Verzicht auf beantragte Beweiserhebung, wenn es auf das Beweismittel für die Entscheidung nicht ankommt; Prüfung der Verletzung der Ermittlungspflicht
Gesetze: FGO § 76, FGO § 96, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Instanzenzug: , F
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) macht geltend, das Finanzgericht (FG) habe es verfahrensfehlerhaft (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) unterlassen, die Ehefrau (E) des Gesellschafter-Geschäftsführers (G) zu den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisthemen zu vernehmen. Sie rügt damit konkludent eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) und des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO).
a) Gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO hat das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären. Es ist jedoch nicht verpflichtet, einen Sachverhalt ohne bestimmten Anlass zu erforschen. Es muss von sich aus nur solchen Zweifeln nachgehen, die sich ihm nach Lage der Akten und dem Vortrag der Beteiligten aufdrängen mussten (z.B. Senatsbeschluss vom I B 18/03, BFH/NV 2004, 207). Von den Verfahrensbeteiligten angebotene Beweise muss das FG aber regelmäßig erheben, wenn es einen Verfahrensmangel vermeiden will. Auf die beantragte Beweiserhebung kann es im Regelfall nur verzichten, wenn es auf das Beweismittel für die Entscheidung nicht ankommt, das Gericht die Richtigkeit der durch das Beweismittel zu beweisenden Tatsachen zu Gunsten der betreffenden Partei unterstellt oder das Beweismittel nicht erreichbar ist (, BFHE 174, 301, BStBl II 1994, 660). Auch ist das FG nicht verpflichtet, unsubstantiierten Beweisanträgen nachzugehen (, BFH/NV 2003, 63).
b) Das FG hat danach verfahrensfehlerfrei von einer Vernehmung der E abgesehen. Die durch die Beweisanträge zu 1., 3. und 4. zu beweisenden Tatsachen hat es zugunsten der Klägerin als wahr unterstellt; die übrigen Beweisanträge hat es zutreffend als unsubstantiiert beurteilt. Dies gilt zunächst für den Antrag, E darüber zu vernehmen, dass die Klägerin kein Schwarzgeld vereinnahmt hat. Wie vom FG zutreffend ausgeführt, hätte die Klägerin darlegen müssen, aufgrund welcher besonderen Umstände E sicher hätte ausschließen können, dass neben den von den Bauherren unbar geleisteten Beträgen Schwarzgeldzahlungen an G geflossen sind, zumal G vor dem Strafgericht in Übereinstimmung mit zahlreichen Zeugenaussagen die Feststellungen des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt —FA—) bestätigt hatte.
Das FG musste auch nicht dem Beweisantrag zu 2. nachgehen. Das FG hat zu Recht angenommen, dass es zur Substantiierung dieses Beweisantrages u.a. der Darlegung bedurft hätte, welche Art von Abrechnungen der Zeuge K gefertigt haben und ob dies in seiner Funktion als Arbeitnehmer oder als Gesellschafter geschehen sein soll. Es ist auch nicht ersichtlich und vorgetragen, weshalb der Umstand, dass K möglicherweise den Gesellschaftsvertrag der als Subunternehmerin eingeschalteten Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) bereits vor der Unterschrift kannte, entscheidungserheblich hätte sein können.
Das FG war auch nicht verpflichtet, E von Amts wegen als Zeugin zu hören. G hatte im Strafverfahren bestätigt, dass die Klägerin verschiedene Bauvorhaben nicht vollständig in ihrer Buchführung erfasst hatte, und zwar in dem vom FA in den Bescheiden zugrunde gelegten Umfang. Auch hatte er dort zugegeben, dass die GbR tatsächlich keine wirtschaftlich aktive Gesellschaft war, sondern der Verschleierung der Beschäftigung von Arbeitnehmern durch die Klägerin diente. Da diese Einlassung von mehreren Zeugen bestätigt wurde, bestand kein Anlass, an dieser Aussage des G zu zweifeln, zumal die Klägerin nicht darzulegen vermochte, weshalb G diesen Sachverhalt ohne Grund zugegeben haben sollte. Die von der Klägerin nunmehr mit ihrer Beschwerdebegründung vorgelegte schriftliche Aussage der E ändert daran nichts. Unbeschadet der Frage, ob ihr Inhalt überhaupt geeignet wäre, zu einer anderen Entscheidung des FG zu führen, ist die Frage, ob das FG seine Ermittlungspflicht verletzt hat, aus Sicht der mündlichen Verhandlung zu prüfen.
Der Vortrag der Klägerin, ihre Prozessbevollmächtigten, die das Mandat erst kurz vor der mündlichen Verhandlung übernommen hätten, hätten lediglich 10 Minuten Zeit gehabt, ihre Beweisanträge zu formulieren, des Weiteren sei ihnen nur teilweise Akteneinsicht gewährt worden, begründet keine Pflicht des FG, E zu vernehmen. Vielmehr wäre es Sache der Klägerin gewesen, ggf. eine Vertagung der mündlichen Verhandlung zu beantragen, wenn die Ladungsfrist zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung ihren Prozessbevollmächtigten nicht genügt haben sollte. Ferner hätte sie in der mündlichen Verhandlung darauf dringen müssen, dass ihren Prozessbevollmächtigten mehr Zeit zur Formulierung ihrer Beweisanträge gelassen wird.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1909 Nr. 10
NAAAC-52561