BFH Beschluss v. - VIII B 248/05

Abgrenzung von freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit; Darlegungserfordernisse bei Rüge der Versagung des Rechts auf Gehör

Gesetze: EStG § 15, EStG § 18, FGO § 115 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

I. Mit seiner —fristgerecht eingelegten— Beschwerde wendet sich der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) gegen das klageabweisende Urteil des , wonach der Kläger in den Streitjahren 1993 und 1994 keine ingenieurähnliche Tätigkeit i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausgeübt hat.

Auf das Urteil und die dort in Bezug genommene Einspruchsentscheidung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt —FA—) wird verwiesen.

Die Nichtzulassungsbeschwerde wird mit einem Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) begründet. Zum einen sei der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt worden. Erläuterungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung, „soweit sie die Rechtsposition begründeten”, seien nicht beachtet worden. Andere Äußerungen zu relevanten Details seien unzutreffend wiedergegeben worden.

Zum anderen habe es das Gericht bei fehlendem Beweisangebot an der erforderlichen Sachaufklärung von Amts wegen mangeln lassen. So habe der Kläger entgegen der Urteilsbegründung keinen Hinweis erhalten, wonach er im Einzelnen hätte darlegen sollen, dass die jeweiligen Arbeitsprojekte einen der Ingenieurtätigkeit vergleichbaren Schwierigkeitsgrad aufwiesen und auch den Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildeten. Vielmehr habe er die angeforderten Planungsunterlagen vorgelegt und seine theoretische Fortbildung im Selbststudium durch Vorlage der entsprechenden Literaturlisten dargelegt.

Zu den in der mündlichen Verhandlung geäußerten Bedenken des Gerichts bezüglich der Breite seiner theoretischen Kenntnisse habe er —so sinngemäß— alle Fragen des Gerichts beantwortet. Da aufgrund des Verlaufs der mündlichen Verhandlung und der Äußerungen des Senats bei ihm keine Zweifel bestanden hätten, dass das Vorliegen ingenieursvergleichbarer fachtheoretischer Kenntnisse im Bereich der Versorgungstechnik vom Gericht bejaht werde und dem Gericht auch erkennbar gewesen sei, dass diese Bereiche den Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers ausmachten, habe er —der Kläger— auch keine weiteren Beweise angetreten, wie etwa durch ein Sachverständigengutachten zur Frage der Notwendigkeit ingenieursähnlicher Kenntnisse zur Bearbeitung seiner Arbeitsprojekte.

Nach Rückgabe der dem Gericht vom Kläger vorgelegten Unterlagen sei ersichtlich gewesen, dass diese —wenn auch nur zu einem geringen Teil— nicht sämtlich vom Gericht eingesehen worden seien. Die Planungsunterlagen seien so aussagekräftig, dass ohne weitere Erläuterungen die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Tiefe und Breite der Tätigkeit hätte eingeholt werden können und müssen, zumal das Gericht ohne eigene Fachkompetenz nicht in der Lage gewesen sein dürfte, hierüber zu befinden.

Der Kläger beantragt,

die Revision gegen das Urteil des zuzulassen.

Das FA hat von einer Stellungnahme abgesehen.

II. Die Beschwerde ist nicht begründet.

Soweit sich der Kläger auf die Versagung rechtlichen Gehörs beruft, lässt sich den von ihm hierzu angeführten Gründen ein derartiger Verfahrensmangel nicht entnehmen. Der Kläger selbst macht nicht geltend, dass ihm die Möglichkeit zum Vortrag —schriftlich oder in der mündlichen Verhandlung— verwehrt worden wäre. Aus seinem Vortrag im Beschwerdeverfahren ist vielmehr sinngemäß zu entnehmen, dass das Gericht für die Rechtsauffassung des Klägers maßgebliche Erläuterungen zum Teil nicht beachtet und zum Teil unzutreffend wiedergegeben habe. Insoweit fehlt es an der gebotenen substantiierten Darlegung, welches Vorbringen des Klägers das FG nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben soll (s. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 119 Rz 14, m.w.N.). Da sich der geltend gemachte Verfahrensverstoß, wenn auch abstrahierend, so doch erkennbar, nur auf einzelne Feststellungen oder rechtliche Gesichtspunkte beziehen konnte, hätte es zudem für eine schlüssige Rüge noch eines konkretisierenden Vortrags bedurft, was der Kläger bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch zusätzlich vorgetragen hätte und dass —unter Zugrundelegung des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG— bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens eine andere Entscheidung in der Sache möglich gewesen wäre (s. Gräber/ Ruban, a.a.O., § 119 Rz 14, m.w.N.). Auch daran fehlt es im Streitfall.

Auch soweit der Kläger den Verfahrensfehler mangelnder Sachaufklärung durch das FG geltend macht, ist dem nicht zu folgen.

Das FG hat in den Entscheidungsgründen maßgeblich auch darauf abgestellt, dass der Kläger über eine einem Ingenieurstudium vergleichbare Tiefe und Breite seiner Vorbildung verfügen müsse, um mit seiner Klage Erfolg zu haben. Für den Nachweis theoretischer Kenntnisse anhand eigener praktischer Arbeiten sei es erforderlich, dass die Tätigkeit auch der Breite nach zumindest das Wissen des Kernbereichs eines Ingenieurstudiums voraussetze.

Ausgehend von dieser Rechtsauffassung durfte das FG von einer weiteren Sachverhaltsaufklärung absehen, da der Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen des FG selbst in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hatte, dass er die Ausbildungsinhalte des Grundstudiums aus den Bereichen Physik, Chemie und Mathematik nicht beherrsche. An diese Feststellungen ist der Bundesfinanzhof (BFH) gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden, wobei es unbeachtlich ist, ob solche tatsächlichen Feststellungen im „Tatbestand” oder —wie hier— in den „Entscheidungsgründen” des Urteils enthalten sind (s. Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Rz 37, m.w.N.). Sollte der Kläger mit seiner Beschwerdebegründung vorbringen wollen, dass das FG den Sachverhalt in seinem Urteil insoweit unrichtig wiedergegeben habe, hätte er sich binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils gemäß § 108 Abs. 1 FGO mit einem Antrag auf Tatbestandsberichtigung an das FG wenden müssen, das hierfür allein prüfungs- und entscheidungsbefugt ist (vgl. , BFH/NV 2003, 1196). Eine auf Unrichtigkeit des Tatbestands gestützte Nichtzulassungsbeschwerde ist hingegen unzulässig (s. Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 108 Rz 1, m.w.N.). Auch im Zusammenhang mit § 108 FGO ist es unbeachtlich, ob die ggf. zu korrigierenden Feststellungen tatsächlicher Art unter der Überschrift „Tatbestand” stehen oder sich in den Entscheidungsgründen finden (s. Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 108 Rz 3, m.w.N.).

Fundstelle(n):
IAAAC-52019