Bindung an die Feststellungen des FG
Gesetze: FGO § 118 Abs. 2
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang (vgl. , BFH/NV 2002, 494).
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betrieb 1991 und 1992 (Streitjahre) eine Unternehmensberatung. Er schloss am mit einer GmbH, die einen Rennstall unterhielt, einen „Werbevertrag” ab. Unter Bezug auf diesen Werbevertrag stellte die GmbH dem Kläger unter dem ... DM und unter dem ... DM, jeweils einschließlich gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer, in Rechnung.
Außerdem berechnete eine Werbeagentur in der Rechtsform der KG, an der der Kläger als persönlich haftender Gesellschafter beteiligt war und deren alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer er war, ihm mit Rechnung vom für die Gestaltung einer Werbeanzeige in der Broschüre eines Rennvereins…DM zuzüglich gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer.
Der Kläger machte die in den drei Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge vergeblich als Vorsteuerbeträge geltend.
Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage des Klägers im ersten Rechtsgang im Wesentlichen ab, nachdem es u.a. die geschäftsführende Gesellschafterin der GmbH als Zeugin vernommen hatte.
Die Revision des Klägers (V R 70/00) führte gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG, weil die Vorentscheidung nicht erkennen ließ, dass das FG die Aussage der Zeugin bei seiner Würdigung berücksichtigt hatte (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 494).
Im zweiten Rechtsgang vernahm das FG die Zeugin erneut und wies die Klage (wiederum) im Wesentlichen ab. Es führte u.a. aus, der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der GmbH vom und vom sei zu versagen, weil anhand dieser Rechnungen die tatsächlich erbrachten Leistungen nicht hätten identifiziert werden können.
Der Senat sei aufgrund des Ergebnisses der erneuten Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass entsprechend der Aussage der Zeugin Leistungen an den Kläger erbracht worden seien, die aufgrund mündlich getroffener Änderungsvereinbarungen im Wesentlichen darin bestanden hätten, dass die Zeugin in jedem Fall an den Renntagen, bei denen für den Kläger geworben worden sei, Kontaktaufnahmen zwischen dem Kläger und Dritten als potentiellen Kunden des Klägers angebahnt und dem Kläger neue Geschäftspartner zugeführt habe. Die laut Aussage der Zeugin als „wichtig” zu qualifizierende und mit der Dienstleistung eines Maklers vergleichbare Haupt- und Kerntätigkeit der Zeugin habe auf den Kreis ihrer Geschäftspartner und Bekannten abgezielt, soweit diese Personen nach Einschätzung der Zeugin bzw. des Klägers als potentielle Abnehmer für die von ihm angebotenen Dienstleistungen in Betracht gekommen seien. Diese Vermittlungstätigkeit ergänzend und abrundend habe die Zeugin sicherstellen müssen, dass bestimmte Werbemaßnahmen für den Kläger getroffen wurden.
Diese von der GmbH tatsächlich erbrachten Leistungen seien ihren Rechnungen nicht zu entnehmen. Ein sachverständiger Dritter könne nicht ausschließlich anhand des Wortlauts der Rechnungen in Verbindung mit dem Wortlaut des darin in Bezug genommenen Vertrages vom ohne vorherige Rückfrage ermitteln, dass aufgrund der mündlichen Änderungsvereinbarungen die Leistung der GmbH schwerpunktmäßig in der Zuführung neuer potentieller Kunden an den Kläger bestanden habe und dass die Werbemaßnahmen nur von ergänzender Bedeutung gewesen seien. Dem Wortlaut der Rechnungen seien allein der Einsatz verschiedener Pferde für Werbezwecke und keine anderen Leistungen zu entnehmen.
Wie die GmbH habe auch die KG in ihrer Rechnung nicht die erbrachte, sondern eine andere Leistung abgerechnet.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde. Er rügt Verfahrensmängel durch die Verletzung des Grundsatzes der Berücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens bei der Urteilsfindung (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) sowie durch die Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 76, § 126 Abs. 5 FGO). Ferner meint er, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf die Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 bzw. § 115 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alt. FGO).
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unbegründet.
1. Die Revision kann nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO wegen eines Verfahrensmangels zugelassen werden.
a) Ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO liegt nicht vor.
aa) Der Kläger rügt insoweit, die vom FG vertretene Auffassung, wonach sich aus den Rechnungen in Verbindung mit der Vereinbarung vom andere Leistungen ergäben, als die Leistungen, die tatsächlich erbracht worden seien, sei nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) nicht haltbar. Das FG habe die Aussage der Zeugin nicht oder nur unzureichend berücksichtigt. Der Kläger wendet sich im Kern dagegen, dass das FG aufgrund der Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt ist, die Leistungen der GmbH hätten „im Wesentlichen” in der Kontaktherstellung durch die Zeugin bestanden und die übrigen Leistungen (Werbeleistungen) seien nur von ergänzender Bedeutung gewesen.
bb) Damit macht der Kläger geltend, die Beweiswürdigung des FG sei fehlerhaft. Er greift die Würdigung des FG an (so ausdrücklich Beschwerdebegründung S. 13, 14).
Mit einer derartigen Rüge kann ein Verfahrensmangel regelmäßig nicht begründet werden. Die Grundsätze der Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb der Prüfung des BFH im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde entzogen (vgl. BFH-Beschlüsse vom IX B 13/98, BFH/NV 1999, 58; vom V S 4/00, BFH/NV 2001, 186; vom III B 128/04, BFH/NV 2006, 1116; Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 82, m.w.N.).
b) Das FG hat auch nicht gegen seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 FGO) verstoßen.
Der Kläger rügt insoweit, dass das FG seinen in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Beweisanträgen nicht nachgegangen ist.
Das FG hat begründet (Urteil S. 12), warum es diesen Beweisanträgen nicht nachgegangen ist. Danach waren die unter Beweis gestellten Tatsachen nach Auffassung des FG nicht entscheidungserheblich. Bei der Prüfung, ob das Urteil der Vorinstanz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel „beruhen kann”, kommt es aber auf die materiell-rechtliche Auffassung des FG an (vgl. Ruban, a.a.O., § 115 Rz 79, m.w.N.).
c) Das FG hat entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht gegen § 126 Abs. 5 FGO verstoßen.
Der Senat hat in seinem zurückverweisenden Urteil vom V R 70/00 unter II.3. u.a. Folgendes ausgeführt: „Möglicherweise ist eine Beiladung der Unternehmer, die die streitigen Leistungen an den Kläger erbracht haben (sollen) zweckmäßig. Dann könnte u.a. festgestellt werden, ob diese die Leistungen, deretwegen der Kläger den Vorsteuerabzug begehrt, umsatzversteuert haben.”
Aus der gewählten Formulierung ergibt sich, dass diese Passage der Urteilsbegründung nicht i.S. des § 126 Abs. 5 FGO bindend war. Dementsprechend hat das FG begründet (Urteil S. 12), warum es von einer Beiladung abgesehen hat.
2. Die Revision kann auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alt. FGO zugelassen werden.
Der Kläger meint, es sei von grundsätzlicher Bedeutung, „ob —wie vom FG in seiner Entscheidung vertreten— das bloße Hinzutreten weiterer Leistungsbestandteile (ohne deren Erwähnung in der Rechnung) den Vorsteuerabzug beseitigt, obwohl die in der Rechnung aufgeführten übrigen Leistungsbestandteile vertraglich geschuldet, geleistet und bezahlt worden sind und obwohl die Umsatzsteuer aus diesen Leistungen von der leistenden Unternehmerin abgeführt worden ist”.
Diese Frage wäre in dem vom Kläger angestrebten Revisionsverfahren nicht klärbar. Zum einen geht es nach der Würdigung des FG nicht um „das bloße Hinzutreten weiterer Leistungsbestandteile”, sondern darum, dass die aufgrund mündlicher Vereinbarungen hinzugetretenen Leistungsbestandteile (die Vermittlungstätigkeit der Zeugin) der Leistung der GmbH insgesamt das Gepräge gaben. Zum anderen geht die von dem Kläger dargelegte Rechtsfrage davon aus, dass „die Umsatzsteuer aus diesen Leistungen von der leistenden Unternehmerin abgeführt worden ist”. Dahin gehende Feststellungen enthält das FG-Urteil aber nicht. Von einem vom FG nicht festgestellten Sachverhalt kann der BFH im Revisionsverfahren nicht ausgehen (vgl. § 118 Abs. 2 FGO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1530 Nr. 8
WAAAC-48518