milchlieferungsrechtes von 120 732,62 DM aus, den er als laufenden, nicht steuerlich begünstigten Gewinn in den geänderten Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre erfasste.
Dagegen wandten sich die Kläger und machten geltend, dass die Veräußerung des Milchlieferungsrechtes eine steuerlich begünstigte Teilbetriebsaufgabe darstelle.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab und entschied, es sei schon zweifelhaft, ob die vom Kläger früher einmal betriebene Milchviehwirtschaft einen landwirtschaftlichen Teilbetrieb dargestellt habe. Jedenfalls fehle es an den Voraussetzungen einer begünstigten Teilbetriebsaufgabe/-veräußerung, weil keine einheitliche Teilbetriebsveräußerung, sondern —allenfalls— eine schrittweise Teilbetriebsabwicklung vorliege. Der Kläger habe mit der Veräußerung des Milchlieferungsrechtes auch keinen ruhenden Teilbetrieb veräußert, weil er die weiteren dafür wesentlichen Betriebsgrundlagen, wie den landwirtschaftlich genutzten Boden und die entsprechenden Stallungen, nicht in einem einheitlichen Vorgang mitveräußert oder in das Privatvermögen überführt habe. Die Revision ließ das FG nicht zu. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2007, 120 veröffentlicht.
Mit ihrer dagegen gerichteten Beschwerde beantragen die Kläger die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Grundsätzliche Bedeutung kommt ihrer Auffassung nach —wie sich der Beschwerde entnehmen lässt— den Rechtsfragen zu,
(1) ob die Milchviehhaltung im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes ein Teilbetrieb sein kann und ob der Verkauf des Milchlieferungsrechts als nach § 34 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) begünstigte Teilbetriebsveräußerung angesehen werden kann, sowie
(2) ob der Erlös für die endgültige Aufgabe der Milchproduktion als Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG anzusehen ist und damit die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 EStG eingreift.
Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sei die Revision zuzulassen, weil ein Rechtsfehler von erheblichem Gewicht vorliege. Das FG habe die entscheidungserhebliche Vorschrift des § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG übersehen.
II. Die Beschwerde ist —bei Bedenken gegen ihre Zulässigkeit— jedenfalls nicht begründet. Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.
1. Grundsatzrevision (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO)
a) Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei soll es sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Frage handeln, die klärungsbedürftig und im zu erwartenden Revisionsverfahren klärungsfähig sein muss (vgl. u.a. , BFH/NV 2006, 543, unter 1. der Gründe; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 23, m.w.N.).
Ein im allgemeinen Interesse liegendes Bedürfnis nach Klärung einer Rechtsfrage ist gegeben, wenn sich diese Frage nicht ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt, wenn sie nicht bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt ist oder neue Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen, sodass Unsicherheit in der Beantwortung der Rechtsfrage besteht (vgl. , BFH/NV 2004, 783; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 28).
b) Die Rechtsfrage (1) hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie weder klärungsbedürftig noch im Streitfall klärungsfähig ist. Die Voraussetzungen für die Annahme eines landwirtschaftlichen Teilbetriebes sind höchstrichterlich hinreichend geklärt (vgl. u.a. , BFHE 159, 37, BStBl II 1990, 373). Dass Milchviehhaltung einen Teilbetrieb im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes bilden kann, lässt sich daraus ohne weiteres entnehmen; davon ist auch das FG in der angefochtenen Entscheidung ausgegangen. Wie das FG zutreffend entschieden hat, folgt aus dieser Rechtsprechung zugleich, dass ein Milchlieferungsrecht allein nicht als —ggf. ruhender— Teilbetrieb angesehen werden kann, weil es nicht die einzige wesentliche Betriebsgrundlage eines Milchviehbetriebes sein kann.
Zwar kann durch die Veräußerung der dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter unter bestimmten Voraussetzungen eine einheitliche Betriebsaufgabe erfolgen, bei der tarifbegünstigte Gewinne aus der Betriebsaufgabe in mehreren Veranlagungszeiträumen anfallen können; dabei darf es sich jedoch —wie höchstrichterlich geklärt ist— nur um einen kurzen Zeitraum handeln (u.a. , BFHE 193, 107, BStBl II 2003, 67, unter 1. der Gründe, und vom IV R 97/89, BFHE 166, 149, BStBl II 1992, 392, unter II.3. der Gründe). Das FG hat deshalb zu Recht entschieden, dass die Veräußerung eines Milchlieferungsrechts fünf Jahre nach Verkauf des Milchviehs keine begünstigte Teilbetriebsveräußerung oder -aufgabe sein kann.
c) Auch die Rechtsfrage (2) hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie nicht klärungsbedürftig ist. Denn unter § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG fallen —wie sich aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt— nur Entschädigungen, die für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit, für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung oder einer Anwartschaft auf eine solche gewährt worden sind. Vorliegend hat der Kläger jedoch nach den Feststellungen des FG ein Milchlieferungsrecht verkauft. Der Verkaufserlös ist aber keine derartige Entschädigung, wie sich ohne weiteres dem Gesetz entnehmen lässt.
Das Senatsurteil in BFHE 193, 107, BStBl II 2003, 67 rechtfertigt keine andere Beurteilung. Es betrifft eine Milchaufgabevergütung, während der Kläger einen Verkaufserlös für die Veräußerung einer Milchreferenzmenge erzielt hat. Eine Milchaufgabevergütung wird —anders als der Kaufpreis für ein Milchlieferungsrecht— als Ausgleich für die eingegangene Verpflichtung gezahlt, die Milcherzeugung und -vermarktung ganz oder zum Teil endgültig aufzugeben (Senatsurteil in BFHE 193, 107, BStBl II 2003, 67, unter 1. der Gründe). Soweit sich die Kläger darauf berufen, dass der Senat dort ausgeführt hat, die Milchaufgabevergütung könne nicht anders behandelt werden, als die Veräußerung einer Milchreferenzmenge, liegt ein Missverständnis vor. Denn diese Aussage bezieht sich, wie sich aus dem Zusammenhang ergibt, auf die zeitliche Zuordnung der Milchaufgabevergütung. Den Schluss, der Erlös aus dem Verkauf des Milchlieferungsrechts sei als Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG zu behandeln, erlaubt sie nicht. Im Übrigen hat der Senat auch die damals streitige Milchaufgabevergütung nicht als Entschädigung i.S. der §§ 24, 34 EStG angesehen (Urteil in BFHE 193, 107, BStBl II 2003, 67, unter 3. der Gründe).
2. Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO)
a) Nach dieser Vorschrift kann die greifbare Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung die Zulassung der Revision eröffnen. Das ist der Fall, wenn ein materieller Rechtsfehler von erheblichem Gewicht vorliegt, der geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom V B 152/01, BFH/NV 2002, 1600, und vom III B 63/02, BFH/NV 2003, 644, sowie die Gesetzesbegründung in BTDrucks 14/4061, S. 9). Davon ist auszugehen, wenn die Entscheidung des FG objektiv willkürlich erscheint oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (Senatsbeschluss vom IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25).
b) Die Kläger haben keine Gründe vorgetragen, aus denen sich auch nur annähernd eine greifbare Gesetzwidrigkeit der Entscheidung des FG ergeben könnte. Entgegen ihrer Ansicht liegt insbesondere darin kein —auch nur einfacher— Rechtsfehler, dass im angefochtenen Urteil nicht zu der Frage Stellung genommen wird, ob der Erlös aus dem Verkauf des Milchlieferungsrechts als Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG anzusehen ist. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen unter 1.c verwiesen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1853 Nr. 10
GAAAC-52572