Verlust einer betrieblich veranlassten Darlehensforderung eines Freiberuflers als Betriebsausgabe; Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs
Gesetze: EStG § 4 Abs. 4, FGO § 96, FGO § 115 Abs. 2
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) und der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) muss der Beschwerdeführer schlüssig und substantiiert vortragen, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage anhand der gesetzlichen Grundlagen und der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden kann und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den BFH geboten erscheinen lassen (z.B. BFH-Beschlüsse vom VII B 260/02, BFH/NV 2004, 69, und vom I B 239/04, BFH/NV 2005, 1840).
a) Mit dem Vortrag, der Rechtsstreit biete Gelegenheit, das in § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu den Einkünften aus § 18 EStG von der Rechtsprechung anerkannte negative Tatbestandsmerkmal des „Zusammenhangs” mit Einkünften aus § 15 oder § 20 EStG mit Rücksicht auf eine bestehende Bestimmungsbefugnis des Steuerpflichtigen zu präzisieren, haben die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) keine im Allgemeininteresse und im Streitfall klärbare Rechtsfrage aufgeworfen.
Denn nach der Rechtsprechung ist bereits geklärt, dass Bürgschaftsaufwendungen eines Freiberuflers ausnahmsweise Betriebsausgaben darstellen können, wenn ein Zusammenhang mit anderen Einkünften ausscheidet und nachgewiesen wird, dass die Bürgschaftszusage ausschließlich aus betrieblichen Gründen erteilt wurde (, BFHE 158, 254, BStBl II 1990, 17). Die Kläger haben zwar auf die ergangene Rechtsprechung hingewiesen, einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf im Streitfall aber nicht in hinreichend substantiierter Weise dargetan.
b) Das Vorbringen, das Finanzgericht (FG) habe die Vorschriften der §§ 670, 732 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) unzutreffend angewendet mit der Folge, dass es auch die im Zusammenhang mit der Beendigung der früheren Sozietät durch Realteilung stehenden Rechtsfragen falsch beantwortet habe, wirft gleichfalls keine klärungsbedürftige Rechtsfrage auf.
Mit ihrem Vortrag wenden sich die Kläger im Kern gegen die materielle Rechtmäßigkeit des Urteils, ohne sich mit Äußerungen in der Rechtsprechung zu den angesprochenen Fragestellungen auseinanderzusetzen. Insbesondere fehlt jeglicher Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH, wonach der Verlust einer betrieblich veranlassten Darlehensforderung bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG in dem Zeitpunkt gewinnmindernd berücksichtigt werden kann, in dem der Verlust feststeht. Die Hingabe von Darlehen stellt dabei regelmäßig eine dem Anwalt berufsfremde Tätigkeit dar, wenn nicht ganz besondere Umstände den Zusammenhang mit der Anwaltstätigkeit ergeben (, BFHE 104, 311, BStBl II 1972, 334). Ferner hat der BFH entschieden, dass bei einem Freiberufler, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, der Verlust einer Beteiligung in dem Zeitpunkt berücksichtigt werden kann, in dem die Beteiligung endgültig verloren ist (, BFHE 126, 298, BStBl II 1979, 109, und , juris). Für (betrieblich veranlasste) Forderungen gilt dasselbe (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 104, 311, BStBl II 1972, 334). Das FG hat in den Entscheidungsgründen seines Urteils maßgeblich auf die nach seiner Auffassung fehlende endgültige Uneinbringlichkeit einer etwaigen Forderung gegen den ehemaligen Sozius des Klägers abgestellt. Daher wäre eine Auseinandersetzung mit der genannten und vom FG in diesem Zusammenhang auch zitierten Rechtsprechung des BFH besonders angezeigt gewesen.
Das lediglich auf die behauptete materielle Unrichtigkeit des FG-Urteils abzielende Vorbringen der Kläger vermag die Zulassung der Revision daher nicht zu rechtfertigen. Ihre Ausführungen ergeben auch keinen Anhaltspunkt für einen Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzwidrigen Entscheidung, der ausnahmsweise zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO führt (, BFH/NV 2006, 1285).
c) Soweit die Kläger ausführen, der ehemalige Sozius des Klägers und der Gesellschaftsschuldner hätten bei der Umleitung der Bezahlung der Lohnfuhrforderung auf ein anderes Konto in strafbarer und Schadensersatz begründender Weise nach §§ 27, 266 des Strafgesetzbuchs (StGB) i.V.m. §§ 823 Abs. 2, 826 BGB zu Lasten des Klägers gehandelt, haben sie gleichfalls keine klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgeworfen.
Der BFH hat bereits geklärt, dass Verluste, die dem Steuerpflichtigen aufgrund Diebstahls, Unterschlagung oder Untreue entstanden sind, unter bestimmten Voraussetzungen als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG zu berücksichtigen sind. Dies setzt aber voraus, dass vorher geltend gemachte Regressansprüche gegen die Schädiger erfolglos geblieben sind, woran es im Streitfall nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG nach § 118 Abs. 2 FGO aber mangelt (, BFH/NV 2000, 1188, m.w.N.). In der Beschwerdebegründung fehlt jeglicher Hinweis auf diese Rechtsprechung, so dass auch insoweit ein weiterer Klärungsbedarf nicht ersichtlich ist.
2. Auch die von den Klägern erhobenen Verfahrensrügen nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO greifen nicht durch.
a) Die von den Klägern behauptete Verletzung rechtlichen Gehörs ist nicht gegeben.
aa) Rechtliches Gehör i.S. von Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes wird den Beteiligten dadurch gewährt, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem Sachverhalt zu äußern, der einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden soll. Das rechtliche Gehör bezieht sich vor allem auf Tatsachen und Beweisergebnisse (§ 96 Abs. 2 FGO); darüber hinaus darf das FG seine Entscheidung auf einen rechtlichen Gesichtspunkt nur stützen, wenn die Beteiligten zuvor Gelegenheit hatten, dazu Stellung zu nehmen (, BFH/NV 2005, 1329).
bb) Das FG hat das rechtliche Gehör der Kläger nicht verletzt. Der Kläger hat selbst vorgetragen, dass er Gelegenheit hatte, sich zu allen aufgeworfenen Fragen zu äußern. Er beanstandet lediglich, dass seine Argumentation beim FG „offenbar nicht angekommen” sei, weil das FG sich seiner Rechtsauffassung nicht angeschlossen habe. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs umfasst aber nicht das Recht auf „Erhörung”.
b) Das FG hat nicht gegen seine Verpflichtung aus § 96 Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz FGO verstoßen.
Die Kläger führen insoweit zunächst aus, das FG habe im Hinblick auf die vom Kläger angeführten Ansprüche aus §§ 732, 670 BGB lediglich einseitig seine Ausführungen in seinem Kündigungsschreiben vom gewürdigt, wonach der Betrag von . DM ausschließlich im Hinblick auf die geplante Gründung der GmbH bezahlt worden sei. Die im Übrigen festgestellte Vertragslage und die vom Kläger getroffene Zweckbestimmung der Zahlung seien bei der rechtlichen Würdigung unberücksichtigt geblieben. Entgegen der Behauptung der Kläger hat das FG sowohl den Vortrag, wonach die Zahlung des Betrages von . DM betrieblich veranlasst gewesen sei, als auch sämtliche in diesem Zusammenhang geschlossenen Verträge in den Tatbestand seines Urteils aufgenommen. Somit hat sich das FG erkennbar auch mit diesen Tatsachen auseinandergesetzt. Mit der Rüge der unzutreffenden rechtlichen Würdigung wenden sich die Kläger im Übrigen wiederum gegen die materielle Rechtmäßigkeit des FG-Urteils, was eine Zulassung der Revision nicht rechtfertigen kann (BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 1285).
Auch die von den Klägern behauptete Nichtbeachtung der Beendigung der Rechtsanwaltssozietät im März 2000 durch Realteilung ist unzutreffend. Vielmehr hat das FG auch diesen Vortrag ausdrücklich in den Tatbestand des Urteils aufgenommen und sich in den Entscheidungsgründen seines Urteils (Seite 13 ff.) ausdrücklich mit den dadurch aufgeworfenen Rechtsfragen befasst.
Schließlich tragen die Kläger vor, das FG habe ihren Tatbestandsberichtigungsantrag, wonach der Auftraggeber im streitbefangenen Zeitraum unter seiner Einzelfirma als Fuhrunternehmer angemeldet gewesen sei, in seinem den Antrag ablehnenden Beschluss nicht als entscheidungserheblich bezeichnet. Dies stehe im Widerspruch zu der vom FG hervorgehobenen Tatsache, dass die Vorgründungsgesellschaft trotz einer entsprechenden Verpflichtung nicht angemeldet worden sei. Auch dieses Vorbringen vermag keinen Verfahrensfehler (§§ 76 Abs. 2, 93 FGO) zu begründen, da es sich auf ein Verhalten des FG nach Erlass des Urteils bezieht.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1880 Nr. 10
MAAAC-51987