BFH Beschluss v. - VII B 203/06

Einreihung von Metallrohren als Schrott; Rüge eines Verfahrensmangels

Gesetze: ZK Art. 70; KN Pos. 7404; FGO § 115 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) führte im September 2001 als Kupfer-Nickel-Legierungen der Unterpos. 7403 23 00 der Kombinierten Nomenklatur (KN) deklarierte Metallrohre aus der Ukraine ein. Ein geringer Teil der Sendung war bereits vor der Abfertigung wegen einer Kontamination mit Cäsium-137 ausgesondert worden. Der Rest der Einfuhrsendung wurde einer Teilbeschau unterzogen und es wurde eine Stichprobe entnommen, deren Untersuchung durch die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA) zu dem Ergebnis führte, dass es sich um „Rohre aus Kupferlegierungen (Kupfer-Nickel-Legierungen)” der Unterpos. 7411 22 00 KN handele. Unter Zugrundelegung dieser Tarifauffassung erhob der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt) Zoll für die Einfuhrsendung nach.

Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage, mit der die Klägerin geltend machte, dass es sich bei den eingeführten Rohren um Schrott der Unterpos. 7404 00 99 KN gehandelt habe, wies das Finanzgericht (FG) ab. Das FG urteilte, dass die eingeführten Metallrohre zu Recht in die Unterpos. 7411 22 00 KN eingereiht worden seien. Nach dem Ergebnis der durchgeführten Teilbeschau habe es sich um aus Kupfer-Nickel-Legierungen bestehende Rohre i.S. der Anm. 1 Buchst. h zu Kap. 74 KN gehandelt. Eine Einreihung als Abfälle oder Schrott der Unterpos. 7404 00 99 KN komme nicht in Betracht, denn nach den bei der Teilbeschau getroffenen Feststellungen sei nicht anzunehmen, dass die Verwendung der Rohre für ihren ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke ausgeschlossen gewesen sei. Das Vorhandensein von Mängeln sei insoweit nicht ausreichend und auch die Kontamination mit Cäsium-137 des abgefertigten Teils der Einfuhrsendung sei nur gering gewesen, so dass auch in dieser Hinsicht nicht angenommen werden könne, dass die Rohre endgültig unbrauchbar gewesen seien.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, welche sie auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 3 der FinanzgerichtsordnungFGO—) stützt.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe z.T. nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt, jedenfalls aber nicht vorliegen.

1. Geht es —wie im Streitfall— allein darum, ob die Zollverwaltung die betreffende Ware zutreffend in den Zolltarif eingereiht hat oder ob die gegenteilige Auffassung des Beschwerdeführers die richtige ist, beschränkt sich also die Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zukommen soll, auf die Frage der zutreffenden Tarifierung, so kommt, wie der Senat in seinem Beschluss vom VII B 136/01 (BFHE 198, 242) ausgeführt hat, der Klärungsbedürftigkeit der Tarifierungsfrage und ihrer ausreichenden Darlegung (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) entscheidende Bedeutung zu. Hat das FG die Tarifauffassung der Zollverwaltung bestätigt, muss der Beschwerdeführer unter Heranziehung der zu dieser Frage ggf. vorhandenen Literatur und Rechtsprechung der europäischen und der nationalen Gerichte sowie der einschlägigen Zolltarifmaterialien (Avise, Erläuterungen u.a.) Zweifel an dieser Einreihung der Ware erwecken und aufzeigen, aus welchen Gründen seiner abweichenden Tarifauffassung möglicherweise der Vorzug vor der Tarifauffassung der Zollverwaltung gegeben werden könnte.

Im Streitfall ist die streitige Tarifierungsfrage indes nicht klärungsbedürftig, weil sie so zu entscheiden ist, wie es das FG im angefochtenen Urteil getan hat. Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, Zweifel an der vom FG vorgenommenen Einreihung der Waren zu begründen, wonach die eingeführten Metallrohre nicht als Abfälle oder Schrott in die Unterpos. 7404 00 99 KN (Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften —ABlEG— Nr. L 256/1, in der im Streitfall maßgeblichen Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2263/2000 der Kommission vom , ABlEG Nr. L 264/1) einzureihen sind.

Abfälle und Schrott aus Metall fallen nach der Anm. 8 a zu Abschn. XV KN beim Be- oder Verarbeiten von Metallen an —was im Streitfall offenbar nicht einschlägig ist— oder es sind Waren, die durch Bruch, Verschnitt, Verschleiß oder aus anderen Gründen als solche endgültig unbrauchbar sind. Dazu gehören aber —worauf das FG zutreffend hingewiesen hat— nach der Erläuterung zum Harmonisierten System (HS) zu Pos. 7204 HS Rz 12, die sinngemäß auch für die Pos. 7404 HS gilt, nicht solche Erzeugnisse, die mit oder ohne Ausbesserung entweder für ihren ursprünglichen Zweck oder zu anderen Zwecken verwendet werden können. Ob diese Voraussetzung vorliegt, ist eine Frage der Tatsachenfeststellung und -würdigung, die das FG im Streitfall bejaht hat. Klärungsbedürftige Rechtsfragen ergeben sich insoweit nicht. Insbesondere ist es nicht klärungsbedürftig, ob es insoweit darauf ankommen kann, dass die Rohre als Schrott zu einem entsprechend niedrigen Preis gekauft und als Schrott von der Klägerin verarbeitet und weiterverkauft wurden. Diese Fragen lassen sich nur so beantworten, wie es das FG getan hat, weil das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen ist, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen der KN und den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind.

Auch soweit die Beschwerde geltend macht, dass die Rohre aufgrund ihres Alters, ihrer Verschmutzung und Kontamination endgültig unbrauchbar gewesen seien, wendet sie sich gegen die Tatsachenfeststellung und -würdigung durch das FG, was jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen kann, weil damit kein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 FGO dargetan wird. Die Ansicht des FG, dass die vorhandenen Mängel die Verwendung der Rohre für ihren ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke —wenn auch ggf. erst nach einer Ausbesserung— nicht ausgeschlossen hätten, ist auf der Grundlage der vom FG festgestellten Tatsachen möglich und verstößt weder gegen Denkgesetze noch allgemeine Erfahrungssätze.

Auch aus dem Einwand der Beschwerde, dass aufgrund einer einzigen Probe aus der Warensendung keine Rückschlüsse auf die übrigen Rohre gezogen werden könnten, ergibt sich keine klärungsbedürftige Rechtsfrage. Vielmehr hat der beschließende Senat bereits entschieden, dass die tarifliche Beschaffenheit einer Warensendung gemäß Art. 70 Abs. 1 des Zollkodex anhand einer einzigen Stichprobe ermittelt werden kann, wenn der Anmelder in der Zollanmeldung nicht auf eine unterschiedliche Beschaffenheit der Ware hinweist (Senatsurteil vom VII R 40/04, BFHE 212, 312).

2. Die angeblichen Verfahrensmängel sind nicht schlüssig dargelegt.

Zur schlüssigen Darlegung des Verfahrensmangels eines vom FG übergangenen Beweisantrags gehört nach ständiger Rechtsprechung (u.a.) auch der Vortrag, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFHE 157, 106, BStBl II 1989, 727, und , BFH/NV 1998, 608). Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter —ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge— verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), hat die unterlassene rechtzeitige Rüge den endgültigen Rügeverlust, so z.B. auch zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde, zur Folge (Senatsbeschluss vom VII B 183/99, BFH/NV 2000, 597). An entsprechenden Darlegungen der Beschwerde fehlt es im Streitfall; auch aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem FG am ergibt sich kein Hinweis, dass die Klägerin Beweisanträge gestellt oder das Übergehen zuvor schriftsätzlich gestellter Beweisanträge gerügt hat. Vielmehr hat der Klägervertreter nach der Abgabe des Sachberichts und der Erörterung der Sach- und Rechtslage rügelos zur Sache verhandelt und auf eine erneute mündliche Verhandlung verzichtet.

Im Übrigen verkennt die Beschwerde insoweit, dass es zum einen hinsichtlich der äußeren Beschaffenheit der Einfuhrwaren, wenn —wie im Streitfall— eine Zollbeschau stattgefunden hat, nur auf die anlässlich dieser Beschau festgestellten Eigenschaften ankommt und dass es zum anderen nach der Rechtsauffassung des FG auf die Fragen, ob die Rohre als Schrott eingekauft bzw. nur als Schrott verwendet worden sind, nicht ankam.

Auch soweit die Beschwerde rügt, dass das FG von einem falschen Sachverhalt ausgegangen sei, weil die Rohre nicht 49 cm, sondern 4 m lang gewesen seien, wird kein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dargelegt. Abgesehen davon, dass es zweifelhaft erscheint, ob es sich bei der von der Beschwerde bezeichneten Stelle im FG-Urteil um eine Feststellung des FG oder nicht vielmehr um eine bloße Wiedergabe der Warenbeschreibung durch die ZPLA handelt, sind jedenfalls Einwendungen gegen die Richtigkeit bzw. Vollständigkeit des im FG-Urteil festgestellten Tatbestands nicht als Verfahrensmangel im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zu rügen, sondern müssen ggf. zum Gegenstand eines Antrags auf Tatbestandsberichtigung (§ 108 FGO) gemacht werden (, BFH/NV 1999, 1369). Im Übrigen ist weder dargelegt noch ersichtlich, inwieweit die Länge der Rohre für die zu beantwortende Tarifierungsfrage von Bedeutung sein kann.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1385 Nr. 7
VAAAC-45773