BGH Beschluss v. - IV ZR 3/05

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1; ZPO § 544 Abs. 7; BB-BUZ § 2 Abs. 1; BB-BUZ § 2 Abs. 3

Instanzenzug: LG München I 25 O 16943/02 vom OLG München 25 U 2960/04 vom

Gründe

Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, weil es ihren Antrag auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zu Unrecht abgelehnt hat. Es ist nicht auszuschließen, dass das Urteil darauf beruht. Dieser Verstoß führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung und Zurückverweisung.

1. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte, das Vorbringen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Urteilsfindung in Erwägung zu ziehen (BVerfG NJW 2000, 131) und erhebliche Beweisantritte zu berücksichtigen (BVerfG NJW 2005, 1487 und NJW 1991, 285, 286).

a) Die Klägerin behauptet, seit dem berufsunfähig zu sein. Sie beruft sich hierfür unter anderem auf ein für einen anderen Versicherer erstattetes Gutachten der Orthopädin und Sozialmedizinerin Dr. N. vom . Darin wird festgestellt, dass seit einem Verkehrsunfall vom völlige Arbeitsunfähigkeit bestehe, die Versicherungsnehmerin auf nicht absehbare Zeit nicht mehr in der Lage sei, den durchschnittlichen Arbeitsanfall in ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit einer selbständigen Restaurantleiterin zu wenigstens 50% zu erledigen und damit bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vorliege.

Damit sind die Voraussetzungen einer Berufsunfähigkeit jedenfalls im Sinne der hier vereinbarten Bestimmung des § 2 Abs. 3 BB-BUZ hinreichend vorgetragen. Die Klägerin hat für die behauptete Berufsunfähigkeit Beweis durch Sachverständigengutachten angeboten, in erster Instanz unter anderem mit Schriftsatz vom unter nochmaligem Hinweis auf das Gutachten Dr. N. vom . In der Berufungsbegründung hat sie die Beweisantritte wiederholt.

b) Kann die Klägerin beweisen, dass sie vor dem mindestens sechs Monate ununterbrochen gesundheitsbedingt außerstande war, ihren Beruf oder eine Verweisungstätigkeit auszuüben, und kann sie zusätzlich die aus damaliger Sicht unveränderte Weiterdauer dieses Zustands beweisen, so gilt dieses über sechs Monate hinausgehende Andauern des gesundheitlichen Zustands nach § 2 Abs. 3 BB-BUZ als Eintritt des Versicherungsfalles (vgl. Senatsurteil vom - IVa ZR 132/88 - VersR 1989, 1182 unter 3 b). Die Voraussetzungen für einen späteren Wegfall der Leistungspflicht hätte dann die Beklagte nach den Regeln des Nachprüfungsverfahrens (§ 7 BB-BUZ) darzulegen und zu beweisen (vgl. aaO unter 4; vom - IV ZR 238/95 - VersR 1997, 436 unter II 1 a und vom - IV ZR 6/97 - VersR 1998, 173 unter 2 b und 3).

c) Das Landgericht hat die materielle Rechtslage verkannt und deshalb Beweis nur darüber erhoben, ob die Klägerin am Tag der Untersuchung () durch den gerichtlichen Sachverständigen Dr. M. berufsunfähig war. Dies ergibt sich aus dem ergänzenden Beweisbeschluss vom und den Entscheidungsgründen. Das Landgericht hat nicht nur § 2 Abs. 3 BB-BUZ übersehen, sondern schon vom Ansatz her nicht beachtet, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom - IV ZR 232/03 - VersR 2007, 631 Tz. 11) der vom Versicherungsnehmer behauptete Eintritt der Berufsunfähigkeit ist.

d) Das Berufungsgericht hat demgegenüber noch erkannt, dass es nach § 2 Abs. 3 BB-BUZ für das Vorliegen bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit auf einen wesentlich früheren Zeitpunkt als den ankommt. Danach werde zwar - so das Berufungsgericht - bei einer ununterbrochenen sechsmonatigen vollständigen oder teilweisen Unfähigkeit, die in § 2 Abs. 1 BB-BUZ beschriebenen Tätigkeiten auszuüben, die Fortdauer dieses Zustands fingiert. Diese Fiktion gelte aber nur dann, wenn dieser Zustand anhalte. Dass der Zustand für den Fall, dass er vorgelegen hätte, jedenfalls nicht angehalten habe, folge aus dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme.

Das ist schon deshalb verfahrensrechtlich nicht haltbar, weil in erster Instanz gar kein Beweis dazu erhoben worden ist, ob in dem von der Klägerin unter Bezugnahme auf das Gutachten Dr. N. vom behaupteten maßgeblichen Zeitpunkt - dem - die Voraussetzungen einer Berufsunfähigkeit nach § 2 Abs. 3 BB-BUZ vorgelegen haben. Mit dieser nicht tragfähigen Begründung durfte das Berufungsgericht die Beweisaufnahme über von ihm erkennbar für erheblich gehaltene Tatsachen deshalb nicht ablehnen.

2. Die Zurückverweisung gibt den Parteien Gelegenheit, ergänzend vorzutragen und Beweis anzutreten. Die erforderlichen Beweise hat das Berufungsgericht unter Beachtung der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom aaO Tz. 17 m.w.N.) zu erheben. Eine Zurückverweisung an das Landgericht nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO scheidet aus, weil das Urteil des Landgerichts nicht auf einem Verfahrensfehler, sondern auf einer Verkennung der materiellen Rechtslage beruht.

Fundstelle(n):
NJW-RR 2007 S. 1397 Nr. 20
IAAAC-50036

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein