Steuerabzug bei beschränkt Steuerpflichtigen aus EU/EWR-Staaten mit Einkünften im Sinne des § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG
Der „FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH” (BStBl 2006 II S. …) [1] entschieden, dass das EU-Recht nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, nach denen
ein Steuerabzugsverfahren nur bei beschränkt Steuerpflichtigen Anwendung findet,
der Vergütungsschuldner in Haftung genommen werden kann, wenn er den Steuerabzug nicht vorgenommen hat und
eine Steuerbefreiung nach Vorschriften eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur berücksichtigt wird, wenn von der zuständigen Finanzbehörde eine Freistellungsbescheinigung erteilt worden ist.
Dagegen hat der EuGH entschieden, dass es mit dem EU-Recht nicht vereinbar ist, wenn im Steuerabzugsverfahren für beschränkt Steuerpflichtige die im unmittelbaren Zusammenhang mit der inländischen Tätigkeit stehenden Betriebsausgaben des beschränkt Steuerpflichtigen, die er dem Vergütungsschuldner mitgeteilt hat, nicht geltend gemacht werden können.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für Einkünfte von beschränkt Steuerpflichtigen, die dem Steuerabzug gemäß § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG unterliegen, in Anwendung des o.g. Urteils bis zum Ergehen einer gesetzlichen Neuregelung Folgendes:
Betriebsausgaben oder Werbungskosten eines beschränkt Steuerpflichtigen, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den inländischen Einnahmen stehen, können beim Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG berücksichtigt werden, wenn sie 50 % der Einnahmen übersteigen (§ 50 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 Satz 2 EStG). Nach der gesetz-geberischen Konzeption sind bei diesen Einkünften nämlich Betriebsausgaben oder Werbungskosten in Höhe von 50 % der Einnahmen bereits pauschal bei der Bemessung des Steuersatzes berücksichtigt worden, und die Berechtigung zum doppelten Abzug von Betriebsausgaben kann auch dem nicht entnommen werden. Der Steuerabzug beträgt 40 % des positiven Unterschiedsbetrags zwischen den Einnahmen und den mit diesen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben oder Werbungskosten.
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Beispiel: | bisherige Regelung | neue Regelung (EuGH C-290/04) |
Einnahmen | 1.500 € | 1.500 € |
Ausgaben | 800 € | 800 € |
Überschuss | 700 € | 700 € |
Abzugsbetrag (20 % der Einnahmen) | 300 € | |
(20 % der Einnahmen, max. 40 % des Überschusses) | 280 € |
Die Berücksichtigung von Betriebsausgaben oder Werbungskosten eines beschränkt steuerpflichtigen Vergütungsgläubigers beim Steuerabzug setzt voraus, dass der Vergütungs-gläubiger Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und im Hoheitsgebiet eines dieser Staaten seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für beschränkt steuerpflichtige Körperschaften gilt dies, wenn sich Sitz und Geschäftsleitung in einem dieser Staaten befinden. Der Steueranmeldung sind entsprechende Nachweise (z.B. Kopie des Reisepasses bzw. Handelsregisterauszug; Ansässigkeitsbescheinigung der ausländischen Finanzverwaltung) beizufügen.
Zu den beim Steuerabzug abziehbaren Betriebsausgaben oder Werbungskosten zählen alte Aufwendungen, die unmittelbar durch die Erzielung der inländischen Einnahmen veranlasst sind, z.B. Fahrt- und Übernachtungskosten. Die Berücksichtigung von Betriebsausgaben oder Werbungskosten ist unabhängig davon, ob der beschränkt Steuerpflichtige diese selbst getragen hat oder sie vom Vergütungsschuldner übernommen worden sind. Es können nur bei Anmeldung des Steuerabzugs bereits geleistete Ausgaben berücksichtigt werden. Zur Berücksichtigung weiterer Ausgaben kann die Steueranmeldung nach § 73e EStDV nachträglich berichtigt werden (§ 164 Abs. 2 Satz 2 AO).
Der Vergütungsschuldner darf den Steuerabzug nur mindern, wenn der beschränkt steuerpflichtige Vergütungsgläubiger die Betriebsausgaben oder Werbungskosten, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit seinen inländischen Einnahmen stehen, in einer von der Finanzverwaltung nachprüfbaren Form (z.B. durch entsprechende Rechnungskopien, Überweisungen etc.) nachgewiesen hat. § 73d EStDV gilt entsprechend.
Hat der Vergütungsschuldner beim Steuerabzug nachgewiesene Betriebsausgaben oder Werbungskosten berücksichtigt, sind in der Steueranmeldung die dort geforderten Angaben unter Berücksichtigung des Steuersatzes von 40 % einzutragen. Für die berücksichtigten Betriebsausgaben oder Werbungskosten ist für jeden Fall der Anmeldung eine Anlage beizufügen, in der diese dargestellt sind.
Die Berücksichtigung von Betriebsausgaben oder Werbungskosten beim Steuerabzug lässt die Steuererstattung gemäß § 50 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 EStG in dem durch das (BStBl 2003 I S. 553) geregelten Verfahren unberührt.
Die vorstehenden Grundsätze sind in allen noch offenen Fällen von Steueranmeldungen gemäß § 73e EStDV und Haftungsbescheiden nach § 50a Abs. 5 EStG anzuwenden. Das (BStBl 2004 I S. 950) wird aufgehoben.
Bayerisches Landesamt für
Steuern v. - S
2411 - 13 St 32/St
33
Fundstelle(n):
EAAAC-43709
1Anm: Das EuGH-Urteil wird zeitgleich mit diesem BMF-Schreiben im Anhang des BStBl II veröffentlicht.