Rüge eines materiellen Fehlers
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet und daher durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
1. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) geltend gemachten Verfahrensrügen greifen nicht durch.
a) Nach § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO darf das Finanzgericht (FG) über das Klagebegehren nicht hinausgehen. Es darf mithin dem Kläger weder mehr noch anderes zusprechen als dieser beantragt hat (Schmidt-Troje in Beermann/Gosch, Steuerliches Verfahrensrecht, § 96 FGO Rz 13, m.w.N.). Weniger als die Kläger begehren darf das Gericht jedoch stets zusprechen (Lange in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 96 FGO Rz 190). So verhält es sich im Streitfall. Das FG hat dem Antrag der Kläger entsprochen, die bislang in den Veranlagungszeiträumen 1996 und 1997 (Objekt F) bzw. 1994 und 1996 (Objekt T) berücksichtigten Sonderabschreibungen gemäß § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Fördergebietsgesetzes (FördG) im Streitjahr 1998 als Werbungskosten bei den Einkünften der Kläger aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen. Den weitergehenden Antrag der Kläger, in den Einkommensteuerbescheiden 1993 bzw. 1995 erklärungsgemäß angesetzte Sonderabschreibungen ebenfalls in das Streitjahr 1998 zu verschieben, hat das Gericht zurückgewiesen, da diese Steuerfestsetzungen nach Auffassung des FG bestandskräftig waren. Dass die Kläger die „Gesamtkonstellation…regeln” und die Sonderabschreibungen insgesamt auf die Jahre 1993 bis 1998 neu verteilen wollten, führt nicht zu einem Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO. Das FG hat den Klägern nichts anderes, sondern weniger zugesprochen als diese beantragt hatten. Die von den Klägern begehrte Gesamtveranlagung kennt das Einkommensteuergesetz nicht.
Zudem hat das FG auch weder direkt noch indirekt gegen das Verbot der „reformatio in peius” verstoßen. Die Klage richtete sich gegen den Einkommensteuerbescheid 1998 bzw. den Gewerbesteuermessbetrag 1998. Hinsichtlich des Gewerbesteuermessbetrags wurde sie abgewiesen. Die festzusetzende Einkommensteuer 1998 wurde hingegen von 239 846 € (469 098 DM) auf 219 408,13 € (429 125 DM) herabgesetzt. Die angefochtenen Verwaltungsakte wurden somit nicht zum Nachteil der Kläger geändert. Falls sich —wie in der Beschwerdebegründung vorgetragen— aufgrund der geänderten Steuerbescheide für 1994 sowie 1997 bis 2001 für die Kläger insgesamt eine zusätzliche Steuerbelastung in Höhe von 138 270,19 € ergeben sollte, ist dies auf die von den Klägern begehrte Verschiebung der Sonderabschreibungen gemäß § 4 FördG zurückzuführen.
Im Übrigen ergibt sich aus dem FG-Urteil, welche Abschreibung in welchen Veranlagungszeitraum verschoben wurde und in welchem Jahr und in welcher Höhe sie das FG berücksichtigt hat. Angefochten war nur die Einkommensteuerfestsetzung 1998 und somit konnten die Sonderabschreibungen, die die Kläger ursprünglich in den Jahren 1994, 1996 und 1997 in Anspruch genommen hatten, nur in diesem Veranlagungszeitraum berücksichtigt werden.
b) Soweit die Kläger rügen, das FG habe nicht inzidenter die Änderungsmöglichkeiten der Steuerfestsetzungen 1993 und 1995 gemäß § 172 ff. der Abgabenordnung (AO) geprüft, machen sie einen materiellen Fehler und keinen Verfahrensfehler geltend. Unabhängig von der Frage, ob eine Änderung der Steuerfestsetzungen für die Jahre 1993 und 1995 im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (2006) nicht bereits wegen Festsetzungsverjährung unmöglich gewesen wäre, hätten zudem die von den Klägern angesprochenen Änderungsvorschriften nicht gegriffen. § 172 Abs. 1 Nr. 2c AO setzt ein unlauteres Verhalten des Steuerpflichtigen und nicht des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt —FA—) voraus. Dass das FA die Grundstücksverkäufe der Kläger als gewerblichen Grundstückshandel qualifiziert hat, ist keine neue Tatsache i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO, sondern eine rechtliche Subsumtion bekannter Tatsachen. § 174 Abs. 3 und 4 AO ist im vorliegenden Fall auch nach Auffassung der Kläger nicht direkt anwendbar und § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO greift ebenfalls nicht. Der Umstand, dass das FA 1998 die Grundstücksverkäufe als gewerblichen Grundstückshandel gewertet hat, stellt jedenfalls in Bezug auf die in den Jahren 1993 und 1995 als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemachten Sonderabschreibungen nach § 4 FördG kein rückwirkendes Ereignis dar.
c) Soweit die Kläger rügen, das Protokoll über die mündliche Verhandlung sei unrichtig, genügt dies zur Darlegung eines Verfahrensfehlers nicht. Sie hätten insoweit u.a. vortragen müssen, dass sie von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, die Berichtigung des Protokolls zu beantragen (vgl. z.B. , BFH/NV 2006, 236). Das ist nicht geschehen.
d) Schließlich führt auch die Rüge, die vom FG vorgenommene Beweiswürdigung sei fehlerhaft, nicht zur Zulassung der Revision. Hierin liegt kein Verfahrensfehler, sondern ein Angriff auf die materiell-rechtliche Auffassung des FG, die indessen für sich genommen nicht die Zulassung der Revision rechtfertigt (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 76).
2. Die Kläger haben die von ihnen im Beschwerdeverfahren behauptete grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und die Notwendigkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise dargelegt.
a) Die schlüssige Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache erfordert ein konkretes und substantiiertes Eingehen des Beschwerdeführers darauf, inwieweit die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig, d.h. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom X B 138/05, BFH/NV 2006, 972). Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 28) und im Streitfall klärungsfähig sein (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 30).
b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Ausführungen der Kläger beschränken sich darauf, sinngemäß die Frage aufzuwerfen, ob das FA eine steuerlich bedeutsame Feststellung (hier die Frage, ob gewerblicher Grundstückshandel vorliegt) so lange hinauszögern kann, bis der Steuerpflichtige auf Anraten des FA Verlustvorträge vornimmt, die er bei Kenntnis der Entscheidung des FA anders vorgenommen hätte. Ihre Ausführungen lassen keine über das Interesse der Kläger am Ausgang dieses Verfahrens hinausreichende, allgemein interessierende, klärungsbedürftige und in diesem Rechtsstreit klärungsfähige Rechtsfrage erkennen.
Die von den Klägern weiter aufgeworfene Rechtsfrage, ob das FA auch den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1996 zu ändern hat, wäre im Übrigen in einem Revisionsverfahren, das sich gegen die Steuerfestsetzung für 1998 richtet, nicht klärungsfähig. Gleiches gilt für die Frage, ob die Kläger durch die Einkommensteuerfestsetzung für 1995, die eine Steuer von 0 DM ausweist, beschwert sind bzw. ob ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Fristen für die Einlegung von Einsprüchen gegen die Einkommensteuerbescheide 1993 und 1995 zu gewähren ist. Im Übrigen sieht § 110 Abs. 3 AO vor, dass Wiedereinsetzung grundsätzlich dann nicht mehr beantragt werden kann, wenn seit dem Ende der versäumten Frist ein Jahr vergangen ist.
Auch die nach Auffassung der Kläger für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage, ob das FA innerhalb eines zusammenhängenden Sachverhalts Entscheidungen einseitig zu Lasten des Steuerpflichtigen treffen und solche zu seinen Gunsten ablehnen darf, lässt keine über das Interesse der Kläger am Ausgang ihres Rechtsstreits hinausgehende, allgemein interessierende Rechtsfrage erkennen. Entsprechendes gilt für ihre Ausführungen zum pauschalen Betriebsausgabenabzug. Im Übrigen hätte es den Klägern oblegen, bereits im finanzgerichtlichen Verfahren nicht nur pauschale Betriebsausgaben geltend zu machen, sondern solche nachzuweisen bzw. zumindest Daten zu recherchieren, die dem FG eine Schätzung der tatsächlich entstandenen Betriebsausgaben ermöglicht hätten. Die angefallenen Betriebsausgaben im Revisionsverfahren nachzuweisen wäre schon deshalb nicht möglich, weil der BFH eine Rechts- und keine Tatsacheninstanz ist.
Schließlich kann auch die Frage, ob die Nichtigkeit des Ehevertrags vom gleichfalls zur Nichtigkeit des Grundstückskaufvertrags vom gleichen Tag führt, nur für den Einzelfall entschieden werden und ist daher nicht von grundsätzlicher Bedeutung.
3. Die zusätzliche Begründung vom ist als nachgereichter Schriftsatz verspätet. Die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde, insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an ihre Begründung, ist nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nur nach den innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Sätze 1 und 4 FGO) vorgebrachten Ausführungen zu beurteilen; spätere Darlegungen sind —abgesehen von bloßen Erläuterungen und Ergänzungen— nicht zu berücksichtigen.
4. Im Kern richten sich die Einwendungen der Kläger im Beschwerdeverfahren gegen die materiell-rechtliche Richtigkeit der angefochtenen FG-Entscheidung. Diese können im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde jedoch nicht zum Erfolg führen (Senatsbeschluss vom X B 97/02, BFH/NV 2004, 52).
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1533 Nr. 8
FAAAC-49095