BGH Urteil v. - I ZR 133/04

Leitsatz

[1] Kann ein Wettbewerbsverstoß nur durch Fotoaufnahmen hinreichend bestimmt dargelegt und bewiesen werden, ist die Anfertigung der Fotos innerhalb der Geschäftsräume des Verletzers nicht unlauter, wenn ein überwiegendes Interesse des Geschäftsinhabers an der Vermeidung einer möglichen Betriebsstörung nicht besteht, insbesondere die (konkrete) Gefahr einer erheblichen Belästigung nicht gegeben ist (Fortführung von , WRP 1996, 1099 = NJW-RR 1997, 104 - Testfotos II).

Gesetze: UWG § 3; UWG § 4 Nr. 10

Instanzenzug: LG Wuppertal 14 O 81/03 vom OLG Düsseldorf I-20 U 16/04 vom

Tatbestand

Die Parteien betreiben bundesweit SB-Warenhäuser. Die Beklagte hatte am im Eingangsbereich ihrer Filiale in B. bei M. zu Werbezwecken zwei mit gleichen Lebensmitteln und Haushaltsartikeln gefüllte Einkaufswagen aufgestellt. Davor hatte sie ein sternförmiges, aus gelbem Karton gefertigtes Schild angebracht, das den aus der nachstehenden Abbildung ersichtlichen Werbetext aufwies:

Die Textbestandteile "Vergleichen Sie", "Sparen Sie bei uns" und die Angabe "9,5 %" waren in roter Schrift gehalten. Der Text "Gegenüber unserem Mitbewerber" war schwarz geschrieben und der angegebene Preisunterschied "6,11 €" war in einer Kombination von schwarzer und roter Farbe dargestellt. Die Beklagte hatte ferner an jedem Einkaufswagen eine gegenüber dem Original deutlich vergrößerte Kopie eines Kassenbons angebracht. Der Kassenbon an dem einen Einkaufswagen stammte aus dem SB-Warenhaus der Beklagten, der an dem anderen Einkaufswagen aus der Filiale H. der Klägerin.

Beide Bons trugen jeweils das Datum "". An diesem Tag war der Preisvergleich zutreffend. Am traf er nicht mehr zu, weil die Klägerin mit Wirkung vom den Preis eines Artikels, der zu dem Sortiment in den beiden Einkaufswagen gehörte, um 1,20 € gesenkt hatte.

In gleicher Weise warb die Beklagte mit den beiden Einkaufswagen und dem sternförmigen Schild am damit, dass Kunden bei ihr 8,40 € und damit 10,5 % sparen könnten. Der Preisvergleich stammte vom und war an diesem Tag zutreffend. Am traf er nicht mehr zu, weil die Klägerin inzwischen den Preis für zwei Produkte des verglichenen Warenkorbs gesenkt hatte.

Die Klägerin hat von den beanstandeten Werbemaßnahmen der Beklagten in deren Geschäftsräumen Fotografien angefertigt und mit der Klage vorgelegt.

Sie hat beantragt,

der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken blickfangmäßig herausgestellt anzukündigen:

"Vergleichen Sie

Gegenüber unserem Mitbewerber sparen Sie bei uns ... EUR

Das sind ... %",

wenn der dabei angegebene Ersparnisbetrag und/oder Prozentsatz höher ist, als dies am Tag der Werbeverlautbarung tatsächlich der Fall ist, und wenn dies geschieht, wie nachstehend wiedergegeben:

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

Ferner hat sie Widerklage erhoben und beantragt,

die Klägerin unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in den Geschäftsräumen der Beklagten ohne deren Genehmigung zu fotografieren oder fotografieren zu lassen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

Die Berufung der Beklagten führte zur Verurteilung der Klägerin auf die Widerklage, hinsichtlich der Klage blieb sie erfolglos.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr auf Abweisung der Widerklage gerichtetes Begehren weiter. Die Beklagte begehrt mit ihrer Anschlussrevision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, die Abweisung der Klage.

Gründe

I. Das Berufungsgericht hat sowohl den mit der Klage verfolgten Anspruch der Klägerin auf Unterlassung der angegriffenen Werbung der Beklagten als auch den mit der Widerklage geltend gemachten Anspruch der Beklagten auf Unterlassung des Fotografierens in ihren Geschäftsräumen als begründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt:

Bei der Frage, ob die beanstandete Werbung der Beklagten irreführend i.S. von § 3 UWG (a.F.) sei, sei davon auszugehen, dass eine blickfangmäßig herausgestellte Angabe für sich genommen nicht unrichtig oder für den Verkehr missverständlich sein dürfe. Die Werbeaussage der Beklagten sei in Bezug auf die blickfangmäßig herausgestellte "Sparquote" und den "Sparpreis" unrichtig, weil der mit der Werbung konfrontierte Durchschnittsverbraucher selbstverständlich davon ausgehe, dass der Preisvergleich noch aktuell sei und jederzeit nachvollzogen werden könne. Dieses objektiv nicht den Tatsachen entsprechende Verständnis könne nur durch einen am Blickfang teilhabenden Hinweis ausgeräumt werden. Dazu sei die Formulierung "Stand vom " zwar nicht generell ungeeignet. Der Hinweis habe jedoch nicht am Blickfang teil, weil der an einem Lebensmittelkauf interessierte Durchschnittsverbraucher die Werbung eher flüchtig wahrnehme und deshalb den mit dünner Schrift klein in der linken Ecke platzierten Hinweis eher übersehe. Es werde der Eindruck vermittelt, mit der in den Blickfang gestellten Angabe sei das Wesentliche gesagt, so dass der Verkehr davon absehe, das Kleingeschriebene überhaupt zu lesen und nur der Blickfang als maßgeblich in seiner Vorstellung haften bleibe.

Das von der Klägerin veranlasste Fotografieren in den Geschäftsräumen der Beklagten verstoße gegen § 1 UWG (a.F.). Entgegen der Auffassung der Klägerin werde das Fotografieren in Geschäftsräumen auch angesichts der durch technische Neuerungen bedingten Entwicklung immer noch als etwas Besonderes und Auffälliges empfunden, so dass diesbezüglich nicht von einem normalen Käuferverhalten gesprochen werden könne.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision der Klägerin haben Erfolg. Sie führen unter teilweiser Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Abweisung der Widerklage. Dagegen ist die Anschlussrevision der Beklagten unbegründet.

1. Nach Erlass des Berufungsurteils ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom in Kraft getreten. Die auf Wiederholungsgefahr gestützten, in die Zukunft gerichteten Unterlassungsansprüche der Parteien bestehen nur, wenn die beanstandeten Wettbewerbshandlungen der Klägerin und der Beklagten zur Zeit ihrer Begehung wettbewerbswidrig waren und die Ansprüche auf der Grundlage der nunmehr gegebenen Rechtslage noch gegeben sind. Die Voraussetzungen, unter denen das ungenehmigte Fotografieren in Geschäftsräumen eines Mitbewerbers als gezielte Behinderung sowie blickfangmäßig herausgestellte Angaben als irreführend anzusehen sind, haben sich durch das Inkrafttreten des neuen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb nicht geändert. Im Folgenden braucht daher zwischen altem (§ 1 UWG a.F.) und neuem Recht (§§ 3, 4 Nr. 10, § 5 UWG) nicht unterschieden zu werden.

2. Die zulässige Anschlussrevision der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die angegriffene Werbung der Beklagten irreführend ist und der Klägerin daher der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung der beanstandeten Werbung der Beklagten zusteht (§§ 3, 5 Abs. 3, § 8 UWG; § 3 UWG a.F.).

a) Die Anschlussrevision der Beklagten, mit der sie sich gegen ihre Verurteilung auf die Klage wendet, ist zulässig. Das Berufungsgericht hat zwar die Revision nur hinsichtlich der Widerklage zugelassen; hinsichtlich der Klage, die einen anderen Streitstoff zum Gegenstand hat, hat es einen Zulassungsgrund verneint. Im Hinblick auf die Regelung des § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO, nach der die Statthaftigkeit der Anschließung nicht voraussetzt, dass auch für den Anschlussrevisionskläger die Revision zugelassen worden ist, kann eine Anschlussrevision bei beschränkter Zulassung der Revision jedoch auch dann eingelegt werden, wenn die Anschlussrevision nicht den Streitstoff betrifft, auf den sich die Zulassung bezieht (, NJW-RR 2006, 1328 Tz 17; Urt. v. - VIII ZR 261/04, NJW-RR 2006, 1542 Tz 20, jeweils m.w.N.; vgl. auch Amtliche Begründung des Regierungsentwurfs zum ZPO-Reformgesetz, BT-Drucks. 14/4722, S. 108). Die Frage, ob zwischen dem Streitgegenstand der Revision und dem der Anschlussrevision ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang bestehen muss (vgl. BGHZ 155, 189, 191 f. - Buchpreisbindung), bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, da ein solcher Zusammenhang jedenfalls gegeben ist. Die Fotoaufnahmen (Streitgegenstand von Widerklage und Revision) sind zum Nachweis des mit der Klage beanstandeten Wettbewerbsverstoßes (Streitgegenstand der Anschlussrevision) gemacht worden. Die Zulässigkeit der Fotoaufnahmen kann von der Art des nachzuweisenden Verstoßes abhängen.

b) Die Anschlussrevision ist jedoch unbegründet. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der angesprochene Verkehr über den Zeitpunkt des Preisvergleichs irregeführt wird (§§ 3, 5 Abs. 3 UWG, § 3 UWG a.F.).

aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend von der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausgegangen, dass eine blickfangmäßig herausgestellte Angabe für sich genommen nicht unrichtig oder auch nur für den Verkehr missverständlich sein darf und eine irrtumsausschließende Aufklärung in solchen Fällen nur durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis erfolgen kann, wenn dieser am Blickfang teilhat und dadurch eine Zuordnung zu den herausgestellten Angaben gewahrt bleibt (, GRUR 1990, 1027, 1028 = WRP 1990, 818 - incl. MwSt. I; BGHZ 139, 368, 376 - Handy für 0,00 DM; , GRUR 2000, 911, 913 = WRP 2000, 1248 - Computerwerbung I; Urt. v. - I ZR 50/00, GRUR 2003, 163, 164 = WRP 2003, 273 - Computerwerbung II; Urt. v. - I ZR 110/00, GRUR 2003, 249 = WRP 2003, 379 - Preis ohne Monitor). Dabei ist für die Beurteilung der Frage, in welchem Sinn eine Werbeaussage zu verstehen ist, von dem Verständnis des durchschnittlich informierten, verständigen und in der Situation, mit der er mit der Aussage konfrontiert wird, entsprechend aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers auszugehen. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung ist auch die Frage zu beurteilen, ob eine irrtumsausschließende Aufklärung am Blickfang teilhat.

bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Werbeaussage der Beklagten auf dem sternförmigen Schild sei unrichtig, weil der angesprochene Durchschnittsverbraucher, der zum "Vergleichen" aufgefordert werde, sie dahin verstehe, dass der dort enthaltene Preisvergleich noch aktuell sei. Dies lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Ist ein Preisvergleich wie hier im Präsens gefasst ("...sparen Sie..."; "...das sind..."), dann muss er an dem Tag, an dem mit ihm geworben wird, richtig sein. Denn einen so formulierten Preisvergleich versteht der Verkehr, wovon das Berufungsgericht mit Recht ausgegangen ist, dahin, dass er im Zeitpunkt der Werbung (noch) gelten soll.

cc) Das Berufungsgericht hat weiter ausgeführt, die Fehlvorstellung des Verkehrs werde durch den von seinem Inhalt an sich zur Aufklärung geeigneten Hinweis "Stand vom " nicht ausgeräumt. Dieser Hinweis habe nicht am Blickfang teil, weil der an einem Lebensmittelkauf interessierte Durchschnittsverbraucher anders als ein sich mit der größeren Anschaffung wie einem Computer beschäftigender Kunde die Werbung eher flüchtig wahrnehme und deshalb den mit dünner Schrift klein in der linken Ecke platzierten Hinweis eher übersehe. Es werde der Eindruck vermittelt, dass mit den in den Blickfang gestellten Angaben das Wesentliche gesagt sei. Daher sehe der Verkehr davon ab, das Kleingeschriebene überhaupt zu lesen, und es bleibe nur der Blickfang als maßgeblich in seiner Vorstellung haften.

Auch diese Beurteilung hält den Angriffen der Anschlussrevision stand. Sie ist insbesondere nicht erfahrungswidrig. Soweit die Anschlussrevision geltend macht, der aufklärende Hinweis "Stand vom " sei mit zumutbarem Aufwand problemlos auffindbar, lässt sie außer Acht, dass der angesprochene Durchschnittsverbraucher nach den tatrichterlichen Feststellungen die hervorgehobenen Angaben des Werbetextes als in sich abgeschlossene aktuelle Aussage auffasst und daher keinen Anlass hat, nach einem aufklärenden Hinweis - etwa auf einen bereits verstrichenen Geltungszeitpunkt - zu suchen. Gegen diese tatrichterliche Würdigung ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern.

dd) Rechtsfehlerfrei sind die Vorinstanzen weiter davon ausgegangen, dass die Irreführung über die beworbene Einsparung gegenüber dem Angebot des Mitbewerbers wettbewerbsrechtlich relevant ist. Da im Zeitpunkt der Werbung eine Einsparung jedenfalls in der angegebenen Höhe nicht zu erzielen war, fehlt es auch dann nicht an der Relevanz, wenn das Warenangebot der Beklagten, wie diese geltend gemacht hat, im maßgeblichen Zeitpunkt trotz der inzwischen von der Klägerin vorgenommenen Preissenkungen insgesamt immer noch günstiger gewesen sein sollte.

3. Die Revision der Klägerin ist dagegen begründet. Der Beklagten steht der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung von Fotoaufnahmen in ihren Geschäftsräumen aus den §§ 3, 4 Nr. 10, § 8 UWG, § 1 UWG a.F. nicht zu.

a) In der Rechtsprechung des Senats zu § 1 UWG a.F. ist das ungenehmigte, der Dokumentation eines angeblichen oder wirklichen Wettbewerbsverstoßes dienende Fotografieren durch Testpersonen innerhalb der Geschäftsräume eines Kaufmanns als wettbewerbswidrig angesehen worden (, GRUR 1991, 843 - Testfotos I; Urt. v. - I ZR 122/94, WRP 1996, 1099 = NJW-RR 1997, 104 - Testfotos II; vgl. ferner Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 4 UWG Rdn. 10.163; Ohly in Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl., § 4 Rdn. 10/21; Omsels in Harte/Henning, UWG, § 4 Nr. 10 Rdn. 48). Zur Begründung des generellen Verbots des Fotografierens in Geschäftsräumen eines Mitbewerbers zu Testzwecken hat der Senat ausgeführt, das Fotografieren innerhalb der Geschäftsräume eines Kaufmanns könne nicht zu dem üblichen Verhalten von Käufern gerechnet werden, denen der Kaufmann durch Eröffnung seines Geschäfts für den allgemeinen Verkehr grundsätzlich Zutritt zu seinem Ladenlokal gewähre (BGH GRUR 1991, 843, 844 - Testfotos I). Das Fotografieren durch Dritte zum Nachweis eines Wettbewerbsverstoßes bleibe dem Personal und der Kundschaft nicht verborgen und begründe die Gefahr von Betriebsstörungen. Erfahrungsgemäß werde sich das Personal wegen der Ungewöhnlichkeit und Auffälligkeit eines solchen Verhaltens der Testperson besonders zuwenden. Dies lasse Auseinandersetzungen über deren Vorgehen befürchten (BGH GRUR 1991, 843, 844 - Testfotos I). Außerdem sei mit einem derartigen Auftreten von Testpersonen die Gefahr der Rufschädigung des Kaufmanns verbunden, weil etwa anwesende Kundschaft sich unzutreffende Vorstellungen über den Grund der Anfertigung von Fotografien machen könne. Ob derartige Umstände im Einzelfall tatsächlich gegeben seien, sei unerheblich. Dem betroffenen Kaufmann könne es nicht zugemutet werden, sich mit Testpersonen in Auseinandersetzungen darüber einzulassen, ob der eine oder andere Umstand und damit tatsächlich eine Störung des Betriebs vorliege. Entscheidend sei allein, dass die genannten nachteiligen Folgen generell mit dem Fotografieren in Geschäftsräumen verbunden sein könnten (BGH GRUR 1991, 843, 844 - Testfotos I; WRP 1996, 1099, 1101 - Testfotos II). Der Testzweck vermöge das Fotografieren in Geschäftsräumen von Mitbewerbern nicht zu rechtfertigen. Den Beweis für den Wettbewerbsverstoß, den der Mitbewerber mit den Fotoaufnahmen festzuhalten suche, könne er wie auch sonst in Testkauffällen durch eine Beobachtungsperson führen, die insbesondere durch Gedächtnisnotizen den beobachteten Sachverhalt im Einzelnen festhalten könne (BGH GRUR 1991, 843, 844 - Testfotos I). Ob etwas anderes zu gelten habe, wenn der angenommene Wettbewerbsverstoß ohne eine Fotografie überhaupt nicht verfolgt werden könnte, hat der Senat offengelassen (BGH WRP 1996, 1099, 1101 - Testfotos II).

b) Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass der von der Klägerin behauptete Wettbewerbsverstoß, wie auch die Vorinstanzen angenommen haben, ohne die Fotoaufnahmen nicht hinreichend hätte dargelegt werden können. Die Klägerin hat geltend gemacht, die beanstandete Werbung der Beklagten sei deshalb irreführend, weil der Hinweis auf den Zeitpunkt des Preisvergleichs "Stand vom " nicht am Blickfang teilnehme und vom Verkehr deshalb nicht wahrgenommen werde. Die hinreichend bestimmte Darlegung dieses Wettbewerbsverstoßes erforderte die genaue Wiedergabe der beanstandeten Werbeangaben auf dem sternförmigen Werbeschild gerade auch in ihrem räumlichen Verhältnis zueinander. Durch die üblichen Formen der Beweisführung mit Hilfe von Beobachtungspersonen und Gedächtnisskizzen hätte dies, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, nur unzulänglich erfolgen können. In einem solchen Fall ist die Anfertigung von Fotos jedenfalls dann nicht unlauter, wenn ein überwiegendes Interesse des Geschäftsinhabers an der Vermeidung einer möglichen Betriebsstörung nicht besteht, insbesondere die (konkrete) Gefahr einer erheblichen Belästigung nicht gegeben ist (vgl. auch Köhler aaO § 4 UWG Rdn. 10.163; Omsels aaO § 4 Rdn. 50). Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse der Beklagten an der Vermeidung einer Betriebsstörung nicht das Interesse der Klägerin, mit Hilfe der Fotoaufnahmen den Wettbewerbsverstoß der Beklagten darzulegen und zu beweisen.

aa) Schon aufgrund der geänderten Lebensverhältnisse kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass mit ungenehmigtem Fotografieren in Geschäftsräumen generell die Gefahr einer erheblichen Störung des Betriebs des Geschäftsinhabers verbunden ist. Die technische Entwicklung ermöglicht es inzwischen, mit Digitalkameras auch kleineren Formats, Kameras in Mobiltelefonen und sogar in Armbanduhren ohne größeren Aufwand jederzeit, an allen Orten und bei jeder Gelegenheit mehr oder weniger brauchbare Fotoaufnahmen herzustellen. Von dieser Möglichkeit wird in zunehmendem Ausmaß Gebrauch gemacht, ohne dass damit generell eine erhebliche Behinderung oder unangemessene Belästigung Dritter verbunden sein muss. Zwar kann deshalb das Fotografieren in Geschäftsräumen noch nicht als ein normales Kundenverhalten angesehen werden. Es ist jedoch auch nicht mehr wie früher generell als so ungewöhnlich anzusehen, dass grundsätzlich die Gefahr einer erheblichen Betriebsstörung zu befürchten ist. Jedermann kann heutzutage Fotoaufnahmen in Geschäftsräumen anfertigen, ohne Aufsehen zu erregen. Auch wenn solche Aufnahmen im Einzelfall vom Publikum oder vom Personal bemerkt werden sollten, kann zudem nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der betreffende Beobachter das Verhalten grundsätzlich als so ungewöhnlich ansehen wird, dass die Gefahr von Auseinandersetzungen und damit von Störungen des Betriebs ernsthaft zu befürchten ist. Angesichts des mittlerweile verbreiteten Einsatzes von Digitalkameras und Fotomobiltelefonen zu allen möglichen mehr oder weniger sinnvollen Zwecken kommt für den Beobachter auch in Betracht, dass das Fotografieren von Waren oder Warenpräsentationen durch Dritte aus anderen, nicht rufschädigenden Gründen erfolgt, etwa um vor dem Erwerb einer Ware die Meinung eines anderen hierzu einzuholen (vgl. Müller-Bidinger in Ullmann, jurisPK-UWG, § 4 Rdn. 106 Fn. 232).

bb) Es kann im Streitfall dahinstehen, ob unter diesen Umständen weiter daran festgehalten werden kann, dass Fotoaufnahmen in Geschäftslokalen zu Testzwecken grundsätzlich unabhängig davon unlauter sind, ob es im Einzelfall tatsächlich zu einer erheblichen Betriebsstörung kommt oder zumindest die (konkrete) Gefahr einer solchen besteht. Jedenfalls kann bei der Interessenabwägung, die in Fällen wie dem vorliegenden vorzunehmen ist, in denen der Beweis eines Wettbewerbsverstoßes anders nicht zu führen ist, dem Interesse des Geschäftsinhabers, mögliche Betriebsstörungen zu verhindern, nur dann der Vorrang eingeräumt werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Gefahr einer erheblichen Betriebsstörung zu befürchten ist. Das Unterlassungsbegehren der Beklagten stellt jedoch nicht darauf ab, dass die konkrete Gefahr einer erheblichen Betriebsstörung im vorliegenden Fall wegen des Vorliegens besonderer Umstände bei der Aufnahme der beiden Fotografien bestanden habe. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts reicht die Feststellung, dass die Fotoaufnahmen mit Hilfe von Blitzlicht hergestellt worden sind, insoweit nicht aus. Auch solche Fotoaufnahmen führen nicht grundsätzlich zu einer erheblichen Belästigung. Die Frage, ob das Begehren der Beklagten neben dem weit gefassten Klageantrag, der nicht auf die Umstände abstellt, unter denen die Fotoaufnahmen gefertigt werden, zumindest hilfsweise auch auf Unterlassung solcher Fotoaufnahmen, die durch die Umstände der konkreten Verletzungshandlungen umschrieben sind, gerichtet und insoweit hinreichend bestimmt ist (vgl. , GRUR 1999, 760 f. = WRP 1999, 842 - Auslaufmodelle II; Urt. v. - I ZR 40/99, GRUR 2002, 86, 89 = WRP 2001, 1294 - Laubhefter; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 51 Rdn. 30), kann daher offenbleiben.

III. Auf die Revision der Klägerin ist daher das angefochtene Urteil hinsichtlich der Entscheidung über die Widerklage aufzuheben; die Berufung der Beklagten gegen die Entscheidung des Landgerichts ist zurückzuweisen. Die Anschlussrevision der Beklagten ist ebenfalls zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
NJW-RR 2007 S. 1335 Nr. 19
JAAAC-51372

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja