BVerwG Beschluss v. - 6 PB 4.07

Leitsatz

Die Mitbestimmung des Lehrerpersonalrats bei Einführung und Anwendung eines Personalinformationssystems wird durch die Verordnung über die zur Verarbeitung zugelassenen Daten der Lehrerinnen und Lehrer (VO-DV II) nicht ausgeschlossen.

Gesetze: NWPersVG § 72 Abs. 3

Instanzenzug: VG Düsseldorf VG 34 K 1370/05 .PVL vom OVG Münster OVG 1 A 152/06 .PVL vom Fachpresse: ja BVerwGE: nein

Gründe

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 NWPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg. Die allein erhobene Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung.

Der Beteiligte will geklärt wissen, ob durch die Verordnung über die zur Verarbeitung zugelassenen Daten der Lehrerinnen und Lehrer (VO-DV II) vom (GV.NRW. S. 310), seit ihrer Änderung durch Verordnung vom (GV.NRW. S. 581), die Mitbestimmung gemäß § 72 Abs. 3 Nr. 1 NWPersVG bezüglich der Verarbeitung der in den Anlagen der Verordnung aufgeführten Daten zu den darin aufgeführten Zwecken ausgeschlossen ist. Diese Frage ist anhand der ständigen Senatsrechtsprechung zum Gesetzes- und Tarifvorrang eindeutig zu verneinen.

Danach ist eine die Mitbestimmung des Personalrats ausschließende gesetzliche oder tarifliche Regelung dann gegeben, wenn darin ein Sachverhalt unmittelbar geregelt ist, es also zum Vollzug keines Ausführungsaktes bedarf. Eine solche Regelung besitzt Ausschließlichkeitscharakter, weil sie vollständig, umfassend und erschöpfend ist. Wenn jedoch auf Grund einer gesetzlichen oder tariflichen Regelung die Ausgestaltung der Einzelmaßnahmen dem Dienststellenleiter überlassen ist, unterliegt dessen Entscheidung - auch bei reinen normvollziehenden Maßnahmen ohne Ermessensspielraum - der Richtigkeitskontrolle des Personalrats im Wege der Mitbestimmung (vgl. BVerwG 6 P 13.03 - BVerwGE 121, 38 <41> = Buchholz 251.0 § 79 BaWüPersVG Nr. 17 S. 2 f. m.w.N.).

Die zitierte Verordnung ist keine sich selbst vollziehende Norm. Sie bedarf vielmehr der Umsetzung durch diejenigen Stellen, die durch sie zur Verarbeitung personenbezogener Daten der Lehrerinnen und Lehrer sowie des sonst erfassten Personenkreises ermächtigt sind. Dies geschieht durch Einführung, Anwendung oder wesentliche Erweiterung von Personalinformationssystemen der hier in Rede stehenden Art. Insofern sieht § 2 Abs. 3 Satz 1 VO-DV II für die automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten von Lehrern durch die Schulaufsichtsbehörde ausdrücklich die Entscheidung des Dienststellenleiters vor. Dass die Bestimmungen der Verordnung einschließlich ihrer Anlagen Art und Umfang der Datenverarbeitung im Detail regeln, führt nicht zum Ausschluss der Mitbestimmung, sondern dazu, dass diese ausschließlich oder weitgehend die Form einer Richtigkeitskontrolle annimmt. Als solche ist sie keineswegs entbehrlich, weil die Beschäftigten ein erhebliches kollektives Interesse daran haben, dass der Personalrat im Wege förmlicher Beteiligung über die Einhaltung der zu ihrem Schutz ergangenen gesetzlichen Bestimmungen wacht. Das gilt in besonderer Weise für diejenigen Vorschriften, die Eingriffe der Dienststelle in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung inhaltlich regeln und damit zugleich begrenzen. Ist der Personalrat im Rahmen eines Mitbestimmungsverfahrens berechtigt und verpflichtet, einer gesetzeswidrigen Datenverarbeitung zu widersprechen, so leistet er damit einen wesentlichen Beitrag zum effektiven Datenschutz der Beschäftigten.

Damit läuft der Gesetzesvorrang entgegen der Auffassung des Beteiligten nicht leer. § 72 Abs. 3 NWPersVG räumt dem Personalrat in den Katalogangelegenheiten ein Mitbestimmungsrecht ein, "soweit" eine gesetzliche Regelung nicht besteht. Eine gesetzliche Regelung, die bisherige Gestaltungsspielräume der Dienststelle ausfüllt und damit beseitigt, ohne zugleich den Vollzug zu erübrigen, bleibt nicht ohne Folgen für den Inhalt des Mitbestimmungsrechts. Dieses wandelt sich von einem Mitgestaltungsrecht zu einer bloßen Richtigkeitskontrolle, die aber aus den genannten Gründen vom Schutzzweck der Mitbestimmung erfasst wird.

Abgesehen davon hat das Oberverwaltungsgericht aufgezeigt, dass die zitierte Verordnung der Dienststelle noch Gestaltungsmöglichkeiten belässt. Auch dies bestätigt, dass das Mitbestimmungsrecht des Antragsstellers unter dem Gesichtspunkt des Gesetzesvorrangs keinen Zweifeln begegnet.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




Fundstelle(n):
BAAAC-50021