Vergütungsanspruch des Mineralöllieferanten bei Zahlungsunfähigkeit einer belieferten GmbH & Co. KG; gerichtliche Geltendmachung des Kaufpreisanspruchs gegenüber der Komplementär-GmbH erforderlich
Leitsatz
Zur Erhaltung eines Mineralölsteuervergütungsanspruchs nach § 53 MinöStV hat derjenige, der eine Personengesellschaft mit versteuertem Mineralöl beliefert, den Kaufpreisanspruch nicht nur gegen die Gesellschaft, sondern auch gegen weitere in Betracht kommende Gesamtschuldner, wie z.B. gegen die Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG, geltend zu machen und soweit erforderlich gerichtlich zu verfolgen.
Gesetze: MinöStV § 53 Abs. 1 Nr. 3
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) belieferte eine GmbH & Co. KG mit Kraftstoffen. Nachdem diese die Kaufpreisforderungen aus den Lieferungen vom 30. November bis nicht mehr beglichen hatte, beantragte die Klägerin am beim Amtsgericht (AG) den Erlass eines Mahnbescheids sowohl gegen den Warenempfänger als auch gegen die Komplementär-GmbH; allerdings versäumte sie, im Antragsformular die Gesamtschuldnerschaft der von ihr bezeichneten Antragsgegner anzugeben. Am erließ das AG gegenüber der GmbH & Co. KG den beantragten Mahnbescheid. Nach deren Widerspruch beantragte die Klägerin am die Durchführung des streitigen Verfahrens und erweiterte die Klage auch gegenüber der Komplementär-GmbH. Mit Beschluss vom eröffnete das AG über das Vermögen der GmbH & Co. KG das vorläufige Insolvenzverfahren. Nachdem diese ihren Widerspruch zurückgenommen hatte, beantragte die Klägerin am den Erlass eines Vollstreckungsbescheids, der am erlassen wurde. Danach beantragte die Klägerin am den Erlass eines Mahnbescheids auch gegenüber der Komplementär-GmbH. Am wurde schließlich das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH & Co. KG eröffnet.
Den Antrag auf Vergütung des in den ausgefallenen Forderungen enthaltenen Mineralölsteueranteils lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt —HZA—) mit der Begründung ab, dass die Klägerin ihre Forderungen nicht rechtzeitig gegenüber der Komplemetär-GmbH gerichtlich geltend gemacht habe. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass der Klägerin ein Vergütungsanspruch nach § 53 Abs. 1 der Mineralölsteuer-Durchführungsverordnung (MinöStV) deshalb nicht zustehe, weil sie es versäumt habe, ihre Forderungen durch die Beantragung eines Mahnbescheids gegenüber der Komplementär-GmbH spätestens in der ersten Hälfte des Monats Februar 2002 gerichtlich geltend zu machen. Die in § 53 Abs. 1 Nr. 3 MinöStV vorgeschriebene gerichtliche Verfolgung des Anspruchs sei nicht auf den Warenempfänger beschränkt. Wolle der Verkäufer von Mineralöl seinen Vergütungsanspruch nicht verlieren, müsse er die gerichtliche Verfolgung auch gegen den Gesamtschuldner betreiben. Denn die Leistung eines Gesamtschuldners stelle nach § 267 Abs. 1, § 362 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) eine Leistung eines Dritten zugunsten des Schuldners dar. Bis zur Bewirkung der geschuldeten Leistung blieben nach § 421 Satz 2 BGB sämtliche Schuldner verpflichtet. Im Gegensatz hierzu lasse die Leistung eines Versicherers im Rahmen einer Warenkreditversicherung die Leistung des Gläubigers gegen den Schuldner unberührt. Dem Wortlaut von § 53 MinöStV lasse sich nicht entnehmen, dass sich die gerichtliche Verfolgung des Anspruchs auf den Warenempfänger zu beschränken habe. Im Übrigen entspreche es nicht der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns, wenn sich ein Mineralöllieferant auf die Geltendmachung der ausstehenden Forderung gegenüber einem einzigen Gesamtschuldner beschränke. Auch dürfe der Lieferant nicht abwarten, bis über die Zahlungsunfähigkeit des eigentlichen Warenempfängers Gewissheit besteht, sondern müsse rechtzeitig auch gegen einen in Betracht kommenden Gesamtschuldner vorgehen. Der Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit lasse sich nämlich nicht zuverlässig bestimmen.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine unzutreffende Auslegung und Anwendung von § 53 MinöStV. Im Streitfall gehe es um die grundsätzlichen Fragen, ob die von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geforderte gerichtliche Geltendmachung innerhalb von zwei Monaten auch dann gelte, wenn feststehe, dass diese Maßnahme bzw. die Zwangsvollstreckung nicht zum Erfolg führten und die spätere Erlangung eines Titels ohne weiteres möglich sei; ob der Mineralölhandel zur Anspruchssicherung objektiv nutzlose Aufwendungen tätigen müsse und ob ihm als Inkassobeauftragten des Fiskus ein Beurteilungsspielraum bei der Einziehung der Forderung zustehe. Indem das FG eine Inanspruchnahme sämtlicher Gesamtschuldner verlange, habe es die Zumutbarkeitsanforderungen an den Mineralölhandel überspannt. Nur Kaufpreisansprüche gegenüber dem Warenempfänger und nicht auch Ansprüche nach § 128 des Handelsgesetzbuchs (HGB) oder sonstige Haftungsansprüche würden von § 53 MinöStV erfasst. Dem Wortlaut der Vorschrift sei lediglich die Geltendmachung eines Kaufpreisanspruchs, nicht jedoch eines Haftungsanspruchs zu entnehmen. Bei der Beurteilung des Vergütungsanspruchs komme es allein auf Zumutbarkeits- und Verschuldensmomente an. Entscheidend sei, dass der Lieferant nicht nachlässig mit der Mineralölsteuerforderung umgehe. Die Rechtsprechung des BFH bedürfe einer grundlegenden Kurskorrektur. Denn sie beruhe auf der Prämisse, dass es bei der Entlastungsregelung um eine Abwälzung des Steuerrisikos vom Mineralölhandel auf die Allgemeinheit gehe. Tatsächlich ziele die Regelung jedoch auf eine zumindest teilweise Beseitigung einer den Mineralölhandel treffenden Belastung ab. Es stelle sich die grundlegende Frage, ob es der Mineralölhändler verdiene, mit dem Mineralölsteueranteil der ausgefallenen Kaufpreisforderung belastet zu bleiben. Da es sich um eine Billigkeitsregelung handle, sei die Entscheidung über die Gewährung des Entlastungsanspruchs ausschließlich danach auszurichten, ob der Mineralölhändler das ihm nach einer wertenden Gesamtbetrachtung festzustellende Zumutbare unternommen habe. Eine schematische Anwendung des Wortlauts von § 53 MinöStV habe der Gesetzgeber nicht gewollt. Bei einer vermögenslosen GmbH könne es auf eine fristgerechte Titulierung einer Forderung nicht ankommen. Solange sich der Vergütungsberechtigte nicht missbräuchlich verhalte, könne ihm die Entlastung nicht versagt werden. Bei Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens sei die Annahme gerechtfertigt, dass eine Anmeldung zur Insolvenztabelle zur Anspruchssicherung ausreichend sei.
Das HZA verweist auf die Senatsrechtsprechung und führt aus, auf Zumutbarkeits- oder Verschuldenserwägungen komme es bei der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs nicht an. Als die Klägerin Ende Januar 2002 bemerkt habe, dass der beantragte Mahnbescheid gegenüber der Komplementär-GmbH nicht erlassen worden sei, hätte sie nicht untätig bleiben dürfen, sondern hätte auf den Erlass eines entsprechenden Mahnbescheids bestehen müssen.
II.
Der Senat kann über die Revision gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Beschluss entscheiden, weil er einstimmig die Revision für unbegründet (§ 126 Abs. 2 FGO) und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält. Die Beteiligten sind dazu gehört worden.
Das Urteil des FG entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO).
Es hat zu Recht geurteilt, dass der Klägerin ein Vergütungsanspruch nach § 53 MinöStV deshalb nicht zusteht, weil sie den Kaufpreisanspruch nicht rechtzeitig gegenüber der Komplementär- GmbH gerichtlich geltend gemacht hat.
1. Nach § 53 Abs. 1 MinöStV wird dem Verkäufer von nachweislich nach § 2 des Mineralölsteuergesetzes 1993 (MinöStG 1993) versteuertem Mineralöl auf Antrag die im Verkaufspreis enthaltene und beim Warenempfänger wegen Zahlungsunfähigkeit ausgefallene Steuer erstattet oder vergütet, wenn der Zahlungsausfall trotz vereinbarten Eigentumsvorbehalts, laufender Überwachung der Außenstände, rechtzeitiger Mahnung bei Zahlungsverzug unter Fristsetzung und gerichtlicher Verfolgung des Anspruchs nicht zu vermeiden war.
a) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats müssen die in § 53 Abs. 1 MinöStV genannten Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein, so dass mangels Vergütungsfähigkeit der gesamte Anspruch entfällt, wenn auch nur eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt ist (Senatsurteil vom VII R 33/00, BFHE 195, 78, 81). Zu ihnen gehört die rechtzeitige Mahnung bei Zahlungsverzug unter Fristsetzung und die gerichtliche Verfolgung des Anspruchs. Da der Vorschrift kein schuldnerschützender Charakter zukommt, sondern sie vielmehr zur Erhaltung des dem Gläubiger evtl. zustehenden Vergütungsanspruchs dient, bleibt es dem Gläubiger überlassen, ob er den in der Vorschrift aufgezeigten typischen Weg (letzte Mahnung unter Fristsetzung und Androhung gerichtlicher Verfolgung) einschlägt, oder unter Verzicht auf diese Zwischenschritte seinen Kaufpreisanspruch unmittelbar gerichtlich verfolgt. Zwar bezieht sich das Wort „rechtzeitig” in § 53 Abs. 1 Nr. 3 MinöStV allein auf die Mahnung, doch versteht es sich von selbst, dass die gerichtliche Verfolgung zügig erfolgen muss, um Zahlungsausfälle möglichst zu verhindern (Senatsentscheidung vom VII B 247/98, BFHE 188, 217).
b) Die gerichtliche Verfolgung eines Anspruchs i.S. von § 53 Abs. 1 Nr. 3 MinöStV bedeutet regelmäßig, die rückständigen Forderungen beim Zivilgericht mit den Mitteln, die nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) zur Verfügung stehen, rechtshängig zu machen, also z.B. Klage zu erheben (§ 261 Abs. 1 ZPO) oder die Zustellung eines Mahnbescheids nach den Vorschriften der §§ 688 ff. ZPO zu bewirken mit ggf. anschließender Überleitung in das streitige Verfahren (§ 696 Abs. 3 ZPO), und aus dabei erlangten Titeln gegen den Schuldner im Wege der Zwangsvollstreckung vorzugehen (§§ 704 ff. ZPO). Die gerichtliche Geltendmachung hat zu einem Zeitpunkt zu erfolgen, zu dem ein im Geschäftsverkehr die Grundsätze ordnungsgemäßer kaufmännischer Geschäftsführung beachtender und wie ein sorgfältiger Kaufmann handelnder Mineralöllieferant erkennen muss, dass eine Durchsetzung des Kaufpreisanspruchs die Inanspruchnahme der Zivilgerichte erfordert. In seiner Entscheidung in BFHE 188, 217 hat der Senat ausgeführt, dass ein Mahnsystem hinzunehmen wäre, bei dem sichergestellt sei, dass im Falle der Nichtbegleichung der Forderung spätestens etwa zwei Monate nach der Belieferung die gerichtliche Verfolgung in die Wege geleitet werde. Indes lässt sich der Entscheidung nicht entnehmen, dass ein Mineralöllieferant in jedem Fall eine Frist von zwei Monaten ausschöpfen kann, bevor er die nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 MinöStV geforderten Schritte einleitet. Vielmehr hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, welche Maßnahmen als ausreichend anzusehen sind, um den Vergütungsanspruch zu erhalten (Senatsentscheidungen vom VII B 144/04, BFH/NV 2005, 1384, und vom VII R 42/04, BFH/NV 2006, 1024). So kann eine Situation eintreten, in der vom Lieferanten ein unverzügliches Handeln gefordert wird.
2. Zu Recht hat das FG geurteilt, dass nach diesen Grundsätzen im Streitfall von einer rechtzeitigen gerichtlichen Geltendmachung nicht mehr ausgegangen werden kann. Denn die Kaufpreisforderungen aus den Lieferungen vom November und Dezember 2001 hat die Klägerin gegenüber der Komplementär-GmbH durch Klageerweiterung erst im März 2002 bzw. durch die Beantragung eines Mahnbescheids erst im Juni 2002 und damit über zwei Monate nach der letzten Belieferung gerichtlich geltend gemacht.
a) Nach Auffassung des erkennenden Senats kann dem Wortlaut der Entlastungsvorschrift nicht entnommen werden, dass sich das Erfordernis der gerichtlichen Geltendmachung des Kaufpreisanspruchs lediglich auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Mineralöllieferanten und dem Warenempfänger bezieht. Zwar setzt die Anwendung von § 53 MinöStV voraus, dass die im Verkaufspreis enthaltene Mineralölsteuer beim Warenempfänger wegen dessen Zahlungsunfähigkeit ausgefallen ist, doch knüpfen die in § 53 Abs. 1 Nr. 3 MinöStV normierten Obliegenheiten des Mineralöllieferanten nicht ausdrücklich an die Rechtsbeziehungen zum Warenempfänger an. Vielmehr wird ohne nähere Konkretisierung eine rechtzeitige Mahnung bei Zahlungsverzug und eine gerichtliche Verfolgung des Kaufpreisanspruchs gefordert. Da der Wortlaut keine näheren Anhaltspunkte für eine einschränkende Interpretation bietet, hat das FG zu Recht auf den Sinn und Zweck der Regelung abgestellt.
Ausweislich der Begründung, die der Finanzausschuss hinsichtlich seiner Empfehlung zur Einführung der ursprünglich in § 11 Abs. 3 MinöStG a.F., jetzt in § 31 Abs. 3 Nr. 4 MinöStG 1993 normierten Verordnungsermächtigung gegeben hat, zielt die Regelung darauf ab, das Risiko des Steuerausfalls unter Berücksichtigung eines angemessenen Selbstbehalts sachentsprechend dem Steuergläubiger zuzuweisen und im Falle des Forderungsausfalls eine Steuerbelastung beim Mineralölhändler zumindest teilweise zu beseitigen (BTDrucks 12/561, S. 16). Nach der Intention des Gesetzgebers, die im Wortlaut der Verordnungsermächtigung deutlich zum Ausdruck kommt, sollte die Verringerung der Belastung nicht in jedem Fall und ohne jegliche Erfüllung von Vorbedingungen, sondern nur unter genau festgelegten Voraussetzungen erfolgen. Eine dieser Voraussetzungen ist das nachdrückliche Bemühen des Mineralöllieferanten um die Realisierung der ausstehenden Kaufpreisforderungen auch durch Einschaltung der Gerichte. Die in der Verordnungsermächtigung festgelegten und wörtlich in § 53 Abs. 1 MinöStV übernommenen Restriktionen haben den Senat zu der Schlussfolgerung veranlasst, dass derjenige, der solche Bemühungen unterlässt, selbst wenn sie zu dem Zeitpunkt, zu dem sie hätten durchgeführt werden müssen, aussichtslos erscheinen, die Abwälzung des Steuerrisikos auf die Allgemeinheit nicht verdiene (Senatsurteil vom VII R 148/97, BFHE 188, 199, 206). Denn wie aus den in § 53 Abs. 1 Nr. 3 MinöStV aufgestellten Anforderungen hervorgeht, wird vom Mineralöllieferanten verlangt, dass er die Grundsätze ordnungsgemäßer kaufmännischer Geschäftsführung beachtet, sorgfältig handelt und nahe liegende Überlegungen anstellt, um seine Forderungen durchzusetzen. Erst wenn trotz dieser Bemühungen ein Forderungsausfall nicht zu vermeiden ist, soll nach dem Willen des Gesetz- und Verordnungsgebers eine Entlastung erfolgen, indem das Steuerrisiko sachgerecht allein dem Steuergläubiger zugewiesen wird. Bei diesem eindeutigen Befund kann der Rechtsauffassung der Klägerin nicht gefolgt werden, dass es nicht auf den Gesetzeswortlaut ankomme und dass nach dem Willen des Gesetzgebers eine schematische Anwendung des niedergelegten Katalogs nicht gewollt sei.
b) Wie der Senat bereits entschieden hat, kommt es zur Bestimmung des Forderungsausfalls —dem der Mineralöllieferant mit den von § 53 Abs. 1 Nr. 3 MinöStV geforderten Maßnahmen zu begegnen hat— allein auf die Leistungen an, die der Schuldner (Warenempfänger) oder auch Dritte zugunsten des Schuldners an den Gläubiger (Verkäufer) erbringen (vgl. § 267 Abs. 1, § 362 Abs. 1 BGB), so dass Leistungen Dritter zugunsten des Gläubigers, wie z.B. Versicherungsleistungen aus Warenkreditversicherungen, außer Betracht bleiben (Senatsurteil vom VII R 21/97, BFHE 187, 177, 191). Eine Berücksichtigung der Leistung Dritter ist aber nicht nur für den Fall geboten, dass ein Dritter i.S. von § 267 Abs. 1 BGB auf die für ihn fremde Schuld zugunsten des Schuldners leistet, sondern auch dann, wenn ein Dritter in Erfüllung einer eigenen Verbindlichkeit, z.B. aufgrund eines Gesamtschuldverhältnisses oder einer übernommenen Bürgschaft, die Forderungen mit befreiender Wirkung für den Schuldner erfüllt.
c) Beliefert ein Mineralölhändler eine Personengesellschaft, wie z.B. eine OHG oder wie im Streitfall eine GmbH & Co. KG, kann im Geschäftsverkehr unter Kaufleuten regelmäßig die Kenntnis vorausgesetzt werden, dass diese Gesellschaften einen oder mehrere persönlich haftende Gesellschafter aufweisen und dass die Gesellschafter einer OHG bzw. der Komplementär einer KG für Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern nach § 128 bzw. § 161 Abs. 2 HGB als Gesamtschuldner persönlich haften. Zwischen den persönlich haftenden Gesellschaftern und der Gesellschaft besteht eine Tilgungsgemeinschaft in Form einer Sicherungsgesamtschuld. Dem Gläubiger steht es frei, die Gesellschaft oder die haftenden Gesellschafter in Anspruch zu nehmen (§ 421 BGB). Eine gleichzeitige Klage gegen die Gesellschaft und die einzelnen Gesellschafter ist ohne weiteres möglich. Auch im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft besteht die Haftung der persönlich haftenden Gesellschafter fort. Allerdings kann nach § 93 der Insolvenzordnung ein persönlich haftender Gesellschafter während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter in Anspruch genommen werden. Auch ist zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ein gegen persönlich haftende Gesellschafter geführter Rechtsstreit bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit in analoger Anwendung von § 17 Abs. 1 Satz 1 des Anfechtungsgesetzes unterbrochen ist (, Neue Juristische Wochenschrift 2003, 590).
Der Umstand, dass sich dem Wortlaut von § 53 MinöStV lediglich die Geltendmachung eines Verkaufspreises, nicht jedoch eines Haftungsanspruchs entnehmen lässt, vermag die geforderte Inanspruchnahme eines persönlich haftenden Gesellschafters nicht auszuschließen. Denn nach der herrschenden Erfüllungstheorie haften die Gesellschafter inhaltlich auf dasselbe wie die Gesellschaft, was bedeutet, dass die Haftungsverbindlichkeit mit der Gesellschaftsverbindlichkeit grundsätzlich inhaltsgleich ist (Schmidt in Münchener Kommentar HGB, 2. Aufl., § 128 Rz 24). Bei den Verbindlichkeiten einer OHG (z.B. wie im Streitfall eine Kaufpreisschuld) handelt es sich zugleich um Schulden der persönlich haftenden Gesellschafter, so dass nach Auffassung des BGH ein und dieselbe Schuld mit doppeltem Haftungsobjekt vorliegt (BGH-Entscheidung vom II ZR 190/55, BGHZ 23, 302). Diese Grundsätze gelten auch für die GmbH & Co. KG.
d) Im Streitfall war die gerichtliche Verfolgung des Kaufpreisanspruchs gegenüber der Komplementär-GmbH vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH & Co. KG durchaus möglich und auch geboten. Denn zwischen der letzten Mineralöllieferung und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens lag ein Zeitraum von acht Monaten. Das Gesamtschuldverhältnis lag auf der Hand. Aufwändige Ermittlungen zur Klärung der rechtlichen Situation und Bestimmung der in Betracht kommenden Gesamtschuldner brauchte die Klägerin nicht anzustellen. Nach den Feststellungen des FG, gegen die die Revision keine Einwendungen erhoben hat und die daher für den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindend sind, hat die Klägerin die nahe liegende Überlegung einer Inanspruchnahme der Komplementärin auch angestellt, jedoch nicht konsequent in die Tat umgesetzt. Nachdem sie feststellen musste, dass entgegen ihrer ursprünglichen Intention ein Mahnbescheid gegen die Komplementär-GmbH nicht erlassen worden war, hat sie die Angelegenheit zunächst auf sich beruhen lassen und ist erst zu einem Zeitpunkt wieder tätig geworden, zu dem die von der Rechtsprechung des Senats eingeräumte Frist von maximal zwei Monaten um etwa einen Monat überschritten war. In diesem Fall hat sie das Steuerrisiko selbst zu tragen und kann keinen Ausgleich ihres Schadens durch die Allgemeinheit verlangen.
Der Senat verkennt dabei nicht, dass bei einer Vielzahl von persönlich haftenden Gesellschaftern oder bei schwer zu durchschauenden gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen, wie sie z.B. bei Holdings oder Organkreisen anzutreffen sein können, die Bestimmung der für eine Inanspruchnahme in Betracht kommenden Haftungs- und Gesamtschuldner und die gerichtliche Verfolgung jedes Einzelnen von ihnen auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen und mit einem nicht unerheblichen organisatorischen und finanziellen Aufwand verbunden sein kann. Welche konkreten Maßnahmen vom Mineralölhändler verlangt werden können, hängt deshalb von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab. Entfernt liegende Überlegungen braucht der Mineralöllieferant nicht anzustellen, unzumutbare Nachforschungen und andere Anstrengungen nicht zu unternehmen. Zu verlangen ist allerdings, dass er sich wie ein sorgfältig handelnder Kaufmann verhält und die Grundsätze einer ordnungsgemäßen kaufmännischen Geschäftsführung beachtet. Dies kommt auch in der Dienstvorschrift der Bundesfinanzverwaltung (Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung 34/2005) zum Ausdruck, die die Gewährung der Mineralölsteuerentlastung davon abhängig macht, dass der Verkäufer alles rechtlich und wirtschaftlich Zumutbare unternommen hat, um seine Forderung auch gegen die nach Gesellschafts- und Handelsrecht persönlich Haftenden bzw. deren Erben (§ 1967 BGB) durchzusetzen. Wie bereits ausgeführt, hätte die Klägerin im Streitfall ohne besonderen Aufwand einen Mahnbescheid gegen die Komplementär-GmbH erwirken können. Da sie diese zumutbare Maßnahme jedoch nicht rechtzeitig ergriffen hat, war ihr der Vergütungsanspruch zu versagen und ihre Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BB 2007 S. 1322 Nr. 24
BFH/NV 2007 S. 1433 Nr. 7
DB 2007 S. 1341 Nr. 24
DStRE 2007 S. 902 Nr. 14
HFR 2007 S. 775 Nr. 8
NWB-Eilnachricht Nr. 24/2007 S. 1993
StB 2007 S. 245 Nr. 7
StBW 2007 S. 6 Nr. 12
StuB-Bilanzreport Nr. 20/2007 S. 788
YAAAC-45801