Versteuerung eines sowohl privat als auch betrieblich genutzten Pkw
Leitsatz
Hat ein Unternehmer im Jahr 2000 die ihm bei der Anschaffung eines sowohl betrieblich als auch privat genutzten PKW in Rechnung gestellte Umsatzsteuer gemäß der damals geltenden Vorschrift des § 15 Abs. 1b UStG (nur) in Höhe von 50 v.H. als Vorsteuer abgezogen und macht er im Jahr 2003 einen Teil der ursprünglich nicht abziehbaren Vorsteuerbeträge gemäß § 15a UStG nachträglich geltend, muss er die in diesem Jahr erfolgte private Verwendung des PKW versteuern.
Gesetze: UStG 1999 § 3 Abs. 9aUStG 1999 § 15 Abs. 1bUStG 1999 § 15aUStG 1999 § 27 Abs. 5
Instanzenzug: (EFG 2005, 1570) (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
Streitig ist die Besteuerung der privaten Verwendung eines im August 2000 erworbenen sowohl unternehmerisch als auch privat genutzten PKW im Streitjahr 2003.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein Steuerberater, erwarb im August 2000 einen PKW sowohl zur beruflichen wie auch privaten Nutzung. Den Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten und den laufenden Betriebskosten des PKW nahm der Kläger für die Jahre 2000 bis 2002 gemäß § 15 Abs. 1b des Umsatzsteuergesetzes 1999 in der bis zum gültigen Fassung (UStG) nur zu 50 v.H. vor.
In seiner Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2003 machte der Kläger aus den laufenden Betriebskosten für den PKW den vollen Vorsteuerabzug geltend und nahm in Bezug auf die Anschaffungskosten eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 15a UStG zu seinen Gunsten vor, indem er einen nachträglichen Vorsteuerabzug geltend machte. Zugleich unterwarf er die private Verwendung des PKW gemäß § 3 Abs. 9a UStG (in Höhe von 413,92 €) der Besteuerung.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) folgte der Erklärung.
Mit Schreiben vom beantragte der Kläger, die Umsatzsteuerfestsetzung für 2003 u.a. dahin gehend zu ändern, dass die Besteuerung seiner privaten Verwendung des PKW (Umsatzsteuer in Höhe von 413,92 €) rückgängig gemacht wird.
Zur Begründung führte er aus, gemäß der Übergangsvorschrift des § 27 Abs. 5 UStG in der seit dem geltenden Fassung seien u.a. § 3 Abs. 9a Satz 2 und § 15 Abs. 1b UStG in der jeweils bis geltenden Fassung auf Fahrzeuge anzuwenden, die nach dem und vor dem angeschafft worden seien und für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1b UStG vorgenommen worden sei.
Da diese Vorschrift exakt auf seinen im Jahr 2000 angeschafften PKW zutreffe, sei durch das Gesetz eindeutig geregelt, dass gemäß § 3 Abs. 9a Satz 2 UStG keine unentgeltliche Wertabgabe zu besteuern sei, unabhängig davon, ob im Jahr 2003 bzw. in den Folgejahren eine Vorsteuerberichtigung über § 15a Abs. 1 UStG vorgenommen wurde oder nicht. § 27 Abs. 5 UStG sehe diese Einschränkung weder für die Berichtigungsjahre noch für die Folgejahre vor. Maßgeblich sei nur der Anschaffungszeitraum und der gekürzte 50%ige Vorsteuerabzug im Jahr der Anschaffung, nicht aber eine eventuelle Vorsteuerberichtigung.
Das FA lehnte den Änderungsantrag insoweit ab (Bescheid vom sowie Einspruchsentscheidung vom ) und setzte die Umsatzsteuer für 2003 durch Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für 2003 vom dementsprechend unter Ansatz der Besteuerung der privaten Verwendung des PKW auf 17 601,13 € fest.
Gegen den Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für 2003 vom erhob der Kläger mit Zustimmung des FA Sprungklage. Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) setzte die Umsatzsteuer für 2003 auf 17 187,21 € fest und führte zur Begründung u.a. aus:
Die Nichtsteuerbarkeit der zwischen den Beteiligten streitigen privaten Verwendung des betrieblichen PKW ergebe sich für das Streitjahr 2003 unmittelbar aus dem Gesetz selbst, nämlich aus § 3 Abs. 9a Satz 2 UStG. Nach dieser Vorschrift sei die private Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs, bei dessen Anschaffung Vorsteuerbeträge nur zu 50 v.H. abziehbar gewesen seien, nicht zu versteuern. Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Kläger mit Billigung der Finanzverwaltung (Hinweis auf Tz. 6.2 des , BStBl I 2004, 864, Umsatzsteuer-Rundschau —UR— 2004, 551) eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs aus den Anschaffungskosten seines betrieblichen PKW durchgeführt habe. Denn die Regelung des § 3 Abs. 9a Satz 2 UStG (sowie die des § 15 Abs. 1b UStG) sei erst durch das Steueränderungsgesetz (StÄndG) 2000 (vom , BGBl I 2003, 2645) mit Wirkung zum aufgehoben worden (Hinweis auf Art. 25 Abs. 4 StÄndG 2003).
Dennoch habe der Senat erwogen, § 3 Abs. 9a Satz 2 UStG einengend nicht für solche Fahrzeuge anzuwenden, für die —wie vorliegend— mit dem Wegfall der gemeinschaftsrechtlichen Ermächtigung ab dem eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs aus den Anschaffungskosten nach § 15a Abs. 1 UStG vorgenommen worden sei. Gegen eine solche Auslegung spreche jedoch neben dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes und dem zu beachtenden Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung, dass der Gesetzgeber auch für die Besteuerungszeiträume ab 2004 mit der Übergangsvorschrift des § 27 Abs. 5 UStG die weitere Anwendung des § 3 Abs. 9a Satz 2 UStG auf Fahrzeuge, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1b UStG vorgenommen worden sei, nicht vom Verzicht auf eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 1 UStG abhängig gemacht habe.
Das FG ließ die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu.
Das Urteil ist u.a. in „Entscheidungen der Finanzgerichte” (EFG) 2005, 1570 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts und macht dazu im Wesentlichen geltend: Nach der Systematik des nationalen und des europäischen Umsatzsteuerrechts müsse der Kläger nach der Berichtigung des Vorsteuerabzugs gemäß § 15a UStG nun auch den Eigenverbrauch der Umsatzbesteuerung unterwerfen.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Er wiederholt und vertieft seine bisherigen Ausführungen und macht darüber hinaus u.a. geltend, die vom FG gefundene Lösung stehe zwar „nicht exakt” im Einklang mit der grundsätzlichen Systematik des Umsatzsteuersystems, wonach bei Wirtschaftsgütern, welche unternehmerisch genutzt würden, ein ungekürzter Vorsteuerabzug gegeben und folglich für die teilweise unternehmensfremde bzw. private Nutzung eine unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer zu unterwerfen sei. Aber dabei sei seiner Meinung nach zu beachten, dass die vom bis gültige nationale Umsatzsteuerregelung der sog. „Vorsteuerkappung” gemäß § 15 Abs. 1b UStG dieser Umsatzsteuer-Systematik ebenfalls widersprochen habe.
Im Übrigen bleibe es im steuerlichen Gesamtergebnis bei einer Benachteiligung deutscher Unternehmer gegenüber anderen Unternehmern im Gemeinschaftsgebiet, die einer solchen „Vorsteuerkappung” nicht unterlegen hätten. Die bis 2002 gültige Vorsteuerkappung werde nämlich durch die vom FG getroffene Entscheidung betragsmäßig nicht ausgeglichen, selbst dann nicht, wenn in eventuellen Folgeverfahren für die Jahre ab 2004 eine entsprechende Rechtsprechung erginge.
II.
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Das FG hat zu Unrecht angenommen, die private Verwendung des PKW im Streitjahr 2003 sei nicht steuerbar.
1. Nach § 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 UStG in der bis geltenden Fassung wurde einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb seines Unternehmens liegen.
Dies galt allerdings nach § 3 Abs. 9a Satz 2 UStG u.a. nicht bei der Verwendung eines Fahrzeugs, bei dessen Anschaffung Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 1b UStG nur zu 50 v.H. abziehbar waren. Diese Vorschrift greift entgegen der Auffassung des FG und des Klägers im Streitfall nicht ein.
a) Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 9a Satz 2 UStG lagen zunächst vor. Bei Anschaffung des vom Kläger sowohl unternehmerisch als auch privat genutzten PKW im August 2000 war der ihm für den PKW in Rechnung gestellte Vorsteuerbetrag gemäß § 15 Abs. 1b UStG nur zu 50 v.H. abziehbar. Entsprechend ist auch verfahren worden.
b) Der Kläger hat jedoch im Streitjahr 2003 diese Begrenzung des Vorsteuerabzugs gemäß § 15 Abs. 1b UStG teilweise rückgängig gemacht, indem er zu seinen Gunsten eine entsprechende Vorsteuerberichtigung gemäß § 15a UStG vorgenommen und den Vorsteuerabzug teilweise nachgeholt hat.
aa) Hintergrund für den nachträglich geltend gemachten Vorsteuerabzug war, dass die Ermächtigung 2000/186/EG des Rates der Europäischen Union vom (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften —ABlEG— Nr. L 59/2000, 12), auf die die Einschränkung des Vorsteuerabzugs gemäß § 15 Abs. 1b UStG in der bis geltenden Fassung gestützt worden war, zum ausgelaufen war. Deshalb konnte sich der Unternehmer für die Zeit ab unmittelbar auf das für ihn günstigere Recht des Art. 17 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) berufen (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften —EuGH— vom Rs. C-17/01, Sudholz, Slg. 2004, 4243, UR 2004, 315; , BFHE 206, 465, BStBl II 2004, 1025; vom V R 29/00, BFH/NV 2006, 137; BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 864, UR 2004, 551 Rz 6.2).
bb) Ob im Streitfall die gesetzlichen Voraussetzungen des § 15a UStG für eine Vorsteuerberichtigung vorlagen (vgl. dazu Zugmaier, Die Information über Steuer und Wirtschaft —Inf— 2004, 222; Meyer, EFG 2005, 1571 f.) —was das FG bejaht hat—, kann offen bleiben, weil der Kläger diese Vorsteuerberichtigung im Einvernehmen mit der Finanzverwaltung vorgenommen hat. Hierzu heißt es im BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 864, UR 2004, 551, unter Rz 6.2:
„... Für nach dem und vor dem angeschaffte Fahrzeuge kann der Unternehmer unter Berufung auf Art. 17 der 6. EG-Richtlinie abweichend von § 15 Abs. 1b UStG ab den unbeschränkten Vorsteuerabzug für die laufenden Kosten in Anspruch nehmen.
Für Fahrzeuge, die zwischen dem und dem angeschafft worden sind, ist ab für die auf die Anschaffungskosten des Fahrzeuges entfallenden Vorsteuern nur wegen des nunmehr unbeschränkt möglichen Vorsteuerabzugs keine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG vorzunehmen. Jedoch wird es in diesen Fällen nicht beanstandet, wenn der Unternehmer eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges aus den Anschaffungskosten wegen Änderung der für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse durchführt. Die nichtunternehmerische Nutzung hat er dann der Besteuerung zu unterwerfen. ...”
c) Die dementsprechend vom Kläger im Streitjahr 2003 vorgenommene Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG hat zur Folge, dass der durch § 3 Abs. 9a Satz 2 UStG angeordnete Ausschluss der Besteuerung einer privaten Verwendung nicht gilt.
Das ergibt sich aus der gesetzlichen Systematik des UStG und dem Sinn des § 3 Abs. 9a Satz 2 UStG.
Die Vorschrift will die nach § 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 UStG eintretende Besteuerung ausschließen. § 3 Abs. 9a Satz 2 UStG steht dabei in systematischem Zusammenhang mit § 15 Abs. 1b UStG. Diese Vorschrift geht bei gemischt genutzten Fahrzeugen im Wege gesetzlicher Typisierung von einer 50%igen Privatnutzung aus und schließt dafür bereits den Vorsteuerabzug aus. Einer Korrektur dieses Vorsteuerabzugs wegen privater Nutzung des Fahrzeugs über § 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 UStG bedarf es demzufolge nicht mehr; sie ist durch die Reduzierung des Vorsteuerabzugs um 50 v.H. abgegolten (vgl. Probst in Hartmann/ Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 3 Abs. 9a Rz 136).
Wird nun —wie im Streitfall— über § 15a UStG der bislang von § 15 Abs. 1b UStG ausgeschlossene („gekappte”) Vorsteuerabzug teilweise nachgeholt —und damit ein über die in § 15 Abs. 1b UStG vorgesehene Grenze von 50 v.H. hinausgehender Vorsteuerabzug gewährt, so muss dies konsequenterweise eine entsprechende Besteuerung der privaten Nutzung zur Folge haben (vgl. auch Zugmaier, Inf 2004, 222, 225 f.; Meyer, EFG 2005, 1571 f.).
d) Dem vorstehenden Ergebnis steht —entgegen der Auffassung des FG— nicht entgegen, dass der Gesetzgeber auch für die Besteuerungszeiträume ab 2004 mit der Übergangsvorschrift des § 27 Abs. 5 UStG die weitere Anwendung des § 3 Abs. 9a Satz 2 UStG auf Fahrzeuge, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1b vorgenommen worden ist, nicht vom Verzicht auf eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 1 UStG abhängig gemacht hat.
Denn im Falle einer Nachholung des ursprünglich durch § 15 Abs. 1b UStG „gekappten” Vorsteuerabzugs im Wege der Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG —wie im Streitfall— ist nicht i.S. des § 27 Abs. 5 Satz 1 UStG „der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1b UStG vorgenommen worden”.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2007 II Seite 801
BB 2007 S. 1716 Nr. 32
BBK-Kurznachricht Nr. 16/2007 S. 856
BFH/NV 2007 S. 1798 Nr. 9
BStBl II 2007 S. 801 Nr. 16
DB 2007 S. 1682 Nr. 31
DStR 2007 S. 1345 Nr. 31
DStRE 2007 S. 1067 Nr. 16
DStZ 2007 S. 539 Nr. 17
GStB 2007 S. 349 Nr. 10
HFR 2007 S. 1015 Nr. 10
KÖSDI 2007 S. 15654 Nr. 8
NJW 2007 S. 3232 Nr. 44
NWB-Eilnachricht Nr. 31/2007 S. 2630
SJ 2007 S. 14 Nr. 16
StB 2007 S. 324 Nr. 9
StBW 2007 S. 4 Nr. 16
StC 2007 S. 13 Nr. 9
StuB-Bilanzreport Nr. 15/2007 S. 595
UR 2007 S. 700 Nr. 18
UStB 2007 S. 244 Nr. 9
UVR 2007 S. 291 Nr. 10
YAAAC-50813