BVerwG Urteil v. - 3 C 11.06

Leitsatz

Ändert die Behörde ihren Zuordnungsbescheid während des Rechtsstreits und entspricht sie damit dem Begehren des Klägers, so erledigt sich die Klage. Diese Wirkung tritt sogleich ein, auch wenn der Änderungsbescheid von einem Dritten angefochten wird.

Ist im Beitrittsgebiet ein Gebäude weit überwiegend auf einem "Stammgrundstück" und zu einem geringen Teil auf einem "Überbaugrundstück" errichtet und gehörte das "Stammgrundstück" am zweifelsfrei zum Sondervermögen Deutsche Post, so fiel auch die Überbaufläche nach Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EV ins Postvermögen.

Gesetze: VwVfG § 43 Abs. 2; VwGO § 121; EV Art. 26 Abs. 1; EV Art. 27 Abs. 1; VZOG § 17; VZOG § 18; VZOG § 19

Instanzenzug: VG Gera VG 6 K 1891/04 Ge vom Fachpresse: ja BVerwGE: ja

Gründe

I

Die Klägerin (Deutsche Bahn AG) und die Beigeladene (Deutsche Post AG) streiten um die Zuordnung einer 150 m2 großen Teilfläche des etwa 40 000 m2 großen vormaligen Grundstücks Flurstück Nr. 63 der Flur 132 im Bereich des Hauptbahnhofs in E.

Das Flurstück 63 stand am im Eigentum der Reichsbahn. Es wurde 1952 in Volkseigentum überführt und in die Rechtsträgerschaft der Reichsbahn gegeben. Seit 1926 vermietete die Reichsbahn größere Teilflächen - laut Vertrag von 1969 zuletzt 14 715 m2 - an die Reichspost/Deutsche Post, die darauf Gebäude errichtete und unterhielt und 1989/1990 dort das Bahnpostamt ... betrieb. Eine Übertragung der vermieteten Flächen an die Deutsche Post lehnte die Reichsbahn 1963 mit Blick auf Ausbaupläne für den Hauptbahnhof E. ab.

Mit Sammelbescheid vom , geändert mit Bescheid vom , ordnete die Beklagte das Flurstück 63, das im neuen Flurstück 107 aufging, der Klägerin zu. Die Beigeladene war an diesem Verfahren nicht beteiligt. Deren Antrag vom auf Zuordnung der von ihr genutzten Teilfläche von 14 715 m2, jedenfalls der überbauten Teilflächen lehnte die Beklagte mit weiterem Bescheid vom ab. Die von der Beigeladenen daraufhin erhobene Verpflichtungsklage wies das Verwaltungsgericht Gera mit Urteil vom ab. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, der Zuordnungsantrag sei verspätet gestellt worden. Dieses Versäumnis stehe der begehrten Zuordnung nur dann nicht entgegen, wenn die Zugehörigkeit des Vermögensgegenstandes zum Sondervermögen Deutsche Post offenkundig sei. Davon könne aber keine Rede sein. Selbst wenn von der Versäumung der Antragsfrist abgesehen werde, könne die strittige Teilfläche der Beigeladenen nicht zugeordnet werden. Die Fläche sei ihr nämlich nur schuldrechtlich überlassen, aber nicht zu Postzwecken gewidmet worden. Einer dauernden Überlassung an die Post hätten die Ausbaupläne der Reichsbahn für den Hauptbahnhof E. entgegengestanden.

Am beantragte die Beigeladene bei der Beklagten, ihr unter Abänderung der bisherigen Zuordnungsbescheide die im vorliegenden Rechtsstreit umstrittene Teilfläche von 150 m2 zuzuordnen. Die Teilfläche liegt an der Grenze des Flurstücks Nr. 63 (bzw. 107) zu den benachbarten Grundstücken Flurstück-Nrn. 35 - 40. Diese Grundstücke standen 1989/90 ebenfalls im Volkseigentum, aber in der Rechtsträgerschaft der Deutschen Post. Hier wurde 1958/59 unter Missachtung der Flurstücksgrenzen ein Heizhaus nebst Kohlenbunker mit einer Gesamtgrundfläche von etwa 500 m2 errichtet, das überwiegend auf den Flurstücken Nrn. 35 - 40 steht, aber auch die vorliegend strittige Teilfläche des Flurstücks Nr. 63 (bzw. 107) überbaut. Das Gebäude wurde 1989/90 als Verwaltungs- und Sozialgebäude der Post genutzt. Die Beigeladene machte geltend, ihr hätte jedenfalls diese Überbaufläche zugeordnet werden müssen. Die Beklagte entsprach dem Antrag mit Bescheid vom .

Die Beigeladene hatte gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil vom Beschwerde eingelegt, mit der sie als Verfahrensfehler rügte, dass das Gericht die Besonderheiten hinsichtlich der überbauten Fläche nicht erörtert und ihren Vortrag hierzu nicht zur Kenntnis genommen habe. Sie machte vom Ergehen des Änderungsbescheides vom Mitteilung und bat darum, das Verfahren bis zu dessen Bestandskraft ruhen zu lassen, da es sich dann erledigt haben werde. Die Beklagte bezweifelte demgegenüber das Rechtsschutzinteresse der Beigeladenen, da die Nichtzulassungsbeschwerde nur den überbauten Grundstücksteil betreffe und die Beigeladene durch den Änderungsbescheid gerade insofern klaglos gestellt worden sei. Mit Beschluss vom wies der Senat die Beschwerde zurück. Ob das Rechtsschutzbedürfnis der Beigeladenen entfallen sei, könne dahinstehen. Es liege jedenfalls kein Grund für die Zulassung der Revision vor.

Gegen den Änderungsbescheid vom hat die Klägerin am die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung hat sie zunächst eingewandt, die nunmehr zugeordnete Teilfläche sei bislang nicht ausvermessen, weshalb dem Bescheid die nötige Bestimmtheit fehle. Später hat sie sich zusätzlich auf die Rechtskraft des Urteils vom berufen. Mit Urteil vom hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und den Änderungsbescheid aufgehoben. Der Bescheid sei rechtswidrig, weil er die Rechtskraft des Urteils vom missachte. Die umstrittene Überbaufläche habe zum Streit- und Entscheidungsgegenstand im Erstprozess gehört. Die Rechtskraft sei zwar erst nach dem angefochtenen Bescheid, nämlich erst mit Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch den eingetreten; doch komme es für die Beurteilung seiner Rechtmäßigkeit auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, also auf den an.

Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Revision führt die Beigeladene aus: Das Verwaltungsgericht habe den Umfang der Rechtskraft seines im Erstprozess ergangenen Urteils verkannt. Das seinerzeitige Klagebegehren habe sich infolge des Änderungsbescheides vom in dessen gegenständlichem Umfang erledigt. Damit habe das bereits zuvor ergangene, aber noch nicht formell rechtskräftige Urteil seine Wirksamkeit insoweit verloren. Dies gelte unabhängig davon, ob das Bundesverwaltungsgericht dies in seinem nachfolgenden Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde ausdrücklich ausspreche oder nicht. Andernfalls würde die Befugnis der Behörde, ihren Bescheid noch während des Prozesses zu ändern und den Kläger klaglos zu stellen, unter den Vorbehalt einer späteren ordnungsgemäßen Beendigung des schwebenden Prozesses gestellt; das gehe nicht an. In der Sache sei der Änderungsbescheid vom richtig. Die Zugehörigkeit des Überbaugebäudes und damit der überbauten Grundfläche zum Sondervermögen Deutsche Post sei offensichtlich. Das Flurstück Nr. 63 (bzw. 107) hätte daher von vornherein mehreren Berechtigten zugeordnet werden müssen. Über die Aufteilung des Flurstücks hätte ein Zuordnungsplan erstellt werden müssen. Daran hätte auch sie, die Beigeladene, beteiligt werden müssen, selbst wenn sie seinerzeit keinen Zuordnungsantrag gestellt haben sollte.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil ebenfalls für unzutreffend. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass das rechtskräftige Urteil im Vorprozess einen anderen Streitgegenstand betroffen habe als der vorliegende Rechtsstreit. Das Urteil im Vorprozess habe lediglich einen Anspruch der Beigeladenen auf Eigentumsübertragung unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Widmungsvermögens verneint. Der vorliegende Rechtsstreit betreffe demgegenüber den Anspruch der Beigeladenen auf deklaratorische Zuordnung wegen gesetzlichen Eigentumsübergangs. Hierzu verhalte sich das Urteil im Vorprozess nicht.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Ergänzend macht sie geltend, der Änderungsbescheid sei ohne Rücksicht auf die Rechtskraft des Urteils im Vorprozess rechtswidrig. Ihm stehe schon entgegen, dass die Beigeladene die Antragsfrist versäumt habe. Hiervon könne nur bei Vermögensgegenständen abgesehen werden, deren Zugehörigkeit zum Sondervermögen Deutsche Post offensichtlich sei. Bislang habe das Bundesverwaltungsgericht hierfür verlangt, dass die Deutsche Post als Eigentümerin oder Rechtsträgerin im maßgeblichen Zeitpunkt 1989/90 im Grundbuch eingetragen sei, woran es hier fehle. Überbaufälle seien nicht in gleicher Weise offensichtlich. Es sei zu bedenken, dass die Zivilrechtsprechung § 912 BGB nicht nur auf Gebäude, sondern - zumindest analog - auch auf andere flurstückübergreifende Anlagen wie Brücken, Tunnels, Schienenwege usw. anwende. Derartige Anlagen habe das Bundesverwaltungsgericht der Klägerin bislang aber nicht schon wegen Offensichtlichkeit, sondern stets nur unter dem Gesichtspunkt des Widmungsvermögens zuerkannt. Die Zuordnung von Widmungsvermögen setze aber einen rechtzeitigen Antrag voraus.

II

Die Revision ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen.

1. Das Verwaltungsgericht hat den Änderungsbescheid vom , der der Beigeladenen einen Anspruch auf Zuordnung der Überbaufläche zuerkennt, als rechtswidrig angesehen und aufgehoben. Dabei hat es die Zuordnungsrechtslage nicht selbst geprüft. Vielmehr hat es sich an die Rechtskraftwirkung des Urteils im Erstprozess gebunden gesehen. Das verkennt Umfang und Grenzen der Rechtskraft (§ 121 VwGO) und steht daher mit Bundesrecht nicht im Einklang (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

a) Allerdings hat das Verwaltungsgericht im Erstprozess über den nämlichen Anspruch der Beigeladenen - der dortigen Klägerin - auf Zuordnung der Überbaufläche entschieden. Dieser Anspruch zählte zum Entscheidungsgegenstand des Urteils vom . Die Versuche der Revision und der Beklagten, den Umfang des Entscheidungsgegenstandes zu relativieren, dringen nicht durch.

Die Beigeladene hat geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe im Termin zur mündlichen Verhandlung, auf der das Urteil vom beruht, "zugesagt", über die Überbaufläche wegen der dortigen Besonderheiten nicht entscheiden zu wollen. Das Urteil vom ist indes kein Teilurteil. Es hat vielmehr über die seinerzeitige Klage vollständig entschieden. Der Entscheidungsgegenstand des Urteils deckt sich mit dem Streitgegenstand der zugrundeliegenden Klage.

Den Streitgegenstand bestimmt der Kläger. Den Streitgegenstand des Vorprozesses hat die seinerzeitige Klägerin und heutige Beigeladene bestimmt. Sie hat sich gegen die Zuordnung der ihr vermieteten Teilfläche von 14 715 m2 des ehemaligen Flurstücks Nr. 63 und heutigen Flurstücks Nr. 107 an die seinerzeitige Beigeladene und heutige Klägerin gewandt und Zuordnung dieser Fläche, hilfsweise zumindest der überbauten - ersichtlich gemeint: der bebauten - Flächen an sich begehrt. Schon der Hauptantrag umfasste auch die im vorliegenden Rechtsstreit noch strittige überbaute Teilfläche von 150 m2; das geht aus dem mit der Klage vorgelegten Kartenmaterial zweifelsfrei hervor. Dann kommt es auf die Frage, ob der Hilfsantrag sie ebenfalls umfasste, nicht an. Im Übrigen lag kein wirklicher Hilfsantrag vor. Gegenstand des Hilfsantrags war lediglich ein Teil dessen, was schon mit dem Hauptantrag begehrt wurde. Der Hilfsantrag stellte damit die bloße Anregung an das Gericht dar, dem Hauptantrag jedenfalls teilweise zu entsprechen, sollte sich die Klage nur in Ansehung dieses Teils als begründet erweisen.

Streitgegenstand der Klage war der Anspruch auf Zuordnung aus jedwedem Rechtsgrund (vgl. Eyermann/Rennert, VwGO, 12. Aufl. 2006, Rn. 24 zu § 121 VwGO m.w.N.). Der jetzige Versuch der Beklagten, die seinerzeitige Klage auf einen Anspruch auf konstitutive Eigentumsübertragung im Wege der Zuordnung zu beschränken, von ihr aber den Anspruch der heutigen Beigeladenen auf Feststellung eines gesetzlichen Eigentumsübergangs auszunehmen, geht fehl. Richtig ist zwar, dass Art. 27 Abs. 1 EV einen gesetzlichen Eigentumsübergang auf den Bund (Satz 1) von einer Eigentumsübertragung auf den Bund (Satz 5) unterscheidet und dass § 19 VZOG einen Zuordnungsbescheid gerade für die Eigentumsübertragung vorsieht. Deshalb sind Fälle des gesetzlichen Eigentumsübergangs einer Zuordnung durch - feststellenden - Bescheid jedoch nicht entzogen, wie § 2 Abs. 1 Satz 1 VZOG im Allgemeinen und § 17 VZOG für den Anwendungsbereich der Art. 26 und 27 EV im Besonderen hervorheben ( BVerwG 3 C 27.98 - BVerwGE 109, 128 <131> und vom - BVerwG 3 C 15.98 - BVerwGE 109, 221 <227 f.>). Im Übrigen war der heutigen Beigeladenen und seinerzeitigen Klägerin nicht verwehrt, sich gegen die ursprüngliche anderweitige Zuordnung der Fläche auch unter Berufung auf einen gesetzlichen Eigentumserwerb zur Wehr zu setzen. Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht in seinem Urteil die Möglichkeit eines derartigen gesetzlichen Eigentumserwerbs auch erörtert (Urteil vom , S. 8).

b) Die hier in Rede stehende Überbaufläche ist aber dem Streit- und Entscheidungsgegenstand des Urteils durch den vorliegend umstrittenen Änderungsbescheid vom noch vor Eintritt der (formellen) Rechtskraft wieder entzogen worden.

Mit diesem Änderungsbescheid hat die Beklagte dem Begehren der seinerzeitigen Klägerin in Ansehung der Überbaufläche entsprochen. Damit hat sich das Klagebegehren insoweit erledigt. Diese Wirkung ist sogleich mit Erlass des Änderungsbescheides eingetreten, ungeachtet des Umstands, dass die seinerzeitige Beigeladene den Änderungsbescheid ihrerseits angefochten hat. Zwar ist in solchen Fällen möglich, dass der Bescheid, mit dem die Behörde dem Klagebegehren entspricht, auf die Klage eines Dritten hin wieder aufgehoben wird. Dies rechtfertigt aber nicht die Annahme, dass seine erledigende Wirkung erst eintritt, wenn er bestandskräftig wird. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

aa) Durch den Änderungsbescheid nimmt die Behörde den ursprünglichen Verwaltungsakt zurück und ersetzt seine Regelung durch eine neue. Damit verliert der ursprüngliche Verwaltungsakt seine Wirksamkeit (§ 43 Abs. 2 VwVfG). Diese Folge tritt unabhängig vom weiteren Schicksal des Änderungsbescheides ein. Wird dieser später seinerseits aufgehoben, so bestimmt sich nach dem jeweils einschlägigen materiellen Recht, ob hierdurch die Wirksamkeit des ursprünglichen Verwaltungsakts wiederauflebt bzw. dessen Regelung wieder in Geltung tritt (Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl. 2001, Rn. 180 zu § 43 Rn. 248 ff. zu § 48 VwVfG m.w.N.).

Diese Rechtslage wird durch verfahrens- oder prozessrechtliche Vorschriften nicht verändert. Wird der Änderungsbescheid angefochten, so ist der Behörde wie dem Gericht zwar einstweilen verboten, dem Widerspruchsführer oder Kläger nachteilige Folgerungen aus ihm zu ziehen (§ 80 Abs. 1 VwGO). Das ändert indes nichts an seiner Wirksamkeit, also daran, dass er die Wirksamkeit des geänderten Verwaltungsakts beseitigt und an dessen Stelle tritt (vgl. BVerwG 3 C 6.82 - BVerwGE 66, 218 <220 ff.> m.w.N.; Sachs, a.a.O. Rn. 211 ff. zu § 43 VwVfG). Das Prozessrecht führt auch nicht dazu, dass der Änderungsbescheid seine Wirkungen nur auflösend bedingt entfaltet (in diesem Sinne aber offenbar - BFHE 108, 1 <5>). Ob bei einer Aufhebung des Änderungsbescheides der ursprüngliche Bescheid wiederauflebt bzw. dessen Regelung wieder in Geltung tritt, richtet sich vielmehr allein nach materiellem Recht. Das ergibt sich schon daraus, dass der Änderungsbescheid nicht nur vom Gericht, sondern auch von der Behörde selbst wieder aufgehoben werden kann.

bb) Verliert ein Verwaltungsakt durch einen Änderungsbescheid seine Wirksamkeit, so erledigt sich die gegen ihn gerichtete Klage. Dasselbe gilt, wenn dem Begehren einer Verpflichtungsklage durch einen Bescheid, mit dem der ursprüngliche Versagungsbescheid geändert wird, entsprochen wird.

Das gilt auch dann, wenn der Änderungsbescheid einen Dritten beschwert. Der Dritte kann die Fortsetzung des Rechtsstreits um den ursprünglichen Verwaltungsakt nicht erzwingen. Es unterliegt allein der Disposition von Kläger und Beklagtem, den Rechtsstreit für erledigt zu erklären und dem Gericht damit den Streitgegenstand zu entziehen. Diese Wirkung tritt unabhängig davon ein, ob ein etwa zum Rechtsstreit Beigeladener zustimmt oder aber widerspricht ( BVerwG 4 B 165.67 - BVerwGE 30, 27; stRspr; vgl. Eyermann/Rennert, VwGO, 12. Aufl. 2006, Rn. 11 zu § 91 VwGO m.w.N.). Der Dritte muss daher seine Rechte gegebenenfalls in einem eigenständigen, neuen Verfahren wahren.

Daran darf ihn auch eine anderweitige Rechtshängigkeit der Sache nicht hindern (vgl. § 90 Abs. 1 VwGO, § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG). Dieses Hindernis besteht ohnehin nicht, wenn das neue Verfahren einen anderen Streitgegenstand betrifft als das alte. In Fällen wie dem vorliegenden, in dem zwei Prätendenten um die Zuordnung desselben Vermögensgegenstandes streiten und die Behörde diesen zunächst dem einen, mit einem Änderungsbescheid dann dem anderen zuspricht, betreffen beide Verfahren jedoch denselben Gegenstand, auch wenn die Prätendenten am zweiten Verfahren mit vertauschten Parteirollen beteiligt sind. Auch dies zwingt zu der Annahme, dass das erste Verfahren sofort mit dem Wirksamwerden des Änderungsbescheides seine Erledigung findet. Nur so entfällt die Rechtshängigkeit des Streitgegenstandes im ersten Verfahren und steht dem gebotenen Rechtsschutz für den Dritten nicht im Wege.

Der bisherige Kläger ist freilich genötigt, den neuen Bescheid in dem neuen Verfahren - nunmehr als Beigeladener - zu verteidigen. Das lässt sich aber keinesfalls vermeiden. Es läge auch dann nicht anders, wollte man annehmen, das erste Verfahren würde erst mit Unanfechtbarkeit des neuen Bescheides erledigt; auch dann müsste sich der bisherige Kläger eine Sachprüfung des neuen Bescheides gefallen lassen. Wie gezeigt, könnte diese Sachprüfung keinesfalls in dem ersten Verfahren stattfinden; auch weil die Sache von der Behörde nicht länger durch den ursprünglichen Versagungsbescheid, sondern nunmehr durch den Änderungsbescheid "geregelt" wurde, verlagert sich die gerichtliche Sachprüfung in jedem Falle in das zweite Verfahren, in welchem die Rechtmäßigkeit des Änderungsbescheides inmitten steht. Dass dieses neue Verfahren von vorne begonnen werden muss, dient dem gebotenen Rechtsschutz des nunmehr beschwerten Dritten und muss deshalb hingenommen werden. Hat die Klage des Dritten Erfolg, so steht zugleich fest, dass der Anspruch des bisherigen Klägers nicht besteht. Über das Begehren des bisherigen Klägers ist damit zwar nicht im - erledigten - Erstprozess, wohl aber im nachfolgenden Zweitprozess rechtskräftig entschieden worden.

c) Die Erledigung trat im vorliegenden Falle zwar nach Erlass des Urteils vom , aber noch vor dem Eintritt seiner formellen Rechtskraft ein. Sie hat dazu geführt, dass das Urteil insoweit keine materielle Rechtskraft entfaltet.

Die seinerzeitige Klägerin und heutige Beigeladene hat gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil fristgerecht Beschwerde eingelegt, was den Eintritt der formellen Rechtskraft gehemmt hat (§ 133 Abs. 4 VwGO). Im Beschwerdeverfahren hat sie den Erlass des Änderungsbescheides angezeigt und ihr Klagebegehren insoweit für erledigt erklärt. Unerheblich ist, dass sie in der irrigen Annahme, die Erledigung trete erst mit Unanfechtbarkeit des Änderungsbescheides ein, die Erledigterklärung insofern an eine aufschiebende Bedingung geknüpft hat. Auch die Beklagte hat zum Ausdruck gebracht, dass sie das Klagebegehren im gegenständlichen Umfang ihres Änderungsbescheides für erledigt erachtete; der Klägerin fehle nämlich nunmehr insoweit das Rechtsschutzbedürfnis.

In einem Urteilsverfahren hätte das Gericht auf klarstellende Prozesserklärungen der Beteiligten hinwirken und das Verfahren hinsichtlich der Überbaufläche entweder einstellen oder aber die Klage insoweit mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abweisen müssen. In beiden Fällen wäre eine Sachentscheidung zur Überbaufläche nicht ergangen. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde bestand zu einer Klarstellung der Prozessanträge demgegenüber kein Anlass. Gegenstand dieses Verfahrens war lediglich die Frage, ob Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision geltend gemacht waren und vorlagen. Hierfür ist der Umstand, dass der Rechtsstreit teilweise erledigt war, unerheblich. Das Bundesverwaltungsgericht hätte das ergangene Urteil zwar hinsichtlich der Überbaufläche für gegen-standslos erklären oder gegebenenfalls die Beschwerde mit der Maßgabe zurückweisen können, dass die Klage hinsichtlich der Überbaufläche nicht als unbegründet, sondern als unzulässig abgewiesen sei. Ein solcher Ausspruch hätte aber nur der Klarstellung gedient (vgl. BVerwG 3 B 134.92 - Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 103). In jedem Falle obliegt es dem Gericht im Folgeprozess, den Umfang der materiellen Rechtskraft des ersten Urteils eigenständig zu prüfen.

2. Das Urteil des Verwaltungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der angefochtene Änderungsbescheid vom verletzt keine Rechte der Klägerin. Die Klage muss daher abgewiesen werden.

Der Änderungsbescheid stellt fest, dass die Überbaufläche nach Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EV mit dem Wirksamwerden des Beitritts am kraft Gesetzes ins Postvermögen der Bundesrepublik Deutschland gefallen ist. Das ist rechtmäßig.

a) Die Beklagte war an dieser Feststellung nicht dadurch gehindert, dass die Beigeladene einen Zuordnungsantrag jedenfalls nicht bis zum Ablauf des und damit nicht innerhalb der in § 19 Abs. 1 Satz 3 VZOG bestimmten Frist gestellt hatte. Das folgt schon daraus, dass diese Fristbestimmung für die Feststellung eines gesetzlichen Eigentumsübergangs nach Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EV nicht gilt.

Wie erwähnt, unterscheidet das Gesetz sowohl bei Art. 26 EV hinsichtlich des Bahnvermögens als auch bei Art. 27 EV hinsichtlich des Postvermögens zwischen einem gesetzlichen Eigentumsübergang und einer Eigentumsübertragung durch Verwaltungsentscheidung. Kraft Gesetzes sind diejenigen Vermögensrechte der DDR in das Bahn- bzw. Postvermögen der Bundesrepublik Deutschland gefallen, die zum Sondervermögen Deutsche Reichsbahn bzw. zum Sondervermögen Deutsche Post im Sinne des Art. 26 Abs. 2 StVertr gehörten (Art. 26 Abs. 1 Satz 1, Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EV). Demgegenüber bedarf es für Altvermögen (Rückfallvermögen), Surrogatvermögen (Erwerbsvermögen) und Widmungsvermögen (Art. 26 Abs. 1 Satz 2, Art. 27 Abs. 1 Satz 5 EV) eines administrativen Übertragungsaktes. Sowohl die Feststellung des gesetzlichen Eigentumsübergangs als auch die Übertragung des Eigentums können durch Zuordnungsbescheid erfolgen (§ 17 VZOG). Für die Übertragung des Eigentums enthalten die nachfolgenden §§ 18 und 19 VZOG besondere Bestimmungen; insbesondere setzen sie nach ihrem Wortlaut einen dahingehenden Antrag des jeweiligen Sondervermögens voraus, der nur bis zum Ablauf des gestellt werden kann (§ 18 Abs. 1 Satz 3, § 19 Abs. 1 Satz 3 VZOG). Für die Feststellung des gesetzlichen Eigentums durch Zuordnungsbescheid finden diese Bestimmungen hingegen keine Anwendung.

b) Nach der Rechtsprechung des Senats erfassen Art. 26 Abs. 1 Satz 1, Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EV diejenigen Vermögensgegenstände, die zum Zeitpunkt des Beitritts in eindeutiger Weise - offensichtlich - als zum jeweiligen Sondervermögen Deutsche Reichsbahn bzw. Deutsche Post gehörig erkennbar waren. Ein Eigentumsübergang kraft Gesetzes kann demgegenüber nicht mehr angenommen werden, wenn die Prüfung der Zuordnungsvoraussetzungen besonderer tatsächlicher Feststellungen und rechtlicher Erwägungen bedarf ( BVerwG 3 C 27.98 - BVerwGE 109, 128 <130> und vom - BVerwG 3 C 15.98 - BVerwGE 109, 221 <225>).

Die Klägerin möchte die für den gesetzlichen Eigentumserwerb erforderliche Offensichtlichkeit deshalb verneinen, weil die Eigentümerschaft der Deutschen Post hinsichtlich des überbauten Grundstücks nicht schon aus dem Grundbuch ersichtlich war. Das greift zu kurz. Richtig ist, dass der Senat die erforderliche Eindeutigkeit bzw. Offensichtlichkeit der Zuordnung bei Grundstücken in der Regel an die Grundbuchlage geknüpft hat, die für jeden ohne weitere Feststellungen zweifelsfrei erkennbar sei (Urteile vom a.a.O. <130> und vom a.a.O. <225 f.>; BVerwG 3 B 31.03 -). Der Senat hat aber deutlich gemacht, dass dies nur in der Regel so gilt; er hat nicht ausgeschlossen, dass die erforderliche Eindeutigkeit bzw. Offensichtlichkeit in besonders gelagerten Fällen auch durch andere Umstände begründet sein kann. So liegt es in Überbaufällen wie dem vorliegenden: Ist ein Gebäude weit überwiegend auf einem "Stammgrundstück" und zu einem geringen Teil auf einem "Überbaugrundstück" errichtet und gehört das "Stammgrundstück" zweifelsfrei zum Sondervermögen Deutsche Post, so fällt auch die Überbaufläche - allerdings auch nur diese und nicht das ganze Überbaugrundstück - nach Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EV ins Postvermögen. Das gilt auch dann, wenn das Überbaugrundstück im Übrigen kraft Gesetzes zum Verwaltungsvermögen eines anderen Verwaltungsträgers gehört und ggf. schon am gehörte. Daran ändert nichts, dass die Überbaufläche aus dem restlichen Überbaugrundstück herausvermessen und grundbuchrechtlich abgetrennt werden muss und dass dies der Verwaltungsentscheidung bedarf (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 VZOG); das dient lediglich dem Vollzug des gesetzlichen Eigentumswechsels.

Die Klägerin hat hiergegen eingewendet, die Zugehörigkeit von Überbauflächen zum Sondervermögen Deutsche Post oder zum Sondervermögen Deutsche Reichsbahn sei nicht in gleicher Weise offensichtlich wie bei Grundbucheintragung. Gerade mit Blick auf das Bahnvermögen sei zu bedenken, dass die Zivilrechtsprechung § 912 BGB nicht nur auf Gebäude, sondern - zumindest analog - auch auf andere flurstückübergreifende Anlagen wie Brücken, Tunnels, Schienenwege usw. anwende. Derartige Anlagen habe das Bundesverwaltungsgericht dem Bund (Sondervermögen Bundesbahn, Bundeseisenbahnvermögen bzw. Deutsche Bahn AG) bislang aber nicht schon wegen Offensichtlichkeit, sondern stets nur unter dem Gesichtspunkt des Widmungsvermögens zuerkannt.

Damit dringt die Klägerin nicht durch. Richtig ist, dass Grundflächen, auf denen Gleisanlagen errichtet sind, nicht kraft Gesetzes ins Bahnvermögen des Bundes übergegangen sind, sondern dem Bund regelmäßig nur als Widmungsvermögen zugeordnet werden können ( BVerwG 3 C 42.01 - BVerwGE 117, 125 <128>). Grund hierfür ist, dass die Zuordnung eben die Widmung zum öffentlichen Verkehr voraussetzt, also eine Maßnahme des zuständigen Verwaltungsträgers, die den Willen erkennen lässt, die Sache künftig in bestimmter Weise zu nutzen (ebd. <129>). Zudem muss die Widmung noch im Zeitpunkt des Beitritts fortbestehen, woran es etwa bei stillgelegten Strecken fehlen kann. Damit lässt sich die Zugehörigkeit zum Sondervermögen Deutsche Reichsbahn nicht ohne weiteres zweifelsfrei erkennen; vielmehr bedarf es zusätzlicher tatsächlicher Feststellungen und rechtlicher Denkschritte (vgl. Urteil vom a.a.O. <130>). Bei Überbaufällen wie dem vorliegenden verhält es sich anders. Hier kommt es auf die Widmung des überbauten Gebäudes zu öffentlichen Zwecken nicht an (sofern nicht eine Widmung zu bahn- und postfremden Zwecken eines anderen Verwaltungsträgers - negativ - eine anderweitige Zuordnung nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EV begründet; vgl. BVerwG 3 C 21.00 - BVerwGE 111, 364). Ausschlaggebend ist allein der Überbau selbst; er erweitert gewissermaßen das Stammgrundstück und teilt dessen zuordnungsrechtliches Schicksal: Ist dessen Zugehörigkeit zum Sondervermögen - wie hier - offensichtlich, so ist es auch die zusätzlich überbaute Fläche.

Für all dies ist der Anwendungsbereich von § 912 BGB gleichgültig. Diese Vorschrift geht davon aus, dass die überbaute Fläche in fremdem Grundeigentum steht, und erlegt dessen Eigentümer eine Duldungspflicht auf, gewährt ihm aber zum Ausgleich einen Anspruch auf Zahlung einer Überbaurente. Indem geringfügig überbaute Flächen nach Art. 26 Abs. 1 Satz 1 und Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EV unmittelbar kraft Gesetzes in dasselbe Eigentum übergehen wie das Stammgrundstück, wird für diese Fälle eine Anwendung des § 912 BGB gerade vermieden. Hierfür lässt sich mit dem Hinweis, dass es für andere Fälle bei der Anwendbarkeit von § 912 BGB verbleibt oder verbleiben könnte, nichts gewinnen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO.

Fundstelle(n):
BAAAC-52484