BFH Beschluss v. - II B 66/06

Voraussetzungen einer strafbefreienden Erklärung

Gesetze: AO § 153

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) teilte dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) mit Schreiben vom mit, sie habe bisher pflichtwidrig keine Vermögensteuererklärungen abgegeben und die Zinserträge aus ihrem Kapitalvermögen in den Einkommensteuererklärungen nicht angegeben. Die in dem Schreiben zunächst nur geschätzten Angaben zur Höhe des Kapitalvermögens konkretisierte die Klägerin in ihren Vermögensteuererklärungen für die Jahre 1990 bis 1996 vom 11. März und .

Mit Schreiben vom bat die Klägerin das FA, die Bescheidung ihrer „jeweiligen Nach-Erklärungen und Erklärungen der Jahre 1990 bis 2002 bis zur Verabschiedung der jetzt von der Regierung ins Auge gefassten Änderungen zur Legalisierung von im Ausland gehaltenem Kapital zurückzustellen”. Sie wolle ggf. von dieser Änderung Gebrauch machen.

Die Klägerin gab am eine strafbefreiende Erklärung nach dem Strafbefreiungserklärungsgesetz (StraBEG) für die Jahre 1993 bis 2000 ab und entrichtete den nach ihrer Berechnung von ihr zu zahlenden Betrag.

Das FA setzte mit Bescheiden vom gegen die Klägerin Vermögensteuer auf den 1. Januar der Jahre 1990 und 1992 bis 1996 fest. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte nur hinsichtlich des Vermögensteuerbescheids auf den wegen Festsetzungsverjährung Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, dass die strafbefreiende Erklärung den übrigen Vermögensteuerfestsetzungen nicht entgegenstehe.

Die Klägerin stützt die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die Beschwerde ist unbegründet, soweit sie überhaupt den Begründungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht.

1. Grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO)

Die Klägerin sieht folgende Rechtsfrage als grundsätzlich bedeutsam an:

„Kann eine vorab abgegebene Selbstanzeige seitens des Steuerpflichtigen überhaupt widerrufen und damit bezüglich aller Folgen gegenstandslos werden?”

Diese Frage stellt sich im Streitfall nicht und wäre daher in einem Revisionsverfahren nicht klärbar. Die Frage kann daher der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung verleihen.

Die Klägerin hat die in ihrem Schreiben vom und den Vermögensteuererklärungen gemachten tatsächlichen Angaben durch ihr Schreiben vom nicht widerrufen, sondern nur um eine Rückstellung der Bescheidung ihrer Nacherklärungen und Erklärungen für die Jahre 1990 bis 2002 gebeten. Die in Steuererklärungen enthaltenen Wissenserklärungen über Tatsachen können zudem nicht angefochten oder widerrufen werden (, BFH/NV 2001, 737; Beschluss des , Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2006, 936; , EFG 2007, 330). Solche tatsächlichen Angaben können lediglich berichtigt oder ergänzt werden, soweit sie unrichtig oder unvollständig sind (§ 153 Abs. 1 Satz 1 der AbgabenordnungAO—; § 7 Satz 1 Nr. 3 StraBEG). Die von der Klägerin herausgestellte Strafverfolgungsverjährung spielt beim Ausschlusstatbestand des § 7 Satz 1 Nr. 3 StraBEG keine Rolle.

Nach der vom FG herangezogenen Vorschrift des § 7 Satz 1 Nr. 3 StraBEG tritt Straf- oder Bußgeldfreiheit u.a. nicht ein, soweit vor Eingang der strafbefreienden Erklärung wegen einer Tat i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 StraBEG oder einer Handlung des i.S. des § 6 StraBEG der Erklärende unrichtige oder unvollständige Angaben bei der Finanzbehörde berichtigt oder ergänzt oder unterlassene Angaben nachgeholt hat. Liegen die Voraussetzungen dieses Ausschlusstatbestandes vor, entfällt auch die in § 8 StraBEG vorgesehene Abgeltungswirkung der strafbefreienden Erklärung. Auf das Vorliegen einer wirksamen Selbstanzeige i.S. des § 371 AO stellt § 7 Satz 1 Nr. 3 StraBEG nach dem klaren Wortlaut nicht ab.

2. Sicherung der Rechtseinheit (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO)

a) Soweit die Klägerin eine Abweichung der Vorentscheidung von dem von ihr angeführten (BFH/NV 2001, Beilage 1, 70) überhaupt den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend rügt (vgl. dazu z.B. BFH-Beschlüsse vom VIII B 2/06, BFH/NV 2007, 450, und vom VIII B 61/06, BFH/NV 2007, 451), liegt jedenfalls eine Divergenz von dieser Entscheidung nicht vor. Der BGH befasste sich in diesem Urteil mit den Voraussetzungen, unter denen eine Selbstanzeige nach § 371 Abs. 2 AO nicht zur Straffreiheit führt, nicht aber mit der Regelung des § 7 Satz 1 Nr. 3 StraBEG, die in § 371 Abs. 2 AO keine Entsprechung findet.

b) Eine Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO kommt abgesehen von den Fällen der Divergenz auch dann in Betracht, wenn ein sog. qualifizierter Rechtsanwendungsfehler vorliegt, nämlich wenn die Vorentscheidung offensichtlich materielle oder formelle Fehler im Sinne einer willkürlichen Entscheidung aufweist (BFH-Beschlüsse vom IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25; vom VII B 344/03, BFHE 206, 226, BStBl II 2004, 896; vom V B 9/04, BFH/NV 2006, 248; in BFH/NV 2007, 450 und 451). Auf solche Rechtsanwendungsfehler beruft sich die Klägerin selbst nicht. Mit bloßen Einwendungen gegen die Richtigkeit der Vorentscheidung wird kein Grund für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO geltend gemacht (BFH-Beschlüsse vom XI B 178/05, BFH/NV 2007, 477, sowie in BFH/NV 2007, 450 und 451, ständige Rechtsprechung).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1274 Nr. 7
NAAAC-45151