Rüge eines Verfahrensmangels
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Instanzenzug:
Gründe
I. Streitpunkt ist die Inanspruchnahme des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) als Haftungsschuldner für Abgabenrückstände einer GmbH.
Der Kläger war Gründungsgesellschafter und Geschäftsführer der am gegründeten GmbH. Diese kam ihren Steuererklärungs- und Steuervorauszahlungspflichten im Gründungsjahr nur teilweise nach. Am veräußerten die Gesellschafter die Geschäftsanteile der GmbH an einen Dritten. Der Kläger wurde durch Gesellschafterbeschluss vom gleichen Tag als Geschäftsführer abberufen. Jahressteuererklärungen und einen Jahresabschluss auf den reichte die Gesellschaft nicht ein. Nach vergeblichen Vollstreckungsversuchen bei der Gesellschaft nahm der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) den Kläger als Haftungsschuldner nach § 69, § 71 der Abgabenordnung (AO) für Abgabenrückstände der GmbH bis in Höhe von insgesamt ... € in Anspruch.
Die gegen den Haftungsbescheid erhobene Klage hatte beim Niedersächsischen Finanzgericht (FG) zum Teil Erfolg, im Übrigen wurde sie abgewiesen. Gegen das richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers.
Das FA beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig.
1. Der Kläger hat die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das gesamte vorinstanzliche Urteil erhoben, mithin auch gegen jenen Teil des Urteils, mit dem das FG seiner Klage stattgegeben hat. Insoweit fehlt es jedoch sowohl an der für die Zulässigkeit der Beschwerde notwendigen Beschwer als auch an der gemäß § 116 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforderlichen Begründung des Rechtsmittels.
2. Soweit die Beschwerde sich gegen den klageabweisenden Teil des angefochtenen Urteils richtet, hat der Kläger entgegen § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO die Voraussetzungen eines Zulassungsgrundes nach § 115 Abs. 2 FGO in der Beschwerdebegründung nicht hinreichend dargelegt.
a) Die Ausführungen des Klägers zu diversen materiell-rechtlichen Fragen bezüglich der vom FG dem Grunde nach bejahten Haftung des Klägers als Vertreter nach § 69, § 34 AO enthalten keine Angaben dazu, inwiefern in diesem Zusammenhang die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) gegeben sein könnten.
b) Die Rügen im Hinblick auf das vorinstanzliche Verfahren lassen nicht auf das Vorliegen von Verfahrensfehlern i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO schließen, auf denen das angefochtene Urteil beruhen könnte.
aa) Soweit der Kläger jetzt bemängelt, die vom Steuerberater X zur FG-Akte gereichten Unterlagen seien seinem Prozessbevollmächtigten erst im Termin zur mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gegeben worden, lässt sich hieraus ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) nicht schlüssig ableiten. Denn der Kläger macht nicht geltend —und der Sitzungsniederschrift vom kann solches nicht entnommen werden—, dass sein Prozessbevollmächtigter gegenüber dem Gericht in irgendeiner Weise zu erkennen gegeben hat, im Termin zur Befassung mit diesem Akteninhalt nicht in der Lage zu sein und die Verhandlung deshalb entweder vertagt werden müsse oder er eines Schriftsatznachlasses bedürfe.
Im Übrigen hätte der Kläger —da sich der gerügte Verstoß auf einzelne Feststellungen des FG bezieht— dartun müssen, was er bei rechtzeitiger Kenntnis des betreffenden Akteninhalts noch zusätzlich vorgetragen hätte und dass bei Berücksichtigung dieses Vorbringens eine andere Entscheidung in der Sache möglich gewesen wäre (vgl. Nachweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 119 Rz 14). Auch daran ermangelt es der Beschwerdebegründung.
bb) Die Rüge des Klägers, das FG habe es unterlassen, sich mit seinem Vorbringen in der Klageschrift zu befassen, wonach sich aus von der Steuerberaterin des Klägers zu beschaffenden Unterlagen ergeben werde, dass die GmbH bis zum ordnungsgemäß geführt worden sei und die Umsatzsteuervoranmeldungen ordnungsgemäß eingereicht worden seien, ist zur Darlegung eines Verfahrensfehlers nicht geeignet. Insbesondere ist nicht erkennbar, warum nach dem Verfahrensverlauf für das FG noch Anlass zu einer konkreten Befassung mit diesem Vorbringen bestanden haben soll. Denn das FG hat die seitens des vom Kläger benannten Steuerberaters der Gesellschaft dem Gericht übergebenen Unterlagen verwertet und ist zu der Feststellung gelangt, dass auch unter deren Berücksichtigung unzutreffende Steuervoranmeldungen der Gesellschaft vorlagen und Nachzahlungsforderungen des FA bestehen.
cc) Nicht schlüssig ist schließlich auch die Rüge, das FG habe seine Entscheidung damit begründet, dass der Kläger dem früheren Steuerberater der GmbH die Unterlagen und die Buchführung im September 2001 entzogen habe, obwohl solches aus den Akten nicht hervorgehe. Offenbleiben kann insoweit, ob das FG den konkreten Zeitpunkt der Abholung der Akten verfahrensfehlerfrei ermittelt hat. Jedenfalls ist dem Vorbringen des Klägers nicht zu entnehmen, welcher für die rechtliche Bewertung des Sachverhalts relevante Unterschied sich auf der Grundlage der Rechtsauffassung des FG hätte ergeben sollen, wenn der Kläger die Akten nicht bereits im September 2001, sondern —wie er jetzt vorbringt— erst ca. 14 Tage vor dem Anteilsverkauf vom vom Steuerberater abgeholt hätte. Auch dann hätte der Kläger Gelegenheit zur Überwachung der Tätigkeit des Steuerberaters gehabt und hätte gegebenenfalls die vom FG für geboten erachteten Erklärungen noch in eigener Person abgeben können.
Fundstelle(n):
HAAAC-42107