Zulässigkeit einer Entscheidung gemäß § 126a FGO nach Ergehen eines Gerichtsbescheids; Steuerhinterziehung auf Dauer bei Vorsteuer-Erstattung aus Scheinrechnungen
Gesetze: FGO § 126a; AO § 191; AO § 71
Instanzenzug: FG des Landes Brandenburg Urteil vom 3 K 418/01 (Verfahrensverlauf),
Gründe
Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung —trotz des Antrags auf mündliche Verhandlung, mit dem der Kläger und Revisionskläger (Kläger) den vom Senat erlassenen Gerichtsbescheid angegriffen hat— nicht für erforderlich. Eine Entscheidung nach § 126a FGO ist auch noch nach Ergehen eines Gerichtsbescheides zulässig (vgl. , Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1978, 117). Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Die Erwägungen, die zur Unbegründetheit der Revision geführt haben, waren dem Gerichtsbescheid zu entnehmen. Das Finanzgericht (FG) hat verfahrensfehlerfrei und in zutreffender Anwendung der Haftungsvorschriften (§ 191 i.V.m. § 71 der Abgabenordnung —AO—) geurteilt, dass der Kläger für die auf Scheinrechnungen beruhenden Vorsteuererstattungen in voller Höhe hafte, weil er mit den Umsatzsteuer-Anmeldungen und dem Vereinnahmen der daraus resultierenden Guthaben Steuerhinterziehungen auf Dauer begangen habe. Die grundsätzlich dem Tatsachengericht obliegende Würdigung der Behauptungen des Klägers und des Zeugen, die Rückführung der Vorsteuern sei von Anfang an geplant gewesen, als Schutzbehauptungen hat das FG nachvollziehbar begründet; sie ist nicht revisibel, § 118 Abs. 2 FGO.
An diesen Ausführungen hält der Senat auch unter Berücksichtigung des mit dem Antrag auf mündliche Verhandlung verbundenen weiteren Vortrags des Klägers fest. Nicht berücksichtigen kann der Senat die Einwendungen, die der Kläger nun zur Kausalität der zu Unrecht erstatteten Vorsteuerbeträge für den beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) eingetretenen Vermögensschaden erhebt. Er rügt, das FG habe nicht ungeprüft übernehmen dürfen, dass die ungerechtfertigten Erstattungsguthaben ausgezahlt worden seien. Vielmehr habe es aus den vorgelegten Steuerakten erkennen müssen, dass —wenn auch bei einem anderen FA— Lohnsteuerrückstände bestanden hätten, und durch Beiziehung weiterer Akten aufklären müssen, dass —wie tatsächlich geschehen— die Vorsteuererstattungen verrechnet worden seien. Die damit sinngemäß erhobenen Verfahrensrügen mangelnder Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) und Verletzung rechtlichen Gehörs wegen unzureichender Aktenauswertung (§ 96 FGO, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) sind —bei erheblichen Zweifeln an ihrer schlüssigen Darlegung— verspätet. Die Tatsachen, die einen Verfahrensmangel ergeben, müssen gemäß § 120 Abs. 3 Nr. 2 b i.V.m. Abs. 2 Satz 1 FGO innerhalb der Revisionsbegründungsfrist angegeben werden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, um eine Verfahrensrüge nachzuschieben, ist nach ständiger Rechtsprechung nicht möglich (vgl. , BFHE 126, 383, BStBl II 1979, 184). Abgesehen davon erschließt sich dem Senat nicht, weshalb die Kausalität der in der falschen Vorsteuer-Anmeldung liegenden Pflichtverletzung des Geschäftsführers für den beim FA eingetretenen Vermögensschaden bei Verrechnung eines Erstattungsanspruchs mit rückständiger Lohnsteuer anders zu beurteilen sein soll als bei Auszahlung des angemeldeten Guthabens.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1161 Nr. 6
PAAAC-42126