OFD Frankfurt am Main - S 7106 A - 119 - St 11

Umsatzsteuerliche Behandlung zwischenbehördlicher Leistungsverrechnungen

Bezug:

Zu Fragen der umsatzsteuerlichen Behandlung zwischenbehördlicher Leistungsverrechnungen wird auf das als Anlage beigefügte Schreiben und Merkblatt des hingewiesen.

Anlage Umsatzsteuerliche Behandlung zwischenbehördlicher Leistungsverrechnungen

Im Zusammenhang mit der Besteuerung juristischer Personen des öffentlichen Rechts und der steuerrechtlichen Beurteilung der zwischenbehördlichen Leistungsverrechnung sind eine Vielzahl von Fragen und der Wunsch nach einem Merkblatt an mich herangetragen worden.

Das hierzu ergangene und als Anlage beigefügte Merkblatt, das gemeinsam mit der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main entworfen wurde und auch den hessischen Finanzämtern zur Verfügung stehen wird, übersendet das Hessische Ministerium der Finanzen zu Ihrer Information. Das Merkblatt behandelt Grundsatzfragen der Umsatzbesteuerung. Für die Klärung darüber hinaus gehender Einzelfragen bei Betrieben gewerblicher Art und land- und forstwirtschaftlichen Betrieben des Landes Hessen sind auch zukünftig alleine die jeweiligen Finanzämter zuständig (vgl. die Anlage zum v.b. Merkblatt).

Merkblatt Grundsätze der Umsatzbesteuerung beim Lande Hessen als juristische Person des öffentlichen Rechts

Stand: November 2006

1 Allgemeines

Das Land Hessen ist als Gebietskörperschaft eine juristische Person des öffentlichen Rechts und kann nach § 2 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz (UStG) i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 4 Körperschaftsteuergesetz (KStG) nur im Rahmen seiner Betriebe gewerblicher Art und seiner land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe unternehmerisch tätig werden. Nur die in diesen Betrieben ausgeführten Umsätze unterliegen der Umsatzsteuer.

Die Aufgabe des Landes Hessen ist die hoheitliche Verwaltung innerhalb seiner Gebietsgrenzen. Im Zuge der Verwaltungsmodernisierung wurden jedoch bestehende Behörden in Landesbetriebe umgewandelt.

Landesbetriebe sind rechtlich unselbständige, organisatorisch abgesonderte Teile der Verwaltung des Landes Hessen, deren Tätigkeit erwerbswirtschaftlich oder zumindest auf Kostendeckung ausgerichtet ist. Da sie aber auch hoheitliche Aufgaben wahrnehmen können, greift die Umsatzbesteuerung für Landesbetriebe nur, wenn sie nicht überwiegend der Ausübung öffentlicher Gewalt dienen. In diesen Fällen sind die Landesbetriebe wie Betriebe gewerblicher Art zu behandeln.

2 Unternehmereigenschaft des Landes Hessen

Nach § 2 Abs. 3 UStG ist die Unternehmereigenschaft des Landes Hessen eingeschränkt. Es ist grundsätzlich nur in folgenden Fällen Unternehmer:


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a)
im Rahmen seiner Betriebe gewerblicher Art
(Tz. 2.1)
b)
im Rahmen seiner land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe
(Tz. 2.2)

Da auch für juristische Personen der in § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG geregelte Grundsatz der Unternehmenseinheit gilt, hat das Land Hessen nur ein Unternehmen, welches sämtliche Betriebe gewerblicher Art und land- oder forstwirtschaftliche Betriebe umfasst.

Beispiel:

Ein Land unterhält ein Landeslabor, ein Landesvermessungsamt und ein Weingut. Das Landeslabor und das Landesvermessungsamt sind Betriebe gewerblicher Art. Das Weingut ist ein landwirtschaftlicher Betrieb. Diese drei Betriebe bilden umsatzsteuerlich das Unternehmen des Landes.

Steuersubjekt ist das Land Hessen, das sich unternehmerisch betätigt, und nicht etwa der jeweilige Betrieb gewerblicher Art bzw. Betrieb der Land- oder Forstwirtschaft. Gegen das Land richtet sich der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis und es ist Schuldnerin der Steuer nach § 13a UStG.

Da für die Betriebe gewerblicher Art und für die land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe von Bund und Ländern ein Verfahren der gesonderten Umsatzsteuerfestsetzung zugelassen worden ist, wird die Umsatzsteuer dieser Betriebe hiernach nicht zentral bei einem Finanzamt, sondern gesondert für den einzelnen Betrieb festgesetzt. Für das Besteuerungsverfahren ist das Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bereich der jeweilige Betrieb belegen ist, vgl. USt-Kartei OFD Frankfurt am Main zu § 2 – S 7106 – Karte 6.

2.1 Betrieb gewerblicher Art

„Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich.

Zu den Betrieben gewerblicher Art gehören nicht Betriebe, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe). Für die Annahme eines Hoheitsbetriebs reichen Zwangs- oder Monopolrechte nicht aus.”

(§ 4 Abs. 1 und 5 KStG)

Ob ein Betrieb gewerblicher Art vorliegt, ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 i. V. m. § 4 KStG zu bestimmen und regelmäßig sowohl für die Umsatzsteuer als auch für die Körperschaftsteuer einheitlich zu entscheiden.

Führt das Land Hessen das Unternehmen nicht als Betrieb gewerblicher Art, sondern in Form einer privatrechtlichen Gesellschaft, handelt es sich um einen selbstständigen Unternehmer.

Einrichtung

Einrichtung ist jede nachhaltige und selbstständige Tätigkeit, die sich als wettbewerbsrelevante Tätigkeit von den übrigen Aufgaben der juristischen Person des öffentlichen Rechts abgrenzen lässt.

Häufig sind Betriebe gewerblicher Art als Landesbetriebe verfasst. Doch bedarf es dieser förmlichen Errichtung als Eigenbetrieb nicht, um eine Tätigkeit steuerlich als Betrieb gewerblicher Art einzuordnen.

Der Begriff der Einrichtung setzt nicht voraus, dass die Tätigkeit im Rahmen einer im Verhältnis zur sonstigen Betätigung der juristischen Person des öffentlichen Rechts verselbstständigten Abteilung ausgeübt wird. Sie kann auch innerhalb des allgemeinen Betriebs miterledigt werden.

Merkmale für eine wirtschaftliche Selbstständigkeit einer Einrichtung können sich aus einer gesonderten Geschäftsleitung, einer getrennten Buchführung oder einem gesondert geführten Haushalt ergeben.

Einen Jahresumsatz von über 130.000 € aus der wirtschaftlichen Tätigkeit sieht die Finanzverwaltung auch ohne das Vorliegen organisatorischer Merkmale als Indiz für die Annahme einer Einrichtung an.

Wirtschaftliche Tätigkeit „gewerblicher Art”

Weitere Voraussetzung für das Vorliegen eines Betriebes gewerblicher Art ist eine wirtschaftliche Tätigkeit. Damit sollen im Grundsatz alle Einrichtungen der öffentlichen Hand erfasst werden, die das außere Bild eines Gewerbebetriebes haben. Die Vermögensverwaltung gehört nicht zum Betrieb gewerblicher Art.

Keine hoheitliche Tätigkeit

Betriebe, die überwiegend der Ausübung öffentlicher Gewalt dienen, d. h. hoheitliche Aufgaben erfüllen (sog. Hoheitsbetriebe) sind keine Betriebe gewerblicher Art und unterliegen nicht der Besteuerung. Kennzeichnend für die Ausübung öffentlicher Gewalt ist die Erfüllung von Aufgaben, die aus der Staatsgewalt abgeleitet sind und staatlichen Zwecken dienen. Diese Aufgaben sind der öffentlichen Hand eigentümlich und vorbehalten.

Die Verwertung bzw. die Veräußerung von Material oder Gegenständen aus dem hoheitlichen Bereich ist dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen. Das gilt z. B für den An- und Verkauf von Dienstkraftfahrzeugen auch dann, wenn die Veräußerung regelmäßig vor Ablauf der wirtschaftlichen Nutzungsdauer erfolgt. Die Anzahl der vorgenommenen An- und Verkäufe ist unbeachtlich.

Einnahmeerzielungsabsicht

Das Körperschaftsteuergesetz fordert zur Annahme eines Betriebes gewerblicher Art keine Gewinnerzielungsabsicht, sondern lediglich Einnahmeerzielungsabsicht. Die Einnahmeerzielungsabsicht muss nicht Hauptzweck der wirtschaftlichen Betätigung sein. Ausreichend ist, wenn sie als Nebenzweck in Kauf genommen wird. Aus diesem Grunde liegt selbst dann ein Betrieb gewerblicher Art vor, wenn die Leistungen zum Selbstkostenpreis getätigt werden oder eine Kostendeckung nicht beabsichtigt ist.

Nachhaltigkeit

Eine Tätigkeit ist nachhaltig, wenn sie auf Wiederholung angelegt ist. Besteht eine Wiederholungsabsicht, kann eine einzelne Handlung bereits den Beginn einer nachhaltigen Tätigkeit darstellen. Es kommt ausschließlich auf die Nachhaltigkeit der Betätigung und nicht auf die Nachhaltigkeit des Zuflusses von Einnahmen an.

Wirtschaftliche Bedeutsamkeit

Die von der juristischen Person des öffentlichen Rechts ausgeübte Tätigkeit muss sich innerhalb der Gesamtbetätigung wirtschaftlich herausheben, sie muss von einigem Gewicht sein. Die Finanzverwaltung geht bei einem Jahresumsatz von mehr als 30.678 € von der wirtschaftlichen Bedeutsamkeit aus. Im Einzelfall kann auch bei Unterschreiten dieser Grenze eine wirtschaftliche Bedeutsamkeit angenommen werden, wenn besondere Gründe vorgetragen werden. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts mit ihrer Tätigkeit zu anderen Unternehmen unmittelbar in Wettbewerb tritt.

Keine Vermögensverwaltung

Steuerlich begründet die – häufig langfristig angelegte – Verwaltung des eigenen, nicht steuerbefangenen Vermögens (Vermögensverwaltung) keinen Betrieb gewerblicher Art.

Das Halten einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist grundsätzlich Vermögensverwaltung

Sonderfälle

Zu den Betrieben gewerblicher Art gehören insbesondere Betriebe, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme, dem öffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen (§ 4 Abs. 3 KStG).

Als Betrieb gewerblicher Art gilt nach § 4 Abs. 4 KStG auch die Verpachtung eines solchen Betriebs, d. h. die entgeltliche Überlassung von Einrichtungen, Anlagen oder Rechten, die beim Verpächter einen Betrieb gewerblicher Art darstellen würden.

Beistandsleistungen

Die Finanzverwaltung vertritt bei der Frage, ob die Erfüllung hoheitlicher Tätigkeiten durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts für eine andere juristische Person des öffentlichen Rechts gegen Entgelt einen Betrieb gewerblicher Art begründet, folgende Auffassung:

Entscheidend für die steuerliche Beurteilung ist der Charakter der jeweiligen Tätigkeit. Es ist darauf abzustellen, ob die Tätigkeit, wurde sie von der juristischen Person des öffentlichen Rechts selbst ausgeübt, als hoheitliche Tätigkeit oder zumindest als hoheitliche Teilaufgabe oder hoheitliches Hilfsgeschäft zu behandeln wäre. Eine isolierende Betrachrung der übertragenen Tätigkeit darauf, ob sie hoheitlich ist, darf nicht vorgenommen werden. Dies bedeutet:

Die Beistandsleistung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts bei der Erfüllung von hoheitlichen Tätigkeiten für eine andere juristische Person des öffentlichen Rechts begründet keinen Betrieb gewerblicher Art. Der hoheitliche Charakter der Tätigkeit bleibt auch bei der übernehmenden juristischen Person des öffentlichen Rechts erhalten. Dasselbe gilt, wenn sich die Beistandsleistung nicht auf die hoheitliche Tätigkeit insgesamt, sondern auf hoheitliche Teilaufgaben (z. B. Datenverarbeitung) oder Hilfsgeschäfte bezieht, die für sich gesehen keinen hoheitlichen Charakter haben, aber bei Abwicklung durch die juristische Person des öffentlichen Rechts selbst als hoheitliche Teilaufgaben oder Hilfsgeschäfte zu qualifizieren wären. Auch insoweit bleibt der hoheitliche Charakter erhalten, wenn die Beistandsleistung für den Hoheitsbereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts erbracht wird.

2.2 Land- und forstwirtschaftliche Betriebe

Die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe des Landes Hessen stellen keine Betriebe gewerblicher Art dar, sie gehören aber wie die Betriebe gewerblicher Art zu dessen Unternehmensbereich (§ 2 Abs. 3 Satz 1 UStG).

Die Merkmale eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes ergeben sich aus § 24 Abs. 2 UStG Ob ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb vorliegt, ist nach den allgemeinen Merkmalen zu beurteilen, die im Einkommensteuerecht, im Gewerbesteuerecht und im Umsatzsteuerecht gelten Land- oder forstwirtschaftliche Betriebe sind beispielsweise Weingüter oder Forstbetriebe eines Bundeslandes.

Im Gegensatz zu den Betrieben gewerblicher Art liegt ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb unabhängig von Umsatzgrenzen vor.

2.3 Abgrenzung von Betrieben gewerblicher Art zu Hoheitsbetrieben

Betriebe des Landes Hessen, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe), gehören nicht zu den Betrieben gewerblicher Art. Ausübung der öffentlichen Gewalt ist eine Tätigkeit, die der öffentlich-rechtlichen Körperschaft eigentümlich und vorbehalten ist. Kennzeichnend für die Ausübung öffentlicher Gewalt ist die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben, die aus der Staatsgewalt abgeleitet sind und staatlichen Zwecken dienen.

Eine Ausübung der öffentlichen Gewalt liegt nicht vor, wenn sich die Körperschaft durch ihre Einrichtung in den wirtschaftlichen Verkehr einschaltet und eine Tätigkeit entfaltet, die sich ihrem Inhalt nach von der Tätigkeit eines privaten gewerblichen Unternehmens nicht wesentlich unterscheidet.

Die reine Vermögensverwaltung gehört in der Regel nicht zum unternehmerischen Bereich.

3 Umsätze

Die Besteuerung der Umsätze des Landes Hessen als unternehmerisch tätige juristische Person des öffentlichen Rechts folgt den allgemeinen Regeln. Dies gilt insbesondere auch für das Recht auf Vorsteuerabzug nach § 15 UStG und die Besteuerung von unentgeltlichen Wertabgaben.

Es sind die nachfolgend dargestellten Fallgestaltungen zu beachten:

3.1 Umsätze außerhalb des Rahmens des Unternehmens

Umsätze des Landes Hessens außerhalb des Rahmens einer unternehmerischen Betätigung im Sinne von § 2 Abs. 3 UStG sind stets nicht steuerbar.

3.2 Umsätze zwischen mehreren Betrieben im Sinne des § 2 Abs. 3 UStG des Landes Hessens

Umsätze zwischen den Betrieben im Sinne des § 2 Abs. 3 UStG des Landes Hessens sind – unabhängig von etwaigen Leistungsverrechnungen – nicht steuerbare Innenumsätze, da der Rahmen des Unternehmens des Landes Hessens nicht verlassen wird, vgl. Tz. 2 „Grundsatz der Unternehmenseinheit”.

Beispiel:

Das Weingut eines Landes als landwirtschaftlicher Betrieb liefert Wein an einen Betrieb gewerblicher Art (z. B. Cafeteria der Verwaltungsfachhochschule). Der Umsatz stellt einen nicht steuerbaren Innenumsatz dar.

3.3 Umsätze von einem Betrieb im Sinne des § 2 Abs. 3 UStG an den Hoheitsbereich der eigenen Trägerkörperschaft

Die Umsätze von einem Betrieb gewerblicher Art oder einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb an den Hoheitsbereich führen zu unentgeltlichen Wertabgaben.

3.3.1 Gleichgestellte Lieferung

Die Entnahme eines Gegenstandes aus dem unternehmerischen Bereich und dessen Überführung in den hoheitlichen Bereich der Trägerkörperschaft stellt eine nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG steuerbare und steuerpflichtige unentgeltliche Wertabgabe dar, da der Gegenstand für außerunternehmerische (hoheitliche) Zwecke entnommen wird. Voraussetzung ist, dass der Gegenstand zum vollen oder teilweisen VoSt-Abzug berechtigt hatte, § 3 Abs. 1b Satz 2 UStG.

Die unentgeltliche Wertabgabe bemisst sich nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG nach dem Einkaufspreis zzgl. Nebenkosten für den Gegenstand oder für einen gleichartigen Gegenstand oder mangels eines Einkaufpreises nach den Selbstkosten jeweils zum Zeitpunkt des Umsatzes.

Beispiel:

Das Weingut des Landes besitzt einen 2 Jahre alten Kopierer, den es im betrieblichen Bereich nicht mehr verwenden kann. Er wird nun seit Januar 2006 im hoheitlichen Bereich verwendet. Der Einkaufspreis betrug 2.000 € netto, das Land Hessen war zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt. Die Kosten für einen gleichartigen Gegenstand betragen derzeit 1.400 €.

Die Entnahme stellt eine unentgeltliche Wertabgabe dar, § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG. Die Bemessungsgrundlage beträgt 1.400 €, da dies die Kosten für einen gleichartigen Gegenstand zum Zeitpunkt des Umsatzes sind. Die USt beträgt 16 %, somit 224 €, § 12 Abs. 1 UStG. Die Umsatzsteuer entsteht nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 UStG mit Ablauf Voranmeldungszeitraum Januar 2006, da hier die unentgeltliche Wertabgabe ausgeführt wurde.

Entnimmt das Land Hessen jedoch einen seinem hoheitlichen Bereich dienenden Gegenstand, liegt insoweit keine unentgeltliche Wertabgabe vor.

3.3.2 Gleichgestellte sonstige Leistung

Verwendet das Land Hessen im hoheitlichen Bereich einen unternehmerischen Gegenstand, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, so stellt diese Leistung aus dem unternehmerischen Bereich an den hoheitlichen Bereich eine nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG steuerbare und steuerpflichtige unentgeltliche Wertabgabe dar. Denn der dem unternehmerischen Bereich zugeordnete Gegenstand wird für hoheitliche und somit außerunternehmerische Zwecke verwendet.

Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe sind nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG die bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Ausgaben des Unternehmers für die Erbringung der sonstigen Leistung. Soweit ein Gegenstand für die Erbringung der sonstigen Leistung verwendet wird, zählen auch die Anschaffungs- und Herstellungskosten für diesen Gegenstand zu diesen Ausgaben. Diese sind gleichmäßig auf einen Zeitraum zu verteilen, der dem Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG für diesen Gegenstand entspricht. Der Berichtigungszeitraum beträgt bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens 5 Jahre, bei Grundstücken einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile 10 Jahre. Aus der Bemessungsgrundlage sind solche Kosten auszuscheiden, die nicht zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.

Beispiel:

Das Land verwendet seit Januar 2006 eine betriebliche Telekommunikationsanlage zu 10 % auch für den hoheitlichen Bereich. Die Anschaffungskosten betrugen im Januar 2005 6.000 € (netto). Der Vorsteuerabzug ist im Januar 2005 in vollem Umfang vorgenommen wurden.

Die Verwendung stellt eine unentgeltliche Wertabgabe dar. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG.

Da die Telekommunikationsanlage dem Unternehmen zugeordnet ist und für die Erbringung der Leistung verwendet wird, gehören auch die anteiligen Anschaffungskosten zu den Ausgaben. Da die Anschaffungskosten mindestens 500 € betragen haben, sind sie auf 5 Jahre zu verteilen, somit jährlich (6.000 €/5 Jahre) 1.200 €, davon anteilig 10 % und somit 120 €. Monatlich gehören somit (120 €/12) 10 € der Anschaffungskosten zu den Ausgaben.

Die Bemessungsgrundlage beträgt monatlich 10 €, da dies die Ausgaben sind, die bei der Ausführung dieser Umsätze entstanden sind.

Die USt beträgt 16 % somit 1,60 €, § 12 Abs. 1 UStG und entsteht mit Ablauf des jeweiligen Voranmeldungszeitraums (Januar – Dezember 2006), in dem die unentgeltliche Wertabgabe ausgeführt wurde, § 13 Abs. 1 Nr. 2 UStG.

3.4 Leistungen vom Hoheitsbereich an den betrieblichen Bereich

Die Leistungen vom Hoheitsbereich an den betrieblichen Bereich stellen nicht steuerbare Vorgänge dar, da sie außerhalb des Rahmens des Unternehmens erfolgen.

3.5 Leistungen gegenüber anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts

Leistungen gegenüber anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts unterliegen nicht der Umsatzsteuer, wenn sie für den Hoheitsbereich der empfangenden Körperschaft erbracht werden. Dagegen unterliegen Leistungen an Betriebe gewerblicher Art von anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts sowie Leistungen für Bereiche der Vermögensverwaltung anderer juristischer Personen des öffentlichen Rechts der Umsatzsteuer.

Leistungen an den Hoheitsbereich der empfangenden Körperschaft sind als nicht steuerbare Amtshilfe zu qualifizieren, die nicht im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art erbracht werden. Entscheidend ist demnach die Einordnung des Leistungsbezugs beim Leistungsempfänger. Bei Leistungen, die sowohl in den hoheitlichen als auch in den wirtschaftlichen Bereich einer anderen Körperschaft des öffentlichen Rechts eingehen, ist eine Aufteilung vorzunehmen. Siehe hierzu auch ausführlich Tz. 2. 1.

3.6 Leistungen gegenüber Dritten

Die Umsätze eines Betriebes im Sinne des § 2 Abs. 3 UStG des Landes Hessens gegenüber Dritten unterliegen der Umsatzsteuer.

4 Vorsteuerabzug

Vorsteuern, die dem Land Hessen in Rechnung gestellt worden sind, führen nur dann zum Vorsteuerabzug, wenn die zugrundeliegende Leistung an einen Betrieb i. S. d. § 2 Abs. 3 UStG erbracht wurde. Wird das Land Hessen im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art tätig, so steht ihm grundsätzlich das Recht zu, die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abzuziehen (Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG). Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Betrieb gewerblicher Art eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt.

Bezieht das Land Hessen von einem Dritten sonstige Leistungen, die sowohl im betrieblichen Bereich als auch im hoheitlichen Bereich verwendet werden, sind diese entsprechend dem Verwendungszweck in einen abziehbaren und nicht abziehbaren Teil aufzuteilen. Eine unentgeltliche Wertabgabe des Betriebes gewerblicher Art an den Hoheitsbereich liegt nicht vor.

Bezieht das Land Hessen von einem Dritten einen einheitlichen Gegenstand, den es sowohl im betrieblichen Bereich als auch im hoheitlichen Bereich verwendet, hat es die Wahl, den Gegenstand dem Betrieb gewerblicher Art ganz oder nur hinsichtlich des unternehmerisch genutzten Teils zu zuordnen. Eine Zuordnung zum Unternehmen ist aber nur bei einer unternehmerischen Nutzung von mindestens 10 % möglich (vgl. § 15 Abs. 1 S. 2 UStG). Entscheidet es sich für die Zuordnung des gesamten Gegenstands zum Betrieb gewerblicher Art, unterliegt die Verwendung im hoheitlichen Bereich einer unentgeltlichen Wertabgabe, vgl. Tz. 3.

5 Zuschüsse

Bezüglich der Behandlung von (kameralen) Zuschüssen des Landes Hessen an Landesbetriebe ist aus umsatzsteuerlicher Sicht genauer zu differenzieren:

Hierbei kann es sich um

  • (zusätzliches) Entgelt eines Dritten oder

  • echten Zuschuss

handeln (vgl. Abschnitt 150 Abs. 1 UStR 2005).

5.1 Zuschüsse als zusätzliches Entgelt eines Dritten

Zuschüsse als zusätzliches Entgelt eines Dritten i. S. v. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG sind Zahlungen, die dem leistenden Unternehmer (BgA) für eine von ihm erbrachte Lieferung oder sonstige Leistung von einem anderen als dem Leistungsempfänger gewährt werden (vgl Abschnitt 150 Abs. 3 Satz 1 UStR 2005). Ein zusätzliches Entgelt eines Dritten liegt dann vor, wenn die Zahlung des Landes Hessen („Zuschuss”) an den Landesbetrieb nicht zu dessen Förderung gewährt wird, sondern der „Zuschuss” konkret die Zahlung des Leistungsempfängers ergänzt und damit preisauffüllenden Charakter hat (vgl. Abschnitt 150 Abs. 4 und 5 UStR 2005).

Beispiel:

Der Landesbetrieb erbringt eine Lieferung oder sonstige Leistung an einen fremden Dritten. Die Gegenleistung für die erbrachte Leistung erfolgt in Form einer Zahlung des Leistungsempfängers und einem „unechten Zuschuss” des Landes Hessen.

Der Umsatzsteuer unterliegt sowohl die Zahlung des Leistungsempfängers als auch der „unechte Zuschuss” des Landes Hessen. Beide Zahlungen zusammen, stellen das Entgelt i. S. v. § 10 Abs. 1 UStG und damit die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage dar.

5.2 Echter Zuschuss

„Echte Zuschüsse” liegen vor, wenn die Zahlungen des Landes Hessen nicht auf Grund eines Leistungsaustauschverhältnisses erbracht werden. Dies ist der Fall, wenn die Zahlungen nicht an bestimmte Umsätze anknüpfen, sondern unabhängig von einer bestimmten Leistungserbringung gewährt werden (vgl. Abschnitt 150 Abs. 7 UStR 2005).

Die kameralen Zuschüsse, die ausschließlich auf Grundlage des Haushaltsrechts und den dazu erlassenen allgemeinen Nebenbestimmungen zum Ausgleich eines Einnahme-Ausgabedefizites vergeben werden, sind in der Regel als echte Zuschüsse zu beurteilen. Zweifelsfragen sind mit den zuständigen Finanzämtern (siehe Tz. 2) zu klären.

6 Besonderheiten bei Kataster- und Landesvermessungsbehörden

Für die Abwicklung des Besteuerungsverfahrens bei den Leistungen der Kataster- und Landesvermessungsbehörden sowie der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure sind die im Erlass des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung vom  – 14 – 3340 – 10 enthaltenen Ausführungen zu beachten.

Leistungen bei der Wahrnehmung von Aufgaben der Landesvermessung und des Liegenschaftskatasters mit Ausnahme der Amtshilfe (vgl. § 2 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 UStG) unterliegen nur dann der Umsatzsteuer, wenn diese an Dritte erbracht werden. Demgegenüber unterliegen nach Abschn. 23 Abs. 7 UStR die diesbezüglichen unentgeltlichen Wertabgaben (z. B. Vermessungsleistungen für den Hoheitsbereich der eigenen Trägerkörperschaft) nicht der Umsatzbesteuerung.

7 Zuständiges Finanzamt als Ansprechpartner

Für Fragen, die dieses Merkblatt nicht beantwortet, stehen die Finanzämter zur Verfügung. Für das Besteuerungsverfahren ist das Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bereich der Betrieb gewerblicher Art und die land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe von Bund und Ländern jeweils belegen sind (vgl. USt-Kartei OFD Frankfurt am Main zu § 2 – S 7106 – Karte 6).

OFD Frankfurt am Main v. - S 7106 A - 119 - St 11

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:


Fundstelle(n):
OAAAC-41646